An die Liebe
Von dir, o Liebe, will ich singen!
zwar deinen Reizen, deiner Macht,
sind schon so viele Millionen
elender Verse dargebracht;
stolze, dir noch ein neues Lied
voll deines Lobes darzubringen,
zumal vor Aerger leicht die Wange glüht,
wenn man sich selbst ein wenig fühlet,
du oft den Dichtern mitgespielet.
So mancher hat umsonst nach dir gerungen,
und heiser sich, und arm dabey, gesungen;
denn, Eigensinnige, mit bitterm Hohn
die Rosenlippen seines Mädchens schleichen,
und immer mußte er zurück
vor einem jungen Gecken weichen!
Kein süßes Lächeln, ach! kein Blick
ward ihm von dir gegönnt,
und fern von Mitleid und Erbarmen,
das keine Göttinn deines Schlages kennt,
sahst du an seinen nassen Wangen,
nur deine Freude; und wenn ja einmal
ein Kuß des Dichters Mund beglückte,
so wars im Schlaf, wenn aller Qual
der gute Mohngott ihn entrükte.
sich keiner mehr um dich bekümmern,
wenn anders die Vernunft sich nicht bey ihm verirrt,
und er für ächtes Gold, das leere Schimmer
mit dem du prahlst, auf Treu und Glauben nimmt,
die unser einer besser kennet,
und sie geradezu ein Meer von Raserey,
und schwärmender Empfindeley
nach alter deutscher Sitte, nennet.
ich kümmre mich um deine Schlingen,
um deine Freuden, deine Küsse,
und deine überirdisch süsse
Umarmungen nicht einen Pfifferling.
der deine Macht für so gering,
und alle deine Kunst für puren Tand genommen!
Ja, liebe Liebe, sieh’, es giebt der Dinge viel,
wovon auch du dir wohl nichts träumen lässest:
und deinen Tändeleyn vergässest.
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Denn, daß du Ehre hast, das glaub’ ich immer noch;
du prahlst zum wenigsten so oft mit Ehre;
mich sähst du gerne iezt beym heiligen St. Roch,
allein, das hilft dir nichts; die Heiligen im Himmel
bekümmern sich wohl nicht um deine Kindereyn;
die Sorge hast du selbst, dich hier aus dem Getümmel,
so gut es angeht, zu befreyn.
ich geb’ es zu, das größte Glück auf Erden
ist deiner Freuden himmlischer Genuß;
ist ach! ein seelenvoller Kuß,
sind jugendliche schöne Wangen,
ist der Umarmung lang’ erharrter Augenblick,
um den selbst eine Heilige zurück
gern aus dem Paradiese käme,
und was ihr dort kein heiliger Johann,
sehr gern von unser einem nähme;
sind jene seligen Minuten,
die gleich des Baches stillen Fluten
zu schnell enteilen, wo dem Blick
und unser Herz des Lebens einzig Glück
am Busen der Geliebten findet. –
Das alles ist, ich geb’ es zu, Frau Liebe,
recht trefflich gut, und wunderschön;
der so, wie du’s verlangst, mit immer gleichem Triebe
unausgesezt in einem Taumel bliebe!
Mit Weisheit und Vernunft genießen;
zuweilen nur, nicht immer küssen;
und auf der weiten Frühlingsaue
die Blümchen, die im Morgenthaue
so reizend, wie die Unschuld blühn,
in übersüßen Augenblicken,
wär dies dein schön Gebot, dann sollte weit und breit
als Mutter weiser Fröhlichkeit,
auf festlichem Altar dein holder Nahme glänzen!
dann sollten, glaub mirs, sicherlich
die holden Charitinnen kränzen;
ich selber würd’ in einem Myrthenhain
dir einen Marmoraltar weihn,
und wenns dir anders so gefliele,
Dann sollten dir geweihte Spiele
die schönsten Mädchen meiner Flur
um deinen Altar sammeln; Lieder,
so schön, wie sie die Sänger der Natur
und warlich würd’ von deinen Festen allen,
dir keines, so wie dies, gefallen.
Indessen hab’ ich keine Flur,
geschmükt mit Florens schönsten Zierden,
mir zu gefallen singen würden;
ich habe keinen Myrthenhain,
um dir in seinen dunkeln Schatten
den göttlichen Altar zu weihn,
Auch hat’s damit nicht Noth; du bist
des Aufwands, der nichts kosten würde,
der Mühe, die des Oberpriesters Bürde
mir doch wohl machen könnte, bist
du deinem gränzenlosen Hange
zur obgedachten Kinderey gehorchst,
und nur ihn zu befriedgen sorgst.
Was kömmt dabey heraus? man wird
anstatt des Nachts zu schlafen, irrt
man bas geqält von ungereimten Trieben
im Mondenschein herum, und spricht
von Sturm und Drang, von Wonne, Glut und Beben;
und haßt, der Eule gleich, das Licht.
Auch unsre Mädchen, ehmals sanft und gut,
was sind sie jetzt? – um ihnen zu gefallen
muß man aufs Knie gestützt, im Mondschein Verse lallen,
mit ihnen sprechen, auch zuweilen,
als wollt man würklich in dem nächsten Teich
sich von den bittern Qualen heilen,
davon mit schnellen Schritten eilen.
was brachte dich zu diesen närrischen Caprizen?
warum soll ich nicht ungequält genießen!
und so, wie einst in jener goldnen Zeit
der Alzibiades und der Timandern
umflattert, nicht durchs Leben wandern?
warum nicht Lydiens Busen schön,
Glycerens Wange reizend finden?
warum mit Thränen nur der Liebe Kuß erflehn?
Und dennoch nehm’ ich die Beschuldigung zurück,
wenn du im Stande bist, mir bald ein Weib zu zeigen
vor deren mächtgen Zauberblick
Spott und Verachtung plözlich schweigen;
dem Meer, der Göttinnen allmächtigste, entstiegest,
die so, wie du in dir Reiz, Schönheit, Macht vereinst,
die so, wie du die Herzen schnell besiegest,
die gleich besiegt, die gleich vollkommen ist;
der zu gefallen, ich für meines Lebens Frist
sehr gern des ewigen Dienstes Kette
ertragen würde; die, was Lyden schön,
was Chloen reizend macht; wonach die Künstler spähn,
wie sie Petrarca seiner Laura sang, verdient;
aus deren Augen, gleich dem Blüthenregen, nieder
Entzückung träufelt; der die Wiese schöner grünt,
der Himmel reiner lacht, die Weste leiser spielen,
und alles, was da lebt, und alles, was zu fühlen
im Stande ist, nur ihr der Schönheit Opfer bringt.
O, zeige mir dies Weib! wo lebt sie? wo beglücket
die Welt ihr Daseyn! ach! wo horcht ihr die Natur!
den müden Wanderer kein Schattenbaum erquicket,
und seinen troknen Mund, kein Tropfen Wasser nezt;
und wohnte sie da, wo mit ewgem Eise
ein kurzer Frühling kämpft; wo nichts das Aug’ ergözt:
die Sonne treten, und der öde Fichtenwald
in einen Myrthenhain sich wandeln; ja es würde
Sibirien selbst, noch jezt des Kummers Aufenthalt,
alsdann der Erde schönste Zierde.
und stelle mich in deiner Jünger Reihn.
die hoch entzükt es aller Welt erzählen,
daß sie im stillen Mondenschein
sich nahe blind geweint; daß sie von Seufzern leben,
für einen Druk der sanften Hand,
den Reichthum eines Crösus geben.
Ganz kurz, ich werd’ ein Narr! – trag ihre Silhouette
auf meiner Dose, tröste mich
mit allen Thoren männiglich.
Doch find’ ich nicht dies Weib, dann ists um dich gethan;
dann soll den Streit mit dir, mir keine Phyllis schlichten;
ich folge meinem alten Hange,
wo ichs gelassen, wieder an;
wonach du also dich zu richten. –