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BLKÖ:Korzeniowski, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Korytko, Emil
Band: 12 (1864), ab Seite: 473. (Quelle)
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Korzeniowski, Joseph (dramatischer Dichter, geb. zu Brody in Galizien 19. März 1797, gest. zu Dresden 17. September 1863). Die ersten Lebensjahre brachte K. auf dem Lande zu, dann besuchte er die Normalschule zu Brody, das Gymnasium zu Zbaraż, einem im Tarnopoler Kreise gelegenen Städtchen, und später in Czernowitz. Der Vater aber war mit dem Systeme und den Erfolgen dieser Anstalt nicht einverstanden und schickte deßhalb seinen Sohn nach Krzemieniec, wo das durch Thaddäus Czacki begründete und organisirte Lyceum bessere Ergebnisse für die Ausbildung seines Sohnes versprach. Von 1808 bis 1818 blieb K. daselbst und erhielt sich, nachdem sein Vater gestorben, von seinem 15. Jahre an, durch Unterrichtertheilen. Nachdem K. im Jahre 1818 seine Studien beendet, öffnete sich ihm für seine Zukunft eine zweifache Aussicht, entweder der Eintritt in einen öffentlichen Dienst, wozu sich ihm in Wilna eine günstige Gelegenheit darbot, oder er begab sich nach Warschau, wo er als Erzieher in einer reichen Familie bald eine Unterkunft hoffen durfte. Korzeniowski entschloß sich für das letztere und vornehmlich darum, weil bei seiner schon damals erwachten Neigung für literarische Arbeiten ihm Warschau geeigneter schien, sich als Autor einen Namen zu machen und überhaupt als Schriftsteller festen Fuß zu fassen. Er begab sich demnach nach Warschau, wo er ein paar [474] Jahre in vornehmen Häusern als Hauslehrer thätig war, bis eine günstige Gelegenheit seiner Thätigkeit und seinen Absichten eine andere Richtung gab. K. wurde nämlich Bibliothekar der Zamoyski’schen Bibliotheken und blieb es bis zum Jahre 1823. Erst als er in diesem Jahre heirathete, schien es ihm angemessen, sich um eine öffentliche Anstellung zu bewerben, und da um diese Zeit nach des Dichters Feliński Tode die Lehrkanzel der polnischen Literatur in Krzemieniec erledigt war, bewarb sich K. um dieselbe und erhielt sie. Bis zum Jahre 1833 versah K. dieses Lehramt. In der Zwischenzeit hatte, im Jahre 1830, der polnische Aufstand stattgehabt und war derselbe durch die russische Macht niedergeworfen worden. Der Niederwerfung folgten aber noch andere, für die Zukunft Polens verhängnißvollere Maßnahmen. Mehrere nationale polnische Schulen wurden aufgelöst und mit ihren Fonden russische Anstalten dotirt. So kamen auch die reichen Stiftungen der Schule zu Krzemieniec, an welcher K. lehrte, nach Kiew, wo mit den Stiftungen von Wilna und Krzemieniec die neue St. Wladimirs-Universität gegründet wurde. Korzeniowski ging also nach Kiew; da es aber an dieser Hochschule für polnische Literatur und Sprache keine Lehrkanzel gab, wurde K. Professor der lateinischen Sprache, der römischen Alterthümer und Mythologie. Die nationale Partei hat K. diesen Schritt, daß er an der russischen Universität die Lehrkanzel angenommen und wie früher seinem gesetzlichen Herrn weiters Dienste geleistet, sehr übel genommen, ihn offen und heimlich angefeindet und für einen Abtrünnigen, der im Solde der Moskowiten stehe, verschrieen. K. schien sich jedoch um diese Umtriebe wenig gekümmert zu haben und seine gerade Straße fortgewandelt zu sein. Im Jahre 1838 wurde K. zum Director des Gymnasiums in Charkow ernannt, und die Periode seines Aufenthaltes in Charkow, die bis zum Jahre 1846 währte, ist in Bezug seines poetischen Schaffens auf dramatischem Gebiete die glanzvollste. Im letztgenannten Jahre wurde er Director der Schulen im Congreßpolen und er übersiedelte als solcher nach Warschau, wo er seither seinen bleibenden Aufenthalt nahm. Die Muße seines Berufes widmete er zumeist literarischen Arbeiten, mit denen er frühzeitig begonnen, aber lange gebraucht hat, um durchzudringen. Die Werke K.’s sind in chronologischer Folge, und zwar zuerst seine dramatischen Arbeiten: „Proby dramatyczne“, d. i. Dramatische Proben (Poczajow 1826, 8°.); – „Mnich. Trajedyja“, d. i. Der Mönch. Tragödie (Warschau 1830, 8°.); – „Dramata“, d. i. Dramen (Kiew 1841, 12°.), diese Dramen enthalten zwei Stücke, „Clara“ und „Aniela“, welche schon in den obengenannten „Dramatischen Proben“ abgedruckt standen, und ein drittes Stück: „Der Verlust der Schönheit“; – „Żywi i umarli. Dramat“, d. i. Die Lebenden und die Todten (Wilna 1842, 8°.); – „Karpaccygórale. Dramat w 3-ech akt.“, d. i. Die Góralen in den Karpathen. Drama in 3 Acten (Wilna 1843, zweite Auflage 1849, 8°.); – „Żydzi. Komedyja w 4-ech akt.“, d. i. Die Juden. Lustsp. in 4 Acten (Wilna 1843, zweite Auflage 1849, 8°.); – „Stary maż. Komedyja 4-ech akt.“, d. i. Der alte Mann. Lustspiel in 4 Aufzügen (Wilna 1844, 8°.); – „Okno na pierwszém pietrze. Dramacik w 1-ym akcie“, d. i. Das Fenster im ersten Stock. Drama in 1 Acte (Warschau 1844, 16°.); – „Komedyje“, d. i. Lustspiele (Warschau [475] 1845, 8°.); ein Band, welcher das zweiactige Lustspiel: „Die Verlobung der Schauspielerin“ (zaręczyny aktorki) und die einactige Bluette: „Ehemann und Künstler“ (mąż i artysta) enthält; – „Dramata i Komedyja mniejsze. Tomy dwa“, d. i. Dramen und kleinere Lustspiele, 2 Theile (Wilna 1845, 12°.); – „Panna mężatka. Komedyje w 3-ech akt.“, d. i. Fräulein Braut. Lustsp. in 3 Act. (Wilna 1845, 8°.); – „Andrzéj Batory. Dramat historyczny w 5-iu akt.“, d. i. Andreas Bathory. Historisches Drama in 5 Aufz. (Wilna 1846, 8°.); – „Dymitr i Marya. Dramat w 5-iu-akt.“, d. i. Demeter und Maria. Drama in 5 Aufz. (Warschau 1847, 8°.); – „Młoda wdowa. Komedyja w 3-ech akt.“, d. i. Die junge Witwe. Lustsp. in 3 Act. (Wilna 1847, 12°.); – „Dziewczyna i Dama, czyli dwa óswiadczenia. Dramat w 4-ech akt.“, d. i. Mädchen und Dame oder zwei Erklärungen (Warschau 1848, 12°.); – „Izabella d’Ayamonte. Dramat w 4-ech akt.“, d. i. Isabella von Ayamonte. Drama in 4 Aufz. (Wilna 1848, 12°.); – „Wąsy i Peruka. Komed. w 3-ech akt.“, d. i. Schnurbart und Perrücke, Lustspiel in 3 Act. (Wilna 1851); – „Druga żona. Komedyja …“, d. i. Die zweite Frau (Warschau 1852, 8°.): – „Młody mąż. Komed. w 3 ech-akt.“, d. i. Der junge Mann. Lustsp. in 3 Act. (Wilna 1857, 8°.); – „Wojna z kobietą. Komed. w 3-ech akt.“, d. i. Der Krieg mit der Frau. Lustsp. in 3 Aufz. (Petersburg 1854, 8°.) – und in die letzten Jahre fallen, ohne daß die Zeit ihres Entstehens genau angegeben werden kann: „Fabrykant“, d. i. Der Fabrikant. Lustsp.; – „Pierwej mama“, d. i. Früher die Mutter; – „Majster i czeladnik“, d. i. Meister und Geselle; – „Przyjaciółki“, d. i. Die Freundinen; – „Dwaj mężowie“, d. i. Die beiden Männer; – „Qui pro quo“; – „Stara elegantka“, d. i. Die alte Kokette; – „Okrężne“, d. i. Das Schnitterfest; – „Narzeczony“, d. i. Der Bräutigam; – „Autorka“, d. i. Die Schriftstellerin; – „Sąd przysięgłych“, d. i. Das Geschwornengericht; – „Podrożómanja“, d. i. Die Reisewuth; – „Konkurent i mąż“, d. i. Der Freier und der Mann; – „Stacya pocztowa w Hulczy“, d. i. Die Poststation in Hulczy; – „Rokiczana“, Libretto, zu welchem Stanislaus Moniuszko die Musik schrieb; – „Panna Katarzyna w długach“, d. i. Fräulein Katharina in Schulden; – „Majątek albo imię“, d. i. Vermögen oder Namen. Lustspiel, das mit dem Warschauer Preise betheilt wurde; – „Pustynia“, d. i. Die Einsiedelei; – „Akt piąty“, d. i. Der fünfte Act, Drama; – „Plotkarz“, d. i. Der Schwätzer; – „Cyganie“, d. i. Die Zigeuner; – „Złote kajdany. Tragikomedyja“, d. i. Goldene Fesseln. Tragikomödie (Wilna 1862, 8°.). Korzeniowski’s Arbeiten erzählenden Inhalts sind aber: „Spekulant. Powieść.“, d. i. Der Speculant. Eine Erzählung (Wilna 1846, 2. Aufl. 1849); – „Kollokacya. Powieść.“, d. i. Die Ausstattung. Erzählung (Wilna 1847, 2. Aufl. 1851, 12°.); – „Powiastki, opowiadania i dwa fragmenta z przydaniem kilku poezyj mniejszych. Seria I i II. Tomy 1–4“, d. i. Erzählungen, Sagen und zwei Fragmente mit einem Anhange etlicher kleinerer Dichtungen. Zwei Serien, jede zu zwei Bänden (Wilna 1849, 12°.); – „Wędrówki oryginała. Z rękopismu nieznajomego Autora“, d. i. Die Wanderungen eines Originals. Aus der Handschrift eines [476] unbekannten Autors (Wilna 1849, 8°.); – „Nowe wędrówki oryginała. Z rękopismu i t. d.“, d. i. Neue Wanderungen eines Originals u. s. w. 2 Bände (Wilna 1850, 12°.); – „Emeryt. Powieść.“, d. i. Der Emeritirte. Erzählung (Wilna 1851, 8°.); – „Garbaty. Powieść. 2 tomy“, d. i. Der Buckelige. Erzählung. 2 Bde. (Wilna 1853); – „Wdowiec. Powieść. 2 tomy“, d. i. Der Witwer. Erzählung in 2 Bänden (Wilna 1856, 8°.); – „Krewni. Powieść., 4 tomy“, d. i. Die Anverwandten. Erzählung, 4 Bde. (Wilna 1857, 8°.) – und in den letzten Jahren: „Tadeusz bezimienny. Powieść. 3 tomy“, d. i. Thaddäus ohne Namen. Erzählung in 3 Bdn. (Petersburg 185., 8°.); – „Wyprawa po żone“, d. i. Die Expedition nach einer Frau; – „Stolnikowicz wołyński“, d. i. Der Tischler von Volhynien; – „Szczęście za górami“, d. i. Das Glück hinter den Bergen. Ueberdieß hat K. – viele seiner kleineren in Albums, Zeitschriften u. dgl. zerstreuten Arbeiten meist erzählenden Inhalts abgerechnet – noch Shakespeare’s Trauerspiel „König Johann“ in’s Polnische übersetzt und einen Grundriß der Dichtkunst unter d. Tit.: „Kurs Poezyi“ geschrieben. Es ist eine reiche, ja eine ungemein fruchtbare Thätigkeit. welche K. beurkundet, aber auch die Früchte sind darnach. Neben einzelnem Vortrefflichen ist viel Mittelgut und auch Manches ganz Verfehltes. Jedoch nach dem heutigen Stande der dramatischen Literatur des polnischen Volkes sind Alexander Graf Fredro [Bd. IV, S. 347] und Korzeniowski die Karyatiden des polnischen Lustspiels; nur ist Letzterer, der sich an französischen Mustern gebildet, weniger volksthümlich, hingegen reicher, und da er auch mehrere gelungene, höchst wirksame Dramen und Schauspiele geschrieben, mannigfaltiger, ja gehaltvoller. Als Korzeniowski zu schreiben anfing, hatte eben die traurige Katastrophe der Dreißiger Jahre im gesellschaftlichen Leben nachzuwirken begonnen. Der Aufstand war wohl niedergeworfen, aber die Gemüther waren ängstlich – die Regierung mißtrauisch geworden und das Repertoire der polnischen Bühnen – die Lemberger und Krakauer ausgenommen – bestand aus den gehaltlosesten Machwerken einer längst überwundenen Periode. Da geschah es, daß K., der in Rußland lebende Sohn Galiziens, wenn er auch nicht in Person in seine Heimat zurückkehrte, so doch seine geistigen Schöpfungen derselben zuerst überließ. So datirt denn auch K.’s Ruhm als dramatischer Dichter Polens nicht aus Wilna oder Warschau, sondern aus Lemberg, wo seine „Juden“, „Góralen in den Karpathen“, „Der fünfte Act“, „Das Fenster im ersten Stock“ u. a. mit einem Beifall ohne Gleichen aufgenommen, aber auch von Kamiński’s [s. d. Bd. X, S. 417] Truppe mit hinreißender Wahrheit gespielt wurden. Erst später, nachdem die Censurstrenge in Warschau sich etwas gemildert, fanden K.’s Lustspiele auch dort, und wie es sich von selbst versteht, eine sehr beifällige Aufnahme. K.’s Stücke tragen eben nicht immer den nationalen Charakter an sich, er nimmt auch den Stoff gerade nicht immer aus seinem Volke; aber in jedem seiner Stücke finden sich nationale Originaltypen, ja einige derselben, wie „Die Juden“ und „Die Góralen in den Karpathen“, sind die treuesten Bilder des polnischen gesellschaftlichen und Volkslebens, und in solchen eben zeigt sich vollends K.’s Meisterschaft. Aber auch in seinen novellistischen [477] Arbeiten wirkt er besonders dann nachhaltig und mit Erfolg, wenn er heimische Sitten und Gewohnheiten schildert und lächerlich macht, wie dieß in seinen Erzählungen „Kollokacya“ und „Spekulant“ der Fall ist, in welchen Podolien und Volhynien den Schauplatz der von ihm mit unnachahmlicher Wahrheit geschilderten Begebenheiten bilden. Von fremden Nationen haben die Böhmen – aber erst in neuester Zeit – einige seiner Erzählungen, wie „Den Buckeligen“, „Den Speculant“. „Die Aussteuer“ übersetzt und auch einige seiner Stücke in ihr Repertoire aufgenommen; lange früher aber wurde die deutsche Bühne mit einzelnen Stücken Korzeniowski’scher Stücke bekannt, so z. B. feierte mit dem Drama „Das Fenster im ersten Stocke“, in der Bearbeitung des Herausgebers dieses Lexikons, Dawison seine Erfolge in Hamburg eben in jener Zeit, als er von der polnischen Bühne zur deutschen, 1847, übertrat. Die Angabe einzelner Journale, welchen zu Folge Dawison als der deutsche Bearbeiter dieses Stückes erscheint, hat er selbst öffentlich widerlegt. Sonst sind noch für die deutsche Bühne bearbeitet von Hans Max (Baron Päumann) die Bluette „Zuvor die Mama“, welche oft schon im Carl-Theater mit Beifall gegeben worden; ferner das Trauerspiel „Demeter und Maria“, die Lustspiele „Der alte Mann“, „Die Poststation in Hulcze“, „Qui pro quo“ und „Die alte Kokette“, und von dem Herausgeber dieses Lexikons das oberwähnte Drama „Das Fenster im ersten Stock“, ferner die Dramen und Lustspiele: „Die Góralen in den Karpathen“, „Die Lebendigen und die Todten“, „Fräulein Braut“, „Die Juden“, „Der fünfte Act“ und „Ehemann und Künstler“. „Das Fenster im ersten Stock“ und „Der fünfte Act“ sind auch in Bäuerle’s „Theater-Zeitung“ abgedruckt worden. Von Korzeniowski’s erzählenden Schriften hat Hans Max den Roman „Der Speculant“ in’s Deutsche übersetzt. Als Korzeniowski in Dresden starb, schmückte Dawison den Sarg des Dichters im Namen seiner polnischen Landsleute mit einem Kranze. Die Leiche wurde nach Warschau überführt.

Dziennik literacki, d. i. Literarisches Tageblatt (Lemberg, gr. 4°.) Jahrgang 1863, Nr. 80, S. 638. – Woycicki (K. Wl.), Historyja literatury polskiej w zarysach, d. i. Geschichte der polnischen Literatur in Umrissen (Warschau 1846, G. Sennewald, 8°.) Bd. IV, S. 448. – Pražské Noviny, d. i. Prager Zeitung (kl. Fol.) 1854, Nr. 4, 5, 7, 10. – Lumír, belletristický týdenník“, d. i. Lumir, ein belletristisches Wochenblatt (Prag, gr. 8°.) Jahrgang 1863, Nr. 43, S. 1025. – Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský i konversační, d. i. Kleines Taschen-Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) Theil II, S. 235. – Recensionen und Mittheilungen über Theater und Musik (Wien, 4°.) IX. Jahrg. (1863), S. 612. – Bohemia (Prager Journal, 4°.) Beilage zu Nr. 223 des Jahrganges 1863. – Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges J. Korzeniowski. Nach der Natur gezeichnet und lithogr. von M. Fajans (Lemberg, Piller u. Sohn, 1855, 4°.).