An des Jahres Wende
Unser Auge ruht nachdenklich auf der stattlichen Bändezahl, die da aufgereiht vor uns steht in unserem Zimmer. Was hat sie uns nicht alles zu sagen! Sie erzählt von kühnem Entschluß und zähem Ausharren, von eifriger Arbeit und frohem Schöpferdrang, von tapferem Ringen und auch von manch schönem Siege. Sie erhebt uns, sie erweckt in uns Gefühle der Genugthuung, daß uns soviel gelingen durfte; sie flößt uns Hoffnung und Muth ein auch für die Zukunft – die alten Sterne, welche über der „Gartenlaube“ nun neununddreißig Jahre gestrahlt, werden ihr auch künftig treu bleiben. Und sie macht uns wieder bescheiden – sie läßt uns fragen: ist der Band, den wir heute abschließen, um ihm bald neben dem von 1890 seinen Platz auf dem Bücherbrette anzuweisen, ist er auch würdig seiner Vorgänger, sind wir den alten Sternen treu geblieben, die bisher der „Gartenlaube“ vorangeleuchtet?
Auf solche Frage selbst die Antwort „ja“ zu geben, wäre vermessen. Wir können nur sagen: wir glauben, den alten Sternen treu geblieben zu sein, wir glauben, festgehalten zu haben an den alten Grundsätzen, wir glauben, fortgeschritten zu sein in der Richtung, welche die Vergangenheit uns vorgezeichnet hat. Und daß wir dies glauben, dazu haben neben den Stimmen unseres eigenen Innern auch die Leser uns das Recht gegeben. Auch sie sind uns treu geblieben durch alle die Jahre her, auch sie haben durch ihre stetige unveränderliche Theilnahme uns in dem Vertrauen bestärkt, daß wir thatsächlich nach wie vor auf dem rechten Wege sind.
So legen wir denn ruhig festen Sinnes die letzte Hand an das Werk dieses Jahres!
Und wenn jetzt diese Nummer hinauswandert in die Welt, wenn unsere Freunde draußen im Vaterlande und in allen Erdtheilen sie erhalten, sie lesen und dann dem nunmehr fertigen Bande zugesellen, wenn dieser Band seine Stelle einnimmt an der Seite seiner Vorgänger, mögen dann auch unsere Leser mit freundlichen Gedanken vor der Reihe stehen, welche sie sich gesammelt haben und aufbewahrt als einen lieben Familienbesitz. Mögen sie umweht sich fühlen von den Geistern ernster Arbeit und fröhlicher Erholung, welche in diesen Blättern gebannt sind, mögen sie mit zufriedenem Herzen der Fülle dessen gedenken, was sie im Laufe der Jahre aus diesem Quell an Wissen und Genuß geschöpft haben. Dann verbindet uns ein starkes geistiges Band, das auch ferner die Probe halten wird, das sich nicht lockert, sondern nur um so fester sich knüpft von Jahr zu Jahr! Die Redaktion.