ADB:Zimmermann, Johann Georg (Schulmann)
Helfrich Bernhard Wenck viel verdankte, bezog er 1772 die Landesuniversität Gießen, um dort unter großen Entbehrungen Theologie, Philologie und Pädagogik zu studiren. Nur mit der angestrengtesten Thätigkeit gelang es dem vaterlos gewordenen Jüngling, der sich durch Herstellung von Gelegenheitsgedichten und Hauslehrerdienste nothdürftig ernähren mußte, nebenher in fünf Jahren das begonnene Studium zu vollenden. In die Heimath zurückgekehrt, wirkte er zuerst als Hauslehrer in einigen angesehenen Darmstädter Familien, bis er dann im J. 1782, nachdem seine Hoffnung, im Landpfarrdienste unterzukommen, vereitelt worden war, als Lehrer an die Anstalt kam, der er seine Ausbildung verdankte, und an der er nun bis kurz vor seinem Tod wirken sollte. Zuerst Subconrector bekleidete er in rascher Aufeinanderfolge die unteren Lehrstellen an dieser Anstalt, ward 1783 Conrector, 1784 Subrector, 1789 Prorector, 1803 als Nachfolger seines ehemaligen Lehrers Wenck, unter Verleihung des Titels Professor, Rector. In dieser Stellung verblieb er bis zu seiner 1826 erfolgten Pensionirung, während welchen Zeitraums ihm 1817 die früher mit der Darmstädter Superintendentur verbundene Würde eines Ephorus oder Pädagogiarchen übertragen und er 1824 zum Mitglied der für die Provinz Starkenburg angeordneten Pädagogcommission ernannt wurde. Erwähnt sei noch, daß die Universität Gießen ihm 1823 die philosophische Doctorwürde verlieh. Er starb am 10. December 1829.
Zimmermann: Johann Georg Z. wurde am 31. Januar 1754 zu Darmstadt als jüngster Sohn des peinlichen Gerichtssecretärs Johann Christian Z. geboren. Nach Absolvirung des Gymnasiums zu Darmstadt, wo er namentlich dem veredelnden Einfluß des später berühmt gewordenen hessischen HistoriographenZimmermann’s Bedeutung ruht in seiner ein ganzes Menschenleben füllenden Thätigkeit als Lehrer und Rector des Darmstädter Gymnasiums. In den Dienst dieser Sache stellte er seine ganze persönliche Kraft, sein ganzes Leben und seine ganze wissenschaftliche Arbeit. Diese Sache ist seiner Ueberzeugung nach des Opfers werth, das er bringt. „Der Stand des öffentlichen Lehrers“, [278] schreibt er, „ist bei allen Beschwerden, Selbstverläugnungen und Aufopferungen, welche er in seinem Gefolge hat, dennoch unter allen Ständen der belohnendste, der glücklichste.“ „Freilich“, so fährt er fort, „wer ein Lehrer der Jugend sein will, der darf nicht mehr sich selber angehören; er begiebt sich gleichsam seines Rechtes auf sich selbst; er muß sich mit ganzer Seele und mit aller seiner Kraft der jungen Menschenwelt, welche er zu bilden beauftragt ist, zum Eigenthum dahingeben; er muß verzichten auf Unzähliges, worin tausend Andere die Genüsse des Lebens suchen.“ Diese Grundsätze hat Z. befolgt. Obwol vielseitig begabt und interessirt, hat er doch alle seine Arbeiten von der Rücksicht auf seine Schule beherrscht sein lassen. Außer einer Gedichtsammlung und den Gedichten, die er als Freund der Hainbündner in die Bürger’schen und Voß’schen Musenalmanache lieferte und außer seinem „Vademecum für Dichterfreunde“, in dem er in zwei Bänden zerstreute Gedichte von Zeitgenossen herausgab, sind seine sämmtlichen wissenschaftlichen Arbeiten für die Zwecke der Schule bestimmt. Besonders genannt zu werden verdienen hier seine zahlreichen Schulreden und Schulschriften, die er in den Programmen seines Gymnasiums veröffentlichte. Obwol er durch seine Studien, seine reiche Erfahrung und nicht zum wenigsten seine Naturanlage zur allgemein-wissenschaftlichen Schriftstellerei bestimmt schien, verzichtete er auf diesen „Genuß“. Seine Arbeit war es vielmehr, die Eltern zu mahnen, daß sie ihre Schuldigkeit thaten und ihnen zu zeigen, was das heiße, die Schuldigkeit thun an seinen Kindern. Er verzichtete auch auf den Genuß längerer Erholung und besonderer Belohnung. Er war derselbe freudige Schulmann in den theuren Revolutionsjahren, wo es gar manchmal knapp in seinem Haus herging, und in den Zeiten, wo er 35, ja 40 wöchentliche Lehrstunden ertheilen mußte wie in den schönen Schlußjahren seines Lebens, wo die Last nachließ. Sein Beruf, „achtungswürdige und für die Welt segenvoll wirkende Menschen in der Kraft sittlich-religiösen Geistes zu bilden“ war sein einziger Genuß und der Gegenstand seiner edelsten und höchsten Freude. So verlief sein Leben voll Arbeit in „grenzenloser Selbstlosigkeit und Selbstverleugnung“.
Ein Verzeichniß der Schriften Joh. Georg Zimmermann’s findet sich in dem Biogr.-lit. Lexikon d. Schriftsteller d. Großherzogth. Hessen im 19. Jahrh., Abth. 2, S. 833. Daselbst werden auch alle in den Gymnasialprogrammen niedergelegten Arbeiten mitgetheilt. Außerdem bei J. F. K. Dilthey, Geschichte des großherzogl. Gymnasiums zu Darmstadt, 1829, S. 154–161, woselbst auch Würdigung und Inhaltsangabe derselben.
- Zur Lebensgeschichte und Würdigung Joh. Georg Zimmermann’s vergleiche: Johann Georg Z. nach s. Leben u. Wirken, eine biogr. Skizze von s. Sohne Ernst Z. Darmstadt 1829. – J. F. K. Dilthey, Denkmal f. d. ehemaligen Directoren des Gymnasiums zu Darmstadt H. B. Wenck und Joh. Georg Zimmermann. Darmstadt 1834. – Wilhelm Uhrig, Geschichte des großh. Gymnasiums zu Darmstadt, 1879, S. 54–59. – Ueber Zimmermann’s Schriften und Leben bis zum Jahre 1818 berichtet, allerdings etwas mangelhaft Strieder’s Grundl. z. e. hess. Gel.- u. Schriftst.-Gesch. XVII, 353 ff.