Beschreibung des Oberamts Heidenheim/Kapitel B 4
« Kapitel B 3 | Beschreibung des Oberamts Heidenheim | Kapitel B 5 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Zu den Merkwürdigkeiten des Innern der Kirche gehört der verkehrt eingemauerte römische Votivstein, von welchem oben S. 115 die Rede war. Ein gutes, aber sehr ungünstig unter der Orgel angebrachtes Gemälde stellt die Scene dar, wie die Diener das Gebot des Königs erfüllen Matth. 22, 13. Auch enthält die Kirche einige Grabmäler der Güssen, darunter ein sehr schön gearbeitetes von Hans Wilhelm Guß, † 1579, ein anderes an der Hauptthüre mit den Güssischen Sternen und dem Esel der Eselsburger etc. Die Baulast der Kirche trägt bei Hauptreparaturen zu 2/3 der Staat, zu 1/3 die Gemeinde. Die Kultkosten bestreitet der Heilige, der circa 180 fl. Einnahme hat; das Deficit übernimmt die Gemeindekasse. Die angenehm gelegene aber beschränkte Pfarrwohnung hat der Staat im Bau zu erhalten. Ein Schul- und Rathhaus hat die Gemeinde im J. 1836 um 2000 fl. gekauft, nachdem der Staat seinen Antheil an der Baupflichtigkeit für das Schulgebäude mit 1000 fl. an die Gemeinde abgelöst hatte. An der Schule unterrichten zwei Lehrer. Schulstiftungen sind vorhanden im Betrage von 250 fl. Der Begräbnißplatz liegt innerhalb des Orts, und umgiebt die Kirche.
Noch befand sich mitten im Ort an der Hauptstraße ein kleines, dem Staat gehöriges Schlößchen, das 1823 an einen Privaten verkauft worden und jetzt eine Schildwirthschaft ist. Dieses Schlößchen wurde 1680 von Herzog Friedrich Ferdinand seinem jüngsten Bruder Manfred bis zu seinem Tode zur Wohnung eingeräumt. S. Magenau, Güssen S. 58.
Wenn nun gleich der Name Brenz nicht auf urkundliches Vorhandenseyn zu Römerzeiten Anspruch machen kann, so wird er doch in der germanisch-christlichen Zeit sehr frühe genannt. Im J. 875 erscheint die Kapelle in Brenz, capella ad Prenza, – was freilich auch „die Kapelle am Brenzflüßchen“ bedeuten könnte, – als Eigenthum K. Ludwigs II. des Deutschen, welcher sie an Kl. Faurndau und mit diesem an seinen Diaconus Liutprand zu Eigen gab, der sie sodann im J. 895 an St. Gallen vergabte (Neug. nr. 487. 488. 613). Diese Kapelle hatte sich, so wie Kl. Faurndau, der Urkunde K. Ludwigs gemäß beträchtlicher Immunitätsrechte zu erfreuen. Sie verschwindet übrigens nach dem zuletzt genannten Jahre ganz aus der urkundlichen Geschichte, in welche der Name Brenz erst wieder mit dem J. 1251 eintritt.
In diesem Jahr kommt ein adeliches Geschlecht vor, welches sich von Brenz nannte, Ulricus dictus Groppo, Diepoldus fratres de Brenz milites (Wahre Gestalt der Vogtei Neresheim S. 464). Im J. 1267 übergibt Diepoldus de Brenze in Gemeinschaft mit Diepold von Stromberg (bei Hermaringen) die Güter, welche beide bei Gunzenheim (unfern Donauwerth) besaßen, an Kl. Kaisheim (Reg. Boic. 3, 283). Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese Herren von Brenz von einer und derselben Familie mit den Güssen von Güssenberg (s. Hermaringen). Im J. 1318 lesen wir von Albrecht dem Güssen von Brentz (Reg. Boic. 5, 389), in den Jahren 1343, 1354 von Ritter Bruno dem Güssen von Brenz, welcher in der letztgenannten Zeit die Pfarrkirche in Brenz mit einer Stiftung bedachte (Reg. Boic. 7, 363. 8, 301). Bemerklich machte sich dieses Geschlecht besonders durch seine Raubsucht; sein Schloß Brenz war es, welches im J. 1340 wegen des unleidlichen Raubs, der zwischen Augsburg und der Alb bisher geschehen, K. Ludwig IV. den Augsburger Bürgern zu zerstören befahl, welche das Geheiß alsbald vollzogen (Boehmer Reg. Ludov. S. 129).
In dieser Familie vererbte sich der Besitz von Brenz durch mehrere Generationen fort. Im 14. Jahrhundert erlaubte K. Karl IV. Etwin Güssen von Güssenberg zu Brenz und seinen Erben in Brenz, ein offen Gericht über böse Leute mit Stock und Galgen zu halten, eine Gerechtsame, die im J. 1417 König Sigmund, – derselbe, den wir im J. 1413 um Michaelis in Brenz anwesend treffen – bestätigte; im J. 1455 übergab Diepold Güß von Güssenberg zu Brenz Ritter seinem Bruder Gerwig Güssen Schloß und Dorf Brenz, | wovon die Hälfte von Ulrich und Hug Grafen von Montfort zu Lehen rührte (Stuttg. Staats-Arch.).Damals war aber der Besitz von Brenz schon in andere Hände übergegangen gewesen; im J. 1447 verkaufen Graf Ulrich und Graf Conrad zu Helfenstein an Herrn Hans von Stain zu Ronsperg Ritter ihren Theil von der Feste zu Brenz und dem gemauerten Vorhof darunter gelegen etc. sammt dem Gericht und Ehehaften, welches alles zur Hälfte Lehen von Montfort ist, auch etlich eigene Stück, Güter und Gülten zu Brenz, alles um 4000 fl. rhein. Demselben Hans von Stein verkauft im J. 1447 Wilpold von Suntheim sein Viertel an der Behausung der Feste von Brenz, desgleichen ein Viertel an Gericht, Zwäng und Bänn (so Lehen von Montfort) u. a. m. um 2250 fl., und an eben diesen von Stein im J. 1448 Ludwig von Suntheim die Hälfte am Stock der Feste zu Brenz und seine Behausung, die in selbem Stock steht, ferner sein Viertel am Gericht, seine Hälfte am Burghof, so alles Lehen von Montfort ist (Stuttg. Staats-Arch.).
Als die Güssen wieder in den Besitz von Brenz kamen, bestund die Lehnsabhängigkeit des Gutes fort. Das K. Staatsarchiv bewahrt aus den Jahren 1493, 1530, 1534 Lehensreverse der Güssen gegen die Grafen von Montfort um das Lehen zu Brenz, worin bemerkt ist, daß die Grafen von Montfort das hohe und niedere Gericht zu Brenz vom Kaiser und Reich zu Lehen empfangen haben. Der älteste vorhandene Lehenbrief der Grafen von Montfort ist vom J. 1522, spätere sind von 1525, 1530, 1548. Die Grafen hatten übrigens nicht viel Genuß von ihren Lehensrechten und boten sie im J. 1589 selbst an die Güssen feil. Diese Familie war damals schon sehr herabgekommen und entschloß sich nicht zum Ankauf. Nun bot Pfalzgraf Philipp Ludwig 4000 fl. um das dominium directum solcher Lehen, weil aber Graf Johann von Montfort einen Sohn bekommen, wurde die Sache rückgängig (1594. 1595).
Im Anfang des 17. Jahrhunderts hatte sich die Schuldenmasse Hans Conrads von Güß aufs äußerste gehäuft. Württemberg allein hatte 90000 fl. an Kapital und verfallenen Zinsen zu fordern; es nahm nun mit Pfalzneuburg, welches nächst ihm die größten Summen vorgestreckt, im J. 1608 wirklich das Gut ein und ordnete eine gemeinschaftliche Verwaltung an. Der schlechte Schuldner, dessen sämmtliche auf das Gut Brenz hypothecirten Schulden sich auf 225.573 fl. 18 kr. beliefen, wurde in Eßlingen im J. 1611 festgenommen und auf Befehl Herzog Johann Friedrichs von Württemberg vier Wochen lang in Haft gehalten. Nun aber stritten sich Württemberg und Pfalzneuburg um den Vorkauf an dem Orte. Württemberg, welches größere Forderungen hatte als Pfalzneuburg, | schloß am 12. April 1613 den Kauf ab (Sattler 6, 69). Ferner erwarb Herzog Johann Friedrich den 1/11 Jul. 1615 um 5000 fl. von Graf Johann von Montfort dessen Lehengerechtsame, „nämlich des gemauerten Stocks zu Brenz im Schloß, darauf das Haus gegen Bergenweiler wärts gelegen gebaut, desgleichen das Gericht, hoch und nieder Zwäng und Bänn, ferner die Mühlstatt, genannt die Spindelmühle ob dem Weiher zu Suntheim, die Mühlstatt, genannt die Aumühle an der hintern Brenz bei Suntheim unten an dem Weiher gelegen, mit aller der Zugehörden, zu rechtem Mannlehen verliehen.“Im J. 1617 den 28. Mai überließ Herzog Johann Friedrich durch fürstbrüderlichen Vergleich seinem Bruder Julius Friedrich († 1635) als Apanage das Gut Brenz mit Weiltingen nebst einem Jahresgehalt von 15000 fl. (Sattler 6, 110). Julius Friedrich errichtete in Brenz eine Münzstätte, und prägte - die Kipper- und Wipperzeit sich zu Nutze machend – vom 2. Sept. 1622 bis zum 8. Mai 1623 nicht weniger als 1.094.034 fl. an doppelten, einfachen und halben Hirschgulden (welche durch den Buchstaben B den Prägeort anzeigen). Er wurde indeß bald auf die Reichsgesetze wegen der Heckenmünzstätten verwiesen und seine Münzstätte auf Anordnung des schwäbischen Kreises zerstört. Sein Sohn Manfred († 1662) stiftete die weiltingische (weiltingisch-brenzische) Linie, diese starb aber schon im J. 1705 im Mannsstamm aus mit Manfreds Sohn, Herzog Friedrich Ferdinand, der dem Orte Brenz das Privilegium ertheilte, vier Jahresmärkte zu halten, welches K. Leopold den 21. März 1703 bestätigte.
Mit dem Aussterben der weiltingisch-brenzischen Linie fiel Brenz vertragsgemäß an das herzogliche Haus zurück, und Herzog Eberhard Ludwig nahm es unter die Kammerschreibereigüter auf, von welchen es jedoch bald darauf wieder abgetrennt wurde, indem es genannter Herzog am 23. April 1727 an die Landeshofmeisterin, Gräfin Würben, überließ „zu lebenslänglichem Unterhalt, doch so, daß der bilancirte jährliche Ertrag dieser Güter mit 4538 fl. von den 10.000 Gulden jährlichen Deputates der Gräfin abgezogen werden sollte.“ Jedoch schon im J. 1732 mußte die Gräfin, da sie gestürzt wurde, durch Verabschiedungsreceß vom 28. März Brenz nebst Oggenhausen wieder herausgeben.
Brenz stund unter Aufsicht eines Stabsamtmanns, der zugleich Keller- und Gerichtsschreiber war. Die Einkünfte wurden mit denen von zwei Maierhöfen zu Oggenhausen zur besonderen herzoglichen Kasse verrechnet.
Aus den kirchlichen Alterthümern des Ortes ist noch zu erwähnen, daß der Kirchensatz den Güssen von Güssenberg gehörte bis zum | Jahr 1409, in welchem Conrad und Seitz die Güssen denselben nebst den Widumhöfen zu Brenz und Sontheim, ferner einige Zehnten, an Bischof Eberhard von Augsburg um 2000 fl. verkauften, von dem sie ihn jedoch schon im Jahr 1410 als widerrufliches Lehen wieder erhielten. Bruno der Güß stiftete die zwei Kaplaneien U. L. F. und des heil. Erzengels Michael, welche Stiftung durch Bischof Marquard von Augsburg im J. 1354 bestätigt wurde (Mon. Boic. 33, 2. S. 220). Im J. 1409 verlieh Bischof Eberhard das Patronatrecht an genannte Caplaneien an Conrad und Seitz die Güssen (Braun Beschr. der Diöc. Augsburg 1, 500).Die lutherische Lehre wurde erst im J. 1615, nachdem der Ort an Württemberg gekommen war, eingeführt durch eine herzogliche Commission, wovon der Stiftsprediger Lotter ein Mitglied war, und in demselben Jahr der erste evangelische Pfarrer, Körner, angestellt; damals wurde auch das Patronat württembergisch.
Brenz ist der Geburtsort eines nicht unberühmten Gelehrten, Andr. Althamer (oder wie er sich nach der Sitte seiner Zeit übersetzte, Paläosphyra), geboren zu Ende des 15. Jahrhunderts. Auf den Universitäten Tübingen und Leipzig gebildet, wurde er im J. 1521 Rektor des Gymnasiums in Schw. Hall, zuletzt 1528 Pastor Primarius in Ansbach und starb um 1539. Für die Reformation wirkte er als eifriger Anhänger durch zahlreiche Schriften und Predigten; seine Kenntnisse in der Alterthumswissenschaft bewährte er durch die, seiner Zeit geschätzten Notae et scholia in Tacitum de situ, moribus populisque Germaniae (erste Ausg. Norimb. 1529. 4), in welchen er durch die Weise, wie er die Alterthümer der Brenzer Kirche in die Erklärung hereinverflicht, seine Anhänglichkeit an den Heimatsort beurkundet. Vergl. Ballenstedt, Joa. Arn., Andreae Althameri vita. Wolfenbut. 1740. 4°.
« [[Beschreibung des Oberamts Heidenheim/|]] | Beschreibung des Oberamts Heidenheim | Kapitel B 5 » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|