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Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section/H13

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Heft 12 des Leipziger Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.)
Heft 13 der Section Leipziger Kreis
Heft 14 des Leipziger Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Frohburg
  2. Lössnig
  3. Trebsen
  4. Plaussig


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Frohburg.


Die Stadt Frohburg, mit einem der bedeutendsten Rittergüter Sachsens, liegt an dem Flüsschen Wyhra, an der hohen Strasse von Chemnitz nach Leipzig, in einer höchst angenehmen und fruchtbaren Gegend, zwei Stunden südlich von Borna und zwei und eine halbe Stunde von Altenburg. Der Ort zählt in dreihundert sechsunddreissig Häusern etwa zweitausend und achthundert Einwohner, die sich hauptsächlich von Zeug- und Leineweberei, Töpferei und etwas Feldbau ernähren. Die hübsche reinliche, grösstentheils gepflasterte Stadt hat sehr ansehnliche Bürgerhäuser, einen schönen grossen Markt, woran zwei treffliche Gasthöfe die Post und Apotheke gelegen sind, und jährlich zwei sehr besuchte Märkte (Montags vor Pfingsten und Montags vor Michaelis) deren jedem nach der Concession vom 4. October 1810 Freitags vorher ein Ross- und Viehmarkt vorangeht. Die Stadt besitzt 235/6 Hufen Feld.

Was die Entstehung Frohburgs anbetrifft, so fällt dieselbe höchst wahrscheinlich in das Zeitalter Kaiser Heinrichs des Vogelstellers. Wieprecht von Groitzsch, der mächtige Graf und Herr des ganzen Landes zwischen Pegau und Leissnig, liess bekanntlich Colonisten aus Franken herbeikommen, welche mit deutschem Fleisse die dunklen Urwaldungen ausrotteten und an deren Stelle blühende Dörfer gründeten. Unter der Axt dieser fleissigen Arbeiter fielen auch die düsteren Forstungen welche Frohburg umgaben und die Sage weiss sogar zu erzählen, dass der Ort, welcher damals nur aus einer Burg und wenigen Häusern bestand, zu jener Zeit seinen Namen erhalten habe. Es hatte nämlich Markgraf Otto von Meissen die Stadt Leipzig mit Jahrmärkten begnadigt, welche von weit und breit besucht wurden und so konnte es nicht fehlen, dass sich bald Wegelagerer fanden, die den reichbeladenen Wagen und Saumthieren der fremden Kaufleute auflauerten und ihre Beute hinter die Mauern und Gräben fester Burgen flüchteten. Die Handelsleute sahen sich genöthigt, nur unter starkem Geleite zu reisen, aber auch die Raubritter kamen mit zahlreicher Mannschaft, so dass oft blutige Kämpfe stattfanden. Wenn nun in der Nähe Frohburgs die Wälder lichter und die Zinnen der alten Veste Gnandstein sichtbar wurden, da dankten die Reisenden Gott für die Gnade, dass er sie sicher bis zu diesem Steine geführt und erreichten sie endlich Frohburg, dann war alle Gefahr vorüber und Jedermann fröhlich. Nach und nach siedelten um die Burg immer mehr Leute an, so dass der Ort sich rasch vergrösserte; wenn er indessen zur Stadt erhoben worden, darüber ist weder eine Urkunde noch eine Tradition vorhanden.

Frohburg, in frühester Zeit auch Vroburg geschrieben, wird urkundlich nicht vor dem Jahre 1200 erwähnt, wo Ritter Albert von Vroburg zu Altenburg als Zeuge erschien. Graf Wieprecht von Groitzsch, der Besitzer dieses Landstrichs, hatte vermuthlich einen seiner treuen Edelleute auf das befestigte Schloss Frohburg gesetzt, dessen Familie sich dasselbe als Lehn zu erhalten wusste. Zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts finden wir Marschälle von Frohburg, ein Beweis, dass die einfachen Vasallen sich zu einem mächtigen Adelsgeschlecht erhoben hatten, und zwei Urkunden von 1328 und 1335 nennen den Marschall Henrich von Froburg, dessen Gemahlin, gleich wie die des Marschalls Wicze von Frohburg, Schloss und Stadt zur einen Hälfte als Leibgedinge erhielt. Die Bestätigung der Urkunde erfolgte durch den Markgrafen Friedrich. – Ob, wie einige Historiker vermuthen, die Marschälle von Frohburg der Familie von Flugelsberg (Flössberg) angehört, und als eine Nebenlinie der Burggrafen von Altenburg zu betrachten sind, oder ob sie, nach der Ansicht Anderer, mit den thüringischen Marschällen gleicher Abkunft waren ist eine Frage, die noch kein Genealog zu entscheiden vermochte. Die Herren von Froburg blieben im Besitze ihres Schlosses nur bis zum Anfange des funfzehnten Jahrhunderts, denn 1410 gehörte es bereits Hansen von Brosen, von dem dasselbe an Heinrich von Bünau und später an einen Herrn von Draschwitz gelangte. Um das Jahr 1516 besass Frohburg ein Ritter von Minkwitz, 1530 aber Melchior von Creutzen, dessen metallenes Denkmal mit der Jahreszahl seines Ablebens, 1555, in der Stadtkirche nahe beim Altare noch jetzt vorhanden ist. Bernhard von Creutzen wird 1561 erwähnt, wo der Pfarrer [98] zu Frohburg M. Lucas Schaubius die sehr bedeutenden Pfarrgüter an ihn und Hildebrand von Einsiedel auf Wolftitz veralienirte. Christoph von Creutzen führte im Jahre 1612 dem Defensionswerke fünf Ritterpferde zu. Nach ihm kam Frohburg in Besitz seines Sohnes, Melchior von Creutzen, und alsdann des Obristwachtmeisters von Kötteritz, der 1661 mit Tode abging und ebenfalls in der Stadtkirche begraben liegt, woher auch wahrscheinlich die beiden hier aufbewahrten alten Fahnen herrühren mögen. Sein Nachfolger August Friedrich von Kötteritz starb 1668 und 1680 erkaufte der Kammerherr von Wittinghof das Gut von seinem Schwiegervater, einem Herrn ,von Kötteritz, doch gelangte dasselbe bald an den Freiherrn Georg Friedrich von Born, welcher es dem Kammerjunker Karl Alexander von Bose auf Breitingen gegen Grosshermsdorf vertauschte. Im Jahre 1726 kaufte Frohburg der königlich Grossbrittanische Geheimrath von Eltz, doch gehörte das Gut schon 1727 Philipp Adam von Hardenberg, von dessen Sohne, Georg Ludwig von Hardenberg, es im Jahre 1777 der Kammercommissionsrath und Kreisamtmann Johann Gottfried Blümner zu Leipzig erwarb. Nach dessen Tode erbte Frohburg sein im Jahre 1810 zum Geheimen Legationsrathe und Freiherrn erhobener Sohn Ernst, der 1815 starb und auf dem hiesigen Friedhofe seine Schlummerstätte fand. Dieser edle, durch vielseitige Kenntnisse sowie für alles Gute, Schöne und Wahre empfängliche Mann hat sich in Frohburg ein gesegnetes Andenken erhalten, indem er die reizendsten Parkanlagen schuf, im Schlosse eine Gemäldegallerie anlegte und in seinem Testamente verordnete, dass der bisherige Friedhof auf seine Kosten erweitert, mit einer Mauer umgeben, durch ein elegantes eisernes Gitterthor verwahrt und die Gänge mit italienischen Pappeln bepflanzt werden sollten. Mitten unter den Gräbern liegt ein einfacher Denkstein, der die Hülle des wackeren Mannes deckt. Der nächste Herr auf Frohburg Oberhofgerichtsrath Dr. Heinrich von Blümner war auch zugleich Besitzer von Grosszschocher und Windorf; er starb am 17. Februar 1839 und hinterliess einen berühmten Ruf als dramatischer und kritischer Schriftsteller. Die Kirche zu Frohburg empfing von ihm ein Legat von tausend Thalern. Nach des Oberhofgerichtsrathes von Blümner Tode wurde alleinige Besitzerin von Frohburg dessen Schwester Frau Caroline von Blümner, vermählt mit dem Kaufmann Herrn Ferdinand Gruner in Leipzig, dessen Tochter die Gemahlin Sr. Excellenz des königlich Sächsischen Cultusministers Herrn von Falkenstein auf Frohburg, Grosszschocher und Windorf ist.

Das grosse, schöne Schloss Frohburg ist zwei, drei und zum Theil sogar vier Geschoss hoch, mit Schiefer gedeckt, steht auf einem Hügel und umschliesst ein eigenes Höfchen. Im Laufe der Zeit mag dasselbe wohl manche Veränderung erfahren haben, und die eingemauerte Jahreszahl 1544 bezieht sich wahrscheinlich auf eine bedeutende Renovation, bei der man vielleicht auch den Schlossthurm abtrug. Der Unterbau rührt jedenfalls noch aus der Zeit her, wo Wieprecht von Groitzsch oft auf der Frohburg residirte. Neben dem Schlosse befinden sich die Wirthschaftsgebäude, die an Länge auf Sächsischen Rittergütern wohl kaum ihres Gleichen haben, denn der Hauptflügel misst gegen dreihundert Ellen und enthält eine Pachterwohnung, welche man ebenfalls ein Schloss nennen könnte. Freilich gehört Frohburg auch zu den stärksten Rittergütern des Landes. Bei dem zu Frohburg gehörigen Rittergute Eschefeld liegt der eine Viertelstunde lange und sechshundert Schritte breite Eschefelder Teich, der treffliche Fische, namentlich Karpfen, enthält, alle zwei Jahre mit 200 Schocken derselben besetzt wird und in der Regel 220 Centner Ertrag liefert. Zum Rittergute gehören ausserdem noch der Ziegel-, Strassen-, Schloss-, Schruten-, Himmelreichs- und hinter dem Vorwerke Röthgen der Röthgen-Teich, ebenso eine Ziegelei, Kalkbrennerei, Brauerei, ein Torflager, bedeutende Waldung, namentlich ein grosser Theil des sogenannten Streitwaldes, und eine Mühle, die Bleimühle genannt, mit drei Gängen, Feld und Fischerei, welche wahrscheinlich früher Eigenthum des deutschen Ordens war und Balleymühle hiess. Südwestlich von der Stadt befindet sich ein interessanter Steinbruch, der einen eigenthümlichen Anblick gewährt, indem man den Boden unterminirt und durch natürliche Pfeiler stützt, welche eine Art von Portikus bilden. Dieser Steinbruch, der jährlich bedeutende Summen einträgt, gehörte früher zu Frohburg, wurde im funfzehnten Jahrhundert wegen einer unbedeutenden Schuld an den Rath zu Borna verpfändet, und nach einem noch vorhandenen Lehnscheine von 1624 verlieh Melchior von Creutzen dieselben „den Ehrengeachteten Bürgermeistern und Rathmannen, auch der ganzen Gemeinde der Stadt Borna“ in aller Förmlichkeit. Die zum Rittergute Frohburg gehörige Oekonomie ist immer für 7000 bis 8000 Thaler verpachtet gewesen. Die Acker enthalten ungefähr 800 Dresdner Scheffel Aussaat; an Wiesewachs gehören dem Gute über 200 Acker, und an Waldung über 500 Acker. Kleineschefeld und Röthgen hatten früher ein eigenes Rittergut, das in neuerer Zeit mit Frohburg vereinigt wurde. Frohburg ist seit dem 1. Juni 1681 altschriftsässig. Zwei Mühlen, die Bornaische und die Wiesenmühle sind städtisch.

Frohburg ist von mannigfachen Schicksalen heimgesucht worden. In dem Kriege zwischen Markgraf Friedrich mit der gebissenen Wange und dem Kaiser Adolf von Nassau wurde die Stadt häufig von den kaiserlichen Kriegsleuten geplagt und das Schloss zweimal erobert. Zur Zeit des Bauernaufstandes (1523–1525) fanden sich hier viele tolle Köpfe, die es mit dem Thomas Münzer und seinem Anhange hielten, weshalb aber nach der Schlacht bei Frankenhausen ein strenges Strafgericht über sie gehalten wurde. Am 17. Juni 1600 brannten 76 der besten Häuser ab. Furchtbar wüthete auch in Frohburg die Geissel des dreissigjährigen Krieges, indem nach der verlorenen Schlacht bei Lützen die Völker Wallensteins auf ihrem Rückzuge die Stadt anzündeten und das Schloss beschädigten, welches Schicksal 1641 durch die Schweden unter General Banner sich wiederholte und 1633 starben hier 1151 Menschen an der Pest. Im Jahre 1634 hatte Churfürst Johann Georg I. auf dem Frohburger Schlosse sein Hauptquartier, wie auch am 3. Mai 1813 der Kaiser Alexander von Russland und am 16. October 1813 der König von Neapel. Eine furchtbare Feuersbrunst zerstörte 1719 fast die ganze Stadt, so dass nur das Schloss und wenige Häuser von den Flammen verschont blieben.

Die Kirche zu Frohburg, über deren Gründung man keine Nachrichten hat, ist in grossartigem, gothischem Style erbaut und hat eine Kapelle für die Gutsherrschaft und eine zweite für das Gerichtspersonal, eine lichte, jedoch etwas feuchte Sakristei und in der Nähe des Altars die Portraits Luthers und Johann Huss, von denen ersteres ein Werk des taubstummen Sohnes des vormaligen hiesigen Ober-Pfarrers Bauer ist, und von dem Künstler der Kirche geschenkt wurde. Vor dem Altare schlummern verschiedene Herren und Edelfrauen des Schlosses, aber Jahrhunderte haben die Inschriften auf den Leichensteinen [99] verwischt, dass man ihre Namen nicht mehr lesen kann. Bei der Vernichtung der Stadt durch die Wallensteiner wurde auch die Kirche ein Raub der Flammen und der eingestürzte Thurm erst im Jahre 1669 wieder aufgebaut. Die bei dem Brande zerschmolzenen Glocken ersetzte man 1644 durch neue und auf der dritten, der kleinen, befindet sich eine Inschrift, welche sagt, dass Gotthold Friedrich Kühn, Zeugfabrikant zu Frohburg, gestorben am 24. Januar 1824 im 74. Jahre, zum Guss dieser Glocke testamentarisch 400 Thaler bestimmt habe. Das Fehlende wurde durch die Commun aufgebracht. Als man diese Glocke am 14. Juli 1826 früh 11 Uhr auf den Thurm zog fiel aus dem zu diesem Zwecke erweiterten Schallloche ein fast sechs Pfund schwerer Stein herab und dem vorübergehenden Privatgelehrten Magister Zimmermann mit solcher Gewalt auf den Kopf dass er besinnungslos niederstürzte. Glücklicherweise wurde der Fall des Steines durch den Hut gemildert, so dass der Verletzte mit dem Schreck und einer längeren ärztlichen Behandlung wegkam. – Das Vermögen der Kirche beträgt gegen 4000 Thaler. Den Gottesdienst verrichten ein Oberpfarrer und ein Diakonus, von denen einer in der Schlosskapelle zu Wolftitz die geistlichen Aemter zu verrichten hat, doch nur dann, wenn der Besitzer dieses Rittergutes daselbst anwesend ist und den Prediger verlangt. Die Vergleiche über diese Verpflichtung sind aus den Jahren 1561, 1717 und 1737. – Die Collatur über Kirche und Schulen steht dem Besitzer des Rittergutes Frohburg zu.

Frohburg hat herrliche Umgebungen und eine reizende Lage. Einer der angenehmsten und besuchtesten nahen Orte ist das zur Herrschaft Frohburg gehörige Jägerhaus, im Streitwalde bei Wolftitz gelegen, welches ein Lieblingsort aller gebildeten Leute in weitem Umkreise ist. In der Nähe dieser Restauration finden sich noch geringe Spuren eines alten Walles, von dem die Sage behauptet, er sei ein Ueberbleibsel einer Burg, die einst dem Ritter Kunz von Kaufungen gehörte. Dass dieser in dem Streitwalde ein Schloss besass ist möglich, auf dieser Stätte kann es aber kaum gestanden haben, denn die ganze Form des Walles verräth, dass er viel älter und somit ohne Zweifel ein Werk der heidnischen Ureinwohner ist. Besonders reizend ist das Thal, welches sich von Wolftitz nach Kohren hinzieht und in mancher Hinsicht an den Plauenschen Grund bei Dresden erinnert.

O. M.     




Lössnig.


Lössnig, in Urkunden auch Lösnigk geschrieben, liegt eine Stunde südlich von Leipzig an der Pleisse und besteht aus einem am 14. December 1702 zur Schriftsässigkeit erhobenen Rittergute, einer Kirche, Schule, herrschaftlicher Mühle und dreissig Häusern mit ziemlich dreihundert Einwohnern, welche, da sie keinen Grundbesitz an Feldern haben, zum Theil Handwerker zum Theil Tagelöhner sind und grossentheils in dem nahen Leipzig lohnende Beschäftigung finden. Die hiesige Schule wird von etwa sechszig Kindern besucht.

Das Rittergut Lössnig gehörte noch im vierzehnten Jahrhundert einer adeligen Familie von Lössnig, doch schon im funfzehnten Jahrhundert finden wir dasselbe im Besitze des alten reichen Geschlechts der Herren von Pflugk, die in Leipzigs Nähe bedeutende Güter innehatten. Heinrich von Pflugk, ein Sohn oder Enkel Damians von Pflugk auf Grosszschocher und Zöbigker, ist der älteste bekannte Besitzer Lössnigs aus der Pflugkschen Familie und von ihm oder wohl richtiger von seinem Sohne Heinrich kam das Gut um 1460 an den Junker Wolf von Blasebalgk der mit Regina von Wiedemann vermählt war. Dessen Sohn, Balthasar von Blasebalgk, verheirathete sich mit Christinen von Goldhahn und starb um 1526, worauf das Gut an seinen Sohn Wolf von Blasebalgk gelangte, der es noch 1582 mit seinem Vetter Balthasar von Blasebalgk gemeinschaftlich besass, wenigstens nennt eine Inschrift an dem von ihnen der Kirche geschenkten Taufsteine Beider Namen. Hans von Blasebalgk, Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Lössnig und Wachau, starb 1615 und Paul Christoph von Blasebalgk, vermählt mit Gertrud Müller, 1658. Dessen Sohn, Johann Heinrich von Blasebalgk, war geboren zu Lössnig am 22. April 1626 und übernahm nach dem Tode seiner Mutter, der 1669 erfolgte, [100] das Gut Lössnig. Im Jahre 1681 wurde er von einer Krankheit befallen, die ihn bis zu seinem, am 8. December 1704 stattgefundenen, Ableben nicht verliess, so dass man ihn überall hin tragen und fahren musste. Dieser Johann Heinrich von Blasebalgk war der letzte seines Stammes und fand in der Kirche zu Lössnig seine letzte Ruhestätte. Im Jahre 1705 erwarb Lössnig der königlich Polnische und churfürstlich Sächsische Commerzienrath und Oberpostmeister zu Leipzig Johann Jacob Keese auf Zöbigker, welcher jedoch bereits am 20. September 1705 in einem Alter von sechszig Jahren starb und die Güter seinem Sohne Johann Jacob Keesen, Oberpostmeister, Hof- und Justizrath sowie Rathsbaumeister und Senator zu Leipzig, hinterliess, der 1726 im neunundvierzigsten Jahre mit Tode abging. Dieser Herr wird von den Chronisten als ein durch Studien und Reisen mit ausserordentlicher Bildung ausgerüsteter Mann geschildert, der namentlich grosses Vergnügen an Herstellung schöner und geschmackvoller Bauwerke gefunden habe. Er hinterliess als Erbin des Rittergutes Lössnig eine Wittwe, Johanne Christiane geborene Rappolt, nach deren Tode dasselbe an ihren Sohn, den Kammerrath Jacob Friedrich Keese, auf Zöbigker kam. Der Oberhofgerichtsrath Jacob Friedrich Kees, sein Nachfolger, starb 1821 zu Leipzig und dessen Erbe Carl Jacob Kees, Senator im Rathsstuhle zu Leipzig, ging 1831 mit Tode ab, worauf Zöbigker und Lössnig an Dr. Carl Jacob Kees gelangten, der bei dem Tode seines Vaters noch minorenn war. Seit dem Jahre 1850 gehört Lössnig Herrn Amtmann F. A. Graichen.

Der Besitzer des Rittergutes Lössnig hat das Collaturrecht über die hiesige Schule und stellt auch dem Pfarrer zu Markkleeberg eine besondere Vokation zum Pfarramte Lössnig aus. In früherer Zeit hatte nämlich Lössnig einen eigenen Pfarrherrn – der erste 1554 gestorbene war Stephan Göritz und der letzte, 1636 abgegangene, Johann Apfelbach – da aber die Einkünfte desselben höchst unbedeutend gewesen sein mögen, vereinigte man das Pfarramt mit dem zu Güldengosse und später mit dem zu Markkleeberg, so dass Lössnig des letztern Filial bildet.

Interessant ist die zwar kleine aber uralte Kirche. Sie liegt mitten im Dorfe, ist von dem Friedhofe umgeben und hat an der Abendseite einen Thurm, der von dem Kirchdache aus in einem Achteck mit Schiefer gedeckt bis zur Spitze ausläuft, welche einen Knopf trägt. Das Kirchdach ist ein steiles Satteldach, mit Dachziegeln verwahrt, auf dessen östlicher Spitze sich eine weibliche Figur von schwarzem Blech erhebt, den Blasebalg emporhaltend. Diese Erinnerung an die Familie von Blasebalgk ist ein Werk Junker Hansens von Blasebalgk. Der Thurm hat ausser einer Uhr drei Glocken, von denen die grosse 1442, die zweite 1526 und die dritte 1653 gegossen sind. Das Innere des Gotteshauses ist ziemlich gefällig und hell und verdankt seine freundliche Gestalt hauptsächlich der Frömmigkeit und Milde der 1826 verstorbenen Frau Christiane Therese Kees, geborene Schlipalius, die zweihundert Thaler zur Reparatur der Kirche testamentarisch verordnete. In dem Fussboden, der mit Mauersteinen belegt ist, sind noch drei Leichensteine vorhanden, welche die Asche längst verstorbener Mitglieder der Familie von Blasebalgk decken, deren Wappen sich noch deutlich wahrnehmen lässt, während die Inschriften im Laufe der Jahrhunderte bedeutend gelitten haben, so dass sie kaum noch mit Bestimmtheit zu entziffern sind. Auf einem dieser Steine ist noch zu lesen: „Ehrsame Frawen Carolina Hans Blasebalg“, auf dem andern lassen sich kaum noch einzelne Buchstaben erkennen und der dritte enthält ausser einigen lateinischen Versen die Worte: „Anno Christi CIϽIϽXCVII den VII. August vmb II Uhr Nachmittags“. Auf dem über der Kanzel angebrachten Baldachin liest man: „Zum Gedechtniss had der edle gestrenge vnd ehrenveste Hans Blasebalg of Lösnigk dieses verehret anno 1611“. – Vorzüglich bemerkenswerth ist in dem Fenster des herrschaftlichen Kirchenstuhles ein treffliches, altes Glasgemälde mit dem Blasebalgischen Wappen, der aufwachsenden Figur im rothen Felde mit goldener Krone auf dem Haupte und langem weissem Mantel, den Blasebalg in der rechten Hand haltend, und der Unterschrift: „Balthasar Blasebalgk“. An der Eingangsthür zum herrschaftlichen Stuhle stehen die Worte: „A Johann Heinrich von Blasebalgk haec janua templi jure patronatus aedificata fuit die XVI. Juli Anno MDCLXIX. Ein altes schönes ausdrucksvolles Gemälde, die Geisselung Christi darstellend, schenkte hiesiger Kirche 1667 der Maler Christian Simon in Leipzig, und den mit vier Wappen geschmückten Taufstein haben die Vettern Wolf und Balthasar von Blasebalgk 1582 der Kirche verehrt. Am hölzernen Aufsatze des Taufsteins liest man: „Anno 1612 hat der edle vnd ehrenveste Hans Blasebalgk dieses renoviren lassen. – Die Legate der Kirche bestehen in 1000 Thalern, welche Gertrud von Blasebalg am 26. August 1699 zum Besten des Pfarrers und Schullehrers legirte und in 500 Thalern, von Jungfrau Rahel Caroline Friederike Kees zu Leipzig vom 31. Juni 1803, zur Verbesserung des Lehrergehaltes.

Schwere Tage trafen Lössnig im Jahre 1813, wo die Leipziger Völkerschlacht namentlich auf diesem Punkte am entsetzlichsten wüthete. Dabei wurde von den Oestreichern ausser einigen Häusern des Dorfes auch das Rittergut sammt einem Theile der Wirthschaftsgebäude niedergebrannt (13. October 1813). Dieses Herrenhaus war im Jahre 1738 von der Wittwe des Hofraths Keese, Johanne Christiane geborene Rappolt, ziemlich auf derselben Stelle neu aufgebaut worden, wo früher das kleine feste wahrscheinlich von den Pflugken oder den ersten Besitzern Lössnigs aus der Familie Blasebalgk errichtete Schlösschen gestanden hatte. Lange Zeit lag das eingeäscherte Herrenhaus in Ruinen, bis es endlich in seiner jetzigen Gestalt aus dem Schutte aufstieg. Nach der Schlacht bei Leipzig erhielt Lössnig von dem Unterstützungsvereine achthundert und vierzig Thaler.

O. M.     



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Trebsen.


Trebsen, in Urkunden Tribizin, Trybesin, Trebezin, Trebissen und Trebisen genannt, ist seit der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts ein Vasallenstädtchen im Erbamte Grimma, während es vorher nur ein Flecken war. Der Ort liegt anderthalb Stunden von Grimma und zwei Stunden von Wurzen gegen 430 Fuss über der Nordsee in hügeliger Gegend, welche durch die nahen Waldungen, den Colmberg und dichtes Buschwerk viel Abwechselung erhält und namentlich durch die breite, fruchtbare Aue des Muldenstroms, der am südöstlichen Ende des Städtchens den von Selingstädt herankommenden Kranichbach und dem Schlosse Trebsen gegenüber den starken Mutzschener Bach aufnimmt, vorzügliche Annehmlichkeiten gewinnt. Von den Höhen herab bietet diese Aue vortreffliche Aussichten, welche durch das hübsche Städtchen Nerchau, das Dorf Neichen, Schloss und Dorf Nitzschka und andere Ortschaften ungemein gehoben und vervielfältigt werden. Nach Westen hin ragt aus dichter Waldung der kegelförmige mit Laubholz bewachsene Trebsener oder Altenhainer Colmberg hervor, in welchem sich ein trefflicher Steinbruch befindet, der einen kalkhaltigen, splitterigen Mauerstein liefert. Ueber die Mulde führt hier eine zum Rittergute Trebsen gehörige Fähre.

Das Städtchen Trebsen ist ziemlich unregelmässig an den Abhängen zweier Hügel erbaut, von welchen der Schlossberg eine Art Vorgebirge bildet. Es enthält über einhundert fünfzig Häuser mit etwa tausend Einwohnern, unter denen die meisten Handwerker, namentlich Leinweber sind, und etwa der achte Theil sich mit Landwirthschaft beschäftigt. Das schöne im Quadrat erbaute alterthümliche Schloss umschliesst einen grossen Hof und gewährt, obgleich es kein Thurm ziert, einen trefflichen Prospekt.

Bereits im Jahre 991 wird der Burg und des Ortes Trebsen erwähnt, indem es zu jener Zeit der Sitz des Gaugrafen Bucelin war, der von dem Erzbischof Gieseler von Magdeburg das Städtlein Nerichowa (Nerchau) für Pausitz (Busci) eintauschte. Letzterer handelte hier nach aller Wahrscheinlichkeit als Lehnsherr des Grafen Esiko. Am 6. October 995 überliess König Otto Nerci (ebenfalls Nerchau) als ein seinem Vasallen Esiko gehöriges Gut dem Stifte Meissen, sowie am 13. Juni 997 das Burgward Nirechouua, in der Grafschaft des Markgrafen Eginhard von Meissen gelegen, dem Erzstift Magdeburg. Es ist unmöglich, diese urkundlichen Dunkelheiten zu enthüllen. Im zwölften Jahrhundert gehörte Trebsen den Rittern von Trebissen, wahrscheinlich Nachkommen des Gaugrafen Bucelin, die sich nach der Sitte jener Zeit den Namen ihrer Burg beilegten. So befand sich im Jahre 1189 unter den Meissnischen Vasallen, welche auf dem Colmberge bei Oschatz ein Rittergedinge abhielten, auch Ritter Bernhard von Trebissen, und im Laufe der folgenden Jahrhunderte erhielt sich das alte stolze Geschlecht stets im Besitze ihres Stammgutes, bis dieses um 1505 an den Ritter Hans Friedrich von Saalhausen kam, der auch die Schlösser und Rittergüter zu Lauenstein, Schieritz und Püchen[VL 1] besass. Aber nicht lange finden wir die Ritter von Saalhausen als Herren auf Trebsen, denn 1519 herrschte hier Ritter Hans von Minkwitz, der noch 1546 bei Gelegenheit eines Kirchenstreites erwähnt wird. Von dessen Familie ging Trebsen an den Grafen Wolf von Barby über, der noch 1584 auf hiesigem Schlosse wohnte, und 1612 gehörte es einem Herrn von der Schulenberg, welcher in diesem Jahre drei Ritterpferde zum Defensionswerke stellen musste. Später besassen Trebsen mit Nerchau die Herren von Dieskau, von denen der königlich Grossbrittanische und churfürstlich Hannöversche Geheimrath Johann Adolf von Dieskau 1742 mit Tode abging, wodurch, da er ohne männliche Nachkommen starb, dessen Wittwe in das Erbe trat, jedoch an den Kammerherrn und Kreissteuereinnehmer Carl Heinrich von Dieskau auf Knauthain den vierten Theil eines gewissen Lehnsquantums abtreten musste. Nachher wurde Trebsen mit Nerchau Eigenthum des Doctor [102] Vincent Baumann zu Leipzig, nach dessen Tode es in Besitz von dessen Sohne, des Dr. Joachim Moritz Wilhelm Baumann gelangte, von dem es in neuerer Zeit sein Sohn Herr Advokat Adolf Baumann erbte.

Trebsen hält jährlich zwei Märkte und scheint in früher Zeit bedeutend grösser gewesen zu sein als jetzt, wahrscheinlich hat der dreissigjährige Krieg, dessen Geissel in hiesiger Gegend sehr hart empfunden wurde, oder vielleicht auch der Hussitenkrieg nachtheiligen Einfluss auf den vormals wohlhabenden Ort geäussert. Im Jahre 1642 herrschte hier eine furchtbare Pest, so dass selbst der Diakonus, von Todesfurcht erfüllt, aus der heimgesuchten Stadt entfloh. Das Diakonat war 1529 gegründet worden, aber nach dem Wegzuge des eben erwähnten Diakonus, Johann Harras, der sich in Altenhain niederliess, wurde es nicht wieder besetzt, doch wird seit dieser Zeit bei Erledigung des Pastorats der jedesmalige neue Prediger in Trebsen als Pastor und Diakonus zugleich vocirt, so dass das Collaturrecht zum Diakonat dadurch nicht aufgehört hat. – Die Kirche steht dem Schlosse gegenüber auf einem Berge, hat ein sehr gefälliges Aeussere, und im Jahre 1806 eine innerliche und äusserliche Renovation erfahren. Eingepfarrt in dieselbe sind das Wurzner Amtsdorf Bach mit zwanzig Häusern und einhundert sechszehn Bewohnern, Rittersdorf[VL 2] mit zehn Häusern und fünfzig Einwohnern, Pauschwitz mit fünfundzwanzig Häusern und hundertfünfundzwanzig Bewohnern, Walzig mit zwölf Häusern und siebenzig Einwohnern und Wednig mit achtzehn Behausungen und hundertzwanzig Einwohnern. Filial von Trebsen ist das drei Viertelstunden westlich entlegene Dorf Selingstädt.

Nächst Lauenstein ist Trebsen das einzige Rittergut im Lande, welches die Herrschaft über mehrere Städte ausübt, da es, wie schon erwähnt, ausser Trebsen auch Nerchau besitzt. Dieses Städtchen liegt auf dem rechten Ufer der Mulde, eine Stunde nordöstlich von Grimma, und ist von hohem Alter, indem es schon im zehnten Jahrhundert dem Bisthum Meissen überlassen wurde. Der Ort zählt fast achthundert Einwohner in hundertfünfundzwanzig Häusern, darunter acht Pferdnergüter und achtundzwanzig Gärtnergüter. Der Flächenraum beträgt nach der neuesten Vermessung 955 Acker 6 □ Ruthen mit 21600,39 Steuereinheiten. Seit 1833 befindet sich in Nerchau auch eine Apotheke. – Hier wurde noch vor einem halben Jahrhundert das berühmte und sehr leicht berauschende Bier, Pumpernickel genannt, gebraut. – Die Kirche bietet nichts Bemerkenswerthes, als ein hübsches Geläute, aus sehr alten Glocken bestehend und eine neue 1833 von Beyer in Grosszschocher erbaute Orgel; auch besitzt sie einige Legate.

Dem Pfarrer zu Nerchau stand bis in die neueste Zeit die Gerichtsbarkeit über das eingepfarrte Dorf Gornewitz zu, dessen Hausbesitzer, Männer und Weiber, alljährlich einen Tag Erntefrohne thun mussten. Eine alte Matrikel erzählt, dass der Pfarrer den Diakonus zu vociren und dessen Wahl den Rittergutsbesitzern auf Trebsen und Cannewitz anzuzeigen habe; dieses Recht aber ist von den Pfarrern abgekommen und steht schon längst den genannten Rittergutsbesitzern zu. Collator des Pfarramts zu Nerchau ist der Besitzer Trebsens, über das Diaconat aber haben die Collatur wechselsweise die Herren auf Trebsen und Cannewitz. Eingepfarrt nach Nerchau sind Gornewitz mit vier Gütern (dabei eine Mühle) und dreizehn Häusern, hundert Einwohnern, 232 Ackern und 3702 Steuereinheiten, Werschütz mit hundertachtzig Einwohnern, zehn Gütern, fünfzehn Häusern, 289 Aeckern 140 □ Ruthen und 3711 Steuereinheiten, Crottewitz mit sieben Gütern, drei Häusern, neunzig Einwohnern 348 Aeckern und 77 □ Ruthen und 8080 Steuereinheiten und Schmorditz mit zehn Gütern, acht Häusern, hundert Menschen, 283 Aeckern 100 □ Ruthen und 6521 Steuereinheiten.

O. M.     



[103]
Plaussig.


Dieses Dorf liegt im sogenannten Parthenthale, ziemlich zwei Stunden nordöstlich von Leipzig und drei Viertelstunden von dem Städtchen Taucha an dem Partheflusse, welcher hier den Gottscheiner Bach aufnimmt. Es befinden sich in Plaussig ausser dem Rittergute und den geistlichen Gebäuden siebenundzwanzig Bauergüter und vierzehn Häuslerwohnungen, mit einer Bevölkerung von mehr als vierhundert Personen, die zum Theil in dem nahen Leipzig beschäftigt sind.

Das Rittergut zu Plaussig, mit einem reizenden Schlösschen, wurde durch Rescript vom 31. December 1610 an den Schösser zu Delitzsch (bis zum Jahre 1815 gehörte Plaussig zum Amte Delitzsch) für altschriftsässig erklärt und ging mit zwei Ritterpferden zur Lehn. In früherer Zeit stand hier ein festes steinernes Haus, insgemein die Burg genannt, und dieses war der Stammsitz des alten einstmals sehr mächtigen Geschlechts der Herren von Plusk, das im Jahre 1748 in der Person des Oberstlieutenants von Plaussigk auf Gösen bei Eisenberg ausstarb. Nikolas von Plusk lebte zur Zeit des bekannten Sächsischen Prinzenraubes und wurde während des zwischen Churfürst Friedrich und Herzog Wilhelm abgeschlossenen Waffenstillstandes von dem Ritter Kunz von Kaufungen gefangen. Dieser Gewaltstreich Kaufungens, der freilich zu jener Zeit mit dem Herzog in offener Fehde lebte, bildete bei des unglücklichen Ritters Prozesse einen Klagepunkt, indem der Churfürst in der Beschwerdeschrift sagte: „Vnd ap her och vnser man nicht en were, dennoch wer her pflichtig den obgenanten gefangen vns los zu lasen, so also her an in vnserm kriege den wir mit vnsern liben Bruder hotten ess vnserm lande vnd wider dorum gefangen hat.“ Kunz von Kaufungen antwortete darauf: „Wywol mit not ist ein wyderwertige schuldigunge zcu vor antworten, wan sie sich selbs durch eigen wyderwertigkeyt Bekrenket und vor nichtiget“, so wolle er doch um seiner Ehre und seines Glimpfes willen eine Erklärung abgeben. Vor Allem sei er längst seines jungen Herrn, des Herzogs Wilhelm und dessen Lands und Leuten offen abgesagter Feind gewesen, wovon der dem Herzog zugesandte Fehdebrief Zeugniss gebe, auch sei es allgemein bekannt, dass er diese offen befehdet habe und dass seine Fehde in des Churfürsten Friedensschluss mit Herzog Wilhelm weder abgeteydinget noch deren Beilegung von ihm verwilligt worden sei, somit liege er noch jetzt mit dem Herzog in Fehde und habe auch seine Leute, die in dieser Fehde Gefangene geworden, selbst abgelöst und zwar ganz „vnvermenget vnd vnuermischet“ mit der Fehde seines alten Herrn (des Churfürsten), weshalb ihn der Friede zwischen den fürstlichen Brüdern keinesweges binde und er durchaus keine Veranlassung habe, Nickel von Plaussig loszugeben. Dieser scheint ziemlich lange in Haft geblieben und erst nach Bezahlung eines Schatzgeldes durch seine Bürgen befreit worden zu sein.

Die Familie von Plaussig blieb im Besitze ihres Stammgutes bis um das Jahr 1480. wo Herzog Albrecht von Sachsen Annen von Plaussig, Sigismunds von Plaussig eheliche Hausfrau, mit einigen Zinsen hierselbst zu rechtem Leibgedinge belieh. Höchst wahrscheinlich war die 1516 erwähnte Aebtissin des Nonnenklosters zu Weissenfels, Euphemie von Plaussig, deren Tochter, welche als ein Opfer elterlicher Frömmigkeit den Schleier nehmen musste. Das Rittergut Plaussig war bereits um das Jahr 1490 an Friedrich von Thümmel gekommen, dessen Sohn es an einen Junker von Hünerkopp verkaufte. Die Herren von Hünerkopp besassen das Gut nicht lange, denn schon 1616 erwarb es von ihnen der Leipziger Rathsherr Meyer, aus dessen Besitz selbiges 1648 au die Familie Grempler und 1656 an die Familie Sieber gelangte. Der Rathsbaumeister und Senator zu Leipzig, Johann Georg Sieber, liess im [104] Jahre 1728 Kirche, Pfarre und Schule zu Plaussig von Grund auf neu erbauen. Der letzte Abkömmling des Sieberschen Geschlechts, die Gemahlin des Oberhofgerichtsassessors, Friedrich Julius von Bülow, starb am 24. Mai 1805, und gesegnet bleibt ihr Andenken durch bedeutende Vermächtnisse, welche die Kirche und Schule, sowie die Ortsarmen, von der edlen Frau empfingen. Ihr Sohn und Erbe, Victor Julius von Bülow, überliess das Rittergut Plaussig dem Oberstlieutenant Wilhelm Alexander von Weissen, und als dieser mit Tode abgegangen war, besass es eine Zeit lang ein Herr von Dankelmann, bis in neuester Zeit dasselbe durch Rechtsspruch Eigenthum der Frau Doctor Hacker, einer adoptirten Tochter des Oberstlieutenants von Weissen geworden ist.

Das reizend gelegene Dorf Plaussig, obgleich es ausser dem eigentlichen Bereiche der Völkerschlacht bei Leipzig lag, hat doch damals ausserordentliche Drangsale aushalten müssen. Am 18. October 1813 marschirte die schwedische Armee unter Anführung des Kronprinzen Bernadotte, gleichwie auch das alliirte Preussische und Englische Heer, bei Plaussig auf mehreren Brücken über die Parthe, und zwar die Reiterei zwischen der Kirche und Pfarre, die Infanterie durch den Pfarrhof und Garten, um sich in der Nähe von Taucha, bei dem Vorwerke zum heitern Blick, mit den Russen und Oestreichern zu vereinigen, nachdem der nahe an Plaussig und Portitz stehende linke Flügel des Französischen Heeres, der aus Sächsischen, Badenschen und Würtembergischen Truppen bestand, sich ergeben und mit den Alliirten verbunden hatte. Plaussig wurde darauf von Französischen Truppen geplündert und ausserdem viel Unheil verübt. Das von einem Franzosen geraubte Kirchensiegel wurde nach Jahren beim Pflügen von einem kleinen Knaben aufgefunden.

Es ist schon erwähnt worden, dass der Senator und Baumeister Sieber († 1742) sich vielfache Verdienste um Plaussig erworben habe, wozu auch die Erbauung des jetzt noch stehenden Gotteshauses gehört. Diese schöne, freundliche Kirche wurde in den Jahren 1771 und 1772 erweitert und im Innern mannichfach verändert, erhielt eine neue von Maurer in Leipzig erbaute Orgel und 1791 von dem damaligen Rittergutsbesitzer und Kirchenpatron Georg Sieber einen neuen Taufstein. Auf dem zierlich gebauten Thurme befinden sich drei Glocken, von denen die grösste im Jahre 1439 gegossen worden ist. Das Pfarrarchiv verwahrt die Kirchenbibliothek mit zwei alten interessanten Druckwerken von 1484 und 1507. – Ausser einem ansehnlichen Vermögen besitzt die Kirche zu Plaussig auch verschiedene beträchtliche Legate, welche theils für den Pastor, theils für den Schullehrer, theils zu einer dauerhaften Zierde für die Kirche und zu freiem Schulunterrichte armer Kinder bestimmt sind. Filial von Plaussig ist das eine halbe Stunde entlegene Dorf Seegeritz. Früher war dieses Dorf ebenfalls ein Pfarrort, da aber der Pastor, wie auch der Schullehrer, ein sehr kärgliches Einkommen hatten und ihre Wohnungen einzustürzen drohten, so trug im Jahre 1590 die Gemeinde Seegeritz darauf an, ihr Dorf mit Plaussig zu vereinigen, welche Bitte das Consistorium auch genehmigte. Seit dieser Zeit ist der Rittergutsbesitzer zu Plaussig der einzige Collator der Pfarr- und Schulstelle zu Plaussig und Seegeritz. Dreissig Acker Feld, welche zu der Pfarre in Seegeritz gehörten, wurden, weil Plaussig und Seegeritz damals einem Besitzer zustanden, zu dem Rittergute Seegeritz geschlagen, wofür der Pfarrer in Plaussig eine Entschädigung durch Rittergutsfelder daselbst erhielt. Eine Urkunde von 1393 nennt Nikol von Hogenest den Pfarrherrn zu Plusk. Der letzte katholische Geistliche zu Plaussig hiess Ambrosius Lederer, und der erste protestantische Pfarrer war Paul Hempel. Einer der hiesigen Pastoren, M. Heinsius, welcher im Jahre 1723 removirt wurde, gründete 1725 zu Leipzig eine Buchhandlung, welche fast ein Jahrhundert bestand. Der erst vor wenigen Jahren verstorbene achtzigjährige Pfarrer, Christian Traugott Hermann Hahn, war ein Enkel des, am 21. Mai 1726 auf Anstiften der Katholiken durch den Trabanten Franz Laubler ermordeten, Predigers an der Kreuzkirche zu Dresden, M. Joachim Hermann Hahns.

Otto Moser.     




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Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Püchau
  2. handschriftliche Korrektur: Rothersdorf
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