Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section/H19
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liegt 21/2 Stunde nordöstlich von Plauen, 1 Stunde südöstlich von Elsterberg unfern des Ruppersgrüner Baches, unterm Hartmannspöhl.
Der Ort ist deutschen Ursprungs, obschon dessen Erbauung nicht mit Bestimmtheit angegeben werden kann. Eben so sind die ersten Besitzer des Gutes nicht mit Sicherheit zu ermitteln: Nur so viel steht fest, dass es in den frühesten Zeiten zur Herrschaft Elsterberg gehörte, und seit den Zeiten der Familie von Bünau zum selbstständigen Rittergute erhoben worden ist. Die Familie von Bünau besass Christgrün noch im 16. Jahrhundert. Erst zu Ende des gedachten Jahrhunderts und im Anfang des 17. Saeculo kam es an die von Trützschler, von welchen es das Geschlecht derer von Milkau erwarb. Dieser altadlichen Familie folgten im Besitze die von Bose, von welchen es die Marschalle in Lehn erhielten und im zweiten Decennio des 18. Jahrhunderts ging es an die von Hühnefeld über. Bei dieser Familie verblieb es bis den 3. Jan. 1827, an welchem Tage Ehrenfried Wilhelm Heinrich Freiherr von Hühnefeld aus dieser Welt ging und in seinem Testamente dieses Rittergut zu einem Stiftsgute machte. Diese Familienstiftung wird von der Amtshauptmannschaft Plauen und einem beigesetzten Familienrath sachkundiger Edelleute administrirt. Die Einkünfte werden zur Begründung und Erhaltung einer zweiten Elementarschule zu Limbach, so wie zur Unterstützung der nachgelassenen Verwandten verwendet. Die Descendenten des verstorbenen Major von Hühnefeld in Reichenbach sind die nächsten Verwandten des Stifters, welcher ebenfalls auch dahin Bestimmung getroffen hat, dass von den überständigen Capitalien neue Besitzungen angekauft und blos die Revenüen und Zinsen bis zu einer gewissen Höhe verwendet werden möchten. Daher wurde zunächst Elsterberg für die Stiftung erworben und in den letzten Jahren ist auch Ruppertsgrün dazu erkauft worden.
Der erste Verwalter dieser Stiftung war Herr Amtshauptmann von Beust auf Neuensalz, wogegen die jetzt abgetretenen Stiftungsgerichte von Dr. Steinhäuser in Plauen verwaltet wurden. Noch vor Beust’s Tode succedirte Herr Amtshauptmann von Schütz in Plauen, dem Herr Regierungsrath Körner im Amte folgte, und als Amtshauptmann zugleich die Administration der Hühnefeldschen Stiftung überkam. Der jetzige Verwalter dieser Stiftung ist der derzeitige Amtshauptmann von Plauen, der Geheimerath Dr. Braun, in engern und weitern Kreisen bekannt als früherer Minister-Präsident und vieljähriges Mitglied der 2ten Kammer der Sächsischen Ständeversammlung.
Mit grosser Umsicht und Menschenfreundlichkeit wird von diesem ausgezeichneten Manne diese ihm anvertraute Stiftung zur Zufriedenheit der Familienglieder geleitet und verwaltet, so dass das grosse Vermögen von Jahr zu Jahr zunehmen und den einzelnen Betheiligten zu gute kommen muss. Der jedesmalige Lehnträger der von Hühnefeldschen Christgrüner Familienstiftung ist ein Herr von Schlieben.
Das Schloss in Christgrün ist gross und geräumig und noch im älteren Style erbaut. Die Wirthschaftsgebäude sind im guten Zustande, und mit denselben ist eine bedeutende Brauerei verbunden. Vorzüglich stark ist die zum Gute gehörige Schäferei. Die Felder gehören nicht der besten Bodenlage an, doch sind sie auch nicht der schlechten zuzuzählen. Die Wiesen kann man zu den guten rechnen. Das Gut hatte sich, seitdem es als Stiftungsgut verwaltet wird, immer auch sehr [146] guter Pachter zu erfreuen, so dass die Oeconomie mehr und mehr in die Höhe gebracht worden ist.
An die Rittergutsgebäude ist eine Capelle angebaut, in welcher am Todestag des Stifters eine Gedächtnissfeier alljährlich zum Andenken an den Begründer dieser Anstalt abgehalten wird. Dagegen ist Christgrün mit Brockau, Feldwiese, Wipplas, Rückisch, Pfannenstiel, Görschnitz, Kleingera, Reuth, Lohsa, Nosswitz, Sachswitz, Reimersgrün, Scholas, Thürnhof und Coschütz nach Elsterberg eingepfarrt.
Früher gehörte auch Limbach, worüber der Stiftung zu Christgrün das Collaturrecht zusteht, zu Elsterberg und die hiesigen Geistlichen waren Diaconen von dorther, deren Collator der Pastor war. Später erst kam das Patronat durch die von Bünau an Christgrün, welche die Herrschaft Elsterberg und Christgrün gemeinschaftlich besassen.
Dieses Limbach liegt unmittelbar an der alten Poststrasse von Plauen nach Reichenbach und muss dieser Ort vor dem Hussitenkriege ein kleiner Marktflecken gewesen sein: Denn bei Nachgrabungen hat man Steinpflaster gefunden, welches förmlichen Strassen ähnelt.
Die eigentlichen speciellen Nachrichten sind durch einen Brand der Pfarre vom Jahre 1772 mit zu Grunde gegangen. Die Kirche war schon vor der Reformation vorhanden, wie dies aus einer Schenkung von 3 adelichen Fräulein von Helmansgrün (jetzt Helmsgrün) sich ergiebt, worinnen es heisst: dass der Pater und sein Nachfolger nach ihrem Tode jeden Sonnabend eine Seelenmesse für sie lesen solle.
Die in Limbach vorhandenen 2 milden Stiftungen rühren von früheren Besitzern des Rittergutes Christgrün her:
Die eine besteht
a) in einem Hospital für 6 alte hilfsbedürftige Männer und 6 alte Frauen, welche in demselben gut verpfleget werden. Der Stifter dieses Hospitals ist Eichelberg Friedrich von Trützschler auf Christgrün, Schneckengrün, Stenn u. s. w. auch Oberster in Zwickau. Das Testament ist von 1612, ins Leben ist aber die Stiftung erst 1704 getreten; Ansprüche an diese Wohlthat haben die Gerichtsbefohlenen von Christgrün und Schneckengrün, jenes hat 8, dieses 4 Stellen zu besetzen. Die Oberaufsicht führt das hohe Cultusministerium und in dessen Auftrag der frühere Amtmann in Plauen, jetzt der dasige Gerichtsamtmann die Specialaufsicht.
Die andere dieser Stiftungen umfasst die oben schon erwähnte
b) Stiftungsschule, fundirt vom 27. Novbr. 1826 von Ehrenfried Wilhelm Heinrich, Freiherrn von Hühnefeld auf Christgrün. Der Lehrer bekommt jährlich 150 Thlr. Conventionsmünze Fixum und freie Wohnung und Holzgeld. Die Schule ist 1829 ins Leben getreten.
Limbach und Herlasgrün und Antheile von Neudörfel gehörten noch bis zur Errichtung der neuen Königlichen Gerichtsämter unter die Stiftungsgerichte zu Christgrün.
Herlasgrün liegt unmittelbar an der Sächs. baierischen Eisenbahn und bildet einen Stationsort zwischen der Elsterthal-Ueberbrückung und Netzschkau. Von Herlasgrün bis Christgrün nach Plauen zu ist dagegen eine Entfernung von 1/2 Stunde, von Pöhl 3/4 Stunde, von Neudörfel 1/4 Stunde, welches unmittelbar an der früheren alten Poststrasse von Reichenbach nach Plauen oder an der sogenannten Militairstrasse gelegen ist, dessen Wirthshaus heute noch das sogenannte Posthäuschen genannt wird.
Christgrün hat seine eigne Schule (wozu sich Reimersgrün nur theilweise hält), zählt 23 bewohnte Gebäude mit 24 Familienhaushaltungen und 147 Einwohnern.
Die Stiftungsgerichte, welche früher durch Herrn Doctor Steinhäuser in Plauen verwaltet wurden, haben mit Einführung der neuen Gerichtsorganisation ihre Endschaft erreicht und Christgrün ist dem Gerichtsamte Elsterberg zugetheilt, welches unter dem Bezirksgericht Plauen steht und dem Regierungsbezirke Zwickau einverleibt ist, so dass man sagen kann, Elsterberg hat diejenigen Orte hinsichtlich seiner Justiz, seiner Verwaltung und in kirchlicher Hinsicht behalten und resp. acquirirt, die in den frühesten Zeiten zu dieser alten berühmten Herrschaft gezählt wurden.
Die Geschichte dieser Herrschaft ist schon bei andern Orten, namentlich bei der Beschreibung von Thürnhof näher und specieller erzählt worden, so dass sie füglich hier übergangen werden kann. Die vielen widersprechenden Nachrichten über Elsterberg werden aber noch bei der speciellen Historie einzelner anderer in dieses Album aufzunehmender Rittergüter und Schlösser ihre gebührende Berichtigung erlangen.
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liegt in der Mitte der 3 Städte Plauen, Reichenbach und Greiz in einer ziemlich gleichen Entfernung, mitten durch das Dorf bei dem Pfarrgarten vorüber führt die Sächs.-Baierische Eisenbahn.
Ueber die Gründung des Ortes fehlen die früheren Nachrichten. Eine herrschaftliche Capelle befand sich hier schon im 13. Jahrhundert, welche dem heiligen Ruppertus geweiht war, dem der Ort auch seinen Namen verdankt. In demselben Säculo existirte auch hier schon ein Schloss, dessen Erbauer ebenfalls nicht bekannt ist. Als die ältesten Besitzer desselben werden uns die Herren von Dölau oder Döhlau genannt, deren Stammschloss in Döhlau bei Greitz war. Diese von Döhlau besassen auch Liebau, Cossengrün, Ziegra und Stockhausen. Unter ihnen zeichneten sich vorzüglich aus: Sigismund von Döhlau, welcher sich um Kirche und Schule viele Verdienste erworben hat und 1596 mit Tode abging. Ihm folgte sein würdiger Sohn der Hof- Justiz- und Appellationsrath Joachim von Döhlau, welcher im Jahre 1638 verstarb und nach Ziegra begraben wurde. Der ältere Sohn Johann Georg von Döhlau auf Ruppertsgrün Liebau, Grünewald mit Selba oder Zelba, Obersteuereinnehmer des Meissnischen und Erzgebirgischen Kreises, geboren 1603, übernahm die Erbschaft seines Vaters und war Besitzer von Ruppertsgrün bis zu seinem im Jahre 1677 erfolgten Ableben, worauf des Letzteren Sohn, der Vice-Kreishauptmann des Voigtländischen Kreises Herr Johann Heinrich von Döhlau, Gerichtsherr von Ruppertsgrün wurde. Derselbe hat sich durch sehr bedeutende Stiftungen und Schenkungen um das gesammte kirchliche Wesen bleibende Verdienste erworben. Mit dessen Bruder, dem Kaiserl. Oesterreichischen Kammerrathe Adam Friedrich, Freiherrn von Döhlau, welcher 1727 mit Tode abging, erlosch die Döhlau’sche Familie auf Ruppertsgrün.
Nach der Letzten von Döhlau Tochter, Fräulein Johanna Charlotte, Freiin von Döhlau auf Ruppertsgrün, welche 1744 das Zeitliche segnete, kam Ruppertsgrün durch Vermächtniss an den königl. Preuss. Major und Churfürstl. Sächs. Capitain der Cavallerie Herrn Johann Ernst von Bomsdorf und nach dessen im Jahre 1770 erfolgten Tode an Herrn Carl Friedrich von Görschen auf Unterweischlitz, der es 1780 an Herrn Johann Carl Adam Lorenz, Kaufmann zu Greitz verkaufte. Letzterer wurde aller Wahrscheinlichkeit nach von einem seiner mit ihm prozessirenden Unterthanen meuchlings ermordet, indem derselbe am 22. Juni 1810 bei dem nahen Dorfe Loosa an der Strasse nach Greitz von einer Schusswunde getroffen, todt aufgefunden wurde.
Ruppertsgrün übernahm hierauf des Kaufmann Lorenz Schwiegersohn, Herr Johann Friedrich Gottlob Schillbach, ebenfalls Kauf- und Handelsherr zu Greitz, welches nach dessen Tode im Jahre 1824 an des Letzteren hinterlassene Frau Wittwe Wilhelmine Ernestine, geb. Lorenz in Greitz durch Erbe gelangte, von welcher es Herr Julius Zeidler acquirirte und im Jahre 1842 damit belehnt wurde. Letzterer aber verkaufte Anfangs der 50ger Jahre das Gut anderweit an die Hühnefeldsche Familienstiftung, zu welcher es auch jetzt noch gehört.
Die ehemalige herrschaftliche Wohnung, ein zur Zeit des 30jährigen Kriegs wieder aufgebautes stattliches Schloss mit Thurm und Wall ist seit 70 Jahren in einen Schutthaufen verfallen, so wie der daran befindliche, grosse herrschaftliche Graben, zu welchen bis auf die neuesten Zeiten 3 hohe Mauerthore mit gehauenen Postamenten und Aufsätzen führten, vor etwa 120 Jahren noch einer der schönsten Kunstgärten des Voigtlandes, in einen Grasgarten verwandelt. Erst in der neuern Zeit ist durch Herrn Zeidler und durch die Hühnefeldsche Stiftung ein neues herrschaftliches Wohnhaus mit zweckmässig eingerichteten Wirthschaftsgebäuden hergestellt.
Das Dorf Ruppertsgrün hat neben dem Rittergute mit Schäferei 2 Mühlen, 2 Wirthshäuser, 15 Bauerhöfe, 1 Pfarrdoctalgütchen, 7 Gärtner [148] oder Kuhhäusser, 1 Schmiede und 46 kleinere Häuser, inclusive der dazu gehörigen Anbauten
- a) am Christgrüner Bache mit der Keppermühle,
- b) bei der herrschaftlichen Schäferei,
- c) bei der Renschmühle mit derselben,
- d) bei Neudörfel mit dem Posthäuschen und
- e) bei der Ziegelhütte.
Eine Viertelstunde unterhalb Ruppertsgrün liegt auf freundlicher Höhe des nahen schönen Elsterthales „das Steinigt“, welches durch seine romantischen Felsenparthieen im Sommer Hunderte von Fremden, selbst aus weiter Ferne, anzieht und unter dem Namen der Voigtländischen Schweiz hier vorkommt.
Ruppertsgrün ist geschichtlich merkwürdig geworden im 30jährigen Kriege durch den Besuch des General Salis mit 7 bis 8 Regimentern, welche im grossen räumlichen Schlosse und in der Kirche einquartiert und von 12 schwedischen Regimentern hier eingeholt wurden, weshalb es zu einem kleinen Treffen kam, in welchem der General Salis sich ergeben musste. Schiller in seinem 30jährigen Kriege Bd. II. p. 309 erwähnt dieses Vorfalls auf folgende Weise: „Nachdem Banner den kaiserlichen General Salis bei Elsterberg geschlagen, die Sächsische Armee bei Chemnitz zu Grunde gerichtet und Pirna erobert hatte, drang er in Böhmen ein.“
Im Jahre 1640, wo Banner vom Erzherzog Leopold, Bruder des Kaisers, wieder aus Böhmen verdrängt, bei Plauen geschlagen worden war, kamen wieder Schwedische Regimenter nach Ruppertsgrün, welche hier die schrecklichsten Greuelthaten an Menschen verübten, und das grösste Unglück durch Brandstiftung an Wohnungen und Wirthschaftsgebäuden über den Ort hereinbrachten. Die einzelnen Scenen zu schildern, die hier vorgefallen sind und an das Unglaubliche grenzen, würde zu weit führen, vielleicht auch zu gehässig erscheinen, weshalb man lieber mit Stillschweigen darüber hinweggehen und sich zu einer angenehmern Begebenheit wenden will, wodurch Ruppertsgrün auch historisches Interesse erweckt:
Es ist dies der bekannte Besuch, den Friedrich August I., König von Polen oder Churfürst August der Starke auf einer Reise über Reichenbach, von da aus allein zu Ross, der Schwester des erwähnten Herrn Gottlob Christian von Döhlau, Elisabethen Polianen verwittw. von Dieskau, einer berühmten Schönheit, die früher am Dresdner Hofe lebte, und viel Epoche machte, ums Jahr 1725 auf dem Schlosse zu Ruppertsgrün, wo sie sich damals bei ihrem Bruder aufhielt, im tiefsten Incognito zu machen geruhte. Dieser Besuch ist oft von der Döhlauschen Familie verwandten Personen in spätere Jahren erwähnt und mit Entzücken besprochen worden. Schreiber dieser Zeilen hat die Begebenheit selbst aus dem Munde eines Anverwandten der Familie in jüngern Jahren in lebhaften Schilderungen mitgetheilt erhalten und ihm ist solche unvergesslich geblieben. An diesen Besuch knüpft sich noch eine Sage, die in dem Munde der hiesigen Bewohner und der Umgegend sich glaubwürdig bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
August den Starken soll kurz vor Ruppertsgrün ein auf der Weide befindlicher Stier ins Auge gefasst, mit wüthenden Sprüngen auf den Reiter zugeeilt sein und Miene gemacht haben, sein Ross zu spiessen. Der König, dies bemerkend, soll mit seinem Schwerte über den Kopf des Stiers einen kräftigen Schlag geführt und solchen sofort zu Boden gestreckt haben. Der Hirt der in der Nähe weidenden Rindviehheerde habe hiervon Kunde in das Dorf gebracht, und alle Bauern seien dem Reiter entgegen gezogen, um über denselben das Standrecht zu üben: Der König, die Gefahr wohl überschauend, in welcher er sich befinde, habe seinen Reiserock geöffnet und auf seinen Stern gezeigt, worauf alsbald die Bauern ihren König erkannt und ehrfurchtsvoll zurückgewichen seien.
Auch der verstorbene König Friedrich August besuchte als Prinz-Mitregent bei seiner Rückkehr aus Franzensbrunn am 19. Juli 1832 die hiesige Gegend und ging von da zu Fuss zur Ruine Liebau, durch die sogenannte Voigtländische Schweiz bis zur Franzmühle, von wo aus Dieselben ihre Reise zu Wagen nach Elsterburg weiter fortsetzten.
Dem jedesmaligen Besitzer von Ruppertsgrün steht das Collaturrecht über dasige Kirche und Schule zu.
In den frühesten Zeiten gehörte Ruppertsgrün zur Kirche zu Elsterberg und ein Diaconus vom letzteren Orte hat blos in der herrschaftlichen Capelle früher zu gewissen Zeiten den Gottesdienst mit verrichtet.
Im Jahre 1472 wurde die hiesige Kirche als eine Filia, von der Mutterkirche zu Elsterberg separirt und mit einer besonders von einem [149] damaligen Herrn von Döhlau dazu gestifteten Pfarrei in ihrem jetzigen Sprengel zu einer selbstständigen Parochie erhoben.
Die damalige Kirche muss ein stattliches Gebäude gewesen sein: Denn in der noch vorhandenen Schilderung des Brandes von 1640 wird gesagt: „ingleichen brannte ab die mit Schiefer gedeckte, schöne Kirche, mit zwei Thürmen, drei Glocken und zwei grossen Schlaguhrwerken.“ Der Auf- und Ausbau der jetzt noch stehenden Kirche wurde 1642 begonnen, aber erst 1651 vollendet.
Die Kirche hat sich vieler milder Stiftungen der Herren von Döhlau zu erfreuen, deren Vermächtnisse noch heute den Stamm der Kirchencapitalien bilden und mit Recht konnte nach ihrem Verschwinden die Klage laut werden: „Es giebt keine Döhlaue mehr.“ Sie waren ihren Gerichtsuntergebenen überhaupt keine Herren, sondern wirkliche Väter. Fremde Noth, fremdes Leid zu mildern und zu lieben, die wahre Menschenliebe in allen ihren Handlungen, wie Christus sie lehrte, zu bethätigen, das war der Grundzug dieser Herren. O könnten wir doch von Allen sagen, das sind Nachfolger von den grossen Döhlauen und bald, bald müsste es besser werden auf dieser Welt, wo jeder Anspruch hat, der reichen Schöpfung unseres Gottes sich zu freuen.
Die Kirche zu Ruppertsgrün ziert heute noch ein Epitaphium, die Kreuzigung Christi vorstellend, welches auf Joachim von Döhlau sich bezieht, der im Jahre 1638 verstorben ist.
Pfarre und Schule zu Ruppertsgrün sind durch Vermächtsnisse der Döhlau’schen Familie ebenfalls dotirt und verbessert worden, so dass Pfarrer und Schullehrer hier ihr reichliches Auskommen haben. Zur Pfarre gehört eine Oeconomie von 44 Acker an Garten, Felder, Wiesen und zur Schule 2 Acker 21 Quadratruthen Garten, Feld und Wiese.
Ruppertsgrün hatte seine eigene Gerichtsbarkeit, welcher der frühere Advocat Herrmann Braun als Director vorstand, der jetzt das Gut als Administrator der Hühnefeld’schen Stiftung wieder mit zu verwalten hat.
Ruppertsgrün gehört jetzt ebenfalls mit 89 bewohnten Gebäuden und 641 Einwohnern zum Gerichtsamt Elsterberg.
früher auch Jahnsgrün genannt, an der Trieb, 2 Stunden von Plauen entfernt gelegen, verdankt seine Entstehung dem Marianer Orden zu Plauen, welche ihre hiesigen Besitzungen im 12. Jahrhundert zu dem Erbau eines Klosters oder vielmehr einer Terminey benutzten.
Nach Einführung der Reformation wurde diese Terminey aufgehoben, die dazu gehörigen Aecker, Wiesen, Wälder und Teiche samt den alten Gebäuden der Familie Röder verliehen, welche daraus das Rittergut Gansgrün bildeten.
Diese Familie von Röder, eine der angesehendsten des Voigtlandes und schon bei der Erbauung von Plauen sich hervorthuend, blühte bis in das 18. Jahrhundert. Sie besass ausser Gansgrün auch Pöhl, Cossengrün, Möschwitz und Lewitz, wie dies Alles schon näher bei der Beschreibung von Pöhl angeführt zu finden ist. Nach dem Absterben des Churfürstl. Sächs. Kreishauptmann, Obersteuereinnehmer und Geheimderath Christoph Wilhelm Ludwig von Röder, kamen die Güter Pöhl und Lewitz an seinen Schwiegersohn, den Herrn von Bodenhausen, Gansgrün war schon früher zu dem Rittergute Thosfell verkauft, wo es nur als blosses Vorwerk bewirthschaftet worden ist, bis zu den Zeiten des Herrn [150] Kammerherrn von Beust auf Thosfell, welcher dieses Vorwerk Gansgrün einem seiner Herrn Söhne in den 30ger Jahren dieses Jahrhunderts überliess. Seit dieser Zeit wurde Gansgrün selbst wieder renovirt und als selbstständiges Rittergut arrondirt.
In den 40ger Jahren verkaufte Herr von Beust sein Gut Gansgrün an Herrn Theodor Keller auf Liebau, den jüngsten Sohn des Herrn Kaufmann Keller in Plauen, welcher letztere durch Verheirathung mit der einzigen Tochter des weil. Kaufmann Eichhorn in Plauen in den Besitz von Liebau gelangt war.
Herr Theodor Keller hat viel zur Verbesserung und Aufbringung des Gutes Gansgrün beigetragen. Die Musterwirthschaft der Schweizer-Viehzucht stammt von ihm und Gansgrün hat durch seine berühmte Käsbereitung nach Schweizer-Art einen Namen erlangt, der selbst im Auslande öfter genannt wird.
Leider wurde dieser Besitzer des Gutes zu bald aus diesem Leben gerufen und seine Gattin, eine geb. Nicolai aus Schneeberg musste die Last der eignen Bewirthschaftung des Gutes im Jahre 1854 übernehmen. Seit zwei Jahren ist diesslbe wieder verheirathet und deren Ehemann, Herr Arnold selbstständiger Besitzer des Gutes.
Die in der Abbildung befindliche Wohnung ist, wie schon erwähnt, von dem früheren Besitzer, dem Herrn von Beust, dem späteren Besitzer von Blankenhein bei Hirschberg neuerbaut und im Innern kostbar hergerichtet. Die Wirthschaftsgebäude sind ebenfalls neu und zweckentsprechend. Das Gut hält im Ganzen 265 Acker und zwar 127 Acker Gerstenboden, 60 Acker sehr gute Wiese, 10 Acker Teich und 60 Acker Waldung.
Gansgrün hatte bis zum Erscheinen der neuen Gerichtsorganisation seine eigene Gerichtsbarkeit, doch gehörten Bewohner des Ortes auch unter die Gerichte von Bergen, Helmsgrün, Thosfell und unter das frühere Amt Plauen.
Zum Orte gehört eine Mühle von 4 Gängen, welche in den früheren Zeiten Eigenthum des Klosters oder der Terminey war.
Als frühere Besitzung der deutschen Herren von Plauen war Gansgrün nach Entstehung der Ordens Ballei Plauen, welcher 13 Kirchlehne, untergehen war, wozu auch Altensalz gehörte, in die Kirche dieses Ortes von jeher gewiesen, weshalb auch nach Aufhebung des Klosters und nach Verwandlung desselben in ein Rittergut, den Besitzern desselben unter der Kirche zu Altensalz eine Gruft angewiesen wurde, die insofern einen Uebelstand mit sich führt, dass der Fussboden, unter welchem sich diese befindet, zur Bestattung einer Leiche aufgerissen werden muss. Eine Empore für die Gutsherrschaft von Gansgrün ist erst in neueren Zeiten in diese Kirche eingebaut worden.
Die Kirche in Altensalz hat übrigens weder Etwas, das für Baumeister, Maler und Bildner einiges Interesse hätte.
Altensalz selbst der Ort hiess früher Salza und ist bekannt durch die Entdeckung der am Triebbache in drei noch vorhandenen Brunnen gefasste Salzquelle.
Die Entdeckung dieser Quelle muss schon sehr frühzeitig erfolgt sein. Man setzt sie zurück in die Zeit, wo die Sorben-Wenden hier ihre Anbauungen hatten. Denn aus einer alten Urkunde vom Jahre 1520 ergiebt sich, dass das Salzwerk selbst von neuem gebaut worden, nachdem es seit undenklichen Zeiten der Verheerung unterworfen gewesen sei. Auch ward damals aus dem Gräfenstein, einem churfürstlichen Walde, das grösste Holz zum Salzwerkbau ausgehauen.
Im Jahre 1542 wurde es durch zwei beim Dorfe Treuen ausgerissene Teiche wieder verschlemmt, 1569 aber wieder aufgenommen, worauf es wieder liegen blieb.
Im Jahr 1588 nahm Hans Georg von Carlowitz den Bau auf den Salz und Bleigange abermals auf, erhielt von dem Churfürsten Johann Georg I. ein Privilegium darüber und gewann auch wirklich dreipfündige Sole, ohne bis in die reichhaltigen Baue der Alten gekommen zu sein und dennoch ging das Werk, welches unter dem Schneeberger Bergrevier stand, im Jahre 1695 wieder ein. Im Jahre 1722 legte der Leipziger Professor Lehmann, Siede- und Trockenhäuser hier an; allein 1740 gerieth Alles wieder in Stocken. Die neuesten Versuche wurden zu Ende der 20ger Jahre unseres Jahrhunderts gemacht, allein dieselben führten zu keinem günstigen Resultate, und man sieht nichts als die Spuren von den Arbeiten unsrer Vorfahren.
Das hier gesottene Salz war schwärzer als das gewöhnliche, aber fast noch einmal so scharf.
Bei den Fortschritten, die unsere Zeit durch Maschinenwesen gemacht hat, dürfte es gewiss nicht unrathsam sein, neue Versuche zu [151] machen, da viele von der Natur in den Weg gelegte Hindernisse leichter als früher bewältigt werden können.
Das Pfarr- und Schulamt in Altensalz wurde sonst mit zu den einträglichsten des Voigtlandes gerechnet. Die Schulstelle ist jedoch durch die Ausschulung der Dörfer Thosfell, Gospersgrün und Neuensalz eine geringere gegen früher geworden.
Die Haupt- oder Kirchenschule bilden jetzt noch die Dörfer Altensalz, Voigtsgrün und Gansgrün mit ungefähr 90. Schulkindern.
Die Schicksale Gansgrüns anlangend, so ist nicht unerwähnt zu lassen, dass im Jahre 1626 der Ort von der damaligen sogenannten grassirenden Seuche, die Pest genannt, heimgesucht wurde, so dass eine aus 7 Personen bestehende Familie ganz ausstarb. Die Dörfer Thosfell, Zobes und Neuensalz blieben von dieser Seuche völlig verschont, dagegen war Altensalz das Dorf, wo solche am stärksten mit wüthete.
In den neuere Zeiten wird in der Gegend von Gansgrün Eisenstein gegraben, aber der Bau selbst ist nicht ergiebig.
Gansgrün mit seinen 35 bewohnten Gebäuden, 40 Familienhaushaltungen und 245 Einwohnern, ist dem Gerichtsamte und dem Bezirksgerichte Plauen jetzt zugetheilt und gehört also auch unter die dasige Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirk Zwickau.
11/2 Stunde südlich von Reichenbach, 3 Stunden von Plauen entfernt am Holzbache gelegen, hat ein altschriftsässiges Rittergut, zu welchem es seit dem 24. November 1742 erhoben worden ist.
In den früheren Zeiten gehörte es zum Kloster oder vielmehr zur Terminey Gansgrün, wie schon der Name andeutet. Die Mönche dieser Terminey sorgten zuerst für die Gründung eines Dorfes hier, und hielten sich auch gerne daselbst auf. Bis zu den Zeiten der Reformation war Pfaffengrün eines der liebsten Absteigequartiere für die Mönche. Nach der Reformation wurden die Grundstücke arrontirt und Pfaffengrün ein selbstständiges Gut, womit zuerst die Herren von Bünau beliehen worden sind, die auch Thürnhof, Elsterberg und Christgrün besassen. Daher mag es auch kommen, dass ein kleiner Theil der Bewohner von Pfaffengrün unter die Gerichtsbarkeit von Thürnhof gehörte.
Im 17. Jahrhundert kam das Gut an den reichen von Bose, dem Siegismund von Wolframsdorf succedirte, von welchem es dessen Sohn gleichen Namens erbte. Nach demselben acquirirte das Gut ein Herr von Raabe. Im 18. Jahrhundert besass dasselbe ein gewisser J. P. Otto, dem in schneller Reihenfolge Christian Seidel, G. Müller, Madame Köhler folgte. Seit 25 Jahren befindet es sich bei der Schillbach’schen Familie aus Weissensand.
Der dermalige beliehene Besitzer ist Herr Ferdinand Schillbach.
Der frühere Besitzer, Herr J. P. Otto hat insofern als Gerichtsherr von Pfaffengrün sich ein bleibendes Andenken erworben, als derselbe die Kapelle für die Gerichtsherrschaft in der Kirche zu Limbach, wohin Pfaffengrün eingepfarrt ist, einbauen liess, sowie derselbe auch dieser [152] Kirche einen Taufstein verehrte. Alles dieses geschah ums Jahr 1747 oder 1748.
Auf Pfaffengrüner Fluren ganz in der Nähe des Dorfes zeigt man noch zwei Steine zur Erinnerung an den Todtschlag eines Schäfers und seines Hundes, wozu die Veranlassung folgende war:
Ein Schäfer von Christgrün bezog trotz des Verbots der Bauern zu Liebau und Pfaffengrün mit seiner Schaafheerde fort und fort deren Fluren. Ja er schien das Verbot blos zu belachen und verliess sich dabei auf die Wachsamkeit seines Hundes, an welchen sich Keiner der Verletzten heranwagte. Eine alte Frau von Pfaffengrün sann auf listige Ueberwindung des Schäfers und dessen Hundes, und die List glückte, wenn man sonst das ganze Ereigniss ein Glück nennen kann. Die alte Frau bemerkte eines Tages wieder den Schäfer mit seiner Heerde und den ihn begleitenden Hund auf Pfaffengrüner Fluren, sie ging dem Schäfer, eine Katze bei sich tragend nach, und hinter ihr im Verstecke lagen die Bauern von Pfaffengrün und Liebau. Nahe an den Schäfer herangekommen liess sie ihre Katze von den Armen, auf welche der Schäferhund lossprang, der mit ihr sein Spiel trieb. Diesen Moment benutzten die Bauern, brachen aus ihrem Verstecke hervor, hieben auf den Schäfer ein und schlugen so lange auf selbigen los, bis derselbe todt zur Erde niederfiel. Der darüber angestellte Prozess schwebte sehr lange, doch soll derselbe sehr günstig für die Betheiligten ausgefallen sein.
Pfaffengrün liegt unmittelbar an der Chaussee von Reichenbach nach Plauen, weshalb auch hier zwei Gasthöfe gefunden wurden, die oft für das schwere Lastfuhrwerk, welches hier übernachtete, nicht genug Stallungen bieten konnte.
Jetzt führt noch eine neue Strasse hier durch und zwar von Herlasgrün, dem Stationsorte der sächs. bayerschen Eisenbahn, zwischen Netzschkau und der Elsterthalüberbrückung nach Treuen, Lengenfeld und Auerbach, weshalb im Jahre 1854 unmittelbar über dem Orte an dieser gedachten Strasse ein neues Gasthaus noch entstanden ist, wo der Gast ein gutes Glas Bier und überhaupt gute Bewirthung findet.
Pfaffengrün hat guten Feldbau, und nicht unergiebige Wiesen, auch schöne Holzungen, die nur öfters zum Leidwesen ihrer Besitzer von benachbarten Holzdieben heimgesucht und dadurch ruinirt werden.
Ausserdem giebt es hier auch mehre Handwerker, vorzüglich aber Weber.
Pfaffengrün ist mit Ober- und Unter-Limbach, mit Herlasgrün, Ober- und Unterbuchwald mit Mühlwand, der bünau’schen Mühle, Schotenmühle, Walkmühle und Jägerhaus nach Limbach eingepfarrt, in dasselbe Limbach, was wir schon bei der Beschreibung von Christgrün in Erwähnung gebracht haben.
Dieser Kirchenverband rührt auf alle Fälle aus den Zeiten, wo die Herren von Bünau Elsterberg besassen, mit welcher Herrschaft der Besitz von Thürnhof, von Christgrün und Pfaffengrün verknüpft war. Bei der Errichtung der selbstständigen Parochie Limbach, welches erst Filial von Elsterberg war, blieb dann Pfaffengrün der Kirche zu Limbach zugetheilt.
Die ganze Parochie umfasst ein Areal von 3144 Acker 66 Quadratruthen mit 35,814 Steuereinheiten und eine Bevölkerung von 1287 Seelen, wovon auf Pfaffengrün 418 Einwohner in 82 Familienhaushaltungen und 59 bewohnten Gebäuden kommen.
Pfaffengrün hatte seine eigene Gerichtsbarkeit, die durch die Einführung der neuen Gerichtsorganisation ihre Endschaft erreicht hat und durch das Gerichtsamt Treuen, durch das Bezirksgericht Plauen ersetzt worden ist.
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