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Bergbau (Louise Otto)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Louise Otto
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Titel: Bergbau
Untertitel:
aus: Mein Lebensgang. Gedichte aus fünf Jahrzehnten. S. 117-119
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1840-1850
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Moritz Schäfer
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[117]
Bergbau.


Ob Nord ob Süd, ob Schnee ob Sommersgluten,
Das kümmert nie ein echtes Bergmannskind,
Aus ihren Adern muß die Erde bluten
Wo es am reichsten drinnen wallt und rinnt.

5
Der Fäustel klingt – der Andern Ohr verborgen

Die droben wohnen in des Himmels Blau.
Es fällt ein Schuß – der Tiefe Geister horchen
Und rings ertönt der unterwühlte Bau.

So ist es hier, so ist es allerorten!

10
Dem Erz ist schon im Mutterleib die Kraft

Den, der ihm naht, Gefahr zu bringen worden,
Nur Fleiß und Kampf befreit es seiner Haft.
Und Fleiß und Kampf ist sein Geschick hienieden,
So dient es Jedem, der sich’s unterwarf,

15
Mag draus die Pflugschar, mag das Schwert man schmieden.

Den Schienenweg der Länder einen darf.

Dir, Eisen, möcht ein stolzes Lied ich singen
Du kannst ein Engel für die Menschheit sein,
Auf Deinen Wegen ihr Erlösung bringen

20
Mit Deinen Schwertern kämpfend sie befrein,
[118]
Als Pflugschar wühlen in dem Schoß der Erde,

Bis er sich segenbringend rings erschließt
Und grün und wachsend durch ein neues Werde
Nährendes Korn für Alle ihm entsprießt.

25
Du aber, Silber mit dem bleichen Schimmer,

Und Du, sein stolzer Bruder, lockend Gold,
Ihr beide brachtet solchen Segen nimmer,
Die Freiheit nicht, Knechtschaft habt Ihr gewollt.
Und wenn als Engel Ihr der Welt erschienen,

30
So hat die Welt zu Teufeln Euch gemacht,

Dem Satan nur und seinen Ruhm zu dienen
Steigt Ihr zum Licht empor aus Eurer Nacht.

Steigt Ihr empor – und auf den bleichen Wangen
Des armen Bergmanns glüht ein plötzlich Rot,

35
An Eurem Glanze feine Blicke hangen,

Bei Eurem Glanze denkt er seiner Not!
Ist es doch all sein Sorgen und sein Mühen
Euch aus dem finstern Kerker zu befrein,
Ihr aber wollt nicht dankbar für ihn glühen

40
Und glänzt ihm nur zu höhnen seine Pein.


Er hat kein Silber und kein Gold im Hause,
Nur Thränen, nur der Kinder Hungerschrei,
Die harren sein in seiner engen Klause,
Ein bleiches Weib, in Not und Elend treu.

45
[119]
Und müde sinkt er auf sein Lager nieder

Und stöhnt und hat ein böses Traumgesicht:
Als höb das Eisen trotz’ge Riesenglieder
Und hielt ob Gold und Silber Strafgericht.

Er springt empor, hebt stolz die starken Arme

50
Da fährt sein Weib empor wie niemals je,

Und flüstert tonlos matt vom großen Harme:
Mir ist’s als ob ich’s plötzlich tagen seh?“
Da ist ihm bei dem Wort der Traum entschwunden,
Er ist erwacht und spricht: „Schnell ist der Lauf

55
Der kurz uns zu gemeßnen Ruhestunden –

Das Glöckchen ruft mich fort! – leb wohl“ – „Glück auf.“