An Ludwig Börne
Es war oft Brauch in alten frommen Zeiten
Daß eine heilge Lampe ward entzündet
Auf ein geliebtes Grab ihr Licht zu breiten,
Ein Liebeslicht das nimmermehr entschwindet
Fürwahr! ich möchte gern den Brauch erneuen
Und Liebesschimmer auf ein Grab verstreuen,
Die Lampe hing so gern ich auf das Deine! –
Als mir zuerst die Kunde war gekommen:
Hat unsren treusten Kämpfer aufgenommen?“ –
Da kannte ich noch nicht den großen Toten;
Sah nur der Lieder Leichenfackeln blinken,
Die hinter Deinem Sarge hergetragen,
Und ließ mir Deines Lebens Kämpfe sagen.
Nun lauscht ich selber der Prophetenstimme,
Die für die Freiheit alles Volk entflammte,
Die, bald vernichtend, Deines Hasses Grimme
Ein lindernd Öl fühl da ich in mir fließen,
In eine goldne Lampe möcht ich’s gießen
Von Deinem Grabe durch die Welt zu flammen.
Es ist das Lied mit seinem hellen Dochte,
Dem Freiheitsstreben und dem Kraftverlangen,
Das ich nur Dir, nur Dir verdanken mochte!
Ich bin ein Weib – doch wirst Du nicht verachten
Ich bin ein Kind – kann keine Schwerter schwingen,
Den Brand nicht werfen, wo die Völker nachten.
Doch ist’s ein weiblich, kindliches Geschäfte
Der Treue Lampe sorgsam fortzupflegen.
Und giebt im Dunkeln doch des Lichtes Segen,
Und wär es nur ein bleicher Silberschimmer:
’s ist besser doch als ganz im Finstern weilen.
Das Öl der Liebe brennt – doch kann’s auch heilen: