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Ausschreiben und Schießordnung zu einem Armbrustschießen in Torgau 1489

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Die Hoflößnitz bei Dresden Ausschreiben und Schießordnung zu einem Armbrustschießen in Torgau 1489 (1904) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904)
Aus dem Testamente Elisas von der Recke
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Ausschreiben und Schießordnung zu einem
Armbrustschießen in Torgau 1489.
Mitgetheilt von Dr. O. Richter.

Die Wehrhaftigkeit der deutschen Städtebürger wurde im Mittelalter in regelmäßigen Schießübungen gepflegt. Zur Erhöhung des Eifers der Schützen veranstaltete man, in der Regel wohl alljährlich, ein Schießfest, bei dem die Stadtobrigkeit die besten Leistungen mit Preisen auszeichnete. In Dresden hat ein solches „Vogelschießen“ nach Ausweis der Stadtrechnungen schon im Jahre 1440 stattgefunden. Von Zeit zu Zeit wurde der Rahmen dieser Bürgerfeste erweitert, indem man die Schützen der Nachbarstädte und bisweilen sogar weit entfernt liegender Orte zum Wettschießen einlud, wobei dann die Preise in der Hauptsache aus Geldeinlagen der Schützen selbst bestritten wurden. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts, mit dem Rückgange der Turniere, begannen auch die Fürsten Schützenfeste zu veranstalten, an denen nun neben den Bürgern die Ritterschaft theilnahm. Eins der frühesten dieser höfischen Festschießen war es, als 1486 Markgraf Friedrich von Brandenburg die Nürnberger Schützen nach dem Schlosse Cadolzburg im Anspachischen einlud[1]. Drei Jahre später hielten die fürstlichen Brüder Kurfürst Friedrich ( „der Weise“) und Herzog Johann („der Beständige“) von Sachsen ein Armbrustschießen in Torgau ab und luden dazu unter anderen auch den Rath und die Schützen zu Dresden ein. Das im Dresdner Rathsarchive (Akten C. XXIII. 10b) noch aufbewahrte Ausschreiben vom 19. Juli 1489 ist dadurch bemerkenswerth, daß es eine genaue Schießordnung enthält, wie sie für diese frühe Zeit sonst wohl nicht, wenigstens nicht in Sachsen, erhalten ist. Die Schützen sollten Sonnabend den 22. August in Torgau eintreffen, das Schießen, mit 24 Schuß für jeden Theilnehmer, sollte am folgenden Sonntag beginnen und täglich von 9 bis 5 Uhr dauern. Es waren 13 Geldpreise zu 1 bis 16 Gulden ausgesetzt; den höchsten stifteten die Fürsten. Man schoß nach einer 140 Torgauische Ellen entfernten Wand mit einem Kreise, von dessen Form und Weite eine Zeichnung der Einladung beigefügt war, ebenso wie ein Faden von einer Torgauischen Elle Länge (nicht mehr vorhanden). Die benutzten Bolzen mußten mit dem Namen des Schützen von der Hand eines Notars bezeichnet sein. Ferner wurden genaue Vorschriften über Stellung und Armhaltung des Schützen gegeben und Strafbestimmungen gegen Zuwiderhandlungen erlassen. Den vereideten Zielern wurden mehrere Torgauer Rathsherren zur Aufsicht beigegeben, ein Ausschuß von 3 Rathsherren und 8 gewählten Vertrauensmännern der Schützen sollte [227] bei etwaigen Streitigkeiten die Entscheidung haben. Das Schriftstück lautet:

Von gots gnaden Friderich churfurste etc. unnd Johanns gebrudere hertzogen zu Sachssen etc.

Lieben getrauwen. Wir haben ein gemein schiessen mit armbrusten hie zu Torgaw uff zceit und in massen hernachvolget zu sein durch sunderlicher ergetzlicher kurtzweile und lustbarkeit willen furgenomen. Nemlich fürundzwentzigk schuß zu thunde umb goldt uff dreytzehin gewynn, das erst und beste sechtzehin gulden, das annder viertzehin, das dritte zwelff, das virde zcehin, das funfte newn, das sechste acht, das sibende siben, das acht sechs, das nunde funff, das zcehinde vier, das eilfte drey, das zwelfte zwen, das dreytzehint ein gulden. Zu solchem schiessen sol man uff sunabendt den achten tag nach unser lieben frauwen tag wurtzwihe schirst den abendt hie zu Torgaw an der herwerge sein, uff suntag darnach, so die glogk nunde slecht, anfahen und schissen biß uff den abendt zu funff horen, desglichen den mantag und furdt biß zu endung des schissens. Das erst und beste gewyn wollen wir zuvor den schutzen und schießgesellen allen zu gut ußrichten, darnach zu den andern sullen sy inlegen nach anzcal, wievil iglichem geburt. Der standt oder geseß vom zcil sol sein hundert und viertzigk Torgawisch ellen, der ellen lennge ein vadem hirinne ligt, und man sol schiessen an ein unvorsert zcilwandt in einen zcirgkel, des form und weyt wir hirinne ußgedruckt mitsenden. Wer den zcirgkel ruret, der beheldet eynen nahen. Es sol auch ein itzlicher schutz seinen geschriben boltz schissen mit eins gesworen schribers handt geschriben. So aber ymandt ein boltz zurschossen oder yemandt sunst einen andern boltz schissen wolt oder wurde, der oder die sollen die vorgehabten boltze furtragen, die namen daran geschriben ußtilgen und die nauwen boltze, der sie gebrauchen wolten, schriben lassen. Es wirdt auch einem yeden schutzen und schießgesellen nicht mer dann zwen schuß zugelassen, und so er zum dritten spannet und den boltz uffleget, sol er inlegin. Ein iglicher schutze sol auch uffrecht mit frihem swebindem arm und mit abgetrenttem wammasermell in der gestalt, das die seull die achsseln und der slussel die brust nicht rurendt, und auch uff eim frien stull sitzen unangeleynet und ganntz an allen geverlichen vorteil schissen. Welcher annders erfunden wurden oder zwene boltze zu einem schueß schusse, der wer seins schuß vorlustig, dartzu seinen schiesgezceug vorfallen zusambt der straff. Auch werden vom rathe unnser stat Torgaw etliche irs rats und gesworn schriber zu den gesworen zcilern obgerurts schissens vorordent und gesatzt, die meiniglichen by dem zcill glich und gemein sein und eym yeden sein geburendt recht zu gebin an geverde. Wann auch die gemeinen schießgesellen zu obgerurtem schiessen komen und vorsamelt werden, sollen alsdann von ine acht personen und vom rathe zu Torgaw drey personen, der an der zcal eilff wirdt, erwelet werden, die umb alle und yede zwitrecht, irrung und unwillen ab und was sich der zw[uschen][2] den schiesgesellen, das schiessen berurende, begebin wurden, ganntz macht und gewalt haben solten, die hinzulegin und daruber zu sprechen von yderman ungestr[afft] an weygrung unwiderredt an allis geverde. Ist unnser begere, ir wollet die sch[utzen] und schiesgesellen by uch in gutter zcall mit notdurftiger rustigung dartzu gehorende zu sollichem schiessen uff gemelt zceit by unns her gein Torgaw fertigen, unns und anndern, die wir dartzu beschriben haben, das in frolicher ergetzlich[keit] helffen zu volbringen. Daran thut ir unns sunders wolgefallen. Geben zu Torgaw uff suntag nach Arnolfi anno etc. LXXXIXno. [Aufschrift auf der Rückseite:] Unnsern lieben getrauwen burgermeistern, rathe, gemeinen schutzen und schiesgesellen zu Dresden.


  1. A. Schultz, Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert II, 301.
  2. Die eingeklammerten Stellen sind im Original abgerissen.