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Aus den Straßen New-Yorks

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Textdaten
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Autor: Rudolf Cronau
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Titel: Aus den Straßen New-Yorks
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 508-511
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Ankunft des Autors in New York mit dem Schiff und Eindrücke der Stadt
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Um die Erde.[1]

Von Rudolf Cronau.
Erster Brief: Aus den Straßen New-Yorks.
New-York, im April 1881.

Gewiß haben Sie auf meine versprochenen Reisebriefe schon lange gewartet, aber lieber Herr Doctor, wenn man eine Wanderung um die Erde macht, so geht nicht immer Alles so glatt, wie man denkt. Man reist heutzutage so rasch und die Eindrücke drängen und thürmen sich uns so massenhaft entgegen, daß es geradezu unmöglich ist, von Allem Rechenschaft zu geben, was uns begegnet, und dann bedenken Sie: eine große Schwierigkeit liegt darin, aus der Fülle des Interessanten das Interessanteste herauszugreifen. Meine Reisebriefe werden daher von vornherein einen aphoristischen Charakter tragen, auch wird man billiger Weise von einem Wanderer, der flüchtig die Länder durchstreift, der heut eine Negerhinrichtung, eine Kunstausstellung und ein Narrenhaus, morgen Präsidenteninauguration und Klimafieber, dann wieder Carnevalssitzungen, Tabaks- und Guanofabriken durchzukosten hat, der heut von eines Kirchthurms höchster Zinne seinen Blick über das Städtegewühl schweifen läßt, morgen hingegen in’s Innerste der Erde hinabsteigt, um den Eigenthümlichkeiten irgend einer Höhle nachzuspüren – man wird von ihm die Schilderung tiefer liegender socialer Verhältnisse und politischer Zustände nicht verlangen.

Bunte Bilder sind’s, die ich Ihnen bringe, vielleicht darum interessant, weil sie mit Maleraugen gesehen wurden, welche die Dinge ja in einer eigenen Beleuchtung sehen sollen. So sei es denn – hinein in’s volle Menschenleben!

Der letzte Tag unserer Seereise war ein Feiertag, und die Erregung, die den Menschen befällt, sieht er der nahen Verwirklichung eines lang gehegten Wunsches entgegen, trieb mich aus der Enge meiner Cabine früh nach oben. Wir schwammen einsam auf weitem Meer; der Leuchtthurm von Fire Island, welcher uns in vergangener Nacht den ersten Gruß aus Neuer Welt geboten, war wieder im Spiel der Wellen versunken, oder er barg sich in der aschgrauen Dämmerung, die bleischwer im Norden und Westen herniederhing. Nur fern im Osten glimmte und glühte es, die einzelnen langgezogenen Wolkenstreifchen färbten sich mehr und mehr; bunter und bunter ward die Farbenscala des Himmels und durchlief alle Töne vom durchsichtigsten Grün bis zum tiefsten Blau, der Ocean aber wallte und wogte wie flüssiges Gold und spielte in tausend Schattierungen, durchwirkt mit allen Perlmuttertönen. Im Vorgrunde bäumten sich einzelne Riesenwogen; ihre Farben waren das tiefste Mineralblau; nur die Kämme zischten und sprühten wie geschmolzenes Metall. Unendlich wechselnd war das Schauspiel, am erhabensten, als sich das urälteste und größte Mysterium auf’s Neue vollzog und die glühende Sonnenscheibe wie eine feurige Insel dem Ocean entquoll. Und jetzt, inmitten dieser feierlichen Morgenstille, erklingt der Ruf: „Land – Land –“ den Lippen von tausend Passagieren, die schon längst den Blick starr und unverwandt gen Westen gerichtet hielten. Land! – wahrhaftig, da liegt es vor uns – lange, schwankende Contouren am Horizonte!

Amerika! Wie oft haben wir in der alten Welt staunend die Kunde von deiner Pracht und Größe vernommen! Deine undurchdringlichen Urwälder, deine endlosen Prairien und die abenteuerlichen Erlebnisse deiner ersten Ansiedler beschäftigen dort lebhaft die Phantasie des Knaben; die Thaten deiner Helden, die für die heilige Freiheit stritten und ihr zum Siege verhalfen, wecken ein Echo der Begeisterung in den Herzen der Jugend; die Schöpfungen deines Genius auf dem ruhmvollen Gebiete friedlicher Arbeit zwingen die Männer zur Bewunderung und spornen sie zur Nachahmung an. Wie von einer edlen Sage verklärt stehst du noch, eine gewaltige, märchenhafte Erscheinung, vor meiner Seele! Bald soll ich dich mit eigenen leiblichen Augen schauen, die Züge deiner vielgepriesenen Schönheit mit eigener Hand zeichnen. Wirst du das halten, was du mit lockendem Sirenengesange dem fernher Nahenden versprochen?

So dachte ich, am Bugspriet stehend und in die Ferne hinausschauend, während das Schiff in eiligem Fluge sich dem Gestade näherte.

Zwischen den Inseln Long Island und Staten-Island rasch hindurchfahrend, unterscheiden wir jetzt Hügel und Abhänge, Wald und Wiesen; anmuthige Villen grüßen uns von dem hohen Ufer. Der Reiz des Bildes steigt immer mehr; wir passiren eine Reihe

[509]

Straßenleben in New-York.
Nach der Natur gezeichnet von dem Specialartisten der „Gartenlaube“ Rudolf Cronau.

[510] von gewaltigen Befestigungen und nähern uns allmählich in steigender Erwartung dem alle Herzen lockenden New-York.

Noch verhüllen uns die langgezogenen Hügelstreifen den Anblick der Metropole, aber von fernher tönt es wie leises Summen – es ist das Leben der Riesenstadt, der die „Oder“, das prächtige Bremer Schiff, welches uns über den Ocean hierher getragen, im Schmucke aller Flaggen entgegenzieht.

Die Einfahrt in die Bai von New-York ist unvergleichlich schön. Aus der Ferne winken uns Masten, Essen und Thurmspitzen in buntem Durcheinander. Immer mehr werden der stolzen Dreimaster und Dampfer, die in Hunderten von Exemplaren an uns vorübergleiten und uns in ihrem bunten Flaggenschmucke in kurzer Zeit die Farben und Wappen fast aller Nationen des Erdballs entgegenführen. Zwischen den dunklen Kolossen der überseeischen Dampfer hindurch winden sich wie Wasserkäfer die zahlreichen Ferryboote, mit ihren über Deck befindlichen Maschinenwerken einen grotesken Anblick gewährend.

Sicher und gewandt setzt die „Oder“ mitten durch das bunte Gewirr ihren Lauf fort, und wir dampfen an der äußersten Spitze von Manhattan-Eiland vorbei. Ein unscheinbarer bastionartiger Rundthurm fällt uns zunächst in die Augen: Castle Garden ist es, wo die Steerage-Passagiere, die Millionen von Auswanderern zum ersten Mal den Fuß auf den Boden der neuen Welt setzen. Ueber die Baumgruppen, die das ausschließlich dem Auswandererthum gewidmete Gebäude umgeben, ragt der schlanke Thurm der Trinity-Church, ferner zeigen sich uns die Paläste des Stadthauses, der Post, des Telegraphenamtes, der „New-Yorker Staats-Zeitung“ und der „Tribüne“. Zur Rechten, zu Füßen der mächtigen Säulenpfeiler der East-River-Brücke, lagern die unübersehbaren Häusermassen von Brooklyn, während zur Linken die Städte Jersey-City und Hoboken den ganzen Raum bis zum Horizonte füllen. Ringsum sind die Riesenstädte mit zahllosen Docks und Hafendämmen umgürtet, in denen die schwarzen Leiber der transatlantischen Dampfer rasten; hier wehen die Wimpel der Bremer und Hamburger, dort die der englischen und amerikanischen Nation. Gleich zwischen die Docks schieben sich die Ausläufer der großen nach Norden und Westen führenden Eisenbahnen, der Pennsylvania-, Erie- und Hudsonbahnen. Immer farbiger und lebendiger wird das Bild, immer schneller der Wechsel, bis wir endlich an dem Hafendamm des „Norddeutschen Lloyd“ in Hoboken anlegen.

Wir sind in Amerika, in New-York; der Unterschied zwischen der Welt, die sich hier uns erschließt, und der Heimath ist überraschend; jeder Schritt, jede Straßenbiegung bringt uns Neues und Anregendes.

In New-York ist Alles interessant, wenn es uns auch nicht gleich in Allem befriedigt. Die Bauart der Häuser, das tiefe Roth der Backsteine, die Chocoladenfarbe der Braunsteinpaläste, die Unzahl der bunten Annoncentafeln geben dem Ganzen einen so besonderen Anstrich, daß man nicht müde wird, durch die Straßen zu flaniren, die unablässige, fieberhafte Thätigkeit von Broad- und Wallstreet zu beobachten oder in der fünften Avenue das Leben der eleganten Welt zu mustern.

New-York ist eine Stadt, die das Auge des Malers in hohem Maße befriedigt, ist entschieden interessanter als sämmtliche andere Großstädte des Ostens zusammengenommen, deren tödtliche Gleichförmigkeit sich von der dem Capitole zu Washington nachgeahmten City Hall an bis auf die unbedeutendsten Details, bis auf Straßennamen und Zimmerschlüssel erstreckt. New-York ist eine internationale Stadt; die Masse des Fremden-Zuflusses ist zu groß, zu mächtig, als daß ein einzelnes Element die Ueberhand zu gewinnen vermöchte; wir finden in New-York die Schablone der amerikanischen Großstädte nicht so scharf und unerbittlich ausgeprägt, wenn auch die ganze Anlage auf demselben Systeme beruht. Bekanntlich sind die meisten großen Städte der neuen Welt in Form eines Schachbrettes angelegt, der zufolge alle Straßen beiläufig dieselbe Breite, dasselbe Aussehen und auch dieselben Namen haben. Bezüglich der Regelmäßigkeit läßt also eine in solchen Häuservierecken erbaute Stadt nichts zu wünschen übrig. Freie Plätze (squares) wurden dadurch geschaffen, daß man an verschiedenen Stellen Häuservierecke (blocks) wegließ und den dadurch entstandenen Raum mit Anlagen, Springbrunnen und Monumenten versah.

Eine Eigenthümlichkeit, die uns ferner in die Augen fällt, ist der Umstand, daß öffentliche Gebäude, Kirchen, Theater, Museen und sonstwie hervorragende Prachtbauten, nicht wie in Europa mit großen freien Plätzen umgeben werden, um dieselben dadurch mehr hervortreten und auf das Auge wirken zu lassen. Es ist vielmehr ausschließlich üblich, dieselben in die Straßenfronten hineinzubauen und mit anderen Gebäuden zu umgeben. Dadurch werden die hervorragendsten Bauten erdrückt von der Last der sie umgebenden Alltäglichkeit und tragen trotz alles verschwenderischen Aufwandes, trotz der herrlichsten Materialien nicht eben viel zur Verschönerung bei. Nur die Straßenperspective gewinnt dadurch; die Häuserreihe erhält eine angenehme Unterbrechung; das Straßenbild wird malerischer, interessanter, zumal eine Mannigfaltigkeit bezüglich der Formen zu Tage tritt, die staunenerregend wirkt. Zwar den künstlerischen, den architektonischen Werth der Mehrzahl amerikanischer Prachtgebäude dürfen wir nicht kritisch untersuchen. Nirgend auf der Welt sind die Stilarten biegsamer als hier, und manchmal sind drei, vier Stilformen zu einer einzigen glücklich zusammengeschweißt.

Von einem eigentlichen Promeniren in den Straßen New-Yorks ist nicht die Rede; Alles drängt und schiebt sich durch einander; willenlos sieht sich der Wanderer von dem Strome fortgerissen, um ebenso willenlos in irgend einer anderen Straße an den Strand gesetzt zu werden. Die Trottoire sind erfüllt von einer unübersehbaren Menschenmenge; durch die Fahrwege ziehen endlose Processionen von Fuhrwerken aller Art; hier sucht die prächtige Carosse eines Eisenbahnkönigs sich durch das Gewühl der schwerbeladenen Frachtwagen zu winden; dort tragen Omnibusse und Pferdebahnen ihre Passagiere in tollem Jagen zu ihren entlegenen Zielen, über unseren Köpfen aber donnern und brausen die unzähligen Züge der Elevated Eisenbahn, alle besetzt mit eiligen Menschen, die von einem Ende der Riesenstadt zum andern hasten. Tausende und aber Tausende von Telegraphendrähten ziehen sich von einer Straßenseite zur andern, entweder von haushohen, mastbaumstarken oder von kleineren, auf den flachen Dächern der Häuser angebrachten Telegraphenstangen getragen. Quer über die Straßen sind Drahtseile gespannt, an denen in den ungeheuerlichsten, auffallendsten Darstellungen die Namen von Restaurants, Geschäftshäusern und Vergnügungslocalen baumeln. Die Häuser selbst sind mit Firmentafeln und Aufschriften über und über bis in die höchsten Stockwerke bedeckt, und jede Ecke, jeder Winkel ist mit einer Annonce versehen, was dem Straßenbilde ein eigenthümlich lebhaftes und geschäftiges Aussehen verleiht.

Alles, Alles ist Geschäft – wir, die wir nichts zu thun haben, sind in diesem Leben wie verloren. Tausende eilen in der Minute an uns vorüber; Keiner hat Zeit, uns anzusehen, und nur den Parasiten des Straßenlebens bilden wir einen Zielpunkt ihrer Aufmerksamkeit; der Fruchthändler kommt mit seinen Florida-Orangen und Bananen, mit seinen Feigen, Nüssen und californischen Trauben, der Zeitungsjunge mit seinem „New-York Herald“, der schwarze Stiefelputzer, der keinen ungeputzten Stiefel in den Straßen New-Yorks leidet, mit seinem Wichskästchen. Ueberlassen wir unsere Fußbekleidung den Liebkosungen des Letzteren, so haben wir unterdeß Gelegenheit, auch das uns umgebende Publicum uns anzusehen, den Plakatenmann, der auf seinen vorn und hinten am Halse befestigten Anzeigetafeln der leidenden Menschheit Hühneraugentinctur und Frostbalsam, Brustthee und Insectenpulver empfiehlt. Kein Volk der Welt ist reclamesüchtiger, als das amerikanische; keine Zeitung der Welt, außer „New-York Herald“, kann sich rühmen, 170 bis 180 Spalten Annoncen in einer Tagesnummer ihres tischtuchgroßen Blattes zu bringen. Alles, Alles ist Reclame in Amerika, und die Mittel und Wege dieser Reclamen sind wunderbar. Haben wir hier das 50 Fuß hohe Bauwerk einer Brooklyner Möbelfabrik angestaunt, welches auf einem mächtigen, mit riesengroßen Annoncen bedeckten Postamente eine große, sich beständig drehende sternenbesäete Kugel, auf dieser wieder eine die ewige Rundreise mitmachende, alle Concurrenz zusammenschießende Kanone trägt, haben wir ferner die häuserhohen Theaterplakate oder die Kühnheit eines Gondelfabrikanten angestaunt, der in seinen Schaufenstern ein halbes Dutzend fast nackter Kerle dazu anhält, dem draußen zahlreich versammelten Publicum durch tagelange Ruderübungen die Leichtbeweglichkeit seiner Gondeln plausibel zu machen, haben wir uns weiter über die ewige Wiederkehr von Fisher’s „blue balls“ auf jedem zweiten Schornsteine geärgert – so vermögen die zahlreichen, auf’s Abenteuerlichste herausgekleideten Plakatenmänner uns kaum noch zu rühren.

[511] Ein bedeutendes Vekehrshinderniß bilden in New-York, wie in fast jeder amerikanischen Großstadt, die an und auf dem Trottoire aufgethürmten Waarenballen, Kisten und Fässer, welche die Passage für Fußgänger versperren, während man in Europa der Ansicht ist, daß eine Stadt, die sich des größten Verkehres zu erfreuen hat, in erster Linie darauf bedacht sein müsse, ihre Verkehrswege offen zu halten. Ein fernerer Uebelstand ist es, daß in New-York hinsichtlich der Straßenreinigung absolut nichts geschieht.

Der Zustand der Straßen, namentlich im unteren belebtesten Theile New-Yorks, ist, wie man allgemein klagen hört, zur Winterszeit ein wahrhaft fluchwürdiger, und wer dazu verurtheilt gewesen, das erste Quartal dieses Jahres in New-York zu verleben, der hat auch sicherlich bezüglich des Zustandes der dortigen Straßen jeden ihm zu Gebote stehenden Kraftausdruck zur Anwendung gebracht. Man kann den Bürgern New-Yorks wahrhaftig nicht nachsagen, daß sie lahme Daumen haben, wo es sich um eine allgemeine wohlthätige Einführung handelt, und so ist auch in New-York zu dem Zwecke der Straßenreinigung eine Summe ausgeworfen, die hinreichen würde, ein Vierteldutzend europäischer Großstädte in passablem Zustande zu erhalten. Dem breiten Goldstrome aber ergeht es wie so manchem Strome: er zerfließt in unzählige Nebenarme, und nur ein armselig schleichendes Bächlein erreicht seine wahre Bestimmung. Und da also das hochlöbliche Straßenreinigungsbureau demnach in Wirklichkeit nicht viel auszugeben hat, so beschränkt man sich höchstens darauf, die Gossen und Cloaken offen zu halten; das Andere, die Zerkleinerung und Auflösung der Schnee- und Kothmassen, wird den Füßen der Passanten, den Lastwagen und – dem Thauwetter überlassen. Wen mag es da wundern, daß New-York, das sich, ringsum von Wasser umgeben, unter allen Großstädten der Erde der denkbar günstigsten Lage für Sanitätszwecke erfreut, doch mit größerer Sterblichkeit behaftet ist als die meisten anderen Großstädte.

Vor mir liegt „Harper’s Weekly[WS 1]“ vom 2. April 1881. Ein doppelseitiges Bild entrollt ein schauerliches Nachtstück – an Stelle der Freiheitsstatue, die den Hafeneingang von New-York zieren soll, aber immer noch nicht fertig werden will, erhebt sich auf hohem Postamente ein gräßliches Knochengerüst, die Todtenrolle im Arm, eine umgekehrte Fackel, der die letzten Funken entfallen, hoch empor haltend. „Laßt alle Hoffnung hinter Euch, die Ihr hier eintretet,“ so lautet das fürchterliche Mahnwort des Postaments, hinter welchem in der Ferne die Lichter der Riesenstadt aus dunkler Nacht herüberglänzen. Und nur allzu wahr gezeichnet ist das schauderhafte Gespenst, welches, im Dunste und Kothe der Straßen geboren, ungesehen die Häuser der Menschen durchschleicht, um die Schuld und das Vergehen Einzelner an Tausenden zu rächen.

Hoffen wir, daß die Stadtverwaltung der schönen Metropole nunmehr in erster Linie es sich angelegen sein lasse, Mittel und Wege zu finden, um Leben und Gesundheit ihrer Bürger und vieler Tausender von Fremdlingen zu bewahren!




  1. Es ist uns eine besondere Freude, die längst angekündigten und mit Spannung erwarteten Schilderungen „Um die Erde“ nunmehr mit dem obigen „Ersten Briefe“ unseres seit Monaten die verschiedensten Landstriche Amerikas durchstreifenden Specialartisten eröffnen zu können. Die Sorge für künstlerische Herstellung der erst vor Kurzem in unsere Hände gelangten Cronau’schen Zeichnungen verbot uns eine frühere Veröffentlichung der farbenfrischen Texte, mit denen wir, zumal die Illustrationen ihnen den Reiz besonderer Anschaulichkeit verleihen, unseren Lesern etwas ungewöhnlich Fesselndes bieten werden. Die Redaction.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Weeckly