Zum Inhalt springen

Allgemeines Deutsches Kommersbuch:218

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Schauenburg:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
Seite 434, 435
<< Zurück Vorwärts >>
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

[434]           480.     Die Königskinder.

     Mäßig langsam.

     1. Es waren zwei Königs=kin=der, die hat=ten ein=ander so
lieb, sie konn=ten bei=sam=men nicht kom=men, das
Was=ser war viel zu tief.

     2. „Ach Schätzchen, könntest du schwimmen, so schwimm doch her=
über zu mir! Drei Kerzchen will ich anzünden, und die solln leuchten
zu dir.“

     3. Das hört ein falsches Nönnchen, die that, als wenn sie schlief;
sie thät die Kerzlein auslöschen; der Jüngling ertrank so tief.

     4. Es war an ein'm Sonntagmorgen, die Leut warn alle so froh:
nicht so die Königstochter, ihr Augen saßen ihr zu.

     5. „Ach Mutter, herzliebste Mutter, mein Kopf thut mir so weh!
Ich möcht so gern spazieren wohl an die grüne See.“

     6. „„Ach Tochter, herzliebste Tochter, allein sollst du nicht gehn;
weck auf dein jüngste Schwester, und die soll mit dir gehn!““

     7. „Ach Mutter, herzliebste Mutter, meine Schwester ist noch ein
Kind, sie pflückt ja all die Blümlein, die auf Grünheide sind.“

     8. „„Ach Tochter, herzliebste Tochter, allein sollst du nicht gehn;
weck auf deinen jüngsten Bruder, und der soll mit dir gehn!““

     9. „Ach Mutter, herzliebste Mutter, meine Bruder ist noch ein
Kind, der schießt ja all die Vöglein, die auf Grünheide sind.“

     10. Die Mutter ging nach der Kirche, die Tochter hielt ihren
Gang, sie ging so lang spazieren, bis sie den Fischer fand.

     11. „Ach Fischer, liebster Fischer, willst du verdienen groß Lohn,
so wirf dein Netz ins Wasser und fisch mir den Königssohn!“

     12. Er warf das Netz ins Wasser, es ging bis auf den Grund;
der erste Fisch, den er fischet, das war sich des Königes Sohn.

     13. Sie faßt ihn in ihre Arme und küßt seinen toten Mund: „Ach
Mündlein, könntest du sprechen, so wär mein jung Herze gesund!“

     14. Was nahm sie von ihrem Haupte? Eine goldene Königskron:
„Sieh da, wohledler Fischer, hast dein verdientes Lohn!“

[435]

     15. Was zog sie von ihrem Finger? Ein Ringlein von Golde so
rot: „Sieh da, wohledler Fischer, kauf deinen Kindern Brot!“

     16. Sie schwang sich um ihren Mantel und sprang wohl in die See:
„Gut Nacht, mein Vater und Mutter, ihr seht mich nimmermeh!“

     17. Da hört man Glöcklein läuten, da hört man Jammer und
Not; hier liegen zwei Königskinder, die sind alle beide tot!


          481.     Es zogen drei Bursche wohl über den Rhein.     (III. 150.)

     Weise.: Ich hab mein Weizen an'n Berg gesät
     Sehr mäßig. 18. Jahrh.

     1. Es zo=gen drei Bur=sche wohl ü=ber den Rhein, bei
ei=ner Frau Wir=tin da kehr=ten sie ein, bei ei=ner Frau
Wir=tin da kehr=ten sie ein. „Frau Wir=tin hat sie gut
Bier und Wein? Wo hat sie ihr schö=nes Töch=ter=
lein, wo hat sie ihr schö=nes Töch=ter=lein?“

     2. „Mein Bier und Wein ist frisch und klar, |: mein Töchterlein
liegt auf der Totenbahr.“ :| Und als sie traten zur Kammer hinein,
|: da lag sie in einem schwarzen Schrein. :|

     3. Der erste, der schlug den Schleier zurück und schaute sie an
mit traurigem Blick: „Ach, lebtest du noch, du schöne Maid! Ich
würde dich lieben von dieser Zeit!“