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BLKÖ:Lobkowitz, Bohuslaw

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 15 (1866), ab Seite: 314. (Quelle)
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7. Bohuslaw L. (geb. 1462, gest. 11. November 1510), von dem Hassenstein’schen [315] Hauptaste; ein Sohn des Nikolaus (II.) L. aus dessen Ehe mit Offka von Zierotin. Er erhielt eine ausgezeichnete Erziehung, welche auf auswärtigen berühmten Hochschulen, als Bologna, Ferrara, Straßburg vollendet wurde. Rechtswissenschaft und Theologie waren es, denen er mit besonderem Eifer oblag. Letztere, obgleich er gar nicht die Absicht hatte, in den geistlichen Stand zu treten, wohl aber um die religiösen Händel seiner Zeit zu erfassen und im Zwiste der Glaubensansichten, der angefochtenen Rechte seines Landesherrn gewappnet dazustehen. Nach beendeten Studien, indem er aus Theologie und Rechtswissenschaft die Doctorwürde erlangt, kehrte er in’s Vaterland zurück und nahm Dienste am Hofe des Königs Ladislaus in Ofen, welche er jedoch zwei Jahre später wieder verließ. Bei Hofe hatte er sich mit mehreren Männern, welche hohe Stellen bekleideten, darunter mit Johann von Schellenberg, dem Kanzler des Königs, innig befreundet. Seinen Abschied vom Hofe besiegelte er aber noch mit einer bemerkenswerthen That. Er richtete an den König ein Sendschreiben, in welchem er die politischen und kirchlichen Zustände des Königreiches mit aller Offenheit und edelmännischem Freimuth darlegte. Dieses Actenstück wird von späteren Forschern nicht nur als Muster lateinischen Styls, sondern auch als ein Werk bezeichnet, das von des Verfassers gründlichen Kenntnissen, seinem politischen Scharfblicke und seiner staatsmännischen Weisheit ein entsprechendes Zeugniß abgibt. Als er seine Stelle bei Hofe aufgab, sollte eine solche geistige Kraft dem Lande nicht verloren gehen. Mit noch mehreren Edlen, welche die öffentliche Meinung als einsichts-, kenntnißvoll und erfahren bezeichnete, wurde er ausgewählt, um auf dem Karlstein ein Verzeichniß der dort aufbewahrten Urkunden aufzunehmen. Dieses Registrum desatj truhlic prywilegiami, d. h. dieses Register der zehn Schränke Privilegien, über dessen Vollendung nahezu ein Jahrzehend dahin gegangen war, wurde dann dem Könige und den Ständen übergeben. Diese Arbeit wurde, wie Balbin und nach diesem viele berichten, hoch in Ehren gehalten, was sich, da sie ja so zu sagen ein Codex der Rechte des Landes ist, leicht begreift. Eine inhaltreiche und für seine geklärten Anschauungen von Welt und Menschen wichtige Episode seines Lebens, bildet eine Reise nach dem Orient, welche er bereits im Jahre 1490 unternahm und auf der er über dritthalb Jahre verweilte. Von Venedig absegelnd, kehrte er 1492 dahin zurück. Er hatte die jonischen Inseln, ganz Kleinasien, Arabien, Egypten besucht; wollte die Reise nach Indien fortsetzen, wurde aber von erfahrenen Kaufleuten, die ihm ein lebendiges Bild der zu überstehenden Fährlichkeiten gemacht, davon abgeredet. Wie bereits bemerkt worden, hatte Bohuslaw nie die Absicht, in den Priesterstand zu treten und deßhalb auch nicht die h. Weihen genommen; dennoch hatten ihm die Capitel von Olmütz, Breslau und Wladislaw nach einander die Inful angetragen, aber beide Päpste seiner Zeit, Innocenz VIII. und Alexander VI., hatten diese Wahlen nicht bestätigt, und obgleich Kaiser Friedrich IV. und König Ladislaus sich zu Bohuslaw’s Gunsten eifrig verwendeten, schickten die Päpste römische Prälaten auf die erledigten Bischofsitze. Mit umfassender und gründlicher Gelehrsamkeit ausgestattet, war Bohuslaw natürlich auch ein großer Freund von Büchern, welche er ebenso mit Sorgfalt als Auswahl auf seinen Reisen sammelte und mit deren Ankauf in Deutschland er seinen Freund Bernhard Adelmann, Domherrn in Eichstädt, betraute, dem er öfters Vorwürfe darüber machte, daß er mit dem ihm zum Bücherkaufe geschickten Gelde zu sehr spare. So hatte Bohuslaw eine Büchersammlung zu Stande gebracht, welche zu seiner Zeit als die ansehnlichste in Deutschland galt. Mit welchem Eifer er dem Aufsuchen kostbarer Werke und Handschriften oblag, dafür sprechen viele Thatsachen, von denen hier nur die eine angeführt werden möge, daß er auf seinen Reisen für ein Manuscript des Plato tausend Goldstücke (Mailänder Ducaten), nach Anderen noch eine größere Summe bezahlt hatte. Auch der König ehrte diese Richtung und Vorliebe Bohuslaw’s und beschenkte ihn bei einer Gelegenheit mit den Schriften Georg’s von Trapezunt wider Plato und anderen Werken der königlichen Bibliothek des Mathias Corvinus in Ofen, welche Huld der des Sanges mächtige Bohuslaw in lateinischen Versen feierte. Bohuslaw brachte den größten Theil seines Lebens auf seiner Burg Hassenstein zu, auf der er fürstliche Gastfreundschaft übte. Er war nicht vermält, daß er aber auch geliebt und ihm das Ideal seiner einzigen Liebe durch sein ganzes Leben vorschwebte, dieß [316] beweisen seine Dichtungen, in welchen er seine Charlotte von Ferrara in begeisterter Weise feiert. Zum Ersatz seines Cölibates nahm er aber vier Zöglinge von edler Abkunft in sein Haus auf; es waren Nikolaus und Sigismund, zwei Söhne seines Bruders |Nikolaus, und dann Friedrich Knobloch und Wolfgang von Kaaden, an welch’ vieren er Vaterstelle vertrat. Neben den ländlichen Beschäftigungen der Jagd und des Feldbaues lag er vornehmlich seinen gelehrten Arbeiten ob. So trieb er mit besonderer Vorliebe historische Studien, dann Mathematik und Sternkunde und behufs letzterer war er mit einer schönen Sammlung von Instrumenten versehen. Die geistige Bewegung seiner Zeit fest im Auge behaltend, hatte er in verschiedenen Städten Europa’s seine Agenten und Abschreiber, die ihm seltene Handschriften copirten oder sonst werthvolle Gegenstände für ihn erstanden. So bezogen der Candiote Aristobolus und das Handlungshaus Fugger für Besorgung seiner literarischen Angelegenheiten jährliche Gehalte. Seine Arbeiten, die wohl zum Theile in Gelehrtenkreisen bekannt sein mochten, denn wie hätte ihn sonst seine Zeit mit Namen, wie der „böhmische Ullysses“, „Plinius der Jüngere“, „Horaz“ u. dgl. m. belegen können, sind erst 60 Jahre nach seinem Tode gesammelt und von Thomas Mitis unter dem Titel: Lucubrationes oratoriae (1563) und Farrago Poematum (1570) herausgegeben worden. Es sind ein Aufruf in Versen an den Kaiser zum Beginne des Türkenkrieges; eine beißende Satyre auf die Sitten des Adels und der Bürger Böhmens, welches er bei Lebzeiten nur seinem Freunde Victorin Schlechta von Wissehrad unter dem Siegel des tiefsten Geheimnisses anvertraute; Elegien verschiedenen Inhalts 2 Bücher, Inschriften und Trauergedichte 1 Buch, Epigramme 3 Bücher, eine Abhandlung über das menschliche Elend, ein Buch über den Geiz, eine Lobrede auf Peter Schottus, eine Abhandlung über Stanislaus Polonus, eine andere über die Glückseligkeit, fünf Bücher Briefe, ein Buch über die den Deutschen und Italienern eigenthümlichen Erfindungen. Auch soll er Annalen des Königreichs Böhmen niedergeschrieben haben, diese aber verloren gegangen sein. Alle diese Schriften waren in auserlesenem Latein verfaßt; als Dichter rühmt man an seinen Arbeiten Eleganz des Ausdruckes, Schwung und attischen Witz. So werden u. a. sein Trauergedicht an die Königin Anna, sein Gedicht auf die Erfindung der Deutschen (das Schießpulver), auf das Hofleben, auf die Heilquellen Karlsbads, als poetische Meisterstücke bezeichnet. Leider raffte ihn der Tod im kräftigsten Mannesalter von erst 48 Jahren, am 11. November, nach Anderen am 10. und wieder am 12. November 1500, dahin. [Coler (Joh. Christoph), Dissertatio de vita summisque in rem litterariam meritis Bohuslai Hassensteinii, liberi baronis Lobcovicii (Witteberg, 1719 und wieder 1721, 4°.). – Cornova (Ign.), Der große Bohuslaw von Lobkowitz und zu Hassenstein, nach seinen eigenen Schriften geschildert (Prag 1808, 8°.). – Heumann (Christoph August), Programma de Bohuslai Hassensteinii nomine atque ingenio (Francf. et Lipsiae 1717, 4°.). – Bohuslai Balbini, Bohemia docta seu virorum omnigena eruditione et doctrina clarorum Bohemiae Moraviae et Silesiae nomina, elogia et litteraria monumenta. Opus posthumum etc. etc. Edidit P. Candidus a S. Theresia etc. (Pragae 1777, J. C. Hraba, 8°.) Tractatus I, p. 53–64. – Pelzel (Franz Martin), Abbildungen böhmischer und mährischer Gelehrten und Künstler nebst kurzen Nachrichten von ihrem Leben und Wirken (Prag 1773, Wolfgang Gerle, 8°.) X. Theil, S. 16 u. f. – Faustini Prochaska de saecularibus liberalium artium in Bohemia et Moravia fatis commentarius (Pragae 1777, A. M. Schmadl, 8°.) p. 231–239, 265, 268, 322, 334 et 442. – Schiffner (Jos. Joh.), Gallerie merkwürdiger Personen Böhmens (Prag 1804 u. f., 8°.) Bd. IV, S. 300. – Hormayr (Joseph Freiherr), Taschenbuch für die vaterländische Geschichte (Stuttgart, Frankh, kl. 8°.) Neue Folge, I. Bd. (1830), S. 238 u. f. – Vinařický (K.), Bohuslava Hasistejnského Lobkovic věk a spisy vybrané (Prag 1836, 12°.). – Budik (Peter), Leben und Wirken der vorzüglichsten lateinischen Dichter des 15. bis 18. Jahrhunderts sammt metrischen Uebersetzungen ihrer besten Gedichte, beigefügtem Originaltexte und Erläuterungen (Wien 1827, Wallishausser, gr. 8°.) Bd. III, S. 46 u. f. – Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen. Herausgegeben von dem Vereine für Numismatik in Prag (Prag 1850, 4°.) I. Abtheilung: Personenmünzen, S. 154–156. – Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, [317] Literatur und Kunst (Wien, 4°.) II. Jahrg. (1830), als Fortsetzung des Hormayr’schen Archivs XXI. Jahrgang, S. 87 u. 238. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1821, Nr. 22 im Texte; Jahrgang 1824, S. 122. – Hormayr’s Oesterreichischer Plutarch, XV. Bd., S. 105–119. – Oesterreichischer Zuschauer, redig. von J. S. Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrg. 1838, Bd. III, S. 1043. – Ńárod (in Prag erscheinendes čechisches politisches Parteiblatt, Fol.) 1864, Nr. 111–114; Bohuslav z Lobković na Hasisteině Čech anebo Němec? d. i. Ist Bohuslaus Lobkowitz auf Hassenstein ein Čeche oder ein Deutscher? (Diese von K. V. (wohl Vinařecký) erschienene Feuilleton-Abhandlung, welche jedoch nichts beweist, ist aus Anlaß einer in den „Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen“ abgedruckten, von S. verfaßten Abhandlung: „Der große Böhme Bohuslaw von Hassenstein ein Deutscher“ veröffentlicht worden.) – Porträte. 1) Unterschrift: Bohuslaus Hassenstein a Lobkowicz. J. Kleinhardt del. 1772, J. Baltzer sc. (Prag, 8°.); – 2) von Blaschke (?) in Hormayr’s „Plutarch“.] –