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BLKÖ:Bessenyei von Bessenye, Georg

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Bessel, Gottfried von
Band: 1 (1856), ab Seite: 350. (Quelle)
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Bessenyei von Bessenye, Georg (ungarischer Dichter, geb. zu Berczelen in der Szabolcser Gespannschaft Ungarns 1740, gest. zu Berettyó Kovács in der Biharer Gesp. Mai 1811). Entstammt einer in Ungarns Geschichte berühmten adeligen Familie, deren Vermögensverhältnisse aber ihren alten Glanz eingebüßt hatten. Georgs Erziehung wurde also stark vernachlässigt. Nachdem er vier Jahre die Schule zu Sárospatak besuchte, mußte er wieder nach Haus zurückkehren, wo er das wenige erlernte Latein ganz vergaß. 1760 kam er zu der von der großen Maria Theresia errichteten ungar. adel. Leibgarde, und trat mit mehreren edlen Jünglingen seines Vaterlandes, unter andern mit Alex. von Baróczy (s. d. S. 161, I. Bdes. d. Lex.) in freundschaftliche Verbindung. Das in der Residenz neugeweckte geistige Leben blieb auch auf B. und seine Freunde nicht ohne Wirkung, er verlegte sich auf Sprachen und gewann bald die Kenntniß der deutschen, französischen und englischen. Um [351] die classischen Studien nachzuholen, war er nicht mehr jung genug. Als Schriftsteller entwickelte B. eine bedeutende Thätigkeit, auch übersetzte er sogar theologische Schriften aus der franz. und deutschen Sprache in die ungarische. Vorzüglich pflegte er das Drama und von J. 1772–1779 erschienen von ihm folgende: „Attila és Buda“, d. i. Attila und Buda, Trauersp. in 5 Aufz. (Preßburg 1773, 2. Aufl. 1787); – „Hunyadi Lázló“, d. i. Ladislaus Hunyadi, Tragödie in 3 Aufz. und Versen (Wien 1772), später von Virág, nicht sonderlich glücklich neu bearbeitet; – „Agyisz“, d. i. Agis, Tragödie in 5 Aufz. und Versen (Ebendas. 1772); – „A’ hármas Vitézek vagy a Triumviratus“, d. i. Die drei Ritter oder das Triumvirat, Tragödie in Versen nach Voltaire (Wien 1779); – Auch schrieb er ein Lustspiel: „A’ Filozofus“, d. i. der Philosoph, Komödie in 5 Aufz. (Wien 1777). Seine übrigen durch den Druck veröffentlichten Arbeiten sind: „Az Eszterházi vigasságok“, d. i. Die Annehmlichkeiten von Esterház, beschreibendes Gedicht (s. l. 1772); – „Delfin“ ein Lob- und Trauergedicht auf die berühmte zu Wien verstorbene Tänzerin Delfin (1773); – „Az embernek probája“, d. i. Die Menschen-Probe, philosophisches Gedicht, durch Pope’s Essay on man veranlaßt, aber keine Uebersetzung (Wien 1772); – „Lukanus első könyve“, d. i. Des Lucanus erstes Buch (Preßb. 1776); – „Bessenyei Györgý társasága és futó darabjai“ (Wien 1777), eine Sammlung kleiner poetischer u. prosaischer Aufsätze von Bessenyei, Barcsai und Orczy; – „Anyai oktatás“, d. i. mütterliche Unterweisung (Wien 1777); – „A’ magyar Néző“, d. i. Der ungarische Zuschauer (s. l. 1778), eine Nachahmung des englischen Spectator; – „Magyarság“, d. i. Magyarismus (s. l. 1778), worin B. seine Ideen über ungar. Sprachcultur ausspricht; dieselben wurden im Tudományos Gyüjtemény 1826 nachgedruckt; – „Hunyadi János élete és viselt dolgai“, d. i. Leben und Thaten des Johann Hunyad (Wien 1778); – „A’ Holmi“, d. i. Verschiedenes, in Prosa und in Versen (Wien 1779), eine Sammlung philosophischer, literarischer und poetischer Miszellen, welche allgemein beifällig aufgenommen wurden. Außerdem erschienen von ihm in deutscher Sprache: „Die Geschäfte der Einsamkeit“ (Wien 1777); – „Die Amerikaner“, und seine ursprünglich in franz. Sprache erschienenen „lettres galantes“ ließ er dann in ungarischer drucken. Bessenyei war ein äußerst fruchtbarer und schöpferischer Schriftsteller, den die Kenntniß der französischen Sprache und Literatur bei seinen Arbeiten besonders anregte und der deßhalb zunächst als Stifter der französischen Schule in der magyar. Poesie anzusehen ist. B. zählt zu den Restauratoren der ungarischen Literatur, die gerade unter der großen Maria Theresia ihre Sendung begannen. Auch in anderer Weise war er durch Anregung und durch Einsicht besonders thätig. Als Kaiser Joseph die deutsche Sprache in Ungarn allgemein zu machen strebte, und dadurch noch mächtiger die Nation zur Festhaltung ihrer eigenen Sprache anregte, brachte Bessenyei die Errichtung einer gelehrten Gesellschaft in Ungarn, obgleich damals ohne Erfolg, öffentlich zur Sprache, und Nikolaus Révay[WS 1] hat seine gründlichen und gelehrten Ansichten darüber gesammelt, und unter dem Titel: „Egy Magyar Társaság iránt való jámbor szándék“ d. i. Rühmlicher Vorsatz zur Errichtung einer ungarischen Gesellschaft (Wien 1790) herausgegeben. Seine Poesien und Dramen in Versen sind sämmtlich in Alexandrinern nach franz. Mustern verfaßt. Der dramatischen Richtung B.’s folgte seine philosophische [352] und theologische, und mit dieser hing sein im J. 1779 erfolgter Uebertritt zur katholischen Kirche zusammen. Mit diesem Ereignisse, es gleichsam vorbereitend, stehen in Verbindung seine erwähnte Uebersetzung des I. Buches des Lucanus nach Marmontel’s Uebertragung, sein Lustspiel: „A’ philosophus“, seine Schrift: „Die Geschäfte der Einsamkeit“, und sein philosophischer Roman: „Der Amerikaner“, den Kazinczy in’s Ungarische übersetzte (Kaschau 1776). Nach seinem Uebertritte zur katholischen Kirche wurde B. Vice-Custos an der k. k. Hofbibliothek, welches Amt er durch volle 5 Jahre versah. 1784 erfüllte er seine längstgefühlte Sehnsucht nach ländlicher Ruhe, und zog sich auf sein Gut Berethyó Kovacsi in der Biharer Gespannschaft zurück, widmete sich aber durch Annahme der Stelle eines Beisitzers der Gerichtstafel des Biharer Comitates, den öffentlichen Geschäften, wo seine reif überlegten, mit Scharfsinn durchgearbeiteten Anträge, welche stets das Wohl des Vaterlandes bezweckten, sich immer des Beifalls der Versammlung zu erfreuen hatten. Außer den obigen durch den Druck veröffentlichten Werken besaß er noch zur Zeit, als er 1784 Wien verließ, folgende Werke in Handschrift – welche irrig hie und da als bereits gedruckt angeführt werden: „A’ természet világa vagy a’ józan okosság“, d. i. Das Licht der Natur oder die gesunde Vernunft (Manuscript, 532 S. in 4°.); – „Az ember“, d. i. Der Mensch, Gedicht nach Pope (Manuscript, 143 S., 4°., 1803); – „Debreczennek siralma poemában“, d. i. Debreczins Trauer, Gedicht veranlaßt durch den großen Brand 1802 (Manuscript, 64 S., 4°.); – „Magyar Országnak törvényes állása“, d. i. Gesetzliche Verfassung des Königreichs Ungarn (Manuscript, 358 S. sammt einem „Toldalék“, d. i. Anhang, 128 S., 1804, 4°.); – „Az értelemnek ker esése a’ világnak testében, és határa annak isméretében“, d. i. Die Untersuchung des Verstandes im Weltkörper und die Grenzen in der Kenntniß desselben (Manuscript, 159 S., 8°., 1806). Kurz vor seinem Tode übergab B. diese Handschriften dem reformirten Prediger Samuel Sápi mit der Bitte, dieselben seiner Zeit dem Bibliothekar des ungarischen National-Museums in Pesth, Ferdinand Miller von Brasso, für das Museum selbst zu übersenden. Mehrere andere handschriftliche Arbeiten, historischen und belletristischen Inhalts, als: „Das Leben des Ministers Sully“; – „Der ein Doctor gewordener Pfeifer“ u. a., sämmtlich in magyarischer Sprache, sind ihm, da er sie ausgeliehen und nicht mehr zurückerhalten hatte, verloren gegangen. Verdient B. schon nach seiner Stellung in der ungarischen Literatur einen Platz in diesem Lexikon, er gebührte ihm auch noch in anderer Hinsicht, da ihn seine außergewöhnliche Stärke zu einem wahren Wundermanne machte. Als Knabe nahm B. ein Kalb auf den Arm und setzte diese muskelstärkende Uebung so lange fort, immer zu größeren Gewichten schreitend, bis er einen ausgewachsenen Stier leicht in die Höhe zu heben im Stande war. Der Ruf seiner riesenmäßigen Stärke hatte sich bald im Lande verbreitet, drang sogar bis zur Kaiserin Maria Theresia, und gern erfüllten die Stände den Wunsch ihrer geliebten Monarchin, B. in der ungarischen Garde aufgenommen zu sehen. In Wien versammelte sich Alles bei Hof, um die Beweise der Riesenkraft B.’s zu sehen. B. ließ also einen Kürassier in voller Rüstung zu Pferde ausrücken. Nun schob er die Aermel seines Dólmány zurück, hob Pferd und Reiter so hoch empor, daß die Füße des letztern den Boden nicht mehr berührten, kehrte sich dann mit beiden um, und schleuderte sie so weit von sich, daß der Reiter aus dem Sattel fiel. [353] Auf einer Fahrt nach Tokay, die er mit seinen beiden Brüdern, die auch gleich ihm mit großer Stärke begabt waren, unternahm, begegnete er einen Bauer, dessen voll und schwer mit Korn beladener Wagen tief im Koth steckte und dessen Pferde ihn nicht mehr aus demselben zu ziehen im Stande waren. B. ließ den Bauer seine Pferde ausspannen; zog vorn selbst an der Deichsel, ließ die beiden Brüder hinten nachhelfen, und machte den Wagen zum Erstaunen des Bauers flott. Dann gingen alle drei an’s Ufer der Theiß, wuschen die kothig gewordenen Corduanstiefel ab, und riefen dem weiterfahrenden Bauern zu: „Geb euch Gott einen bessern Weg“. Viele solche Züge seiner gewaltigen Leibesstärke, wie von den großen Quantitäten Nahrung, die er zu sich nahm, leben im Munde des Volkes fort, und wurden einige erst jüngst (1855) im Vasarnapi Ujsag, veröffentlicht. Als B., ein Greis mit 71 J. starb, ließ er sich unter einem schattigen Apfelbaume, seinem Lieblingsplatze begraben, verbat sich jedes Gepränge bei seiner Bestattung, aber die Theilnahme, die dem verdienten Manne in’s Jenseits folgte, konnte er nicht verbieten.

Toldy (Franz), Handbuch der ungar. Poesie. In Verbindung herausgegeben mit Julius Fenyéry (Pesth und Wien 1828, Kilian und Gerold) I. Bd. S. 132. – Annalen der Literatur u. Kunst in dem östr. Kaiserthume. Jahrg. 1811, Wien, A. Doll) III. Bd. S. 244: „Nekrolog.“ – Magyar Plutarkus von Kölesy und Melzer. 1816. IV. Bd. – Allg. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste. Herausgeg. von J. S. Ersch u. J. G. Gruber (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 9. Thl. S. 301 von Rumy. – Magyar Muzeum. 1879. I. I. S. 106 [worin Bacsányi über mehrere in der Bibliothek des Paulinerklosters zu Pesth niedergelegte Handschriften B.’s Nachricht gibt). – Hazai Tudósitások, d. i. Nachrichten aus dem Vaterlande. 1811, Juni. – Franz von Kazinczy in seiner Ausgabe der Werke von Alex. von Baróczy [1814] (siehe diesen I. Bd. S. 161 d. Lex.). – Pester Lloyd 1855. Nr. 182. – Slovenské Noviny, d. i. Slovenische Neuigkeiten (Wien, kl. Fol.) 1855, Nr. 110. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ung. Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschr. Von Jakob Ferenczy und Josef Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich) S. 54. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 282. – Horanyi (Al.), Memoria Hungarorum. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoffer (Paris 1853) V. Bd. Sp. 811. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich (Wien 1776, Ghelen, 8°.) I. Bdes. 1. St. [wo Bessenyei irrig unter dem Namen „Beschengei“ erscheint].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ladislaus von Révay.