BLKÖ:Habsburg, Ferdinand Max
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 6 (1860), ab Seite: 200. (Quelle) | |||
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Franz Karl und Ihrer kais. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Sophie; ältester Bruder Sr. Majestät des regierenden Kaisers Franz Joseph. Gemalin: Marie Charlotte Amalie Victorie Clementine Leopoldine (geb 7. Juni 1840), Tochter Sr. Majestät Leopold’s I., Königs der Belgier. Der kais. Bothschafter Graf Archinto warb am 21. Juli 1857 in Brüssel in feierlicher Audienz um die Hand der Prinzessin, und am 27. Juli fand ebenda die feierliche Vermälung Statt. Wie bereits ein anderer Prinz des kaiserlichen Hauses, der in früher Jugend dahingeraffte Erzherzog Friedrich [siehe Nr. 105], so wurde Erzherzog Ferdinand Max für die Marine bestimmt und erhielt eine dieser Bestimmung angemessene Erziehung. Häufige Reisen auf dem Festlande und nach entfernten Welttheilen und Küstenländern, mitunter zu wissenschaftlichen Zwecken unternommen, erweiterten die gründlichen Kenntnisse durch selbstgemachte Erfahrungen, und es ist nicht eine dem hohen Range des Prinzen dargebrachte Schmeichelei, sondern Wahrheit, wenn die öffentliche Meinung denselben als einen geistvollen Kenner und Förderer der Wissenschaften und Künste allgemein bezeichnet. Indem diese Skizze seines Wirkens zunächst eine Chronologie seiner zahlreichen Reisen enthalten soll, wird in derselben am Schlusse eine Darstellung der reichen und energischen Hauptmomente seiner Wirksamkeit in der Doppelstellung als Marine-Ober-Commandant [201] und General-Gouverneur des lombardo-venetianischen Königreiches gegeben werden, wobei natürlich wieder nur das Wesentlichste bemerkt werden kann. Die erste Reise unternahm der Erzherzog im Alter von 18 Jahren im September und October 1850 nach Griechenland, Smyrna; nun folgten fast Jahr um Jahr, theils längere, theils kürzere Fahrten, u. z. im August, September und October 1851: nach Italien und Spanien; im Mai, Juni, Juli 1852: nach Sicilien, zum andern Male nach Spanien, dann Portugal, Madeira, Tanger, Algier, bei welcher Gelegenheit eine Excursion über den kleinen Atlas bis nach Medeah vorgenommen ward, und nach Malta; im Sommer 1853 als Commandant von Sr. Maj. Corvette „Minerva“ nach Albanien und Dalmatien; die im Jahre 1854 im Herbste erfolgte Übernahme des Marine-Ober-Commandos gestattete eine längere Fahrt nicht; im Sommer 1855 als Commandant einer Escadre von 17 Schiffen (Flaggenschiff mit 60 Kanonen „Schwarzenberg“) nach Ancona, von da ein Ausflug nach Rom, zum andern Male nach Griechenland, dann nach Candia, Beyrut und dem Libanon, Fahrt längs der ganzen Küste von Palästina, mit einem Ausfluge nach Jerusalem, dann Egypten, Ausflug nach Kairo, und Besuch der Pyramiden Memphis und Sakara, wissenschaftlicher Ausflug nach Suez zur Besichtigung der projectirten Canalbauten, Fahrt im rothen Meere, Besuch von Sicilien, daselbst Besteigung des Stromboli, Neapel und Toulon; diese Fahrt währte 4 Monate; im Mai, Juni, Juli 1856 Reisen auf dem Continente, u. z. durch Süd- und Norddeutschland, Frankreich, Belgien, Holland; im nämlichen Jahre eine Reise mit Sr. Majestät nach Italien; im December d. J. und im Jänner 1857, von Venedig über Wien nach Brüssel, Besuch des Rheines, und Rückkehr über Nürnberg, Tirol nach Mailand; im Mai, Juni, Juli, August 1857, Reise nach Pesaro, Florenz, Livorno, Einschiffung auf dem Schiffe „Elisabeth“, mit Berührung spanischer Häfen nach England, Belgien, wo der Erzherzog seine Braut, die k. Prinzessin Charlotte von Belgien, abholte, und dann in Gemeinschaft mit seiner Gemalin, nach einer Fahrt auf dem Rhein und auf der Donau, in Wien (4. August) eintraf, von da über Triest und Venedig nach Mailand zurückkehrte und daselbst mit seiner Gemalin am 6. September den feierlichen Einzug hielt; im Herbst 1858 in Gesellschaft seiner Gemalin nach Albanien, Dalmatien und Sicilien; im Winter 1859 auf 1860 mit seiner Gemalin nach Sicilien, Südspanien, den atlantischen Inselgruppen und Madeira, wo Ihre kais. Hoheit die Frau Erzherzogin den Winteraufenthalt nahm, während Se. kais. Hoheit der Herr Erzherzog die Reise fortsetzte, Brasilien besuchte, die wichtigsten Hafenstädte berührte und auch eine wissenschaftliche Excursion in die Urwälder unternahm. In seiner Stellung als Marine-Ober-Commandant entwickelte der Erzherzog eine fruchtbare Thätigkeit. Im Zeitraume von wenigen Jahren wurde das in Jahrzehenden Versäumte eingeholt und wirklich Großes geleistet. Die wesentlichsten Momente seiner Thätigkeit auf diesem Posten sind: die Trennung der Marine als selbständiges Ministerium vom Armee-Ober-Commando; – die Organisirung der Marine-Behörden, und zweckmäßige Verminderung der Officiers-Chargen; – die Organisirung des Personales der Marine-Technik, der Marine-Administration, der Marine-Artillerie und Infanterie, des Marine-Clerus und ärztlichen [202] Personales; – die Errichtung einer hydrographischen Anstalt und eines Marine-Museums; – die Einführung eines neuen Erziehungssystems für Marine-Officiere, nach seemännisch praktischen Grundsätzen; – die Einführung einer zweckmäßigeren Uniformirung für active und pensionirte Marine-Officiere und für die Mannschaften (Massa-System); und eines Verpflegssystems; – die Einverleibung des Flottillencorps und des alten Arsenales in Porto Ré in die Marine; – die Einführung des deutschen Commandos und der deutschen Correspondenz; – die Hebung der verfallenen Stadt Pola durch gemeinnützige Bauten, Anlage von Baumschulen u. dgl. m; – der Bau der Balance-Docks in Pola; – einer Wasserleitung und Vollendung des Arsenalbaues ebenda; – der Bau von drei Linienschiffs-Stapeln ebenda; – ferner des Linienschiffes „Kaiser“, der Propeller-Fregatten „Donau“ und „Adria“, der Propeller-Corvetten „Friedrich“ und „Dandolo“, des Dampfers „Eugen“, der Kanonenboote „Kerka“, „Narenta“, „Samego“, „Möve“, einer gepanzerten schwimmenden Batterie von 6 Kanonenbooten auf dem Gardasee, und mehrerer Kohlendepots in Dalmatien; – die Expedition der „Novara“ zur Weltumsegelung; die transatlantische Expedition der Corvette „Carolina“ nach Süd-Amerika und West-Afrika in handelspolitischer Beziehung und Expedition der Propeller-Fregatte „Radetzky“ in technischer Beziehung nach Spanien, Frankreich, England, Holland und Norddeutschland. Am Schlusse der Kaiserreise durch Lombardo-Venetien (März 1857) wurde der Erzherzog zufolge kaiserlichen Handschreibens vom 28. Februar 1857 als General-Gouverneur an die Spitze des lombardisch-venezianischen Königreiches gestellt, behielt aber seinen Posten als Marine-Ober-Commandant bei. Er bekleidete seine neue Stelle bis zum Ausbruche des italienische Krieges im Frühlinge 1859, also durch 2 Jahre, binnen welcher Zeit folgende Momente seiner Verwaltung bemerkenswerth sind: es wurde die Steuer-Peräquations-Commission in’s Leben gerufen, die Lehen- und Zehentablösung vorbereitet, grundsätzlich die Aufhebung des aus der Zeit der napoleonischen Verwaltung herstammenden Fiscal-Privilegiums erwirkt; die Lage der Communal-Aerzte im ganzen Königreiche durch ein eigenes Reglement verbessert; der Hafen von Venedig wurde für große Schiffe durch energisch betriebene Ausbaggerungen fahrbar gemacht; ein erprobter Ingenieur nach Hamburg und Bremen, Holland, Belgien und England gesendet zum Studium aller in den bedeutendsten Seestädten gemachten Fortschritte auf dem Gebiete der maritimen Technik und die Vergrößerung des Hafens in Como durch Herstellung einer neuen Diga in Angriff genommen. Zur Bewältigung der Malaria am nördlichen Ende des Comersee’s wurde die Entsumpfung des sogenannten Piano di Spagna und zur Gewinnung fruchtbaren Bodens im Thale der Etsch die Austrocknung der Valli grandi Veronesi betrieben; der berühmte Ingenieur Bucchia wurde mit dem Studium der Arbeiten zur Austrocknung des venezianischen Meeres-Ufers, dann der Bewässerung der wasserarmen Ebene von Friaul durch den Ledrafluß betraut. Venedig erhielt eine für Einheimische und Fremde werthvolle Verschönerung durch Verlängerung der Riva bis zum Pavillon im kaiserlichen Garten; in Mailand wurde die unverweilte Ausführung der vom Kaiser ertheilten Bewilligung zur Vergrößerung der Giardini publici angeordnet, auch durch die Energie des Erzherzogs [203] der Widerstand überwunden, welcher bis zum letzten Augenblicke der Formirung des nunmehr hergestellten Platzes zwischen dem Scala-Theater und dem Palazzo marino entgegengestellt wurde, zu gleicher Zeit auch die Restauration der Basilica S. Ambrogio in Angriff genommen und die Vergrößerung des Domplatzes eingeleitet. Das System der öffentlichen Wohlthätigkeit in Venedig wurde auf Grundlage der hierüber auf Anordnung des Erzherzogs gemachten besonderen Studien einer wirksamen Reform unterzogen, der armen Bevölkerung im Veltlin nicht nur materielle Unterstützung gewährt, sondern auch durch eindringliche Studien über neue Quellen des Wohlstandes dieses durch die Traubenkrankheit herabgekommenen Thales die Aussicht auf nachhaltige Verbesserung ihrer Zukunft eröffnet. Zur Zeit der großen Po-Ueberschwemmung, welche den General-Gouverneur augenblicklich an Ort und Stelle der bedrohten Landestheile rief, erwirkte er ungesäumt bei Sr. Majestät dem Kaiser eine großartige Unterstützung für die Beschädigten. Gleiche Sorgfalt wendete der Erzherzog dem Unterrichtswesen, der Wissenschaft und Kunst zu; so beauftragte er den Herausgeber der Memorie des Grafen Giulini mit der Fortsetzung dieses nationalen Werkes, setzte eine Commission zur Herausgabe der Monumenti storici und artistici der venetianischen Provinzen ein und erwirkte die kaiserliche Genehmigung für die Vereinigung der beiden Kunstakademien in Mailand und Venedig mit den daselbst bestehenden Instituten. Als Beleg für die musterhafte Verwaltung Lombardo-Venetiens, in der leider nur zweijährigen Periode des General-Gouvernements unter Erzherzog Ferdinand Max, mag wohl der Ausspruch des englischen Ministers des Aeußern, Lord Malmesbury, dienen, gethan in einer Note an Lord Loftus, den am Wiener Hofe beglaubigten Gesandten des mit Frankreich alliirten Englands. Am 12. Jänner 1859, also bald nach dem berüchtigten Neujahrsgruße, welcher nichts geringeres als Krieg um die Lombardie bedeutete, schrieb Lord Malmesbury: „Mit aufrichtiger Freude gibt Ihrer Majestät Regierung zu, daß die Verwaltung der österreichisch-italienischen Länder vom Erzherzog mit großem Talent und im Geiste der ehrenvollsten Freisinnigkeit und Versöhnlichkeit geleitet worden ist“ (aus der im Blaubuch abgedruckten Depesche). – Nicht geringer als die bisher angeführten Verdienste des Erzherzogs um Verwaltung Lombardo-Venetiens, um Hebung und Reformen der österreichischen Marine, sind jene um Kunst und Wissenschaft, welch’ letztere in ihm einen persönlich thätigen Förderer anerkennt. In Bezug auf Kunstschöpfungen, die er entweder unmittelbar in’s Leben rief oder die unter seiner Aegide und seinem maßgebenden Einflusse stehen, sind zu nennen: die Votivkirche und das Schloß Miramar. Zum Bau der ersteren erließ am 27. Februar 1853 der Erzherzog anläßlich der glücklichen Lebensrettung Sr. Majestät aus verruchten Mördershänden einen Aufruf „an die Patrioten Oesterreichs“, einen Fond zur Erbauung einer Kirche in Wien zu gründen, welcher alsbald den herrlichsten Erfolg hatte und dessen zum Entwurfe des Concurs-Programmes berufenes Comité schon Anfangs April d. J. unter dem Vorsitze Sr. kais. Hoheit zusammentrat. Seit dieser Zeit bis auf die Gegenwart führte der Erzherzog die Oberleitung dieser Angelegenheit und wirkte entscheidend in Fragen der Kunst und des Baues. Das im Auftrage des [204] Erzherzogs gebaute Schloß Miramar steht auf einem felsigen Vorsprunge im Golf von Triest, ehemals punta grignana genannt, nicht fern von der Laibach-Triester Bahn. Das Innere des architektonisch schönen Gebäudes begann der Erzherzog durch Copien von Gemälden berühmter Meister, durch eine Sammlung historischer Bildnisse und andere Kunst- und wissenschaftliche Sammlungen zu schmücken und in werthvoller Weise zu bereichern. In den Mußestunden liegt der Prinz der Pflege der schönen Wissenschaften ob, oder beschäftiget sich mit der Aufzeichnung seiner Reiseeindrücke. Sowohl von seinen poetischen Arbeiten wie von den Schilderungen seiner Reisen sind mehrere Bände bereits, jedoch nur als Manuscript gedruckt, erschienen, demnach niemals in den Handel gekommen. Von ersteren zwei Bände „Gedichte“, – von letzteren 4 Bände „Reiseskizzen“ (Wien, Staatsdruckerei) I. Italien, II. Spanien, III. Sicilien, Lissabon, Madeira, IV. Albanien und Gallo-Africa.
89. Ferdinand Max, Erzherzog von Oesterreich (geb. 6. Juli 1832), Sohn Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs- Sonntags-Zeitung (Pesth, 4°.) 1856 (II. Jahrg.), Nr. 33, S. 260 [mit Porträt im Holzschnitt]. – Feierstunden (Wiener Unterhalt. Blatt. 4°.) 1856, S. 430 und 431 [mit den Porträten des Erzherzogs und seiner Gemalin, Prinzessin Charlotte von Belgien]. – National-Zeitung (Berliner polit. Blatt, kl. Fol.) 1860 (XIII. Jahrg.), Nr. 164: „Correspondenz aus Wien, vom 3. April“. – Tagesbote (Gratzer Blatt, Folio) 1860, Nr. 84. – Die katholischen Blätter (Linz, 4°.) 1855 (VIII. Jahrg.), Nr. 75: „Erzherzog Ferdinand Max von Oesterreich in Jerusalem“ – auch in der Laibacher Zeitung d. J. Nr. 245. – Austria. Oesterreichischer Universal-Kalender für das Jahr 1854: S. 198; – für das Jahr 1857: S. 393 und S. 400 D; – für das Jahr 1858: S. 141, 163, 176, 180; – für das Jahr 1859: S. 57, 69, 76, 134, 136, 139. – Vollständiger Titel Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Ferdinand Max. Ritter des goldenen Vließes; Großkreuz des St. Stephan- und des souveränen Ordens des heil Johann von Jerusalem; Ritter des kais. russ. St. Andreas- und des Alexander Newsky-, des weißen Adler- und des St. Annen-Ordens erster Classe; Ritter des kön. preuß. schwarzen und des rothen Adler-Ordens erster Classe; des kön. bayer. St. Hubertus-, des kön. sächs. Ordens der Rautenkrone; des kön. hannov. Haus- und Ritter-Ordens vom heil. Georg und des großherz. baden’schen Georg-Ordens der Treue; Großkreuz des kön. belg. Leopold-, des kön. sicil. St. Ferdinand- und Verdienst-, des kön. portug. Thurm und Schwert-, dann des großherz. toscan. St. Joseph-Ordens; des herz. braunschw. Ordens Heinrich des Löwen; Großkreuz des kais. franz. Ehrenlegion-, des kön. niederl. Löwen-, des kön. griech. Erlöser-, des großherz. hess. Ordens Philipp des Großmüthigen; des päpstl. Pius-Ordens; Ehrenmitglied der kais. Akademie der Wissenschaften und der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien, der physikalisch-medicin. statistischen Akademie, der Akademie der schönen Künste zu Mailand und des Athenäums zu Venedig; k. k. Vice-Admiral (Feldmarschall-Lieutenant); Marine-Obercommandant und Inhaber des Uhlanen-Regiments Nr. 8; dann Chef des preußischen 3. Dragoner-Regiments. – Porträte. 1) Nach Einsle lithographirt von Eybl (Wien, Paterno. Fol.); – 2) nach Einsle lithogr. von Kriehuber (Wien, Paterno, Fol.) als Contre-Admiral und Marine-Commandant, Kniestück; – 3) gezeichnet und lithogr. von Kriehuber (Wien, Neumann, Fol.) in Marine-Uniform; – 4) radirt von Selleny [ein vortreffliches Bild. Der Erzherzog in Marine-Uniform]. – Außerdem bestehen Porträte in Oel gemalt von Schrotzberg und Stieler; beide im Besitze der kaiserlichen Familie.