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Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/160

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Vincent Baumann zu Leipzig, nach dessen Tode es in Besitz von dessen Sohne, des Dr. Joachim Moritz Wilhelm Baumann gelangte, von dem es in neuerer Zeit sein Sohn Herr Advokat Adolf Baumann erbte.

Trebsen hält jährlich zwei Märkte und scheint in früher Zeit bedeutend grösser gewesen zu sein als jetzt, wahrscheinlich hat der dreissigjährige Krieg, dessen Geissel in hiesiger Gegend sehr hart empfunden wurde, oder vielleicht auch der Hussitenkrieg nachtheiligen Einfluss auf den vormals wohlhabenden Ort geäussert. Im Jahre 1642 herrschte hier eine furchtbare Pest, so dass selbst der Diakonus, von Todesfurcht erfüllt, aus der heimgesuchten Stadt entfloh. Das Diakonat war 1529 gegründet worden, aber nach dem Wegzuge des eben erwähnten Diakonus, Johann Harras, der sich in Altenhain niederliess, wurde es nicht wieder besetzt, doch wird seit dieser Zeit bei Erledigung des Pastorats der jedesmalige neue Prediger in Trebsen als Pastor und Diakonus zugleich vocirt, so dass das Collaturrecht zum Diakonat dadurch nicht aufgehört hat. – Die Kirche steht dem Schlosse gegenüber auf einem Berge, hat ein sehr gefälliges Aeussere, und im Jahre 1806 eine innerliche und äusserliche Renovation erfahren. Eingepfarrt in dieselbe sind das Wurzner Amtsdorf Bach mit zwanzig Häusern und einhundert sechszehn Bewohnern, Rittersdorf[VL 1] mit zehn Häusern und fünfzig Einwohnern, Pauschwitz mit fünfundzwanzig Häusern und hundertfünfundzwanzig Bewohnern, Walzig mit zwölf Häusern und siebenzig Einwohnern und Wednig mit achtzehn Behausungen und hundertzwanzig Einwohnern. Filial von Trebsen ist das drei Viertelstunden westlich entlegene Dorf Selingstädt.

Nächst Lauenstein ist Trebsen das einzige Rittergut im Lande, welches die Herrschaft über mehrere Städte ausübt, da es, wie schon erwähnt, ausser Trebsen auch Nerchau besitzt. Dieses Städtchen liegt auf dem rechten Ufer der Mulde, eine Stunde nordöstlich von Grimma, und ist von hohem Alter, indem es schon im zehnten Jahrhundert dem Bisthum Meissen überlassen wurde. Der Ort zählt fast achthundert Einwohner in hundertfünfundzwanzig Häusern, darunter acht Pferdnergüter und achtundzwanzig Gärtnergüter. Der Flächenraum beträgt nach der neuesten Vermessung 955 Acker 6 □ Ruthen mit 21600,39 Steuereinheiten. Seit 1833 befindet sich in Nerchau auch eine Apotheke. – Hier wurde noch vor einem halben Jahrhundert das berühmte und sehr leicht berauschende Bier, Pumpernickel genannt, gebraut. – Die Kirche bietet nichts Bemerkenswerthes, als ein hübsches Geläute, aus sehr alten Glocken bestehend und eine neue 1833 von Beyer in Grosszschocher erbaute Orgel; auch besitzt sie einige Legate.

Dem Pfarrer zu Nerchau stand bis in die neueste Zeit die Gerichtsbarkeit über das eingepfarrte Dorf Gornewitz zu, dessen Hausbesitzer, Männer und Weiber, alljährlich einen Tag Erntefrohne thun mussten. Eine alte Matrikel erzählt, dass der Pfarrer den Diakonus zu vociren und dessen Wahl den Rittergutsbesitzern auf Trebsen und Cannewitz anzuzeigen habe; dieses Recht aber ist von den Pfarrern abgekommen und steht schon längst den genannten Rittergutsbesitzern zu. Collator des Pfarramts zu Nerchau ist der Besitzer Trebsens, über das Diaconat aber haben die Collatur wechselsweise die Herren auf Trebsen und Cannewitz. Eingepfarrt nach Nerchau sind Gornewitz mit vier Gütern (dabei eine Mühle) und dreizehn Häusern, hundert Einwohnern, 232 Ackern und 3702 Steuereinheiten, Werschütz mit hundertachtzig Einwohnern, zehn Gütern, fünfzehn Häusern, 289 Aeckern 140 □ Ruthen und 3711 Steuereinheiten, Crottewitz mit sieben Gütern, drei Häusern, neunzig Einwohnern 348 Aeckern und 77 □ Ruthen und 8080 Steuereinheiten und Schmorditz mit zehn Gütern, acht Häusern, hundert Menschen, 283 Aeckern 100 □ Ruthen und 6521 Steuereinheiten.

O. M.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Rothersdorf
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/160&oldid=- (Version vom 16.9.2022)