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BLKÖ:Szeptycki, Leon Ludwig

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 42 (1880), ab Seite: 128. (Quelle)
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Szeptycki, Leon Ludwig (Erzbischof-Metropolit von Kiew, Bischof von Lemberg, geb. 23. August 1717, gest. 25. Mai 1779), ein Sohn Philipps, Landesjägermeisters von Przemyśl, und der Elisabeth Chronowska von Chronow. Die Schulen besuchte er zu Lemberg im sogenannten päpstlichen Collegium, welches zu jener Zeit unter der Obsorge der Theatiner stand. In den geistlichen Stand eingetreten, begab er sich nach Rom, wo er zunächst am Collegium der Nazarener theologische Vorträge hörte, dann aber an der Academia Ecclesiastica auf das Studium des römischen und canonischen Rechtes sich vorbereitete und das Doctorat der Weltweisheit erlangte. Auch trieb er während seines Aufenthaltes in der ewigen Stadt mit großem Eifer Sprachstudien. So vielseitig und gründlich gebildet, kehrte er ins Vaterland zurück und trat daselbst in den Basilianerorden, in welchem er den Namen Leo annahm. Nach beendetem Noviziat legte er die Profeß in die Hände seines Vetters, des Metropoliten Athanasius Szeptycki nieder, der ihn sofort zum Prediger an der Metropolitankirche bestellte. In dieser Stellung verblieb er bis zum Jahre 1743, in welchem er Archimandrit wurde, d. i. so viel als Abt von Mielczyn auf den Gütern des Fürsten Sanguszko in Wolhynien. Als dann 1746 sein Vetter, der Bischof von Lemberg Athanasius mit Tode abging, verzögerte sich die Besetzung des erledigten Kirchenamtes, weil der Orden das Recht der Ernennung des Bischofs durch den König bestritt und das Wahlrecht desselben für sich beanspruchte. Endlich erwählte der König aus der großen Zahl von Bewerbern Szeptycki und ernannte ihn auch sofort, am 9. März 1748, zum Bischof von Lemberg. Kaum hatte Leo Ludwig die bischöfliche Würde übernommen, als er auch energisch an die Reformen in seinem ausgedehnten Sprengel ging. Er sah auf strenge Kirchenzucht, baute neue Kirchen und brachte die alten seil langer Zeit nicht ausgeübten Rechte und Stiftungen zur Geltung. An der Kirche der Stauropigier setzte er unvermälte Weltgeistliche ein und berief an ihre Spitze einen Propst. Ferner bestellte er für die Kirchen zu Zarwan und Buczniow Pröpste und Vicare; an seinem eigenen Bischofsitze stiftete er ein Capitel mit Domherren und Prälaten, welches er ganz nach katholischem Ritus einrichtete, [129] wie er denn überhaupt darauf Bedacht nahm, in seinem Kirchensprengel dem lateinischen Ritus so weit als möglich Eingang zu verschaffen. Auch auf die Wahl entsprechender Priester richtete er sein Augenmerk; keiner gelangte zu einem Kirchenamte, der sich nicht mit den nöthigen Kenntnissen auszuweisen vermochte. Die bisherige Sitte, Leute ohne Bildung und höheren kirchlichen Sinn zu den Geheimnissen des Altars zuzulassen, ward von ihm strenge verpönt, und nur würdige Priester wurden für das heilige Kirchenamt erkoren. Wenn irgend ein Patron Jemand für eine kirchliche Stelle in Antrag brachte, dann war die erste Frage des Bischofs, ob auch ein hinreichender Kirchenfond vorhanden sei; war dies nicht der Fall, so verweigerte er die Ernennung, denn der Priester sollte mit den erforderlichen Mitteln zu einem würdevollen Auftreten in seinem Kirchenamte ausgestattet sein. Den von seinem Vorgänger begonnenen Bau der Kirche des h. Georg in Lemberg setzte er aus eigenen Mitteln fort, berief an dieselbe die erforderliche Zahl von Geistlichen, erbaute den erzbischöflichen Palast und die Häuser für die Domherren. Das päpstliche Collegium der Theatiner nahm er in seinen besonderen oberhirtlichen Schutz. Die Stauropigier begannen all dieser Reformen wegen Streit mit ihm, aber er ließ sich dadurch nicht beirren; versöhnlich und dabei entschlossen, ließ er sie gebaren, bis sie sich endlich im Jahre 1757 beruhigten. Nun aber eröffneten sich ihm persönlich glänzende Aufsichten für die Zukunft. Der Metropolit Wolodkiewicz hatte sich ihn zum Coadjutor ausersehen, der König dies am 7. October 1762 genehmigt, und nun ging der Antrag zu seiner Ernennung zum Coadjutor cum futura successione nach Rom, worauf im Jänner 1763 die Bestätigung durch Clemens XIII. erfolgte. In Lemberg wurde von Seite der Geistlichkeit und der studirenden Jugend diese Ernennung auf das festlichste begangen. Leon, dessen Familie damals bereits großen Einfluß in der Kirche und bei Hof hatte, war ein Liebling des Königs. Sein Vetter Hieronymus Anton war Bischof zu Plock. Sein eigener Bruder Simon saß als Castellan von Przemyśl im Senate. Der alternde Metropolit Wolodkiewicz überließ ihm immer mehr und mehr die Functionen des kirchlichen Amtes und mit Decret vom 28. August 1768 übertrug er es ihm zuletzt ganz, sowohl in spiritualibus als temporalibus. Und nun widmete sich Szeptycki mit allem Eifer den Geschäften seiner hohen Würde. Zunächst erlangte er vom Lemberger Tribunal ein Decret, welches die Zurückgabe des Dorfes Perehinsko an die St. Georgskirche anordnete (1765), dann erhöhte er die Dotation für die Seminar-Alumnen, stiftete ein eigenes Capital für die Weltgeistlichen, welche zum Domcapitel gehören sollten. Mit den Basilianern führte er unablässig heftigen Kampf, weil sie sich einerseits größere Macht in der Kirche, anderseits manche Besitzungen, worauf sie kein Recht hatten, seit Jahren anmaßten. Lange Zeit hatte er die Absicht, sie ganz aus der Lemberger Kirche und dann aus den übrigen Diöcesen zu verdrängen. Aus diesem Grunde bestellte er auch an seiner Kathedrale Weltgeistliche und verwendete die von seinem Vorgänger Athanasius zu einem Seminar für Weltgeistliche legirte Summe zu diesem Zwecke. Wie und wo er nur immer konnte, beschränkte er den Einfluß des [130] Ordens, so daß endlich die Basilianer in Rom Schutz suchten. Während dieser Fehden, die wohl zunächst den Verfall des Ordens herbeiführten, nahm Oesterreich Besitz von Galizien, zugleich aber die Angelegenheit zwischen Bischof und Basilianern in die eigene Hand. Die Regierung neigte sich mehr den Letzteren zu, und der Bischof hatte in der Begründung seiner Ansprüche, die eben nicht durchgehends vollgiltig waren, einen schlimmen Stand. Wie die ganze Angelegenheit sich verhielt und wie es um die Ansprüche beider Theile stand, erfährt man aus folgender in jenen Tagen erschienener Schrift: „Demissum pro memoria in causa provinciae ordinis S. Basilii Magni contra Illustriss. Dominum Leonem Szeptycki etc. etc.“. Wenn man von dieser Fehde mit dem Basilianerorden absieht, in welcher dem Betrachter das Recht je nach dem eigenen Standpunkte auf dieser oder jener Seite zu liegen scheint, war der Erzbischof Szeptycki im Uebrigen ein Kirchenfürst von ebenso großen Geistesgaben als verdienstlicher Wirksamkeit in seinem hohen Amte. Die Union besaß an ihm eine mächtige Stütze. Chodykiewicz, welcher diese Angelegenheit mit kritischem Blicke betrachtet, nennt ihn „Praesul Deo et hominibus dilectus, ecclesiae tuendae strenuus, regibus fidelissimus, Patriae proficuus, proceribus Regni acceptissimus, cunctis amabilis et affabilis“. Nachdem Szeptycki zehn Jahre als Stellvertreter des Metropoliten Wolodkiewicz fungirt hatte, trat er bei dessen Ableben am 2. Februar 1778 die Nachfolgerschaft an. Nun begab er sich an den Hof des Königs, um diesem seine Huldigung darzubringen, denn mit Ausnahme des Bisthums in Lemberg, das zu Oesterreich gehörte, befand sich seine ganze Metropolie auf dem Gebiete der Republik. Am 3. Jänner 1779 trat er die Rückreise von Warschau nach Lemberg an. Unterwegs besuchte er noch die Ukraine und verschiedene Edelleute daselbst und in Wolhynien. Am 23. Mai kam er gesund in Radomyśl an. Am nächsten Tage, der auf den Pfingstsonntag fiel, celebrirte er noch das Hochamt und gab danach eine große Tafel für die anwesenden Beamten. In der Nacht darauf aber erkrankte er plötzlich und war in kaum einer halben Stunde eine Leiche. Er war etwas über ein Jahr und drei Monate Metropolit gewesen und hatte die Archimandritenstelle von Mielczyn bis an seinen Tod, durch 36 Jahre, bekleidet. Die Kirchenzucht, die Kirche, die Geistlichkeit und die Kirchengüter hielt er in guter Ordnung, In der Kirche und in seiner Familie lebt sein Andenken fort.

Slovnik naučný. Redaktoři Dr. Frant. Lad. Rieger a J. Malý, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger und J. Malý (Prag 1859, I. L. Kober, Lex.-8°.), Bd. IX, S. 35, Nr. 3.