Gesetz über das Auswanderungswesen
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(Nr. 2393.) Gesetz über das Auswanderungswesen. Vom 9. Juni 1897.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
I. Unternehmer.
§. 1.
- Wer die Beförderung von Auswanderern nach außerdeutschen Ländern betreiben will (Unternehmer), bedarf hierzu der Erlaubniß.
§. 2.
- Zur Ertheilung oder Versagung der Erlaubniß ist der Reichskanzler unter Zustimmung des Bundesraths zuständig.
§. 3.
- Die Erlaubniß ist in der Regel nur zu ertheilen:
- a) an Reichsangehörige, welche ihre gewerbliche Niederlassung im Reichsgebiete haben;
- b) an Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristische Personen, welche im Reichsgebiet ihren Sitz haben; an offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien jedoch nur, wenn ihre persönlich haftenden Gesellschafter sämmtlich Reichsangehörige sind. [464]
§. 4.
- Ausländischen Personen oder Gesellschaften, sowie solchen Reichsangehörigen, welche ihre gewerbliche Niederlassung nicht im Reichsgebiete haben, darf die Erlaubniß nur ertheilt werden, wenn sie
- a) einen im Reichsgebiete wohnhaften Reichsangehörigen zu ihrem Bevollmächtigten bestellen, welcher sie in den auf die Beförderung der Auswanderer bezüglichen Angelegenheiten Behörden und Privaten gegenüber rechtsverbindlich zu vertreten hat,
- b) wegen der aus der Annahme und Beförderung der Auswanderer erwachsenden Rechtsstreitigkeiten dem deutschen Rechte und den deutschen Gerichten sich unterwerfen.
§. 5.
- Vor Ertheilung der Erlaubniß hat der Nachsuchende eine Sicherheit im Mindestbetrage von fünfzigtausend Mark zu bestellen und im Falle beabsichtigter überseeischer Beförderung den Nachweis zu führen, daß er Rheder ist.
§. 6.
- Die Erlaubniß ist nur für bestimmte Länder, Theile von solchen oder bestimmte Orte und im Falle überseeischer Beförderung nur für bestimmte Einschiffungshäfen zu ertheilen.
§. 7.
- Bei Ertheilung der Erlaubniß an solche deutsche Gesellschaften, welche sich die Besiedelung eines von ihnen in überseeischen Ländern erworbenen Gebiets zur Aufgabe machen, ist der Reichskanzler an die Vorschriften des §. 5 nicht gebunden.
- Im Uebrigen können aus besonderen Gründen Ausnahmen von den Vorschriften des §. 5 zugelassen werden.
§. 8.
- Die Erlaubniß berechtigt den Unternehmer zum Geschäftsbetrieb im ganzen Reichsgebiete mit der Einschränkung, daß er außerhalb des Gemeindebezirkes seiner gewerblichen Niederlassung und des Gemeindebezirkes seiner etwaigen Zweigniederlassungen bei der Ausübung seines gesammten Geschäftsbetriebs, soweit es sich dabei nicht lediglich um die Ertheilung von Auskunft auf Anfrage oder um die Veröffentlichung der Beförderungsgelegenheiten und Beförderungsbedingungen handelt, ausschließlich der Vermittelung seiner nach §. 11 ff. zugelassenen Agenten sich zu bedienen hat.
§. 9.
- Der Unternehmer kann seine Befugnisse zum Geschäftsbetriebe durch Stellvertreter ausüben. Die Bestellung eines solchen ist erforderlich für die Geschäftsführung in Zweigniederlassungen. [465]
- Nach dem Tode des Unternehmers sowie im Falle einer Vormundschaft oder Pflegschaft kann der Geschäftsbetrieb noch längstens sechs Monate durch Stellvertreter fortgesetzt werden.
- Die Bestellung eines Stellvertreters bedarf der Genehmigung des Reichskanzlers.
§. 10.
- Die den Unternehmern ertheilte Erlaubniß kann unter Zustimmung des Bundesraths vom Reichskanzler jederzeit beschränkt oder widerrufen werden. Die Genehmigung der Bestellung eines Stellvertreters kann vom Reichskanzler jederzeit widerrufen werden.
II. Agenten.
§. 11.
- Wer bei einem Betriebe der im §. 1 bezeichneten Art durch Vorbereitung, Vermittelung oder Abschluß des Beförderungsvertrags gewerbsmäßig mitwirken will (Agent), bedarf hierzu der Erlaubniß.
§. 12.
- Die Erlaubniß wird von der höheren Verwaltungsbehörde ertheilt.
§. 13.
- Die Erlaubniß darf nur ertheilt werden an Reichsangehörige, welche im Bezirke der höheren Verwaltungsbehörde (§. 12) ihre gewerbliche Niederlassung oder ihren Wohnsitz haben und von einem zugelassenen Unternehmer (§. 1) bevollmächtigt sind.
- Die Erlaubniß darf auch bei Erfüllung der vorstehenden Erfordernisse nicht ertheilt werden:
- a) wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in Beziehung auf den beabsichtigten Geschäftsbetrieb darthun;
- b) wenn einer den Verhältnissen des Verwaltungsbezirkes der zuständigen Verwaltungsbehörde entsprechenden Anzahl von Personen die Erlaubniß zum Betriebe des Geschäfts eines Auswanderungsagenten ertheilt oder ausgedehnt (§. 15) worden ist.
§. 14.
- Vor Ertheilung der Erlaubniß hat der Nachsuchende eine Sicherheit im Mindestbetrage von fünfzehnhundert Mark zu bestellen.
§. 15.
- Die Erlaubniß berechtigt zum Geschäftsbetrieb im Bezirke der die Erlaubniß ertheilenden Behörde, wenn sie nicht auf einen Theil desselben beschränkt wird. [466] Im Einvernehmen mit dieser Behörde kann jedoch dem Agenten die Ausdehnung seines Geschäftsbetriebs auf benachbarte Bezirke von den für letztere zuständigen höheren Verwaltungsbehörden gestattet werden.
§. 16.
- Für andere als den in der Erlaubnißurkunde namhaft gemachten Unternehmer sowie auf eigene Rechnung darf der Agent Geschäfte der im §. 11 bezeichneten Art nicht besorgen.
§. 17.
- Dem Agenten ist es untersagt, seine Geschäfte in Zweigniederlassungen, durch Stellvertreter oder im Umherziehen zu betreiben.
§. 18.
- Die dem Agenten ertheilte Erlaubniß kann jederzeit beschränkt oder widerrufen werden.
- Die Erlaubniß muß widerrufen werden:
- a) wenn den Erfordernissen nicht mehr genügt wird, an welche die Ertheilung der Erlaubniß nach §. 13 Absatz 1 gebunden ist;
- b) wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Agenten in Beziehung auf den Geschäftsbetrieb darthun;
- c) wenn die Sicherheit ganz oder zum Theil zur Deckung der auf ihr haftenden Ansprüche verwendet worden ist und nicht binnen vier Wochen nach ergangener Aufforderung neu bestellt oder ergänzt wird.
§. 19.
- Gegen die auf Grund der §§. 11 bis 15 und 18 von der höheren Verwaltungsbehörde getroffenen Verfügungen ist Beschwerde an die Aufsichtsbehörde zulässig. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde beträgt zwei Wochen.
III. Gemeinsame Bestimmungen für Unternehmer und Agenten.
§. 20.
- Die von den Unternehmern und von den Agenten bestellten Sicherheiten haften für alle anläßlich ihres Geschäftsbetriebs gegenüber den Behörden und gegenüber den Auswanderern begründeten Verbindlichkeiten sowie für Geldstrafen und Kosten.
§. 21.
- Der Bundesrath erläßt nähere Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der Unternehmer und Agenten und deren Beaufsichtigung, namentlich auch
- a) über die von ihnen zu führenden Bücher, Listen, statistischen und sonstigen Nachweisungen sowie über die in Anwendung zu bringenden Vertragsformulare; [467]
- b) über die Art und Weise der Sicherheitsbestellung und die Bedingungen, welche über die Haftbarkeit sowie über die Ergänzung und die Rückgabe der Sicherheit in die Bestellungsurkunde aufzunehmen sind.
IV. Allgemeine Bestimmungen über die Beförderung von Auswanderern.
§. 22.
- Der Unternehmer darf Auswanderer nur befördern auf Grund eines vorher abgeschlossenen schriftlichen Vertrags.
- Den Auswanderern darf nicht die Verpflichtung auferlegt werden, den Beförderungspreis oder einen Theil desselben oder ihnen geleistete Vorschüsse nach ihrer Ankunft am Bestimmungsorte zu zahlen oder zurückzuerstatten oder durch Arbeit abzuverdienen; ebensowenig dürfen sie in der Wahl ihres Aufenthaltsorts oder ihrer Beschäftigung im Bestimmungslande beschränkt werden.
§. 23.
- Verboten ist die Beförderung sowie der Abschluß von Verträgen über die Beförderung:
- a) von Wehrpflichtigen im Alter vom vollendeten siebzehnten bis zum vollendeten fünfundzwanzigsten Lebensjahre, bevor sie eine Entlassungsurkunde (§. 14 des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870) oder ein Zeugniß der Ersatzkommission darüber beigebracht haben, daß ihrer Auswanderung aus dem Grunde der Wehrpflicht kein Hinderniß entgegensteht;
- b) von Personen, deren Verhaftung oder Festnahme von einer Gerichts- oder Polizeibehörde angeordnet ist;
- c) von Reichsangehörigen, für welche von fremden Regierungen oder von Kolonisationsgesellschaften oder ähnlichen Unternehmungen der Beförderungspreis ganz oder theilweise bezahlt wird oder Vorschüsse geleistet werden; Ausnahmen von dieser Bestimmung kann der Reichskanzler zulassen.
§. 24.
- Auswanderer, welche sich nicht im Besitze der nach §. 23, a erforderlichen Urkunde befinden, oder welche zu den im §. 23 unter b und c bezeichneten Personen gehören, können durch die Polizeibehörden am Verlassen des Reichsgebiets verhindert werden.
- Die Polizeibehörden in den Hafenorten sind befugt, die Unternehmer an der Einschiffung von Personen zu verhindern, deren Beförderung auf Grund dieses Gesetzes verboten ist. [468]
V. Besondere Bestimmungen für die überseeische Auswanderung nach außereuropäischen Ländern.
§. 25.
- Verträge über die überseeische Beförderung von Auswanderern müssen auf Beförderung und Verpflegung bis zur Landung im außereuropäischen Ausschiffungshafen gerichtet sein. Sie sind auf die Weiterbeförderung und Verpflegung vom Ausschiffungshafen bis an das Auswanderungsziel zu erstrecken, insoweit dies bei der Ertheilung der Erlaubniß (§. 1) zur Bedingung gemacht ist.
- Soll das Schiff in einem außerdeutschen Hafen bestiegen oder gewechselt werden, so ist dies in den Beförderungsvertrag aufzunehmen.
§. 26.
- Der Verkauf von Fahrscheinen an Auswanderer zur Weiterbeförderung von einem überseeischen Platze aus ist verboten.
- Dieses Verbot findet jedoch keine Anwendung auf Verträge, durch welche der Unternehmer (§. 1) sich zugleich zur Weiterbeförderung vom überseeischen Ausschiffungshafen aus verpflichtet.
§. 27.
- Der Unternehmer ist verpflichtet, den Auswanderern an dem zu ihrer Einschiffung oder Weiterbeförderung bestimmten Orte bei jeder nicht von ihnen selbst verschuldeten Verzögerung der Beförderung von dem vertragsmäßig bestimmten Abfahrtstag an ohne besondere Vergütung Unterkunft und Verpflegung zu gewähren.
§. 28.
- Falls die Verzögerung länger als eine Woche dauert, hat der Auswanderer, unbeschadet der ihm nach dem bürgerlichen Rechte etwa zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz, das Recht, von dem Vertrage zurückzutreten und die Rückerstattung des gezahlten Ueberfahrtsgeldes zu verlangen.
§. 29.
- Die Rückerstattung des Ueberfahrtsgeldes kann auch dann verlangt werden, wenn der Auswanderer oder einer der ihn begleitenden Familienangehörigen vor Antritt der Seereise stirbt oder nachweislich durch Krankheit oder durch sonstige außer seiner Macht liegende Zwischenfälle am Antritte der Seereise verhindert wird.
- Das Gleiche gilt, wenn in Fällen des §. 26 Absatz 2 die Verhinderung im überseeischen Ausschiffungshafen eintritt, rücksichtlich des den Weiterbeförderungskosten entsprechenden Theiles des Ueberfahrtsgeldes.
- Die Hälfte des Ueberfahrtsgeldes kann zurückverlangt werden, wenn der Auswanderer vor Antritt der Reise vom Vertrag aus anderen Gründen zurücktritt. [469]
§. 30.
- Wird das Schiff durch einen Seeunfall oder einen anderen Umstand an der Fortsetzung der Reise verhindert oder zu einer längeren Unterbrechung derselben genöthigt, so ist der Unternehmer (§. 1) verpflichtet, ohne besondere Vergütung den Auswanderern angemessene Unterkunft und Verpflegung zu gewähren und die Beförderung derselben und ihres Gepäcks nach dem Bestimmungsorte sobald als möglich herbeizuführen.
- Diese Vorschrift findet sinngemäße Anwendung auf die Weiterbeförderung vom überseeischen Ausschiffungshafen aus (§. 26 Absatz 2).
§. 31.
- Vereinbarungen, welche den Bestimmungen der §§. 27 bis 30 zuwiderlaufen, haben keine rechtliche Wirkung.
§. 32.
- Der Unternehmer kann verpflichtet werden, zur Sicherstellung der ihm aus den §§. 27 bis 30 entstehenden Verpflichtungen eine das Ueberfahrtsgeld um den halben Betrag übersteigende Summe zu versichern oder einen der Versicherungssumme entsprechenden Betrag zu hinterlegen.
§. 33.
- Der Unternehmer hat dafür Sorge zu tragen, daß das Schiff, mit welchem die Auswanderer befördert werden sollen, für die beabsichtigte Reise völlig seetüchtig, vorschriftsmäßig eingerichtet, ausgerüstet und verproviantirt ist.
- Die gleiche Verpflichtung trifft den Führer des Schiffes.
§. 34.
- Jedes Auswandererschiff unterliegt vor dem Antritte der Reise einer Untersuchung über seine Seetüchtigkeit, Einrichtung, Ausrüstung und Verproviantirung.
- Die Untersuchung erfolgt durch amtliche, von den Landesregierungen bestellte Besichtiger.
§. 35.
- Vor Abgang des Schiffes ist der Gesundheitszustand der Auswanderer und der Schiffsbesatzung durch einen von der Auswanderungsbehörde (§. 40) zu bestimmenden Arzt zu untersuchen.
§. 36.
- Der Bundesrath erläßt Vorschriften über die Beschaffenheit, Einrichtung, Ausrüstung und Verproviantirung der Auswandererschiffe, über die amtliche Besichtigung und Kontrole dieser Schiffe, ferner über die ärztliche Untersuchung der Reisenden und der Schiffsbesatzung vor der Einschiffung, über die Ausschließung [470] kranker Personen, über das Verfahren bei der Einschiffung und über den Schutz der Auswanderer in gesundheitlicher und sittlicher Hinsicht.
- Die vom Bundesrath erlassenen Vorschriften sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnißnahme vorzulegen.
§. 37.
- Als Auswandererschiffe im Sinne dieses Gesetzes gelten alle nach außereuropäischen Häfen bestimmten Seeschiffe, mit denen, abgesehen von den Kajütspassagieren, mindestens fünfundzwanzig Reisende befördert werden sollen.
VI. Auswanderungsbehörden.
§. 38.
- Zur Mitwirkung bei Ausübung der dem Reichskanzler auf dem Gebiete des Auswanderungswesens zustehenden Befugnisse wird ein sachverständiger Beirath gebildet, welcher aus einem Vorsitzenden und mindestens vierzehn Mitgliedern besteht. Den Vorsitzenden ernennt der Kaiser. Die Mitglieder werden vom Bundesrathe gewählt. Alle zwei Jahre findet eine Neuwahl sämmtlicher Mitglieder statt. Im Uebrigen wird die Organisation des Beiraths durch ein vom Bundesrathe zu erlassendes Regulativ und seine Thätigkeit durch eine selbstgegebene Geschäftsordnung geregelt.
§. 39.
- Die Anhörung des Beiraths muß erfolgen vor Ertheilung der Erlaubniß für solche Unternehmungen, welche die Besiedelung eines bestimmten Gebiets in überseeischen Ländern zum Gegenstande haben, sowie im Falle der Beschränkung oder des Widerrufs der einem Unternehmer ertheilten Erlaubniß.
- Außerdem können auf dem Gebiete des Auswanderungswesens von dem Reichskanzler geeignete wichtigere Fragen dem Beirathe zur Begutachtung vorgelegt und von letzterem Anträge an den Reichskanzler gestellt werden.
§. 40.
- Zur Ueberwachung des Auswanderungswesens und der Ausführung der darauf bezüglichen Bestimmungen sind an denjenigen Hafenplätzen, für welche Unternehmer zugelassen sind, von den Landesregierungen Auswanderungsbehörden zu bestellen.
§. 41.
- In den Hafenorten übt der Reichskanzler die Aufsicht über das Auswanderungswesen durch von ihm bestellte Kommissare aus.
- Diese Kommissare sind befugt, den im §. 34 vorgesehenen Untersuchungen beizuwohnen, auch selbständig Untersuchungen der Auswandererschiffe vorzunehmen. Sie haben die Landesbehörden auf die von ihnen wahrgenommenen Mängel und Verstöße aufmerksam zu machen und auf deren Abstellung zu dringen.
- Die Führer von Auswandererschiffen sind verpflichtet, den Kommissaren auf Erfordern wahrheitsgetreue Auskunft über alle Verhältnisse des Schiffes und [471] über dessen Reise zu ertheilen, sowie jederzeit das Betreten der Schiffsräume und die Einsicht in die Schiffspapiere zu gestatten.
- Im Auslande werden die Obliegenheiten der Kommissare behufs Wahrnehmung der Interessen deutscher Auswanderer von den Behörden des Reichs wahrgenommen, denen erforderlichenfalls besondere Kommissare als Hülfsbeamte beizugeben sind.
VII. Beförderung von außerdeutschen Häfen aus.
§. 42.
- Durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths können zur Regelung der Beförderung von Auswanderern und Passagieren auf deutschen Schiffen, welche von außerdeutschen Häfen ausgehen, Vorschriften der im §. 36 bezeichneten Art erlassen werden.
VIII. Strafbestimmungen.
§. 43.
- Unternehmer (§. 1), welche den Bestimmungen der §§. 8, 22, 23, 25, 32 und 33 Absatz 1 oder den für die Ausübung ihres Geschäftsbetriebs von den zuständigen Behörden erlassenen Vorschriften zuwiderhandeln, werden mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.
- Sind die Zuwiderhandlungen von einem Stellvertreter (§. 9) begangen worden, so trifft die Strafe diesen; der Unternehmer ist neben demselben strafbar, wenn die Zuwiderhandlung mit seinem Vorwissen begangen ist, oder wenn er bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Stellvertreters es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.
- Die gleiche Strafe trifft Schiffsführer, welche den ihnen im §. 33 Absatz 2 und im §. 41 Absatz 3 auferlegten Verpflichtungen oder den auf Grund des §. 36 erlassenen Vorschriften zuwiderhandeln, ohne Unterschied, ob die Zuwiderhandlung im Inland oder im Auslande begangen ist.
§. 44.
- Agenten (§. 11), welche den Bestimmungen der §§. 15, 16, 17, 22 Absatz 2, 23 und 25 oder den für die Ausübung ihres Geschäftsbetriebs von den zuständigen Behörden erlassenen Vorschriften zuwiderhandeln, werden mit Geldstrafe von dreißig bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft.
§. 45.
- Wer ohne die nach §§. 1 und 11 erforderliche Erlaubniß die Beförderung von Auswanderern betreibt oder bei einem solchen Betriebe gewerbsmäßig mitwirkt, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu sechstausend Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. [472]
- Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher sich zum Geschäfte macht, zur Auswanderung anzuwerben.
§. 46.
- Wer der Vorschrift des §. 26 Absatz 1 zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft.
§. 47.
- Wer den auf Grund des §. 42 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.
§. 48.
- Wer eine Frauensperson zu dem Zwecke, sie der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen, mittelst arglistiger Verschweigung dieses Zweckes zur Auswanderung verleitet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann zugleich auf Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.
- Dieselben Strafvorschriften finden auf denjenigen Anwendung, welcher mit Kenntniß des vom Thäter in solcher Weise verfolgten Zweckes die Auswanderung der Frauensperson vorsätzlich befördert; sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark erkannt werden kann.
Schlußbestimmungen.
§. 49.
- Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeichnung: Aufsichtsbehörde, höhere Verwaltungsbehörde, Polizeibehörde zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaats bekannt gemacht.
§. 50.
- Dieses Gesetz tritt am 1. April 1898 in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkt erlöschen die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften ertheilten Genehmigungen zur Beförderung oder zur Mitwirkung bei der Beförderung von Auswanderern.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Neues Palais, den 9. Juni 1897.