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Bekanntmachung, betreffend Vorschriften über Auswandererschiffe

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Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend Vorschriften über Auswandererschiffe.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 10, Seite 57 - 92
Fassung vom: 14. März 1898
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Bekanntmachung: 21. März 1898
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(Nr. 2452.) Bekanntmachung, betreffend Vorschriften über Auswandererschiffe. Vom 14. März 1898.

Auf Grund des §. 36 des Gesetzes über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 (Reichs-Gesetzbl. S. 463) hat der Bundesrath in seiner Sitzung vom 14. März 1898 die nachstehenden Vorschriften über Auswandererschiffe beschlossen.

Vorschriften über Auswandererschiffe.

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I. Beschaffenheit der Auswandererschiffe.

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§. 1. Bauart.

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Die Auswandererschiffe (§. 37 des Gesetzes über das Auswanderungswesen) müssen mindestens den Anforderungen der ersten Klasse des Germanischen Lloyd genügen.
Anstatt der ersten Klasse des Germanischen Lloyd kann der Reichskanzler die entsprechende Klasse einer anderen Klassifikationsgesellschaft zulassen.
Dampfschiffe müssen außerdem den von der Seeberufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften über wasserdichte Schotten für Passagierdampfer in außereuropäischer Fahrt entsprechen.

§. 2. Untersuchung der Seetüchtigkeit.

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Kein Schiff darf als Auswandererschiff benutzt werden, bevor es nach gründlicher Untersuchung im Dock oder auf der Helling für seetüchtig befunden worden ist.
Diese Untersuchung ist jährlich mindestens einmal zu wiederholen.

§. 3.

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Die Untersuchung muß im Inlande von staatlichen Besichtigern, im Auslande von Besichtigern des Germanischen Lloyd oder einer anderen nach §. 1 zugelassenen Klassifikationsgesellschaft vorgenommen werden.
Befindet sich unter den staatlichen Besichtigern kein Schiffsbautechniker, so ist ein solcher hinzuzuziehen.

§. 4. Kessel und Maschinen der Dampfschiffe.

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Dampfschiffe dürfen die Reise nur mit Kesseln und Maschinen, welche sich in gutem, seetüchtigen Zustande befinden, antreten. Insbesondere muß der Schraubenwellentunnel gegen den Schiffsraum wasserdicht und gegen den Maschinenraum mit einem sicheren dichten Verschlusse hergestellt sein.
Die Kessel sind jährlich einer äußeren und einer inneren Untersuchung zu unterziehen. Für das Verfahren gelten die landesgesetzlichen Bestimmungen. [58]

§. 5. Reinigung verunreinigter Schiffe.

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Schiffe, welche unlängst eine, übeln Geruch zurücklassende Ladung an Bord gehabt haben oder durch übelriechende Flüssigkeiten verunreinigt worden sind, dürfen erst nach gründlicher Reinigung als Auswandererschiffe benutzt werden. Die Reinigung hat nach der Entlöschung in der Weise zu geschehen, daß das Stauholz aus dem Schiffe entfernt und sodann sämmtliche Laderäume gehörig mit Schmierseifelösung ausgespritzt und gewaschen werden. Demnächst sind sämmtliche Schiffsluken – mit in denselben angebrachten Windsegeln oder sonstigen geeigneten Lüftungsvorrichtungen – bis zur völligen Austrocknung offen zu halten.
Die Besichtiger oder der Untersuchungsarzt können andere Arten der Reinigung vorschreiben oder zulassen.

II. Einrichtung und Ausrüstung der Auswandererschiffe zur Aufnahme der Auswanderer.

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§. 6. Aufnahmefähigkeit.

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Kein Schiff darf als Auswandererschiff benutzt werden, bevor von den Besichtigern die für die Auswanderer bestimmten Räume ausgemessen und die zulässige Personenzahl festgesetzt worden ist. Diese Festsetzung gilt auch für die späteren Reisen des Schiffes, solange in dessen Räumen keine Veränderung vorgenommen wird. Von solcher Veränderung hat der Unternehmer der Auswanderungsbehörde behufs Wiederholung der Messung unverzüglich Anzeige zu machen.
Die von den Besichtigern für jeden Raum festgesetzte zulässige Personenzahl muß in demselben auf einem Metallschild eingravirt oder in haltbarer Farbe angebracht sein.

§. 7. Maß des erforderlichen Luftraums.

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Für jede im Auswandererdeck reisende Person, einschließlich der etwa unterwegs an Bord genommenen, muß ein durch Ladung, Gepäck (abgesehen von Handgepäck) oder Proviantgegenstände nicht beschränkter Raum von mindestens 2,85 Kubikmeter vorhanden sein. Bei Berechnung dieses Raumes wird eine mehr als 2,40 Meter betragende Deckshöhe nur für 2,40 Meter angenommen. Außerdem muß für jede im Auswandererdeck reisende Person ein Raum von mindestens 0,25 Quadratmeter auf Deck zur Benutzung frei bleiben.

§. 8. Beschaffenheit des Auswandererdecks.

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Das jeweilig zur Unterbringung der Auswanderer bestimmte Deck muß so hoch liegen, daß die Seitenfenster sich während der Reise noch über der Wasserlinie befinden. Es muß eine Höhe von mindestens 1,83 Meter von Deck zu Deck und einen dichten Fußboden von ausreichender Stärke haben. [59]
Ist das oberste Schiffsdeck von Eisen, so dürfen in dem Raume unmittelbar unter demselben Auswanderer nur untergebracht werden, wenn das eiserne Deck mit einem fest darauf verbolzten hölzernen Schutzdeck von mindestens 7 Centimeter Dicke versehen ist.
Oberhalb der jeweilig für die Auswanderer bestimmten Räume darf kein Vieh als Ladung untergebracht werden.

§. 9. Zugänge.

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Die Eingänge vom Deck zu den Auswandererräumen müssen mit dichtanschließenden Kappen von genügender Höhe oder dementsprechenden Einrichtungen versehen sein.
Aus jeder zwischen festen Querwänden liegenden Abtheilung eines Auswandererdecks muß eine im Lichten mindestens 0,80 Meter breite, mit festen Geländern versehene Treppe unmittelbar auf das Deck führen. Faßt solche Abtheilung mehr als einhundert Personen, so muß für jedes Hundert eine solche Treppe vorhanden sein; faßt die Abtheilung mehr als vierhundert Personen, so müssen für je einhundertundfünfzig Personen eine Treppe, mindestens aber deren vier vorhanden sein.

§. 10. Erleuchtung.

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Dem zur Unterbringung der Auswanderer bestimmten Deck muß für die nothwendigen Verrichtungen genügendes Tageslicht zugeführt werden. Das Licht kann außer durch Seitenfenster auch von obenher eingeführt werden.
Von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang sind diese Räume gehörig zu beleuchten, und zwar müssen für je einhundert Personen mindestens zwei starke Laternen verwendet werden. Die Erleuchtung mit offenem Lichte oder mit explodirbaren Stoffen, wie Petroleum, Spiritus, Acetylen u. s. w., ist verboten. Bei der Verwendung elektrischen Lichtes sind in jeder Abtheilung des Auswandererdecks mindestens zwei Nothlichter zu brennen.

§. 11. Luftwechsel.

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Für jede der im §. 9 Absatz 2 bezeichneten Abtheilungen müssen zwei Luftzieher (Ventilatoren) von mindestens 30 Centimeter Durchmesser vorhanden sein, von welchen der eine zum Einlassen, der andere zum Auslassen der Luft dient, und welche so hoch über das Deck hervorragen, daß die Luft ungehinderten Zutritt und Abzug hat. Das untere Ende der Luftzieher muß so angebracht sein, daß der kalte Luftstrom nicht unmittelbar auf Schlafkojen trifft. Sind mehr als einhundert Personen in der Abtheilung untergebracht, so muß nach Anordnung der Besichtiger oder des Untersuchungsarztes entweder die Zahl der Luftzieher entsprechend vermehrt oder ihr Querschnitt entsprechend erweitert werden.
Andere Lüftungsvorrichtungen sind zulässig, falls mit denselben nach dem Ermessen der Besichtiger oder des Untersuchungsarztes mindestens die gleiche Wirkung erreicht wird. [60]

§. 12. Heizung.

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Die Auswandererräume müssen bei kaltem Wetter geheizt werden und zu diesem Zwecke mit ausreichenden und ungefährlichen Heizeinrichtungen versehen sein. Ausnahmen kann die Auswanderungsbehörde zulassen.

§. 13. Schlafkojen.

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Die Schlafkojen müssen in genügender Anzahl vorhanden und mit Matratze, Kopfpfühl und Schlafdecke für jeden Auswanderer versehen sein. Diese Gegenstände sind nach jeder Reise gründlich zu reinigen und zu desinfiziren. Die einzelnen Kojen müssen durch niedrige Zwischenwände von einander getrennt sein; jede Koje muß mindestens 1,83 Meter lang und 0,60 Meter breit sein, doch können Doppelkojen von der doppelten Breite ohne Scheidewand angelegt werden. Mehr als zwei Kojen dürfen nicht über einander angebracht werden. Der Abstand der unteren Kojen vom Fußboden muß mindestens 0,15 Meter, der Abstand der oberen von der Decke des Raumes mindestens 0,75 Meter betragen. Eine Einzelkoje darf nur von einer Person über zehn Jahre oder von zwei Kindern unter zehn Jahren; eine Doppelkoje von nicht mehr Personen als zwei Frauen, oder einer Frau mit zwei Kindern unter zehn Jahren, oder einem Ehepaare, oder einem Manne mit zwei eigenen Kindern unter zehn Jahren, oder zwei Männern benutzt werden.
Zur Erleichterung des Besteigens der Längskojen sind Gänge von mindestens 0,60 Meter Breite anzubringen.
In jeder Abtheilung muß zum Besteigen der oberen Kojen für je einhundert solcher Kojen mindestens eine tragbare Treppe vorhanden sein.
Die Schlafkojen müssen mit fortlaufenden leicht erkennbaren Nummern versehen sein.

§. 14. Sitzgelegenheit zur Einnahme der Mahlzeiten.

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Zur Einnahme der Mahlzeiten muß im Auswandererdecke die erforderliche Anzahl von Tischen und Bänken angebracht sein.
Der Raum, welchen diese Gegenstände einnehmen, wird von dem im §. 7 vorgeschriebenen nicht in Abzug gebracht.

§. 15. Kammern.

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Die etwa im Auswandererdeck hergerichteten Kammern müssen so eingerichtet sein, daß zwischen ihnen und dem außerhalb derselben in der betreffenden Abtheilung des Auswandererdecks verbleibenden Raume ein ungehinderter Luftwechsel stattfinden kann. Die Kammern und dieser Raum sind außerdem mit hinreichenden Lüftungsvorrichtungen zu versehen. Wegen der Heizung kommt §. 12, wegen des Luftraums §. 7 mit der Maßgabe zur Anwendung, daß den Kammern der außerhalb derselben in der betreffenden Abtheilung des Auswandererdecks verbleibende Raum hinzugerechnet wird, soweit er zur Benutzung der Auswanderer [61] freigehalten wird, ohne durch Ladung, Gepäck (abgesehen von Handgepäck) oder Proviantgegenstände eingeschränkt zu werden. Die Kammern und der außerhalb derselben verbleibende Raum sind bei Tage wie bei Nacht für die nothwendigen Verrichtungen genügend zu erleuchten, auch muß bei der Verwendung elektrischen Lichtes eine genügende Anzahl von Nothlichtern außerhalb der Kammern gebrannt werden. Das im §. 10 Absatz 2 enthaltene Verbot der Verwendung gewisser Beleuchtungsmittel findet auch hier Anwendung.

§. 16. Frauenabtheilung.

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Weibliche Auswanderer, welche ohne Begleitung von Ehemännern oder Eltern reisen, sind in einer von den übrigen Plätzen abgesonderten Abtheilung (§. 9 Absatz 2) unterzubringen. Auf Verlangen muß auch jeder andere weibliche Auswanderer in dieser Abtheilung untergebracht werden. Frauen dürfen Knaben unter zehn Jahren mit in diese Abtheilung nehmen.
Sind mehr als fünfundzwanzig weibliche Auswanderer in der Frauenabtheilung untergebracht, so muß eine Aufwärterin, welcher die Aufrechthaltung der Ordnung sowie die Bedienung und Hülfeleistung obliegt, die Nacht daselbst zubringen. Die Frauenabtheilung ist mit einer verschließbaren Thür zu versehen und soweit entfernt von der Männerabtheilung anzubringen, als der mit Auswanderern besetzte Raum des Schiffes dies irgend gestattet.

§. 17. Männerabtheilung.

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Die über vierzehn Jahre alten männlichen Auswanderer, welche nicht mit ihrer Ehefrau reisen, sind ebenfalls in einer besonderen, mit einer verschließbaren Thür zu versehenden Abtheilung unterzubringen.

§. 18. Frauen- und Männerkammern.

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Bei geringerer Auswandererzahl können an Stelle der besonderen Frauen- und Männerabtheilungen mit verschließbaren Thüren versehene Kammern innerhalb der Abtheilungen hergerichtet werden. Auf diese Kammern kommen die Vorschriften des §. 15 zur Anwendung.

§. 19. Wasch- und Badevorrichtungen.

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Zur ausschließlichen Benutzung der Auswanderer müssen mindestens zwei Waschhäuser, eins für die männlichen und eins für die weiblichen Auswanderer, von hinlänglicher, der Personenzahl entsprechender Größe vorhanden und mit den nöthigen Wascheinrichtungen ausgerüstet sein. Auf Dampfschiffen müssen die Häuser mit Wasserleitung oder Pumpen versehen sein.
Die Anbringung von Waschhäusern kann unterbleiben, sofern die Auswanderer in Kammern untergebracht werden, und in jeder Kammer für je sechs [62] darin unterzubringende Personen mindestens eine fest angebrachte Wascheinrichtung vorhanden ist.
Auf jedem Schiffe, welches den 30. Grad nördlicher Breite nach Süden überschreiten soll, muß eine Bade- oder Brausevorrichtung vorhanden sein.
Den Auswanderern muß das zum Waschen nöthige Süßwasser in ausreichender Menge geliefert werden.

§. 20. Abtritte.

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Abtritte müssen in solcher Zahl vorhanden sein, daß für je fünfzig männliche und für je fünfzig weibliche Auswanderer mindestens einer zu deren ausschließlichem Gebrauche dient. Die für die männlichen und die für die weiblichen Auswanderer bestimmten Abtritte müssen, wenn thunlich, auf verschiedenen Seiten des Schiffes gelegen sein. Von den Aufenthaltsräumen der Auswanderer müssen die Abtritte durch einen dichten Verschlag oder in sonst geeigneter Weise abgeschlossen sein.
Die Fußböden und Wände der Abtritte sind durch einen Oelanstrich und Verkitten oder auf sonst geeignete Weise gegen Luft und Wasser undurchlässig zu machen. Die Abtritte müssen gut gelüftet und bei Tage wie bei Nacht hell beleuchtet sein.

§. 21. Krankenräume.

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Auf jedem Schiffe müssen sich mindestens zwei abgesonderte Krankenräume befinden, der eine für die männlichen, der andere für die weiblichen Auswanderer. Die Krankenräume müssen auf je einhundert Personen 10 Kubikmeter Luftraum enthalten. Sie dürfen bei Berechnung des den Reisenden nach §§. 7, 15 zu gewährenden Raumes nicht mitberücksichtigt und nur so stark belegt werden, daß für jede darin befindliche Person mindestens 5 Kubikmeter Luftraum vorhanden sind. Falls bei zahlreichen Erkrankungen die Krankenräume nicht ausreichen, muß der Schiffsführer für weiteren abgesonderten Raum sorgen.

§. 22. Einrichtung der Krankenräume.

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Die Krankenräume müssen möglichst günstig gelegen, mit besonders guten Erleuchtungs-, Lüftungs- und Heizungseinrichtungen, sowie mit einer Thür versehen sein, welche so breit ist, daß ein Kranker hineingetragen werden kann. In der Nähe der Krankenräume müssen sich eine besondere Badeeinrichtung für die Kranken und zwei Abtritte befinden. Die Wände der Krankenräume sind mit Oelanstrich zu versehen, der Fußboden ist durch einen Oelanstrich oder auf andere Weise wasserdicht zu machen.
Die Räume sollen enthalten: auf je einhundert Persollen mindestens zwei Kojen mit Matratzen, Kopfpfühl, Decken und zweimal Bettwäsche, ferner die nöthige Anzahl von Krankenanzügen, einen zu Operationen geeigneten Tisch, eine Wascheinrichtung für den Arzt und, falls keine Badeeinrichtung in unmittelbarer Nähe [63] vorhanden, eine Badewanne, ferner Wasserbehälter mit genügendem Wasser. Die Kojen müssen mindestens an einer vollen Längsseite einen freien Raum von mindestens 1 Meter Breite haben. Sie dürfen mit Ausnahme der Vorsätze nicht von Holz sein. Die oberen Kojen müssen, soweit sie an der Wand angebracht sind, zum Aufklappen eingerichtet sein. An jeder Koje muß ein Behälter für die Aufnahme von Trinkgefäßen und Arzneigläsern, sowie einer für Spei- und Uringläser vorhanden sein.

§. 23. Bezeichnung der Räume.

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Die Deckaufgänge, Sonderabtheilungen, Kammern, Waschhäuser, Abtritte und Krankenräume sind als solche durch Anschläge zu bezeichnen, welche bei Räumen, die ausschließlich für Männer oder für Frauen bestimmt sind, dies ersichtlich machen müssen.

III. Beköstigung der Auswanderer.

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§. 24. Beköstigung.

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Die Beköstigung darf nicht den Auswanderern überlassen bleiben. Denselben sind in mindestens drei täglichen regelmäßigen Mahlzeiten die Speisen gehörig zubereitet, in angemessener Abwechselung und in den aus dem Verhältnisse zu dem vorschriftsmäßig mitzunehmenden Proviante sich ergebenden Mengen zu verabreichen; auch ist die vorgeschriebene Menge Trinkwasser sowie das zum Essen und Trinken nöthige Geschirr zu liefern.

§. 25. Koch.

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Auf jedem Schiffe muß sich mindestens ein erfahrener Koch für die Auswanderer befinden.
Wenn deren Zahl mehr als einhundert beträgt, so ist entweder noch ein Hülfskoch anzustellen oder es sind einige dazu geeignete Reisende dem Koche als Gehülfen beizugeben.
Der Koch muß der deutschen Sprache vollständig mächtig sein.

§. 26. Geschirr.

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Jedes Schiff muß mit dem nöthigen Geschirre zur Herstellung und Austheilung der Speisen, sowie mit einer richtigen Waage und richtigen Gewichten versehen sein. Von den Kochtöpfen darf einer außer zum Wasserkochen nur zur Bereitung von Thee und Kaffee benutzt werden.

§. 27. Wasser, Proviant u. s. w.

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Jedes Schiff muß Wasser und Proviant, Brenn- und Leuchtmaterial für die wahrscheinliche längste Dauer der Reise in den im Anhang A verzeichneten [64] Mengen mitnehmen. Dabei ist auf jedem Proviantkollo oder Gefäße der Inhalt und das Nettogewicht beziehungsweise die Menge deutlich zu marken.
Die Auswanderungsbehörde kann gestatten, daß bestimmte Mengen von Proviant und Wasser auch unterwegs an Bord genommen werden. Der Unternehmer hat zu diesem Zwecke der Auswanderungsbehörde in zwei Stücken ein Verzeichniß der Gegenstände vorzulegen, aus dem ersichtlich ist, wo diese an Bord genommen werden sollen. Die Verzeichnisse werden, wenn sie mit dem Genehmigungsvermerke der Auswanderungsbehörde versehen sind, dem Unternehmer zurückgegeben.
Die Auswanderungsbehörde kann im einzelnen Falle gestatten, daß auf einem Segelschiffe eine geringere als die im Anhang A vorgeschriebene Menge Wasser mitgenommen wird, vorausgesetzt, daß auf dem Schiffe ein gutes Abdampfgeräth (Destillirapparat) für frisches Wasser vorhanden ist, das in vierundzwanzig Stunden für jeden Kopf der Mannschaft und der Reisenden so viel trinkbares Wasser liefern kann, als erforderlich ist, um die für einen Tag der Reise mitgenommene Menge auf die nach Anhang A für einen Tag mitzunehmende Menge zu ergänzen.
Als wahrscheinliche längste Dauer der Reise gelten die im Anhange B verzeichneten Zeiträume. Verzögert sich nach der Aufnahme der Auswanderer der Abgang des Schiffes länger als eine Woche, so muß der Proviant dieser Verzögerung entsprechend ergänzt werden.

§. 28. Wasser.

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Zur Aufbewahrung des Wassers müssen eiserne Behälter vorhanden sein, welche im Innern einen Ueberzug von Cement oder einem anderen tauglichen Stoffe haben. Ein Anstrich von Mennige ist verboten.
Dampfschiffe müssen mit einem guten Abdampfgeräthe (Destillirapparate) für Frischwasser versehen sein, welches in vierundzwanzig Stunden für jeden Kopf der Mannschaft und der Reisenden fünf Liter trinkbares Wasser liefern kann.

IV. Bedienung und Krankenbehandlung.

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§. 29. Aufwärter.

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Auf jedem Schiffe muß sich für je einhundert Auswanderer mindestens ein Aufwärter oder eine Aufwärterin befinden. Eine Aufwärterin muß jedoch schon dann vorhanden sein, wenn sich unter den Auswanderern fünfundzwanzig weibliche befinden. Den Aufwärtern (Aufwärterinnen) liegt es ob, für die gehörige Reinhaltung, Lüftung und Desinfektion der den Auswanderern überwiesenen Räume zu sorgen und die Auswanderer in dieser Beziehung zu beaufsichtigen.
Die Aufwärter sind in der Regel zu anderweiten Schiffsarbeiten nicht zu verwenden.

§. 30. Schiffsarzt.

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Jedes Schiff muß einen approbirten, vertragsmäßig zur unentgeltlichen Behandlung der Auswanderer verpflichteten Arzt an Bord haben. Derselbe hat [65] sich über seine Approbation und seine Tauglichkeit zum Schiffsarzte der Auswanderungsbehörde und dem Untersuchungsarzte persönlich auszuweisen. Der Schiffsarzt ist von dem Unternehmer mit einer Dienstanweisung zu versehen, von welcher ein Abdruck (Abschrift) der Auswanderungsbehörde einzureichen ist. Er hat eine Krankenliste und ein Tagebuch zu führen. In die Liste müssen die Namen der Kranken, die Art und Dauer der Krankheit und die Angabe, ob Unterbringung im Krankenraum erfolgt ist, eingetragen werden. In das Tagebuch sind alle für den Gesundheitszustand der Auswanderer wichtigeren Vorfälle und die ihre Gesundheit nachtheilig beeinflussenden Ursachen einzutragen. Nach Beendigung der Reise hat der Schiffsarzt in dem Tagebuche schriftlich zu versichern, daß er alle ihm obliegenden Angaben vollständig eingetragen habe. Krankenliste und Tagebuch sind nach der Rückkehr des Schiffes von der Reise durch den Unternehmer dein Untersuchungsarzt unverzüglich vorzulegen. Auch hat auf Verlangen des Untersuchungsarztes der Schiffsarzt persönlich vor ihm zu erscheinen.

§. 31. Krankenpfleger.

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Auf jedem Schiffe ist wenigstens ein zur Krankenpflege geeigneter seefester Mann mitzunehmen. Bei einer erheblichen Anzahl von Auswanderern kann von der Auswanderungsbehörde die Mitnahme von mehreren Krankenpflegern verlangt werden. Den Umständen nach kann die Auswanderungsbehörde auch die Mitnahme von einer oder mehreren Krankenpflegerinnen für die weiblichen Auswanderer verlangen.
Den Krankenpflegern liegt unter Aufsicht des Schiffsführers und des Arztes die Pflege und Wartung der Kranken ob. Sie dürfen zu den regelmäßigen Schiffsarbeiten nur nach besonderer Verfügung des Schiffsführers und nur insoweit verwendet werden, als dies mit der ihnen obliegenden Krankenpflege vereinbar ist.

§. 32. Arzneimittel u. s. w.

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An Arzneien und anderen Hülfsmitteln zur Krankenpflege sind mindestens die im Anhange C verzeichneten Gegenstände mitzunehmen. Die Auswanderungsbehörde kann die Mitnahme weiterer Arzneimittel verlangen. Die Arzneien müssen den Vorschriften des deutschen Arzneibuchs entsprechen.

§. 33. Aufbewahrung der Arzneimittel.

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Die im §. 32 bezeichneten Gegenstände sind in einer Schiffsapotheke und, wo diese fehlen sollte, in einem besonderen verschließbaren, Börter und Schiebladen enthaltenden Schranke gehörig geordnet aufzubewahren.

§. 34. Krankenkost.

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Auf Verlangen des Arztes ist den Kranken besondere Krankenkost zu verabreichen. [66]

V. Sicherheit- und Rettungsvorschriften.

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§. 35. Gefährliche Gegenstände.

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Die Mitnahme der im Anhange D unter 1 bis 3 verzeichneten explosiven und feuergefährlichen Gegenstände (soweit nicht die ersteren zur Abgabe von Signalen erforderlich sind) ist verboten. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf die Beförderung des Schießbedarfs für die im Auslande befindlichen Schiffe der Kaiserlichen Marine und für die Kaiserlichen Schutztruppen in den deutschen Schutzgebieten, sofern der Schießbedarf in Kisten, welche mit einer gut verlötheten Metallumhüllung und über dieser noch mit einer Holzverkleidung versehen sind, verpackt ist und die Verstauung in gegen Feuersgefahr gesicherten Räumen unter Aufsicht eines Feuerwerksoffiziers oder Oberfeuerwerkers der Kaiserlichen Marine erfolgt.
Die im Anhange D unter 4 bezeichneten Stoffe dürfen nicht unter Deck befördert werden.
Im Uebrigen gelten hinsichtlich der feuergefährlichen und ätzenden Stoffe die für deren Beförderung in Kauffahrteischiffen von den Landesregierungen erlassenen Bestimmungen.

§. 36.

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Die Mitnahme von Knochen oder Lumpen, außer wenn die letzteren entweder desinfizirt oder gewaschen, getrocknet und gepreßt sind, ist verboten.
Die Mitnahme von ungereinigten Haaren, frischen und gesalzenen Häuten ist nur gestattet, wenn diese Gegenstände in vollkommener Trennung und Abdichtung von den Personen-, Proviant- und Wirthschaftsräumen verladen werden. Die ungereinigten Haare und frischen Häute müssen außerdem mit fester und dichtschließender Verpackung versehen sein.

§. 37. Feuerlöscheinrichtung auf Dampfschiffen.

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Dampfschiffe müssen mit einer Schlauchleitung versehen sein, durch welche bei Ausbruch von Feuer das nöthige Wasser zum Löschen an jede Stelle des Schiffes geleitet werden kann.

§. 38. Noth- und Lootsensignale.

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Zum Abgeben von Noth- und Lootsensignalen muß sich mindestens ein Geschütz von genügender Größe mit reichlichem Schießbedarfe nebst der erfordelichen Menge von Blaulichtern und Raketen an Bord befinden.

§. 39. Rettungsgeräthe.

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Jedes Schiff muß mit dem erforderlichen Rettungsgeräth, insbesondere mit Booten, Rettungsgürteln und Rettungsbojen (Rettungsringen) versehen sein. [67]

§. 40. Boote.

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An Booten müssen vorhanden sein:
Bei einem Brutto-Raumgehalte des Schiffes mindestens mit einem Gesammt-Raumgehalte von mindestens
bis 250 Kubikmeter 2 Boote 6 Kubikmeter
von über 250 bis 500 Kubikmeter 2 Boote 7 Kubikmeter
von über 500 bis 800 Kubikmeter 2 Boote 8,5 Kubikmeter
von über 800 bis 1.100 Kubikmeter 2 Boote 9 Kubikmeter
von über 1.100 bis 1.400 Kubikmeter 2 Boote 11 Kubikmeter
von über 1.400 bis 1.700 Kubikmeter 3 Boote 17 Kubikmeter
von über 1.700 bis 2.000 Kubikmeter 3 Boote 21 Kubikmeter
von über 2.000 bis 2.300 Kubikmeter 4 Boote 23 Kubikmeter
von über 2.300 bis 2.600 Kubikmeter 4 Boote 26 Kubikmeter
von über 2.600 bis 2.900 Kubikmeter 4 Boote 29 Kubikmeter
von über 2.900 bis 3.600 Kubikmeter 4 Boote 35 Kubikmeter
von über 3.600 bis 4.300 Kubikmeter 4 Boote 42 Kubikmeter
von über 4.300 bis 5.000 Kubikmeter 4 Boote 46 Kubikmeter
von über 5.000 bis 5.700 Kubikmeter 4 Boote 49 Kubikmeter
von über 5.700 bis 6.400 Kubikmeter 4 Boote 42 Kubikmeter
von über 6.400 bis 7.100 Kubikmeter 4 Boote 55 Kubikmeter
von über 7.100 bis 7.800 Kubikmeter 4 Boote 58 Kubikmeter
von über 7.800 bis 8.500 Kubikmeter 4 Boote 61 Kubikmeter
von über 8.500 bis 9.200 Kubikmeter 6 Boote 67 Kubikmeter
von über 9.200 bis 9.900 Kubikmeter 6 Boote 70 Kubikmeter
von über 9.900 bis 10.600 Kubikmeter 6 Boote 73 Kubikmeter
von über 10.600 bis 11.300 Kubikmeter 6 Boote 76 Kubikmeter
von über 11.300 bis 12.000 Kubikmeter 6 Boote 79 Kubikmeter
von über 12.000 bis 12.700 Kubikmeter 6 Boote 82 Kubikmeter
von über 12.700 bis 13.400 Kubikmeter 6 Boote 85 Kubikmeter
von über 13.400 bis 14.100 Kubikmeter 8 Boote 92 Kubikmeter
von über 14.100 bis 14.800 Kubikmeter 8 Boote 95 Kubikmeter
von über 14.800 bis 15.500 Kubikmeter 8 Boote 98 Kubikmeter
von über 15.500 bis 16.200 Kubikmeter 4 Boote 101 Kubikmeter
von über 16.200 bis 16.900 Kubikmeter 8 Boote 104 Kubikmeter
von über 16.900 bis 17.600 Kubikmeter 10 Boote 111 Kubikmeter
von über 17.600 bis 18.300 Kubikmeter 10 Boote 114 Kubikmeter
von über 18.300 bis 19.000 Kubikmeter 10 Boote [68] 117 Kubikmeter
von über 19.000 bis 19.700 Kubikmeter 10 Boote 120 Kubikmeter
von über 19.700 bis 20.400 Kubikmeter 10 Boote 123 Kubikmeter
von über 20.400 bis 21.100 Kubikmeter 10 Boote 126 Kubikmeter
von über 21.100 bis 21.800 Kubikmeter 10 Boote 129 Kubikmeter
von über 21.800 bis 22.500 Kubikmeter 10 Boote 132 Kubikmeter
von über 22.500 bis 24.000 Kubikmeter 12 Boote 140 Kubikmeter
von über 24.000 bis 25.500 Kubikmeter 12 Boote 144 Kubikmeter
von über 25.500 bis 27.000 Kubikmeter 12 Boote 148 Kubikmeter
von über 27.000 bis 28.500 Kubikmeter 14 Boote 152 Kubikmeter
von über 28.500 bis 30.000 Kubikmeter 14 Boote 156 Kubikmeter
von über 30.000 bis 31.500 Kubikmeter 14 Boote 160 Kubikmeter
von über 31.500 bis 33.000 Kubikmeter 14 Boote 164 Kubikmeter
von über 33.000 bis 34.500 Kubikmeter 14 Boote 168 Kubikmeter
von über 34.500 bis 36.000 Kubikmeter 14 Boote 172 Kubikmeter
von über 36.000 bis 37.500 Kubikmeter 14 Boote 180 Kubikmeter
von über 37.500 bis 39.000 Kubikmeter 14 Boote 188 Kubikmeter
von über 39.000 bis 40.500 Kubikmeter 14 Boote 196 Kubikmeter
von über 40.500 bis 42.000 Kubikmeter 14 Boote 204 Kubikmeter
von über 42.000 bis 43.500 Kubikmeter 14 Boote 212 Kubikmeter
von über 43.500 bis 45.000 Kubikmeter 14 Boote 220 Kubikmeter
von über 45.000 bis 46.500 Kubikmeter 16 Boote 228 Kubikmeter
von über 46.500 bis 48.000 Kubikmeter 16 Boote 236 Kubikmeter
von über 48.000 bis 50.000 Kubikmeter 16 Boote 244 Kubikmeter
von über 50.000 Kubikmeter im Verhältnisse mehr. im Verhältnisse mehr.
Kein Boot darf weniger als 3 Kubikmeter Raumgehalt haben.

§. 41. Ermittelung des Raumgehalts der Boote.

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Als Raumgehalt eines Bootes in Kubikmeter gilt das mit 0,6 vervielfachte Produkt seiner in Meter ausgedrückten größten äußeren Länge, größten äußeren Breite und inneren Tiefe.
Die Länge wird zwischen den Außenflächen der Beplankung neben dem Vordersteven bis zur hinteren Fläche des Spiegels, beziehungsweise bis zur Außenfläche der Beplankung neben dem Achtersteven,
die Breite zwischen den Außenflächen der Beplankung, [69]
die Tiefe in der Mitte der Länge zwischen der oberen Kante des Schandeckels (Dollbord) und der oberen Kante des Kieles gemessen. Hat das Boot einen Setzbord mit Oeffnungen (Rundseln) für die Riemen, so wird die Tiefe von der Unterkante dieser Oeffnungen bis zur Oberkante des Kieles gemessen.
An jedem Boote muß der Raumgehalt auf einem Metallschild eingravirt oder in haltbarer Farbe angebracht sein.

§. 42. Art der Boote.

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Die vorgeschriebenen Boote (§. 40) müssen bis auf zwei Rettungsboote, die beiden anderen feste Boote sein.
Als Rettungsboote gelten:
1. Vorn und hinten scharf gebaute Boote aus Holz oder Metall, welche, wenn aus Holz, entweder mit festen, dichten Luftkästen von mindestens zehn Prozent des Boots-Raumgehalts oder mit gleichwerthigen Schwimmvorrichtungen versehen sind. An jeder Seite muß außenbords eine Sicherheitsleine von vorn bis hinten befestigt sein.
Bei Metallbooten dieser Art ist der räumliche Inhalt der Schwimmvorrichtungen, entsprechend der durch das Baumaterial bedingten geringeren Schwimmfähigkeit, zu erhöhen.
2. Boote, wie unter Ziffer 1, bei welchen mindestens die Hälfte der Schwimmvorrichtung außenbords angebracht ist.
Beide Arten von Rettungsbooten müssen bei voller Belastung noch einen genügenden Freibord haben.

§. 43. Ueberschüssiger Bootsraum.

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Wenn der vorgeschriebene Bootsraum (§. 40) größer sein würde als zur Unterbringung sämmtlicher auf dem Schiffe zu befördernden Personen einschließlich der Schiffsbesatzung und der unterwegs an Bord zu nehmenden Personen nothwendig ist, so dürfen der Bootsraum und die Zahl der Boote auf das hierzu nothwendige Maß herabgesetzt werden. Bei dessen Berechnung ist davon auszugehen, daß die im §. 42 Ziffer 1 bezeichneten Boote auf je 0,285 Kubikmeter, andere Boote auf 0,23 Kubikmeter Raumgehalt eine Person aufzunehmen im Stande sind.

§. 44. Hülfsbootraum.

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Wenn die vorgeschriebenen Boote nicht für alle zu befördernden Personen einschließlich der Schiffsbesatzung und der unterwegs an Bord zu nehmenden Personen ausreichend Platz gewähren, so muß bei Schiffen unter 14.000 Kubikmeter Raumgehalt noch bis zu einem Viertel, bei Schiffen von über 14.000 bis 28.000 Kubikmeter Raumgehalt noch bis zu drei Achteln und bei größeren [70] Schiffen noch bis zur Hälfte des vorgeschriebenen Bootsraums an Hülfsbootsraum in Gestalt von anderweitigen Booten, zusammenklappbaren Booten, Rettungsflößen, schwimmenden Decksitzen oder gleichwerthigen Einrichtungen vorhanden sein.
Rettungsflöße, schwimmende Decksitze u. s. w. müssen wenigstens 0,085 Kubikmeter Luftkasteninhalt oder eine entsprechende andere Schwimmvorrichtung für die Person haben und auf einem Metallschilde mit dem Vermerke versehen sein, wieviel Personen sie zu tragen vermögen.
Ein Dampf- oder Motorbeiboot kann von den Besichtigern als Ersatz für Hülfsbootsraum zugelassen werden, vorausgesetzt, daß die Art der Maschine, des Kessels oder der Ausrüstung nicht das Leben der Insassen gefährdet. Der von der Maschine und dem Kessel eingenommene Raum muß von dem kubischen Inhalte des Bootes in Abzug gebracht werden.

§. 45. Unterbringung der Boote.

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Für die Aufstellung der Boote müssen so viele Davits angebracht sein, als die Bauart des Schiffes dies gestattet. Soweit die Anbringung von Davits unthunlich ist, müssen die Schiffe nach Möglichkeit mit anderen Vorrichtungen ausgestattet sein, mit deren Hülfe ein schleuniges Herablassen der Boote bewirkt werden kann.
Von den vorgeschriebenen Booten müssen so viele als möglich unter den Davits oder den anderen Vorrichtungen zum Herablassen stehen, während die übrigen Boote neben den ersteren so aufzustellen sind, daß sie schnell unter die Davits oder anderen Vorrichtungen geschoben werden können.
Die unteren Blöcke der Bootstaljen dürfen nicht mit festen Haken versehen sein, sondern müssen Vorrichtungen haben, die ein sicheres und schnelles Loslösen der Boote von den Blöcken ermöglichen. Sofern die zum Herablassen der Boote erforderlichen Taljen nicht an den Davits oder Krähnen hängen, müssen sie stets klar zum Aufbringen in den Booten liegen.
Der Hülfsbootsraum ist auf Deck möglichst geschützt gegen Seeschlag und so unterzubringen, daß er die Arbeiten nicht hindert.
Die Boote u. s. w. sind möglichst so unterzubringen, daß nach jeder Seite des Schiffes die Hälfte des vorhandenen Bootsraums zu Wasser gelassen werden kann.

§. 46. Zustand der Boote und Hülfsvorrichtungen.

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Sämmtliche Boote, Klappboote, Rettungsflöße u. s. w. müssen sich stets in seetüchtigem Zustande befinden und hierauf jährlich mindestens einmal gründlich untersucht werden. Sämmtliche Boote sollen mindestens einmal im Monat ausgeschwungen werden.
Die Untersuchung auf Seetüchtigkeit sowie das Ausschwingen der Boote ist jedesmal im Schiffstagebuche zu verzeichnen.
Die Boote und Klappboote sind mit einer laufenden Nummer zu versehen. [71]

§. 47. Bootsausrüstung.

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Für jedes mitgenommene Boot und Klappboot müssen an Ausrüstungsgegenständen vorhanden sein:
mindestens ein Riemen für jede Ruderbank und außerdem zwei Reserveriemen, 1½ Satz Dollen oder Rudergabeln und je zwei Pflöcke für jedes Wasserablaßloch; Dollen und Pflöcke müssen angebunden sein;
ein Schöpfeimer, Ruder mit Pinne oder Joch und Leinen dazu, eine Fangleine von hinreichender Länge;
ein wasserdicht verschließbarer Wasserbehälter, welcher stets mit frischem Wasser gefüllt sein muß;
ein wasserdicht verschließbarer Brotbehälter, welcher stets mit gutem Hartbrote gefüllt sein muß;
die nöthige Anzahl von Nothsignalen;
eine Flasche Rum oder Cognac.
Für jedes Rettungsboot müssen außerdem vorhanden sein:
Mast und Segel zum Gebrauche fertig;
an jedem Bootsende ein angebundenes Kappbeil;
ein Bootskompaß;
ein Gefäß mit 5 Kilogramm vegetabilischem oder animalischem Oele zur Beruhigung der Wellen;
die nöthige Zahl von Oelbeuteln;
eine Laterne, deren Brenndauer acht Stunden beträgt.

§. 48. Unterbringung der Bootsausrüstung.

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Sämmtliche Rettungsboote müssen stets die vorgeschriebene Ausrüstung enthalten, während die Ausrüstung für die übrigen Boote und die Klappboote in einem leicht erreichbaren Raume bereit zu halten ist.

§. 49. Bootsbemannung.

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Zur Bemannung müssen für jedes Klappboot mindestens zwei, für jedes gewöhnliche feste Boot mindestens drei und für jedes Rettungsboot mindestens vier erwachsene Personen der Schiffsbesatzung, welche des Ruderns kundig sind, vorhanden sein.

§. 50. Bootsübungen.

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Sämmtliche Personen der Schiffsbesatzung sind bei jeder sich bietenden Gelegenheit in der Handhabung der Boote und im Rudern zu üben. Zahl, Art, Zeit und Ort der abgehaltenen Uebungen sind im Schiffstagebuche zu vermerken.

§. 51. Rettungsgürtel.

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Für jede zu befördernde Person, einschließlich der Schiffsbesatzung und der unterwegs an Bord zu nehmenden Personen, muß ein Rettungsgürtel (Schwimmweste, [72] Korkjacke) vorhanden sein, welcher ein eisernes Gewicht von mindestens 10 Kilogramm während mindestens sechs Stunden tragen kann. Die Rettungsgürtel müssen entweder in den Schlafkojen oder an Stellen, welche der Mannschaft und den Reisenden bekannt sind, derartig aufbewahrt werden, daß sie jederzeit leicht erreichbar sind.
Nicht zulässig sind Rettungsgürtel, welche vor dem Gebrauch aufgeblasen werden müssen.
Die Rettungsgürtel sind mindestens einmal jährlich auf ihre Beschaffenheit zu untersuchen. Der Befund ist im Schiffstagebuche zu verzeichnen.
Der Schiffsführer ist verpflichtet, die Reisenden baldthunlichst auf die Rettungsgürtel hinweisen und über deren Gebrauch unterrichten zu lassen.

§. 52. Rettungsbojen.

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Auf jedem Schiffe müssen so viele Rettungsbojen (Rettungsringe) vorhanden sein, als im §. 40 Boote vorgeschrieben sind.
Die Rettungsbojen müssen von weißer oder rother Farbe sein und eine Tragfähigkeit (§. 51) von mindestens 14 Kilogramm haben.
Die Füllung der Bojen muß aus großen Korkstücken oder einem Stoffe von ähnlicher Güte und Dauerhaftigkeit bestehen; Korkabfälle, Korkasche u. s. w. sind nicht zulässig, desgleichen nicht Bojen, welche vor dem Gebrauch aufgeblasen werden müssen. Um jede Rettungsboje muß eine Sicherheitsleine befestigt sein.
Die Rettungsbojen müssen stets auf dem oberen Deck an geeigneten Stellen derartig angebracht sein, daß sie zum sofortigen, durch die Befestigungsart nicht behinderten Gebrauche bereit sind. Eine Rettungsboje soll sich am Heck des Schiffes oder in nächster Umgebung desselben befinden.

§. 53. Sicherheitsrolle.

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In jedem Schiffe muß eine gedruckte Zusammenstellung der Vorschriften über die Handhabung des Sicherheitsdienstes (Sicherheitsrolle) in mehreren Stücken vorhanden und an mindestens drei den Auswanderern leicht zugänglichen Stellen ausgehängt sein. Aus der Rolle muß hervorgehen, welche Verrichtungen den einzelnen Leuten der Besatzung bei Gefahr obliegen und nach welchen Stellen des Schiffes sich die Reisenden in diesem Falle zu begeben haben.
Die Rolle ist in je einem Stücke der Auswanderungsbehörde und dem Reichskommissare für das Auswanderungswesen einzureichen.

§. 54. Eintheilung der Besatzung.

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Jeder Mann der Schiffsbesatzung muß in der Handhabung der Sicherheitsvorrichtungen sowie davon unterrichtet sein, was er beim Ertönen bestimmter Signale zu thun verpflichtet ist. Jedem Manne ist, entsprechend der Eintheilung in der Rolle, eine Nummer zuzutheilen, nach der sich die ihm bei eintretender Gefahr obliegenden Verrichtungen bestimmen. [73]
Die gesammte Schiffsbesatzung ist nach einer Bootsrolle auf die Boote und Klappboote einzutheilen und an jedem Boote müssen die Nummern der dafür bestimmten Leute angeschlagen sein. Offiziere und Unteroffiziere sind auf die Boote gleichmäßig zu vertheilen.
Für jeden Raum, in welchem sich Reisende befinden, sind außerdem eine oder mehrere Nummern der Schiffsbesatzung und zwar vorzugsweise die im §. 29 bezeichneten Aufwärter einzutheilen, welchen es im Falle einer Gefahr ausschließlich obliegt, die in dem betreffenden Raume befindlichen Reisenden an die für sie bestimmten Sammelplätze zu führen.

VI. Aerztliche Untersuchung der Reisenden und der Schiffsbesatzung.

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§. 55. Untersuchung der Reisenden.

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Sämmtliche mit einem Auswandererschiffe reisenden Personen, mit Ausnahme derjenigen Klassen von Reisenden, für welche dies von der Auswanderungsbehörde ein- für allemal oder im einzelnen Falle festgesetzt wird, sind vor ihrer Einschiffung einer Untersuchung durch einen von der Auswanderungsbehörde zu bestimmenden Arzt zu unterwerfen. Die Untersuchung hat in einem geeigneten, von dem Unternehmer anzuweisenden Raume stattzufinden.
Stellt sich bei der Untersuchung heraus, daß eine Person an einer ansteckenden Krankheit leidet, welche durch Uebertragung die Gesundheit Anderer gefährden kann, so ist sie zurückzuhalten. Die Zurückhaltung erstreckt sich auch auf diejenigen, welche wegen ihrer Beziehungen zu dem Kranken zur Verbreitung der Krankheit beitragen können.
Auch solche Personen sind zurückzuhalten, die so schwer erkrankt sind, daß ihre Weiterreise mit augenscheinlicher Lebensgefahr für sie oder mit Gefahr für ihre Umgebung verbunden sein würde.
Die Beförderung körperlich Hülfloser ist nur in Begleitung für sie sorgender Angehöriger, oder von Wärtern, oder dann statthaft, wenn seitens des Unternehmers für eine Wartung während der Reise Sorge getragen wird.
Der Arzt hat von der Zurückhaltung von Personen unter Angabe der Ursache der Auswanderungsbehörde Anzeige zu machen; diese sorgt nöthigenfalls für die Unterbringung der Zurückgehaltenen.
Zum Nachweise der geschehenen ärztlichen Untersuchung wird der Beförderungsvertrag von dem Arzte abgestempelt.

§. 56. Untersuchung der Besatzung.

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Die Schiffsbesatzung ausschließlich der Offiziere ist vor jeder Reise ebenfalls auf ihren Gesundheitszustand durch einen Arzt zu untersuchen, welcher krank befundene Leute von der Mitreise auszuschließen hat. Die Untersuchung ist vor der Einschiffung der Auswanderer zu beendigen, doch können später angemusterte Leute nachträglich untersucht werden. Ueber die Vornahme der Untersuchung hat der Arzt den Besichtigern schriftlich oder mündlich eine Erklärung abzugeben. [74]

VII. Besichtigung der Auswandererschiffe und Einschiffung der Auswanderer.

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§. 57. Besichtigung.

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Die Schiffe sind vor jeder Reise von staatlich angestellten Besichtigern sowie einem von der Auswanderungsbehörde zu bestimmenden Arzte (Untersuchungsarzte) einer Besichtigung zu unterziehen. Die Auswanderungsbehörde kann die Besichtigung der mitzunehmenden Arzneien auch einem Apotheker übertragen.

§. 58. Anzeigepflicht des Unternehmers.

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Jeder Unternehmer hat von der beabsichtigten Reise eines Schiffes, sobald der Zeitpunkt der Reise feststeht, spätestens aber drei Tage vor der Abreise, der Auswanderungsbehörde Anzeige zu erstatten.
Der Anzeige ist der Nachweis, soweit er nicht bereits früher erbracht ist, beizufügen:
1. daß das Schiff den Anforderungen der ersten Klasse des Germanischen Lloyd oder einer anderen zugelassenen Klassifikationsgesellschaft sowie den Vorschriften der Seeberufsgenossenschaft hinsichtlich der Einrichtung wasserdichter Schotten entspricht (§. 1);
2. daß das Schiff längstens im letztvergangenen Jahre auf seine Seetüchtigkeit untersucht und für seetüchtig befunden worden ist (§§. 2, 3).

§. 59. Obliegenheit der Auswanderungsbehörde.

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Die Auswanderungsbehörde hat, falls sie die eingereichten Nachweise genügend befindet, die Besichtigung des Schiffes zu veranlassen und dafür zu sorgen, daß der Reichskommissar für das Auswanderungswesen rechtzeitig benachrichtigt wird.

§. 60. Zulassung der Besichtiger und des Arztes zum Schiffe.

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Von dem Zeitpunkte des Einganges der Anzeige ab steht das Schiff unter der Aufsicht der Besichtiger, welche ebenso wie der Untersuchungsarzt jederzeit an Bord und zu allen Räumen des Schiffes zuzulassen sowie vom Schiffsführer und der Schiffsbesatzung mit jeder verlangten Auskunft zu versehen sind. Die Besichtiger sind berechtigt, den für das Schiff bestimmten Proviant bereits an Land zu untersuchen.

§. 61. Obliegenheiten der Besichtiger.

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Die Besichtiger haben sich nach erhaltener Anzeige davon zu überzeugen,
1. daß das Schiff nach Beschaffenheit und Seetüchtigkeit sowie nach Einrichtung und Ausrüstung den bestehenden Vorschriften genügt,
2. daß Wasser und Proviant in genügender Menge und guter Beschaffenheit an Bord vorhanden sind,
3. daß sich die vorgeschriebenen Sicherheitsvorrichtungen und Geräthe in brauchbarem Zustande befinden und, wenn thunlich, daß die Mannschaft mit deren Handhabung vertraut ist, [75]
4. daß die vorgeschriebene ärztliche Untersuchung der Reisenden und der Schiffsbesatzung vorgenommen worden ist,
5. daß die Auswanderer nach den für sie bestimmten Räumen des Schiffes geleitet werden,
6. wenn thunlich, daß die Auswanderer in den für sie bestimmten Räumen untergebracht sind.

§. 62. Obliegenheiten des Arztes beziehungsweise des Apothekers.

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Der Untersuchungsarzt hat sich nach erhaltener Anzeige davon zu überzeugen, daß auf dem Schiffe die zur Erhaltung der Gesundheit der Auswanderer getroffenen Vorschriften beobachtet und daß die Arzneien und die anderen Hülfsmittel zur Krankenpflege in vorschriftsmäßiger Menge und guter Beschaffenheit vorhanden und untergebracht sind. Nach erfolgter Untersuchung und Beseitigung etwaiger Mängel hat er darüber dem Schiffsführer eine Bescheinigung auszustellen, welche die Erklärung enthält, daß er gegen die Einschiffung der Auswanderer keine Einwendung zu erheben habe.
Wird die Untersuchung der Arzneien durch einen Apotheker ausgeführt, so ist der Arzt zur Untersuchung derselben nicht verpflichtet, er darf jedoch die vorgeschriebene Bescheinigung erst ausstellen, nachdem ihm der Apotheker das ordnungsmäßige Vorhandensein der Arzneien versichert hat.

§. 63. Proviant- und Arzneiverzeichnisse.

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Spätestens vierundzwanzig Stunden vor der beabsichtigten Abreise des Schiffes hat der Unternehmer den Besichtigern in zwei Stücken ein Verzeichniß des für die Auswanderer und die Schiffsbesatzung mitzunehmenden Proviants nach einem gedruckten, die einzelnen Gegenstände aufführenden Formulare sowie erforderlichenfalls in zwei Stücken ein entsprechendes von der Auswanderungsbehörde genehmigtes Verzeichniß der etwa unterwegs an Bord zu nehmenden Mengen von Proviant und Wasser zu übergeben.
Zu dem gleichen Zeitpunkte hat der Unternehmer dem Untersuchungsarzt (Apotheker) ein Verzeichniß der mitzunehmenden Arzneien und anderen Hülfsmittel zur Krankenpflege zu übergeben.

§. 64. Personenverzeichniß.

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Spätestens sechs Stunden vor dem in Aussicht genommenen Zeitpunkte der Einschiffung der Auswanderer hat der Unternehmer eine summarische Angabe über die Höchstzahl der mit dem Schiffe zu befördernden Personen, getrennt nach der Zahl
a) der Personen im Alter über zehn Jahre,
b) der Kinder zwischem einem und zehn Jahren,
c) der Kinder unter einem Jahre,
d) der alleinreisenden Frauen,
e) der alleinreisenden Männer
an Bord des Schiffes zur Verfügung der Besichtiger zu halten. [76]
Dieser Angabe hat der Unternehmer die Erklärung hinzuzufügen:
daß nach seiner gewissenhaften Ueberzeugung das Schiff sich in seetüchtigem Zustande befindet,
daß er gewissenhaft Sorge getragen habe, um das Schiff mit der vorgeschriebenen Einrichtung und Ausrüstung zu versehen,
daß im Schiffe nicht Gegenstände geladen sind, deren Mitnahme verboten ist.

§. 65. Zeit des Anbordbringens von Proviant und Ladung.

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Der für die Auswanderer und die Schiffsbesatzung bestimmte Proviant muß vor dem Beginne der Einschiffung der Auswanderer an Bord gebracht sein. Ladung darf nach diesem Zeitpunkte nur insoweit an Bord genommen werden, als deren Transport nicht durch die Räume erfolgt, welche von Auswanderern besetzt sind.
Die Besichtiger können Ausnahmen gestatten, müssen dies aber in der Besichtigungsverhandlung vermerken.

§. 66. Genehmigung zur Einschiffung der Auswanderer.

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Die Einschiffung der Auswanderer darf erst erfolgen, nachdem die Besichtiger hierzu die Genehmigung ertheilt haben. Die Genehmigung darf nicht eher ertheilt werden, als bis:
1. die Einrichtung und Ausrüstung sowie die Beladung des Schiffes mit den für die Auswanderer bestimmten Proviantgegenständen, soweit nicht nach §. 65 Ausnahmen gestattet sind, vollendet ist,
2. die vorgeschriebene Besichtigung geschehen und die Erledigung etwaiger Ausstellungen gesichert ist,
3. die Bescheinigung des Arztes (§. 62 Absatz 1) vorgelegt ist.

§. 67. Tageszeit der Einschiffung.

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Die Auswanderer dürfen nur in der Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang an Bord gebracht werden.
Die Besichtiger können Ausnahmen gestatten, müssen dies aber in der Besichtigungsverhandlung vermerken.

§. 68. Besichtigungsverhandlung.

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Die Besichtiger haben über die Ausführung ihrer Obliegenheiten durch Ausfüllung eines Formulars nach Anhang E in doppelter Ausfertigung eine Verhandlung aufzunehmen, zu welcher der Schiffsführer oder dessen Stellvertreter und der etwa vorhandene Proviantverwalter die daselbst vorgesehenen Erklärungen abzugeben haben. Die Verhandlung ist von den Besichtigern, dem Schiffsführer oder dessen Stellvertreter und dem Proviantverwalter zu unterzeichnen.
Die Aufnahme der Verhandlung darf vor der Einschiffung der Auswanderer begonnen, jedoch erst nach vollendeter Einschiffung zum Abschlusse gebracht werden. [77]

§. 69. Behandlung der Papiere etc. Genehmigung zum Auslaufen.

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Nach dem Abschlusse der Verhandlung haben die Besichtiger dem Schiffsführer eine Ausfertigung der Verhandlung und des mit einem Besichtigungsvermerke zu versehenden Proviantverzeichnisses (§. 63) sowie erforderlichenfalls des in §§. 27, 63 vorgeschriebenen Ergänzungsverzeichnisses zu übergeben und die Genehmigung zum Auslaufen des Schiffes zu ertheilen.
Die zweiten Ausfertigungen sowie die Bescheinigung des Arztes (§. 62 Absatz 1) werden der Auswanderungsbehörde eingereicht.

VIII. Sorge für die Auswanderer während der Reise.

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§. 70. Obliegenheiten des Schiffsführers.

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Dem Führer eines Auswandererschiffs liegen die folgenden Verpflichtungen ob:
1. die Auswanderer wohlwollend zu behandeln und auf ein anständiges Betragen der Mannschaft zu halten, auch täglich das Auswandererdeck zu besuchen oder durch seinen Stellvertreter besuchen zu lassen;
2. die im Interesse der Sittlichkeit und Ordnung erforderlichen Maßregeln zu treffen, insbesondere jeden unsittlichen Verkehr zwischen der Schiffsbesatzung und den Auswanderern nach Möglichkeit zu verhindern und Zuwiderhandlungen der Besatzung disziplinarisch zu ahnden, ferner dafür zu sorgen, daß die den Reisenden angewiesenen Plätze während der Reise beibehalten werden, daß die Frauen- und Männerabtheilungen (§§. 16, 17, 18) nicht von Unbefugten betreten und am Abende regelmäßig geschlossen werden, und daß die Mannschaft die Auswandererräume nur betritt, wenn der Schiffsdienst es erforderlich macht;
3. für die gehörige Einrichtung, Reinigung, Lüftung, Desinfektion und Erleuchtung der für die Auswanderer bestimmten Räume, insbesondere für die baldmöglichste Beseitigung des Auswurfs der Seekranken und die tägliche Reinigung der Auswandererräume zu sorgen;
4. dafür zu sorgen, daß diejenigen Mengen von Proviant und Wasser, deren Einnahme unterwegs gestattet ist, vollzählig und in guter Beschaffenheit an Bord kommen;
5. die größte Sorgfalt für gute Erhaltung des Proviants aufzuwenden und namentlich zu verhindern, daß Gegenstände, welche eine nachtheilige Wirkung auf dessen Beschaffenheit äußern können, zum Beispiele Petroleum oder Farbe, in den Proviantraum oder in dessen Nähe gebracht werden;
6. zu veranlassen, daß der Proviant den Auswanderern gehörig zubereitet und in den vorschriftsmäßigen Mengen zugetheilt, über die etwa nothwendig gewordene Verringerung der Beköstigungsmengen aber sofort ein die Gründe angebender Vermerk, der vom Schiffsführer, dessen [78] Stellvertreter und dem etwa vorhandenen Proviantverwalter zu unterzeichnen ist, in das Schiffstagebuch eingetragen wird;
7. sobald Wassermangel droht, dafür zu sorgen, daß Süßwasser hergestellt wird;
8. dafür zu sorgen, daß die Rettungsgeräthe in guter Beschaffenheit und vollständiger Ausrüstung jederzeit bereit gehalten werden; auch auf die gute Instandhaltung der Schlauchleitung (§. 37) zu achten;
9. erkrankte Personen in die Krankenräume bringen zu lassen und, falls die vorhandenen nicht ausreichen, weiteren abgesonderten Raum zur Unterbringung der Kranken bereit zu stellen;
10. falls sich auf dem Schiffe Frauenspersonen befinden, hinsichtlich deren der Verdacht entsteht, daß sie zu Unzuchtszwecken ins Ausland verbracht werden sollen, dem für den Ausschiffungshafen zuständigen deutschen Konsul so frühzeitig als möglich Mittheilung von Namen, Staatsangehörigkeit und Reiseziel dieser Personen und ihrer Begleiter zu machen;
11. den Nachlaß der an Bord Verstorbenen, sofern er sich nicht im Besitze von Angehörigen derselben befindet, sofort in Verwahrung zu nehmen und in einem von ihm und zwei Zeugen zu unterschreibenden Verzeichnisse thunlichst genau aufzuführen. Das Nachlaßverzeichniß hat der Schiffsführer alsbald nach seiner Ankunft am überseeischen Landungsplatze dem deutschen Konsul zu übergeben und dessen Verfügung wegen des Weiteren einzuholen;
12. einige Stücke des Reichsgesetzes, betreffend das Auswanderungswesen, und der auf Grund der §§. 21 und 36 desselben erlassenen Vorschriften zur Kenntnißnahme der Auswanderer an Bord des Schiffes, insbesondere auch im Auswandererdeck, bequem sichtbar anschlagen oder aushängen zu lassen.

§. 71. Bücher und Zeitschriften.

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Der Unternehmer ist verpflichtet, Bücher und Zeitschriften, die ihm von Vereinen zum Schutze der Auswanderer und von anderen Seiten mit Genehmigung der Auswanderungsbehörde zur Benutzung der Auswanderer zur Verfügung gestellt werden, an Bord mitzunehmen und zur Verfügung der Auswanderer zu halten. Die Herbeiführung der Genehmigung der Auswanderungsbehörde ist Sache des Gebers der Bücher.

IX. Allgemeine und Uebergangsbestimmungen.

[Bearbeiten]

§. 72.

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Rücksichtlich des Schiffsraums, der Ausrüstung und Verproviantirung sind im Allgemeinen zwei Kinder unter zehn Jahren für eine Person, Kinder unter einem Jahre, abgesehen von der für sie mitzunehmenden Milch, gar nicht zu rechnen. [79]

§. 73.

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Beschwerden über die Anordnungen der Besichtiger und des Arztes, insbesondere über die Versagung der Genehmigung zur Einschiffung der Auswanderer, sind bei der Auswanderungsbehörde anzubringen und von dieser sofort – zum Mindesten vorläufig – zu entscheiden.

§. 74.

[Bearbeiten]
Die Auswanderungsbehörde kann die den Besichtigern und dem Untersuchungsarzt obliegenden Verrichtungen selbst ausüben.

§. 75.

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Für Schiffe, welche vor dem 1. Juli 1897 in Bau gegeben worden sind, treten für schon vorhandene Einrichtungen folgende Erleichterungen ein:
1. Die Bestimmungen über die Einrichtung wasserdichter Schotten im §. 1 Absatz 3 und im §. 58 Absatz 2 Ziffer 1 finden keine Anwendung.
2. Es genügt je eine Treppe für zweihundert Reisende (§. 9).
3. Die Einzelkoje braucht nur 0,50 Meter, die Doppelkoje nur 1 Meter breit zu sein (§. 13).
4. Die Kojen in den Krankenräumen dürfen ganz von Holz sein. Die oberen Kojen brauchen nicht zum Aufklappen eingerichtet zu sein. Von der Erfüllung der Anforderungen hinsichtlich der Breite der Thür und der benachbarten Lage von Abtritten und einer besonderen Badeeinrichtung kann abgesehen werden (§. 22).
5. Die vorgeschriebenen Boote müssen mindestens zur Hälfte Rettungsboote und dürfen bis zu einem Viertel Klappboote sein (§. 42).
6. Ein Rettungsgürtel braucht nur 8 Kilogramm, eine Rettungsboje nur 12 Kilogramm tragen zu können (§§. 51, 52).

§. 76.

[Bearbeiten]
Bis zum 1. April 1899 kann die Auswanderungsbehörde im einzelnen Falle
1. von dem Nachweise der Untersuchung des Schiffes auf Seetüchtigkeit absehen (§. 58 Absatz 2 Ziffer 2),
2. gestatten, daß eine geringere als die im §. 49 vorgeschriebene Zahl von ruderkundigen Personen vorhanden ist.

§. 77.

[Bearbeiten]
Für die von ausländischen Häfen aus abgehenden Auswandererschiffe kann der Reichskanzler mit Zustimmung des Bundesraths Ausnahmen von den vorstehenden Vorschriften zulassen.
Berlin, den 14. März 1898.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
Graf von Posadowsky.

[80]

Anhang A.

[Bearbeiten]
Verzeichniß
der
auf Auswandererschiffen mitzunehmenden Mengen von Proviant und Wasser, Brenn- und Leuchtmaterial (§. 27 der Vorschriften).


Für je zehn Tage der im §. 27 und Anhange B bestimmten längsten Reisedauer sind für jeden Auswanderer an Wasser wenigstens 60 Liter und an Proviant wenigstens folgende Mengen mitzunehmen:

1. Rindfleisch 2.000 Gramm,
2. Schweinefleisch oder Speck 1.000 Gramm,
3. Heringe 3 Stück,
4. Brot (Weizen- oder Roggen-) 3.600 Gramm,
5. Mehl (Weizen- oder Roggen-) 720 Gramm,
6. Erbsen 275 Gramm,
7. Bohnen 225 Gramm,
8. Reis 360 Gramm,
9. Graupen 180 Gramm,
10. Hafergrütze 50 Gramm,
11. Pflaumen 100 Gramm,
12. Schnittäpfel 50 Gramm,
13. Sauerkohl 400 Gramm,
14. Gemüse, getrocknet, gepreßt 100 Gramm,
15. Frische Kartoffeln 3.000 Gramm,
16. Butter 350 Gramm,
17. Salz 120 Gramm,
18. Essig 0,12 Liter,
19. Kaffee, geröstet, auch in Tafeln 125 Gramm,
20. Zichorien 25 Gramm,
21. Thee 20 Gramm,
22. Zucker 150 Gramm,
23. Syrup 100 Gramm,
24. Milch, kondensirte [81] 120 Gramm.
Ferner ist an Speisen für Kranke und Kinder auf je einhundert Reisende für je zehn Tage der längsten Reisedauer mitzunehmen:
25. Rothwein 5 Liter,
26. Zucker 2.000 Gramm,
27. Sago 1.000 Gramm,
28. Hafergrütze 2.000 Gramm,
29. Perlgraupen 1.500 Gramm,
30. Kondensirte Milch 1.000 Gramm.
und außerdem für jedes an Bord befindliche Kind im Alter unter einem Jahre für je zehn Tage 500 Gramm, oder an Stelle der kondensirten haltbare (sterilisirte) Naturmilch, wobei ein Gewichtstheil kondensirter Milch sechs Gewichtstheilen sterilisirter Milch gleich zu rechnen ist.
Das mitzunehmende Wasser muß von guter Beschaffenheit sein.
Von der vorgeschriebenen Menge Rindfleisch (Ziffer 1) muß mindestens ein Fünftel frisch oder präservirt sein. Statt des frischen oder präservirten Rindfleisches kann frisches oder präservirtes Kalb- oder Hammelfleisch mitgenommen werden. Von dem frischen oder präservirten Fleische muß von Beginn der Reise an, soweit der Vorrath reicht, mindestens zweimal in der Woche eine volle Tagesration gegeben werden.
Wird statt eines Theiles des Rindfleisches Schweinefleisch oder Speck mitgenommen, so werden 375 Gramm Schweinefleisch oder 250 Gramm Speck gleich 500 Gramm Rindfleisch gerechnet; jedoch darf keinenfalls mehr als die Hälfte der vorgeschriebenen Menge Rindfleisch durch Schweinefleisch ersetzt werden. Wird ein Theil des Rindfleisches durch Fisch ersetzt, so werden 375 Gramm Fisch gleich 500 Gramm Rindfleisch gerechnet; jedoch darf Fisch nur an zwei Tagen der Woche gegeben werden.
Schiffe, welche eine der Anzahl der beförderten Auswanderer entsprechende Bäckerei an Bord haben, können statt der mitzunehmenden Menge Brot (Ziffer 4) eine um zehn Prozent geringere Menge Mehl mitnehmen. Von dem mitzunehmenden Brote oder Mehle muß mindestens die Hälfte Weizenbrot oder Weizenmehl sein.
Von den unter Ziffer 8 und Ziffer 9 aufgeführten Nahrungsmitteln kann, wenn nur die Gesammtmenge vorhanden ist, der Vorrath des einen zu Gunsten des anderen verringert werden; dasselbe gilt von den unter Ziffer 11 und Ziffer 12 aufgeführten Gegenständen.
Das Gemüse (Ziffer 14) ist in mindestens zwei Sorten mitzunehmen.
Statt frischer Kartoffeln (Ziffer 15) oder eines Theiles derselben dürfen getrocknete oder gepreßte Kartoffeln mitgenommen werden, wobei 20 Gramm der letzteren gleich 100 Gramm frischer Kartoffeln zu rechnen sind.
Statt der Butter (Ziffer 16) darf Margarine erster Qualität mitgenommen werden. Für Reisen nach einem überseeischen südlichen Hafen kann die vorgeschriebene Menge Butter oder Margarine um ein Drittel verringert werden, [82] wenn statt dessen für je 3.000 Gramm Butter oder Margarine 4.000 Gramm süße gute Marmelade mitgenommen werden. Der Butter- oder Margarinevorrath ist jedoch zuerst zu verzehren.
Für Reisen, deren wahrscheinliche längste Dauer achtzig Tage oder mehr beträgt, müssen für jeden Reisenden 600 Gramm Zitronensaft, sowie außer der unter Ziffer 22 vorgeschriebenen Menge Zucker 600 Gramm Zucker mitgenommen werden zur Bereitung von Limonade, welche vom zweiundzwanzigsten Tage der Reise ab den Auswanderern täglich als Getränk verabreicht werden muß.
Der Schiffsführer hat dafür zu sorgen, daß für die an Bord befindlichen Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren täglich leichte Speisen, als Haferschleim, Graupen, Milchreis u. s. w. verabreicht werden.
Außer dem Proviante müssen mitgenommen werden: Besen, die nöthige Menge Brennöl (mit Ausnahme von Petroleum) oder Lichte; ferner auf Segelschiffen an Feuerung zum Kochen für einhundert Reisende für je zehn Tage 10 Hektoliter Steinkohlen und 1½ Kubikmeter Holz, für eine größere Anzahl von Reisenden im Verhältnisse mehr.
Für die Schiffsmannschaft sind mindestens dieselben Rationen wie für die Reisenden mitzunehmen, wobei die Besichtiger sachgemäße Abweichungen gestatten können.


[83]

Anhang B.

[Bearbeiten]
Wahrscheinliche längste Reisedauer (§. 27 der Vorschriften) für Fahrten
nach mit Dampfschiffen von weniger als 10 Knoten Geschwindigkeit in der Stunde mit Dampfschiffen von 10 bis 15 Knoten Geschwindigkeit in der Stunde mit Dampfschiffen von mehr als 15 Knoten Geschwindigkeit in der Stunde mit Segelschiffen in der Zeit zwischen dem 15. März und 15. Oktober mit Segelschiffen in der Zeit zwischen dem 15. Oktober und 15. März
Tage. Tage. Tage. Tage. Tage.
1. der Ostküste von Nordamerika nördlich dem 30. Grade nördlicher Breite 40 25 20 80 90
2. der Ostküste von Amerika zwischen dem 30. Grade nördlicher Breite und dem Kap St. Roque 40 30 30 80 90
3. der Ostküste von Südamerika südlich Kap St. Roque 60 45 45 120 130
4. der Westküste von Afrika bis zum Kap der guten Hoffnung 60 45 45 120 130
5. einer Gegend über Kap Horn oder Kap der guten Hoffnung hinaus, ohne daß der Aequator zweimal passirt wird 80 60 60 160 170
6. einer Gegend, wobei der Aequator zweimal passirt wird 100 80 80 200 210
7. Australien und China 80 60 60 160 170

[84]

Anhang C.

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Verzeichniß
der
Arzneien und anderen Hülfsmittel zur Krankenpflege, welche auf einem Auswandererschiffe mindestens mitzunehmen sind (§. 32 der Vorschriften).
A. Arzneien[1]
(für 100 Personen einschließlich der Schiffsbesatzung, über 100 bis zu 500 Personen das Doppelte, für mehr Personen das Dreifache).
Acidum boricum pulverisatum 50 g
Acidum carbolicum cum Sapone āā 3.000 g
Acidum hydrocbloricum dilutum 100 g
Acidum nitricum dilutum (Reagens) 30 g
Acidum tannicum 50 g
Aether 100 g
Alumen pulveratum 200 g
Ammonium chloratum 200 g
Antipyrinum in Pulvern zu 1,0 g 50 Pulver
Apomorphinum hydrochloricum in Glasröhrchen zu 0,1 g 5 Röhrchen
Aqua Calcariae 500 g
Aqua destillata 1.000 g
Argentum nitricum fusum 5 g
Atropinum sulfuricum solutum (1:99) 25 g
Balsamum Copaivae 100 g
Balsamum peruvianum cum Spiritu āā 400 g
Bismutum subnitricum 100 g
Bismutum subnitricum cum Natr. bicarb. āā 0,5 g 100 Pulver
Camphora solut. in Spiritu (1:9) 20 g
Capsulae amylaceae 300 Stück
Chininum hydrochloricum in Pulvern zu 1,0 g 200 Pulver
Chloralum hydratum c. Aqu. Dest āā in abgetheiltem Glase 200 g
Chloroformium (in 3 Gläsern) 300 g
Cocainum hydrochloricum 5 g
Collodium elasticum 100 g
Cuprum sulfuricum in Krystallen (in 2 Stücken) 30 g
Diphtherie-Heilserum zu je 1.000 Einheiten 5 Heildosen
Emplastrum adhaesivum american 4 m
Emplastrum adhaesivum anglicum 3 Stück
Extractum Filicis aethereum in Kapseln zu 0,5 g 50 Kapseln
Extractum Secalis cornuti fluidum 20 g
Flores Chamomillae 450 g
Folia Digitalis in Pulvern zu 0,1 g NB. Vor jeder Reise zu erneuern! 50 Pulver
Fructus Foeniculi 200 g
Glycerinum 200 g
Gummi arabicum 100 g
Hydrargyrum bichloratum in Pastillen zu 1,0 g 50 Stück
Hydrargyrum chloratum in Pulvern zu 0,3 g 60 Pulver
Hydrargyrum chloratum in Pulvern zu 0,01 g cum Sacch. lact. 0,3 g 50 Pulver
Hydrargyrum oxydatum 0,2 cum adipe ad 10 g 10 g
Jodoformium 100 g
Kalium bromatum 100 g
Kalium chloricum 400 g
Kalium jodatum 200 g
Kalium permanganicum 50 g
Kindermehlpräparate 10 Büchsen
Kreosotum cum Spiritu āā 20 g
Linimentum saponato-camphorat. liquid. 400 g
Liquor Ammonii anisatus 100 g
Liquor Ammonii caustici 150 g
Liquor Ferri sesquichlorati[85] 50 g
Liquor Kalii acetici 100 g
Liquor Kalii arsenicosi, Fowlersche Lösung 25 g
Liquor Plumbi subacetici 200 g
Lycopodium 50 g
Magnesium carbonicum 50 g
Magnesium sulfuricum 4.000 g
Morphinum hydrochloricum in Pulvern zu 0,01 g cum Sacch. 0,5 80 Pulver
Morphinum hydrochloricum 1,0 cum Aqu. dest. 50,0 (in einer weithalsigen Flasche) 50 g
Natrium bicarbonicum 300 g
Natrium salicylicum in Pulvern zu 0,1 g 300 Pulver
Oleum camphoratum (10% Kampheröl) 25 g
Oleum Lini cum Aqu. Calcariae āā 1.000 g
Oleum Ricini 4.000 g
Phenacetinum in Pulvern zu 1,0 g 50 Pulver
Pilulae laxantes (Extr. Aloes, Rhei, Sapon, Jalap, Rad. Rhei āā 7,5 g) 150 Pillen
Pulvis aërophorus anglicus 50 Stück
Pulvis Ipecacuanhae opiatus in Pulvern zu 0,5 g 80 Pulver
Pulvis Liquiritiae compositus 100 g
Pulvis Magnesiae cum Rheo 30 g
Pulvis Radicis Ipecacuanhae in Pulvern zu 1,0 g 40 Pulver
Pulvis salicylicus cum Talco 400 g
Sal. Carolin. factit 1.000 g
Schutzpockenlymphe NB. Vor jeder Reise zu erneuern! 50 Portionen
Sirupus simplex 500 g
Solutio Fehling (die einzelnen Bestandteile getrennt) 100 g
Species pectorales 100 g
Spiritus 750 g
Spiritus aethereus 100 g
Spiritus Sinapis 200 g
Succus Liquiritiae 100 g
Tinctura Chinae composita 100 g
Tinctura Jodi 100 g
Tinctura Opii simplex 150 g
Tinctura Rhei vinosa 150 g
Tinctura Strophanthi 25 g
Tinctura Valerianae aetherea 50 g
Trionalum in Pulvern zu 1,0 g 20 Pulver
Trochisci Santonini zu 0,05 g 20 Stück
Unguentum Acidi borici (cum adipe) 400 g
Unguentum Hydrargyri cinereum in Päckchen zu 2,0 g 180 Stück
Unguentum Paraffini 400 g
Unguentum Zinci 100 g
Zincum sulfuricum in Pulvern zu 1,0 g 100 g
B. Desinfektionsmittel
(für 100 Personen einschließlich der Schiffsbesatzung, über 100 bis zu 500 Personen das Doppelte, für mehr Personen das Dreifache).
Acidum carbolicum cum Sapone āā 40 kg
C. Andere Hülfsmittel zur Krankenpflege[2]
1. Apothekergeräthe.
Meßgefäß 2
Handwaage mit Gewichten 1
* Trichter (Glas-) 1
Hornlöffel 5
Tropfenzähler 3
* Medizingläser mit Korken (zu 200 ccm Inhalt) 50
* Salbenkruken 6
* Milchflaschen (zum Sterilisiren) 10
Holzschachteln 20
Pappschachteln 20
Zettel mit der Aufschrift „Aeußerlich“ 200
Düten 100
Spirituslampe 1
* Filtrirpapier (Bogen) 4
Reagenspapier, rothes und blaues je 1 Buch
* Reagensgläser 6
2. Krankengeräthe.
* Waschschale 1
Eiterbecken 2
Eisbeutel 3
* Wasserdichter Stoff 3 m
* Oelleinewand 2 m
* Einnehmegefäß 1
Trinkrohr (von Glas) 2
* Spülgefäß mit Zubehör (Irrigator) 1
* Steckbecken 1
Urinflasche (für Männer) 1
Tragbeutel (Suspensorien) 6
Bruchbänder (2 rechtsseitige, 2 linksseitige) 4
Säuger 10
Brusthütchen [86] 4
3. Verbandmittel.
* Gips 2 kg
* Gipsbinden, etwa 5 m lang, 7 cm breit 10 Stück
* Verbandwatte 1 kg
* Salicylwatte 1 kg
* Ungeleimte Watte 1 kg
* Jodoformgaze in Bindenform 2 qm
* Verbandmull 2 kg
* Flanellbinden, etwa 5 m lang, 7 cm breit 6
* Mullbinden, 10 zu 8 cm, 10 zu 10 cm Breite, etwa 5 m lang 20
* Kleisterbinden 10
* Mitellen 4
* Verbandtücher 4
* Drahtschienen 4
* Holzschienen (einschl. Spaltschienen) 12
* Pappe 6 Bogen
* Leinenes Band (2–3 cm breit) 3 m
* Sicherheitsnadeln 2 Schachteln
* Verbandscheere 1
4. Aerztliche Geräthe und Instrumente.
(NB Die Metalltheile derselben müssen thunlichst vernickelt sein.)
* Maximalthermometer 3
Stethoskop 1
* Handbürste 1
Chloroformirapparat 1
Pravazsche Spritzen 2
Tripperspritzen 6
Gummi-Katheter (Nelatonsche oder Jacques-Patent) 6
Bougies 12
Gummischlauch zu Magenausspülungen (1 m lang, mit einem Trichter) 1
Schlundstößer 1
Grätenfänger 1
Reflektor mit Stirnbinde 1
Zungenspatel 2
Ohrentrichter 1 Satz
Bellocqsches Röhrchen 1
Haarpinsel 6
Rachenpinsel 2
Trachealkanülen 2
Spritze für Diphtherie-Heilserum 1
Esmarchscher Schlauch mit Binde 1
* Katgut 2 Fläschchen
Scheidenspekula 1 Satz
Induktionsapparat nebst Vorräthen zum Nachfüllen 1
Englische Zahnzangen in einem Holzkasten 5
Verbandtasche 1
0enthaltend:
     Bistouri (2 gerade Klingen) 1
     Bistouri (Knopf- und Sichelmesser) 1
      gerade Scheere 1
      Coopersche Scheere 1
      scheerenförmige Arterienpincetten 2
      anatomische Pincette 1
      Hakenpincette 1
      gewöhnliche Sonde 1
      Hohlsonde 1
      Myrthenblattsonde 1
      Spatel 1
      Höllensteinhalter 1
      Wundnadeln 6
      Seide (Nr. 2 und Nr. 3) 2 Platten
      kleines Rasirmesser 1
Amputationsbesteck 1
0enthaltend:
      großes Messer 1
      mittleres Messer 1
      scharfe vierzinkige Haken 2
      scheerenförmige Arterienpincetten 4
      große Säge 1
      Stichsäge 1
      schneidende Knochenzange 1
      Knochenmeißel 1
      Troikart 1
      Wundnadeln 6
      Seide (Nr. 2 und Nr. 3) 2 Packete
Geburtshülfliches Besteck 1
0enthaltend:
      Zange 1
      Perforatorium 1
      Haken 1
      Katheter 1
      seidene Schlingen 2
5. Bücher.
Arzneibuch für das Deutsche Reich 1
Anleitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauffahrteischiffen, auf Veranlassung des Staatssekretärs des Innern bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamte (Neueste Ausgabe) 1
Ein Lehrbuch der Tropenkrankheiten (nur für Schiffe, die den 30. Grad nördlicher Breite überschreiten) 1

[87]

Anhang D.

[Bearbeiten]
Verzeichniß
der
explosiven, feuergefährlichen und ätzenden Stoffe, deren Mitnahme auf einem Auswandererschiff überhaupt oder unter Deck verboten ist.
(§. 35 der Vorschriften.)
1. Schieß- und Sprengpulver; Nitroglycerin (Sprengöl) und Nitroglycerin enthaltende Präparate, insbesondere Dynamit; Nitrocellulose, insbesondere Schießbaumwolle; pikrinsaure Salze und explosive Gemische, welche chlorsaure und pikrinsaure Salze enthalten; flüssiges Acetylen; Knallquecksilber, Knallsilber, Knallgold und die damit hergestellten Präparate; Pulvermunition mit Ausnahme der Metallpatronen; Patronen aus Dynamit oder anderen Nitroglycerin enthaltenden Präparaten; Feuerwerkskörper einschließlich der bengalischen Streichhölzer und bengalischen Schellackpräparate (Flammenbücher, Salonkerzen, Fackeln, Belustigungshölzchen, Leuchtstangen und dergleichen), jedoch mit Ausnahme chinesischer Fire Crackers; Zündungen mit Ausnahme der Sicherheitszünder, der Zündhütchen, der Zündspiegel und der in der Armee und Marine vorgeschriebenen nicht sprengkräftigen Zündungen.
2. Schwefeläther (Aethyläther), Collodium, Schwefelkohlenstoff (Schwefelalkohol), Petroleumäther (Gasolin, Neolin und dergleichen) und ähnliche aus Petroleum, Harz-, Steinkohlen-, Braunkohlen-, Torf- oder Schiefertheer bereitete Stoffe, sowie alle entzündbaren Flüssigkeiten, deren spezifisches Gewicht unter 0,68 liegt; rothe rauchende Salpetersäure.
3. Rohes Petroleum (Rohnaphta), sowie alle Destillate aus diesem und aus Theer-, Harz-, Steinkohlen-, Braunkohlen-, Torf- oder Schieferölen von einem spezifischen Gewicht über 0,68, sofern diese Destillate bei einer Temperatur von 15 Grad Celsius und darunter bei Berührung mit Feuer eine lebhafte Flamme erzeugen (Benzin, Ligroin und dergleichen).
4. Schwefel-, Salpeter- und Salzsäure;[ER 1] Raketen, Fackelfeuer und Sternsignale der Kaiserlichen Marine und der Kaiserlichen Schutztruppen; Zündwurst und Bickfordsche Zündschnur der Kaiserlichen Schutztruppen.

Anhang E.

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Besichtigungs-Verhandlung.
(§. 68 der Vorschriften.)
´
  1. Für Reisen, deren wahrscheinliche längste Dauer (Anhang B) 25 Tage nicht übersteigt, genügt bei den † bezeichneten Arzneien die Hälfte der angegebenen Mengen.
  2. Die unter C 1, 2, 3 und 4 aufgeführten, mit * versehenen Gegenstände sind, wenn mehr als 100 bis zu 500 Personen, einschließlich der Schiffsbesatzung, an Bord sind, in doppelter, bei mehr als 500 Personen in dreifacher Anzahl oder Menge mitzunehmen.
Berlin, den 24. Juni 1898.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
Graf von Posadowsky.

Berichtigung

[Bearbeiten]

Die Berichtigung gemäß Deutsches Reichsgesetzblatt 1897, Nr. 30, S. 917 [917] wurde im Text eingearbeitet.

  1. Vorlage: Schwefel, Salpeter und Salzsäure;