BLKÖ:Ruzicka, Wenzel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 27 (1874), ab Seite: 319. (Quelle) | |||
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Kaunitz-Questenberg gehörenden Herrschaft in Mähren, am 8. September 1758, gest. zu Wien am 21. Juli 1823). Sein Vater war Schullehrer in Jarmeritz und unterrichtete ihn in den Elementargegenständen und in der Musik, für welche der kleine Wenzel eine solche Begabung bekundete, daß ihn der Vater mit 14 Jahren nach Wien schickte, um dort durch Unterricht in der Musik sein Brot zu verdienen. Daselbst fand R. auch Gelegenheit, sich selbst fortzubilden und sein musikalisches Talent gründlich zu vervollkommnen. Er erhielt daselbst um 1783 eine Stelle als Violinspieler im National-, jetzt Hofburg-Theater, wurde am 1. December 1792 Adjunct des Hoforganisten und schon am 1. April des folgenden Jahres Hoforganist, in welcher Eigenschaft er, 66 Jahre alt, starb. Die Musik-Lexica und andere Werke, welche über ihn berichten, schweigen über den Umstand, ob er Componist gewesen, der um so wichtiger erscheint, als er lange für den Compositeur des berühmten, national gewordenen Rakoczy-Marsches galt. Alle Quellen melden, daß er ein fertiger Generalbassist gewesen. Was nun den Rakoczy-Marsch und dessen Composition betrifft, so geht die Sage: Franz Rakoczy (geb. 1671, gest. 1735) habe den Marsch von einer Zigeunerbande – die Musik des Marsches trägt auch einen derartigen Charakter – spielen gehört, und ihn zu seinem Lieblingsmarsche erkoren. Der Originalsatz wurde später von Ruzicka, als dieser nach Wien gekommen und dort als Regiments-Capellmeister bedienstet gewesen, transfigurirt [320] und in dieser Fassung wird heute noch der berühmte Marsch gespielt. Nach ungarischen Quellen wäre Ruzicka Regenschori in Veszprim gewesen und hätte eine ungarische Oper: „Bela futás“, d. i. Bela’s Flucht, componirt. Ueber den Compositeur des Rakoczy-Marsches erhob sich bald eine lebhafte Controverse und nach Einigen wurde der in Rede stehende Ruzicka, nach Anderen der Zigeunervirtuos Bihari [Bd. I, S. 394] und wieder von Anderen Scholl, der Capellmeister des Huszaren-Regiments Eßterházy, als Compositeur bezeichnet. Da trat der ungarische Gelehrte Gabriel Matray [Bd. XVII, S. 109] im Jahre 1862 mit der Behauptung auf: keiner der Genannten habe das ursprüngliche Rakoczy-Lied zu dem bekannten Rakoczy-Marsche umgestaltet; er habe unwiderlegliche Beweise, daß dieß von dem berühmten jüdisch-ungarischen Compositeur Marcus Rózsavölgyi [s. dessen Biographie S. 191 dieses Bandes] geschehen sei. Aus dessen Biographie, in welcher jedoch der von ihm ausgeführten Transfiguration des Rakoczy-Marsches nirgends Erwähnung geschieht, erhellet jedoch, daß Wenzel Ruzicka wirklich in Veszprim – wahrscheinlich als Regiments-Capellmeister – gewesen, wo sich Rózsavölgyi mit ihm befreundet hat. Ueber andere Compositionen Ruzicka’s, der jedoch in der Schreibung seines Namens auf die verschiedenste Art (als Ruczitschka, Ruzsicska, Rutschitschka u. s. w.) entstellt erscheint, liegen sonst keine Nachrichten vor. Schließlich sei noch der neuesten Version des eigentlichen Dichters und Compositeurs des später in den Rakoczy-Marsch umgewandelten Rakoczy-Liedes in Kürze gedacht. Nach dieser hätte zur Zeit Rakoczy’s II. der bekannte Zigeuner Michael Burny das Lied gedichtet und der Domherr Vocak die Composition dazu geschrieben. Die oberwähnte Oper „Bela futás“, welche Wenzel Ruziczka componirt hat, wird als die erste ungarische National-Oper bezeichnet und gelangte vier Jahrzehnde nach ihres Compositeurs Tode, am 24. Februar 1862 zum ersten Male in Pesth zur Aufführung. – Ein Sohn Ruzicka’s, Franz, war gleichfalls Organist in Wien und starb daselbst im hohen Alter von 72 Jahren im Herbst 1865.
Ruzicka, Wenzel (Compositeur und k. k. Hoforganist, geb. zu Jarmeritz, einer der Familie- Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 741 [nach diesem geb. 8. September 1758]. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, Robert Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 404 [nach diesem geb. am 18. September 1758]. – Köchel (Ludwig Ritt. v. Dr.), Die kaiserliche Hof-Musikcapelle in Wien von 1543 bis 1867. Nach urkundlichen Forschungen (Wien 1869, Beck, 8°.) S. 114 [nach diesem geb. am 8. September 1758].