BLKÖ:Vetter von Doggenfeld, Anton Edler von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 50 (1884), ab Seite: 231. (Quelle) | |||
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[231] in die Reihen der ungarischen Rebellenarmee und commandirte als Oberstlieutenant am 2. September 1848 die Infanterie bei Erstürmung des Raitzer Lagers zu Perlasz, wo er sich durch Muth und Tapferkeit besonders auszeichnete. Nun folgte seine Beförderung von Rang zu Rang mit jener Raschheit, wie es auf jeder steil abwärtsgehenden revolutionären Laufbahn der Fall zu sein pflegt, insbesondere wenn man mit gründlichen militärischen Kenntnissen Entschlossenheit und persönliche Tapferkeit verbindet, welche Eigenschaften Vetter nicht abgesprochen werden können. Gegen Mitte November 1848 bereits Oberst, übernahm er an Stelle des Generals Kiss [Bd. XI, S. 331][WS 1], mit dem er überhaupt im Commando der Südarmee oft abzuwechseln pflegte, den Oberbefehl in den südlichen Gegenden und schlug sein Hauptquartier in Becskerek auf. Unter ihm diente der berüchtigte Rózsa Sándor [Bd. XXVII, S. 188], der früher als Räuberhauptmann in der Umgebung von Szegedin sein Unwesen getrieben und nach erhaltenem Pardon als Guerillaführer den Rebellen treffliche Dienste leistete. Die Leute desselben waren außer den Feuerwaffen noch mit dem Fokos bewehrt, mit welchem sie besser umzugehen verstanden, als mit dem Säbel. Diese Fokos, eine in den Händen des ungarischen Bergbewohners ebenso furchtbare Waffe wie die Sense in jenen der polnischen Sensenmänner, versetzten wie die Bleiknopfpeitschen der Csikós-Huszaren den Gegnern manche gefährliche Wunde. Unter Vetter’s Commando erfocht Damianich [Bd. III, S. 141] seinen Sieg bei Lagerdorf, das er, nachdem der Feind nach mannhaftem Widerstande daraus vertrieben worden, mit seinen Truppen besetzte. Rózsa Sándor tödtete bei dieser Affaire allein an ein Dutzend seiner Gegner. Mitte December begab sich Vetter nach Arad, um die Erstürmung der Festung persönlich zu leiten, da sie schon einmal trotz Máriássy’s Kühnheit mißglückt war. Als dann im nämlichen Monate noch der damalige ungarische Kriegsminister Lázár Mészáros [Bd. XVII, S. 461][WS 2] gegen den aus Galizien in Nordungarn eingedrungenen Feldmarschall-Lieutenant Grafen Schlik aufbrach, übernahm Vetter provisorisch die Leitung des Kriegsministeriums, und damals schon zeigte sich der zwischen Görgey und Kossuth herrschende, aber nur von den Eingeweihten erkannte Antagonismus, da Ersterer in seinem Armeebefehle ddo. Hauptquartier Promontorium 2. Jänner 1849 erklärte: „daß er nur von Vetter als gesetzlichem Stellvertreter des von Sr. Majestät König Ferdinand V. ernannten verantwortlichen ungarischen Kriegsministers Befehle annehmen werde“. Nach dem Mißgeschicke Dembinski’s bei Kápolna kurz vor Beginn des Monats März 1849 trat Vetter aufs Neue in Activität und wurde zum Obercommandanten der gesammten ungarischen Armee mit Ausnahme weniger Abtheilungen ernannt. Nun stehen sich die Ansichten über seine Operationen bei Szolnok diametral gegenüber. Während die Anhänger Görgey’s behaupten: Vetter’s Plan, bei Szolnok zu debouchiren, sei gänzlich mißglückt, behaupten Andere: der mittlerweile zum Feldmarschall-Lieutenant avancirte Vetter habe die ganze April-Campagne, von dem Marsche auf Hatvan, der Umgehung von Jászberény, dem Abmarsch aus der rechten Flanke und der Forcirung der Heerstraße bis zum Entsatze von Komorn entworfen. Wie dem auch sei, Görgey [233] hat das Alles ausgeführt, da Vetter gefährlich erkrankt war und daher vom Kriegsschauplatze abtreten mußte. Auch über diese Erkrankung gibt es zwei Versionen, nach der einen hätte sie ihren Grund gehabt in dem Aerger über Damianich, nach der anderen über Kossuth’s Rede am 14. April im Parlament. An dritthalb Monate lag Vetter krank danieder. Eine amtliche Erklärung über die vorerwähnten Vorgänge brachte „Közlöny“, wie folgt: „Da Herr Feldmarschall-Lieutenant Vetter noch in der zweiten Hälfte des Monats März mit Ausnahme einiger Abtheilungen zum Obercommandanten der gesammten ungarischen Armee ernannt wurde, derselbe aber Ende März während des Theißüberganges der tapferen Krieger der Nation und der Fortsetzung des Feldzuges das Obercommando nicht geführt: so hält es die Regierung für ihre Pflicht, öffentlich zu erklären, daß dies nicht deshalb unterblieb, weil Herr Feldmarschall-Lieutenant diese glänzende Aufgabe zu übernehmen sich weigerte, oder weil das Vertrauen der Regierung geschmälert wurde, sondern einzig aus dem bedauernswerthen Grunde, weil der Feldmarschall-Lieutenant in dem Augenblicke, als die in Tisza-Füred concentrirten Heeressäulen nach den getroffenen Dispositionen die Theiß überschritten, bei Erfüllung seiner Pflichten als General en chef in Folge einer Erkältung in eine schwere Krankheit verfiel, daß eine längere Zeit hindurch sein theures Leben in Gefahr schwebte. Die begonnenen Operationen konnten aber im Interesse des Vaterlandes durch dieses unglückliche Ereigniß natürlich nicht eingestellt werden. Die Regierung hält es für ihre Pflicht, dies mit dem Zusatze öffentlich zu erklären, daß sie dieser Tage, dankbar für die selbst in den gefährlichsten Tagen unerschütterlich befundene Treue des Feldmarschall-Lieutenants Vetter gegen die heilige Sache des Vaterlandes, ihr fortgesetztes Vertrauen auf ihn durch Uebertragung eines wichtigen Obercommandos, wovon die Sicherheit der unteren Gegenden des Landes abhängt, mit ebenso viel Vergnügen kundgab, als sie mit gleichem Danke die Bereitwilligkeit des Feldmarschall-Lieutenants anerkennt, mit welcher derselbe jederzeit ohne Rücksicht auf Ort und Beruf seine Dienste mit vollkommener Entschlossenheit der Freiheit des Vaterlandes widmete. Gegeben Pest den 14. Juni 1849, Ludwig Kossuth, Gouverneur. Arthur Görgey, Kriegsminister“. Vetter übernahm nun thatsächlich das Obercommando der Südarmee und entwarf die Pläne zu dem Treffen bei Hegyes und dem Entsatze von Peterwardein. Nach Niederwerfung der Rebellion hatte er vor vielen seiner Waffengefährten, welche auch Ueberläufer aus der kaiserlichen Armee in jene der Rebellen waren, das Glück, ins Ausland zu entkommen. Ueber Vetter’s nächste Thätigkeit gibt Kertbeny in seiner aphoristischen Weise Nachricht: „1849 n. A(merika) mit Frau von Ferenczi concertirend. London. 1859 von Kossuth nach Italien geschickt; zu Napoleon III. 1860 Oberinspector der Legion, 1861 verjagt durch die Mannschaft. Seither wieder in England“. Weiteres berichtet Conrad Vischer. Dann trat Vetter im Jahre 1866 in der „Kölnischen Zeitung“ mit folgender aus Genf datirten Zuschrift vor die Oeffentlichkeit: „Da mehrere österreichische Blätter die Nachricht verbreiteten, daß ich aufgefordert worden sei, mich während des künftigen Krieges in das königlich preußische Hauptquartier zu verfügen, [234] um aus österreichischen Ueberläufern und Gefangenen eine Legion zu bilden, finde ich mich veranlaßt, die ganze Sache als eine Erdichtung zu erklären, und zwar mit dem Zusatze, daß es mir zur besonderen Ehre gereichen würde, wenn die königlich preußische Regierung sich wirklich bewogen finden könnte, mir die Aufgabe zu übertragen oder wenigstens mir als altem Militär zu gestatten, die Campagne als Volontär mitzumachen. Genehmigen Sie ... Genf 11. Juni, A. Vetter von Doggenfeld, General-Feldmarschall-Lieutenant der ehemaligen ungarischen Armee“. Mit dieser Epistel, die wohl ein von Vetter selbst ausgestreckter Fühler sein dürfte, und welche die „Neue Freie Presse“ nur mit den Alles sagenden Worten: „Sie bleiben die – Alten“ einbegleitet, richtet sich der alte Revolutionär selbst. Doch nahm er in der Folge trotz alledem nicht Anstand, von einer Amnestie Gebrauch zu machen und nach Ungarn zurückzukehren, wo er zu Preßburg sich bleibend niederließ. Daselbst brachte ihm auch die patriotische Jugend am 19. October 1867 einen solennen Fackelzug, bei welchem ein Student einige harmlose Worte sprach, worauf Vetter, mehr Feldherr als Redner, für die Ehre dankte und etwas von der Nationalfahne hinzufügte, unter welcher die Jugend immer bereit sein werde, dem Vaterlande zu Sieg, Ruhm und Ehre zu verhelfen. Daran, daß die akademische Jugend fleißig Collegien besuchen und sich ernstlich für das Leben, in welchem es höhere Ausgabe zu lösen gibt, als zu rebelliren, bilden solle, stand in des Generals Rede kein Wort. Im Jahre 1872 brachten die Blätter die alle Kreise allarmirende Nachricht, daß der ehemalige Rebellengeneral in den activen Stand des k. k. Heeres, nach Anderen in die ungarische Honvédarme aufgenommen werden solle, doch blieb es glücklicherweise blos bei der Nachricht.
Vetter von Doggenfeld, Anton Edler von (ungarischer Rebellengeneral, geb. zu Venedig am 3. Juli 1803). Der Sohn eines k. k. Oberstlieutenants, trat er im April 1815 zur militärischen Ausbildung in die Wiener-Neustädter Akademie, aus welcher er am 18. September 1823 als Fähnrich zu Prohaska-Infanterie Nr. 38 ausgemustert wurde. Im Jahre 1832 zum Lieutenant bei Luxem-Infanterie Nr. 27 befördert, kam er gleichzeitig als Lehrer in die Gratzer Cadetencompagnie, in welcher er über sieben Jahre Mathematik, Militäraufnahme, Feldbefestigung, Waffenlehre und Exercierreglement vortrug. In der Zwischenzeit, 1835, zum Oberlieutenant bei Hessen-Homburg-Infanterie Nr. 19 vorgerückt, wurde er 1839 Capitänlieutenant im Infanterie-Regimente Máriássy Nr. 37, 1841 Hauptmann, 1846 Major und 1848 Oberstlieutenant im Regimente. Im letztgenannten Jahre trat er- Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1869, Nr. 120, unter den „Tagesneuigkeiten“. – Innsbrucker Tagblatt, 26. Februar 1861, Nr. 47. – Kertbeny (K. M.). Die Ungarn im Auslande I. Namensliste ungarischer Emigration seit 1849. 2000 Namen mit biographischem Signalement (Brüssel und Leipzig 1864, Gießling und Comp., 12°.) S. 73, Nr. 1842. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von). Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Heckenast, 8°.) Bd. I, S. 121. – Neue Freie Presse (Wiener politisches Blatt) 1866, Nr. 643: „Sie bleiben die – Alten“. – Neues Fremdenblatt (Wien, 4°.) 1867, Nr. 290. – Neues Wiener Tagblatt, 26. Juli 1872, Nr. 202: „Herr Vetter“. – Swoboda (Johann). Die Zöglinge der Wiener-Neustädter Militär-Akademie von der Gründung des Institutes bis auf unsere Tage (Wien 1870, Geitler, schm. 4°.) Sp. 444.
- Porträt. Unterschrift: „Gen. Vetter“. Gemalt von Barabás. Ohne Angabe des Stechers. Miniaturporträt (kl. 8°.).