An Denis
[28] An Denis.
Du edler Mann, und schallt’ im Vaterlande
Auch nicht ein einzig Lied von dir,
Und sähst du nicht das Reich der Wissenschaften
Mit einem Blicke durch:
Dir Weisen jedes Volks auch nicht,
Sie all umglänzt mit Ruhm, in hellen Reihen
Vor uns vorbeygeführt:
Und tönete der Nachhall deines Ruhmes
Mein Denis! doch nicht minder würd' ich ehren,
Nicht minder lieben dich.
Denn was ist Macht des Liebs, weitkreisend Wissen,
Und dringen in der Dinge Mark?
Stets unser Herz bestimmt.
[29] Ein Herz, wie deines, Freund, das immer offen
Für jedes himmlische Gefühl,
Sich selber gleich bleibt, nie durch niedre Wünsche
Das dich ermahnt, dein Wissen unterm Schleyer
Der lächelnden Bescheidenheit
Zu bergen, leichter Ansprach’ heitrer Blicke,
Und frohen Muths zu seyn;
Doch duldsam auch und nachsichtsvoll
Den Irrenden nicht richtet, jedem Edlen
Sich mittheilt brüderlich,
Sich gern ergießt, wenn rings die Heldenjugend
Hold, wie ihr Schutzgeist stehst, und freundlichlispelnd
In ihre Seelen sprichst.
Ja so ein Herz, erhöht durch Geistesgaben
Und ausgegossen in ein Lied,
In eines Frommen Aug.
[30] Dein Alxinger, o wie wird er vergessen
Des Wonnetags, als er zuerst
Dein holdes Antlitz sah, doch noch nicht wagte
Halbstammelnd, Haupt und Blick gesenkt zur Erde,
Ein unbekannter Jüngling stand,
Und du ihn Dichter grüßtest, ihm die Rechte
Mt sanften Blicken bothst;
Und sanft hub seine Seele sich.
So wie, beglänzt von milder Abendsonne,
Das Haupt ein Veilchen hebt.
Freund, nimm dies Herz, von Laster unbeflecket,
Nimm dieses Lied, zum Denkmal bey dem Enkel,
Daß ich dich ganz gekannt.
Doch würden ja (zwo heisse Thränen fallen
Bey dem Gedanken auf mein Spiel)
Vom Sturm der Zeit verweht,
[31] So sey mein Trost, daß unter deinen Freunden
Auch ich genennet, daß mein Grab,
Obgleich schon längst mit ernstem Moss bewachsen,
Und einst darauf der fromme Pilger rastend
Mir flüstre seinen Wunsch hinab:
„O ruhe sanft, du warst der Bessern Einer,
„Denn Denis liebte dich.“