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BLKÖ:Lobkowitz, Georg Popel von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 15 (1866), ab Seite: 321. (Quelle)
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21. Georg Popel von L. (gestorben in der Haft 28. Mai 1607), ein Sohn des Johann Popel-L. aus dessen Ehe mit Anna von Kolowrat-Bezdruzicky. Georg Popel war im Jahre 1571 Rath und Stallmeister des Erzherzogs Ferdinand, dann kön. Rath, von 1582 bis 1584 Oberstlandrichter, 1584 Oberstkämmerer und vom 19. Februar 1586 bis 20. Jänner 1594 Oberstlandhofmeister. Bis zum Jahre 1592 erfreute sich Georg der Gunst und des Vertrauens Rudolph’s II. im hohen Grade. Nun trat, anläßlich des im genannten Jahre gehaltenen Landtages, ein Wendepunct in seinem Leben ein, mit welchem eben der Gegensatz seines bisher vom Schimmer der Hofgunst beleuchteten Lebens beginnt: Verlust seiner Aemter und Würden und langjährige schwere Kerkerhaft, die endlich mit seinem Tode einen Abschluß findet. Um jene Zeit war der Oberstburggraf Wilhelm Rosenberg, dessen Obliegenheit es ist, dem Landtage[WS 1] vorzusitzen und ihn zu leiten, gestorben. Der Kaiser beauftragte nun Georg Popel mit dem Vorsitze und der Leitung des Landtages. Alle Bemühungen Georg’s, dieses gefährliche Amt von sich zu weisen, blieben erfolglos, er mußte dem Befehle des Kaisers Folge leisten. Die Stände hatten sich versammelt und die Berathungen hatten gleich im Anbeginn einen bedenklichen Charakter angenommen und endigten, ohne daß ein Schluß des Landtages vorangegangen wäre, einfach, indem die Stände, ohne Beschlüsse gefaßt zu haben, auseinander gingen. Des Kaisers Mißvergnügen über den demonstrativen Vorgang war groß. Dieser Umstand, obgleich Georg Popel Alles aufgeboten [322] hatte, um die Stände den Wünschen des Kaisers fügsam zu machen, wurde äußerlich als die Hauptursache der Ungnade angegeben, in welche Georg Popel gefallen und welcher nun die Einziehung seiner Güter, die Entsetzung von allen Aemtern und Würden und lebenslängliche, ja peinliche Haft folgte. Alle Bemühungen Georg’s und seiner Tochter Eva Eusebia [S. 320, Nr. 15], eine gerichtliche Untersuchung zu erlangen, waren fruchtlos; alle Vorbitten der nächsten in Rang und Ansehen stehenden Verwandten, anderer hoher und einflußreicher Würdenträger des Staates und der Kirche, ja selbst jene des Papstes blieben erfolglos. Im Gegentheile, Georg’s Haft wurde immer schärfer, er kam von Litschau nach Glatz und von dort, als die bei seiner Tochter erwähnte, unter ihrer Mitwirkung verfaßte Vertheidigungsschrift des Cluverius[WS 2] erschienen war, nach Ellbogen, wo seine Tochter, die bisher in kindlicher Liebe und Ergebenheit die Haft mit dem Vater getheilt, von ihm getrennt und in das Kloster St. Thomas nach Prag gebracht wurde. In Ellbogen endlich, aus Schmerz über die Trennung von seinem geliebten Kinde, in trostloser Einsamkeit, indem ihm sogar die bis dahin gestatteten Bücher entzogen wurden, fand er Erlösung von seinen Leiben durch den Tod. Der ganze Vorgang mit Georg Popel von L., wie die von mehreren Seiten in Abrede gestellte Enthauptung, die ein paar Jahre nach seinem Tode noch mit ihm vorgenommen worden sein soll, sind noch heute ein politisches Geheimniß; daß er sich selbst schuldlos fühlte, beweist die Thatsache, daß er eine gleich in den ersten Monaten seiner Haft sich ihm darbietende Gelegenheit zu leichter und sicherer Flucht aus dem Schlosse Litschau, im Vertrauen auf seine Unschuld und sein Recht, ausschlug. Daß es ihm in den Tagen seines Glückes nicht an mächtigen Feinden bei Hofe fehlte, die sich alle Mühe gaben, ihn zu stürzen, ist bei der Wandelbarkeit des Hoflebens leicht glaublich, auch wird der Kammerpräsident Joachim Kolowrat-Nowohradsky, sein erbittertster persönlicher Feind, als die Haupttriebfeder seines räthselhaften Falles bezeichnet. Aber wenn ihm auch das Mißlingen, die dem Kaiser mißgünstigen Stände zur Annahme der kaiserlichen Propositionen zu bewegen, noch so hoch angerechnet werden mag, solche Strafe ohne vorangegangene Untersuchung, ohne Rechtsspruch, ohne offenliegenden Beweis seiner Schuld, ist unerklärlich. Balbin will auch in dem harten Geschicke Georg’s die Hauptursache der zunehmenden Abneigung der Stände gegen Rudolph II. und der von ihrer Seite offen und heimlich gewährten Begünstigung der von Mathias gegen seinen Bruder gerichteten Unternehmungen finden. Noch ist einer Stiftung Georg Popel’s zu gedenken die sehr bedeutend ist, aber auch mannigfache Schicksale erfahren hat, wie dieß aus dem Aufsatze „Die Lobkowitzischen und die neuen Komotauer Studentenstiftungen“, von Director Thimotheus Faßl, im Programm des k. k. Obergymnasiums zu Komotau veröffentlicht am Schlusse des Schuljahres 1864, erhellet. Georg Popel legte in Komotau am 24. März 1591 den Grundstein zu einem Hause für arme studirende Jugend (das heutige, durch Um- und Anbau vielfach veränderte Gymnasialgebäude) und widmete zur Erhaltung desselben die jährliche Rente von 1000 Meißner Schock Gr., wovon etwa bis hundert Jünglinge unentgeltliche Verpflegung erhalten sollten. Da diese Stiftung von Kaiser Rudolph durch zwei Diplome vom 1. October 1591 und vom 25. Jänner 1592 ihrem ganzen Inhalte nach genehmigt war, so blieb die im J. 1594 erfolgte Verhaftung Georg Popel’s und die Confiscation seiner Güter im Ganzen ohne störenden Einfluß auf das Gedeihen des eben begründeten Institutes. Die Jahresbezüge der Stiftung wurden aus der Confiscation ausgeschieden und 14 Ortschaften hatten ihre zu leistenden Zinsungen jährlich in zwei Raten dem Collegium unmittelbar zu zahlen. Mit der Zeit aber geriethen der Name des Stifters und der reichen gewidmeten Stiftung ganz in Vergessenheit. Letztere erfuhr die mannigfachsten Veränderungen, welche hier zu verfolgen außer dem Zwecke dieses Werkes liegt. Im Jahre 1837 wurden 21 dieser Stiftungsplätze mit Schülern des Komotauer Gymnasiums besetzt, im Jahre 1862 fand die Verleihung von 8 Lobkowitzischen Stipendien an Komotauer Gymnasialschüler statt. Ausführlichere Nachrichten gibt der oben genannte Programmaufsatz. Georg Popel war mit Katharina von Lokšan, einer Tochter Georg’s von Lokšan und Witwe Ladislaw’s von Sternberg auf Grünberg, vermält. Katharina war eine Cousine der Philippine Welser und Pathin einiger von dieser mit Erzherzog Ferdinand erzeugten Kinder. Sie hatte ein trauriges Ende: [323] denn sie wurde von ihrem in Wahnsinn verfallenen Sohne erster Ehe, Ferdinand von Sternberg, am 6. Mai 1590 erdolcht. Aus dieser Ehe stammen zwei Töchter, Eva Eusebia, die Leidensgefährtin ihres Vaters von der bereits früher Näheres berichtet worden, und Anna Maria, Gemalin des Wenzel von Rozdražow, welche am 9. April 1603 nach der Geburt eines gleichfalls gestorbenen Sohnes starb. [Časopis českého Muzeum, d. i. Zeitschrift des böhmischen Museums, 1853, II. – Codomanus (Philaretes Amyntas), Apologia pro Georgio Popelio de Lobkowitz, regni Bojohemiae quondam supremo aulae praefecto, post ab imperatore Rudolpho II. Hungariae et Bojohemiae rege, per duodecim annos contra jus fasque carcere adtento etc. (Dicaeopoli 1606, 8°.). – Lumir (Prager čechisches Unterhaltungsblatt[WS 3]). Redigirt von Mikoweć, 1862, Nr. 2, S. 37 u. 58: „Jiří Popel z Lobkowic a soud na červeném Hradku“. – Schiffner (Joseph Johann), Gallerie merkwürdiger Personen Böhmens (Prag 1804 u. f., 8°.) Bd. IV, S. 5–41. – Hormayr (Jos. Freih.), Taschenbuch für die vaterländische Geschichte (Stuttgart, Frankh), Neue Folge, I. Jahrg. (1830), S. 247–258. – Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde u. s. w. II. (als Fortsetzung des Hormayr’schen XXI.) Jahrg. (1830), S. 131. – E. M. Oettinger in seiner „Bibliographie biographique“ (Bruxelles 1854, J. J. Stienon) gibt das Datum der (fraglichen) Enthauptung des Leichnams ausdrücklich an: „decapité le 24. Mai 1609“.] –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Lagdtage.
  2. Clüver, Philipp (ADB).
  3. Vorlage: Unterhalungsblatt.