BLKÖ:Majláth, Georg (II.) von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Majláth, die Grafen, Genealogie | ||
Band: 16 (1867), ab Seite: 289. (Quelle) | |||
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Georg, war seiner Rechtsgelehrsamkeit wegen berühmt, Obergespan des Tolnaer Comitates und zuletzt Landesrichter. Sein Oheim Joseph [s. d. S. 305] war Minister, dessen Sohn, auch Joseph, Präsident der kön. ungarischen Hofkammer. Alle seine [290] nächsten Verwandten bekleideten hohe und einflußreiche Würden und ihr Beispiel wirkte mächtig auf den jungen Mann, der seinen Ahnen nacheifern und ihrer würdig werden wollte. Georg besuchte das Gymnasium zu Raab, hörte die höheren Studien an der Hochschule zu Pesth, an welcher damals Männer wie Kelemen, Mitterpacher, Szucs, Tomcsanyi u. A. wirkten. Die Classiker und die Redner des englischen Volkes, wie Pitt, Fox, Burke, Sheridan bildeten neben seinen Berufsstudien seine Lieblingsbeschäftigung und aus letzterer schöpfte er neben großen Ideen auch Nahrung für den Unmuth gegen die beschämende Willkür des ersten Napoleoniden, der damals den europäischen Continent unter seine Zuchtruthe gebeugt hatte. Nach vollendeten Studien trat M. bei der k. Curie in die Praxis und wählte dann die Comitats-Laufbahn als jene, welche eben seit jeher die Vorhalle zu allen constitutionellen Aemtern und Würden und die Bildungsschule der Staatsmänner jeder Classe und jedes Ranges gewesen ist. So war er denn in den Jahren 1809 und 1810 Vice- und Obernotar und seit 1817 – in einem Alter von 23 Jahren – erster Vicegespan, und handhabte das wichtige und nahezu unbesoldete Amt mit Energie, Verdienst und Erfolg. Im Jahre 1809 machte er als Notar zu Preßburg die Periode der französischen Invasion mit und war Mitglied der Alimentations-Comission für die Preßburg damals besetzt haltenden französischen Truppen. Als Vicegespan wurde M. im Jahre 1819 dem königlichen Commissär Anton Grafen Cziráky [Bd. III, S. 111] in der Eigenschaft eines Untercommissärs beigegeben und nach Siebenbürgen entsendet, um die ungeordneten Verhältnisse zwischen den dortigen Grundherren und herrschaftlichen Unterthanen näher zu untersuchen und zweckmäßige Vorschläge bezüglich ihrer wünschenswerthen Regulirung zu machen. Im Jahre 1811 wählten ihn die Preßburger Stände zum Landtags-Deputirten und in dieser Stellung bewährte M. seine classischen Studien, seine wissenschaftlichen Kenntnisse und jenen staatsmännischen Blick, der später in wichtigen Fällen und in kritischen, ja verhängnißvollen Momenten die Sachlage rasch durchschaute und demselben die Ergreifung zweckentsprechender Maßregeln folgen ließ. Im Jahre 1821 wurde M. zum Statthaltereirathe ernannt, im Jahre 1822 Protonotar der kön. Tafel, bald darauf Hofrath in der k. ungar. Hofkanzlei und Ende des Jahres 1825 königlicher Personal, mit welcher Würde das Präsidium der Ständetafel verbunden ist; M. bekleidete es im Laufe eines wichtigen aber stürmischen Landtages. Die Acten dieses denkwürdigen Landtages sind bleibende Beweise seiner staatsmännischen Weisheit, seines Geschickes und Tactes im Präsidiren, womit er die damaligen heftigen mit Vorwürfen, Klagen und Forderungen ohne Maß und Ziel überschwemmten Debatten zu mäßigen, die Leidenschaften zu beruhigen, die im Recht begründeten Regierungsabsichten zu unterstützen, mit einem Worte, die Berathungen durch so viele Klippen und Untiefen an’s Ziel zu führen wußte. Die auf dem 1828ger Landtage gebrachten wichtigen, die Verfassung sicherstellenden Gesetze, ferner die auf deren Geheiß ausgearbeiteten Regnicolar-Depulations-Operate, welche bald unter seinem Vorsitze, bald unter seiner wesentlichen Betheiligung zu Stande kamen, bilden einen schönen Bestandtheil seiner Verdienste und seines Ruhmes. Nach Beendigung des Landtages wurde M. von Se. Majestät dem Kaiser Franz durch [291] Verleihung des Commandeurkreuzes des St. Stephan-Ordens und der geheimen Rathswürde belohnt. Bald darauf wurde M. zum Obergespan des Honter Comitates ernannt. Auf diesem Posten erwarb er sich auch das Vertrauen des Erzherzogs Palatin Joseph, dessen auf die Wahrung und stufenweise Entwickelung der Verfassung gerichtete Bestrebungen er seit jener Zeit treu und unerschütterlich unterstützte. Eine nicht minder ersprießliche Thätigkeit entfaltete M. auf dem 1780ger, dem sogenannten Krönungslandtage. Auf demselben erlangte und eben durch ihn die ungarische Akademie der Wissenschaften ihre Existenz, ihre Sicherstellung und die Sanction ihrer Statuten. Nach diesem Landtage, am 7. November 1831, wurde M. zum Staatsrathe ernannt und war auch auf diesem Posten ein Vorbild der Thätigkeit und Hingebung für die Interessen des Vaterlandes und der Krone. Durch die Ernennung, des Grafen Cziráky zum Minister wurde die Würde des Judex Curiae ledig. Von Kaiser Ferdinand wurde dieselbe am 4. April 1839 dem Staatsrathe Majláth verliehen. Mit diesem Amte ist das Präsidium im gesetzgebenden Körper verbunden. Auch auf diesem Posten ist nur Ruhmvolles von seiner Thätigkeit zu verzeichnen und als solcher hatte er auf dem 1840ger Landtage wesentlichen Antheil an der zu Ende desselben ausgesprochenen Amnestie und an der bezüglich der ungarischen Sprache erwirkten gesetzlichen Bestimmungen. In der kurzen Skizze eines Lebens, welche dieses Lexikon zu bringen vermag, läßt sich das staatsmännische Wirken eines Mannes wie M. nicht darstellen. Es kann kaum in den äußersten Umrissen ein Bild seiner segensvollen Thätigkeit gezeichnet werden. Lonovics in seiner in der Akademie auf ihn gehaltenen Denkrede würdigt ausführlich seine mannigfaltigen Verdienste. Mit einer musterhaften Religiösität verband er wahrhafte Duldsamkeit, welche die Ueberzeugung Anderer zu ehren und jeden Fanatismus verdammend Gewissensfreiheit in vernünftigem Sinne aufrecht erhalten wissen will. Mit diesen und anderen trefflichen Eigenschaften vereinte er die Gabe des Wortes und der Rede. Mit ihr, ruft Lonovics, war er besonders gesegnet und wenn er seine Gedanken auf’s Papier warf, so war jede seiner Schriften ein vollendetes Meisterwerk, wenn er aber an öffentlichen Orten, in den Berathungssälen des Comitates, der Gesetzgebung oder Commissionen, sei es als Präsident oder als Wortführer oder als einer der Vorkämpfer die Stimme erhob, so hielt er durch Schärfe seiner Logik, durch das unumstößliche Gewicht seiner Beweisgründe und den Zauber seiner ungesuchten Beredsamkeit die Aufmerksamkeit der Zuhörer bis an’s Ende in Spannung, unter denen er auch jene zum Staunen hinriß, deren Bekehrung der Parteigeist im Wege stand. Es gab keinen so abstracten Gegenstand, keine so trockene Angelegenheit, denen nicht, wenn er darüber sprach, ein blitzender Funke der Beredsamkeit entlockt worden wäre, gleich jenen kühlen und erfrischenden Wässern, die dem ermüdeten Wanderer zur Linderung seines Durstes aus den Felsen der Wüste entquellen. „Als ein Mann der vernünftigen Freiheit liebte er jene Menschen nicht, welche nach Tocqueville’s Worten den Geschmack des Sclavensinnes als einen Bestandtheil der Tugend betrachten und eben deßhalb, weil er in der Debatte die Aeußerung der Freiheit und ihren Fortschritt erblickte, fand er auf jedem Terrain Wohlgefallen an ihr und zwar nicht im Selbstbewußtsein eigener [292] Ueberlegenheit, sondern allein im Interesse der Wahrheit, welche, wie er sagte, durch eine vernünftige Discussion immer gewinnt, selbst dann noch gewinnt, wenn sie nicht siegt und welche selbst im lebhaftesten Kampfe mehr den Sieg der Sache, als den eigenen Triumph sucht.“ Seine staatsmännische Thätigkeit wird bei seinem Volke im Andenken bleiben müssen, was immer für Veränderungen im Laufe der Zeit und im gesetzmäßigen Wege die Verfassung erfahren mag. Alles, was sich als einen wo immer herstammenden Mißbrauch herausstellte, zu heilen; was veraltet war, behutsam auszuscheiden; was dem allgemeinen Wunsche der Nation nothwendig schien, aufzunehmen; im Interesse derselben die Macht der Regierung zu stärken, damit sie ihrer Bestimmung entsprechen könne; die Comitate zu zügeln, nicht ihre gesetzliche Autonomie, sondern ihre in Anspruch genommene jurisdictionelle Allmacht und ihren in Trotz und bedauerungswürdigen Restaurations-Excessen hervortretende Uebermüthigkeit; den Landtag zu organisiren, wo bei der einen Tafel die Zahl der Stimmenden unbegrenzt, bei der andern aber der größere Theil der Wahlstimmen gewichtlos und unzurechnungsfähig war; das legislative Recht der königlichen Städte zur Geltung zu bringen und ihre politische Bedeutung zu erweitern und sicher zu stellen; durch zeitgemäße Gesetze den Wohlstand und die Intelligenz des Volkes zu heben und in denselben daheim neben der vollen Würdigung der Rechte der übrigen Nationalitäten die Berechtigung der Ansprüche des ungarischen Stammes nachzuweisen; mit Wahrung der gesetzlichen Unabhängigkeit den engeren Verband Ungarns mit Oesterreich zu befestigen, als eine wesentliche Bedingung der Großmachtstellung der Monarchie und der schöneren Zukunft des nationalen Lebens und der fortschreitenden Bildung Ungarns; endlich bei der ferneren Ausbildung der ungarischen Verfassung anstatt der heillosen Nachahmung fremder Gebräuche und Institutionen allein die geschichtliche Vergangenheit, die nationale Eigenthümlichkeit und die Verhältnisse zur anderen Hälfte der Monarchie und das unzertrennbare Band mit derselben im Auge behalten – das waren seine politischen Grundsätze, welche er wie in Privatkreisen, so an öffentlichen Orten, im Rathe des Herrschers, wie der Nation als die seinigen bekannte. Für die friedliche, geräuschlose Umgestaltung der ungarischen Verfassung, wie Majláth sie wünschte, stand Alles in Bereitschaft. Schon im Jahre 1843 wurde durch ein Gesetz die Amts- und Besitzfähigkeit der Nichtadeligen festgestellt; die Religionszwistigkeiten waren durch zweckmäßige Einrichtungen eingestellt; ausgesprochen war das Princip des gemeinschaftlichen Tragens der Gemeinlasten; ausgesprochen die Ablösbarkeit der Bauernlehen und Urbariallasten und schon fungirte eine Landescommission, welche über Art, Maß und Mittel dieser Ablösung und Entschädigung ein Gutachten abzugeben und gerade unter Majláth’s Präsidium gleich beim Beginne des Landtages vom Jahre 1847 aufgestellt worden war. Diese glänzende Laufbahn hatte jedoch einen umwölkten Abend und bald eine stürmische Nacht als Fortsetzung. Unter dem Drucke trüber Sorgen und unter schlimmen Vorahnungen leitete er die obere Tafel des Landtages im Jahre 1848. Der mit Feldherrntalent ausgestattete Mann, schreibt einer seiner Biographen, verließ wie ein treuer Gemeiner seinen Wachtposten nicht früher, als bis Ereignisse ihn von seinem Platze verdrängten, denn auf den Ruinen des Vaterlandes [293] war für einen Majláth kein Platz mehr. Es gehört zur Charakteristik dieses ausgezeichneten Staatsmannes, daß er selbst dann, als sein Vaterland mit gänzlichem Untergang bedroht war, von dem Rechte des hohen Alters keinen Gebrauch machte, um sich zurück oder bei Seite zu ziehen, sondern sich dorthin stellte, wo die Gefahr drohte, um von den Schätzen des Vaterlandes zu retten, was noch zu retten war. Der letzte Dienst, den er dem Vaterlande leistete, war, daß er Ende December 1848 die ihm durch den Landtag übertragene, mit keinen Erfolgen, wohl aber mit Demüthigungen verbundene Mission an das nur mehr wenige Meilen von Pesth entfernte Hauptquartier des Fürsten Windischgrätz annahm, und wenn sie erfolglos bliebe, so lautete die Vollmacht: „An Se. k. k. Majestät Franz Joseph in Olmütz“. Die Mitglieder dieser Deputation: Erzbischof Lonovics [S. 22 d. Bds.], Ludwig Batthyani [Bd. I, S. 180], Anton Majláth [s. d. S. 295, Nr. 1], Franz Deák [Bd. III, S. 185; Bd. XI, S. 389] und unser Georg Majláth waren weder nach Olmütz, noch auch zurück nach Ofen-Pesth mehr gelassen worden. Wie dann die Tragödie zu Ende ging, ist bekannt. Majláth zog sich zurück und lebte seitdem als Privatmann meist in Wien, sich versenkend in die Lectüre der alten und neuen Weltliteratur, in tiefe Einsamkeit, die nur zuweilen durch den Besuch seiner Freunde oder der Familie seines Sohnes erheitert wurde. M. starb im hohen Alter von 75 Jahren, sein langjähriger Freund. Erzbischof Lonovics, wendet aus ihn die Worte Walter Scott’s über Pitt an: „O möchtest du nur leben, wenn auch der Macht beraubt, daß du wenigstens als einsamer Thurmwart von der Höhe über deine Mitbürger wachtest und wenn du Gefahr oder Verrath nahen siehst, sie erweckest, ermunterst, aufrüttelst mit der schmetternden Stimme seines Horns! Aber nun ist die stattliche Säule schon niedergestürzt; das Thurmlicht erloschen; des Hornes Silberklang eingeschlafen und der Wächter auf seiner Anhöhe verstummt.“ Sein Sohn Georg ist der gegenwärtige ungarische Hofkanzler [s. d. Folgenden, S. 297].
Majláth, Georg (II.) von (ungarischer Staatsmann und Gelehrter, geb. zu Zavar im Preßburger Comitate Ungarns 22. April 1786, gest. zu Wien 11. April 1861). Entstammt einer ungarischen Adelsfamilie, die sich durch ihre Anhänglichkeit, Treue und Ergebenheit an ihren König immer hervorgethan und von deren Mitgliedern viele durch ihre Geistesgaben und Liebe zum Volke, dem sie angehören, geglänzt haben. Georg’s Vater, auch- Sürgöny (Pesther Journal, Fol.) 1861, Nr. 94, im Feuilleton: „Székhelyi Majláth György“. – Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagszeitung (Pesth, 4°.) Jahrg. 1860, Nr. 28. – Nagy (Iván), Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal, d. i. Die Familien Ungarns mit Wappen und Stammtafeln (Pesth 1860, Moriz Ráth, 8°.) Bd. VII, S. 233: „II. György“. – Allgemeine Zeitung (Stuttgart, Cotta, 4°.) 1860, Nr. 148, S. 2466. – Ungarische Nachrichten (Pesther polit. Blatt) 1863, Nr. 15, 16, 17, 18 u. 19, im Feuilleton: „Gedächtnißrede, auf weiland Se. Excellenz Georg von Majláth d. Aelt., gehalten am 17. Jänner in der großen Akademie-Sitzung von Erzbischof Jos. Lonovics“. – Pest-Ofner Zeitung 1861, Nr. 89 u. 97: „Georg von Majláth de Székely“. – Croquis aus Ungarn (Leipzig 1843, O. Wigand, kl. 8°.) Bd. II, S. 174. – Porträt. Guter Holzschnitt in den Vasárnapi ujság 1860, Nr. 28.