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ADB:Zetzsche, Friedrich

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Artikel „Zetzsche, Friedrich“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 419–421, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zetzsche,_Friedrich&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:12 Uhr UTC)
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Zetzsche: Friedrich Andreas Z., Forstmann; geboren am 9. Mai 1821 in Meiningen, † am 14. Juli 1899 daselbst in dem hohen Alter von 78 Jahren. Auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt vorgebildet, bezog er 1837 die Forstakademie zu Dreißigacker, an welcher er namentlich den naturwissenschaftlichen Fächern mit regem Eifer und unermüdlichem Fleiße sich hingab. 1843 bestand er das Hauptexamen mit der Note „ausgezeichnet“; in seinem Zeugniß ist ausdrücklich bemerkt, daß dasselbe „einem ordentlichen Lehrbrief der Jägerei gleich geltend sei“.

Seine Beamtenlaufbahn im herzogl. meiningenschen Staatsdienst gestaltete sich, wie folgt. Von 1851–1858 war er in der Oberförsterei Sachsendorf und im Reviertheil Nauenstein der Oberförsterei Theuern als Forstgehülfe thätig. Durch Reseript vom 3. Mai 1858 wurde er dem neu errichteten Forsttaxationsbureau zugetheilt und am 27. März 1860 zu dessen interimistischem Vorstand ernannt. Hier war er ganz an seinem Platze, da er für das Forsteinrichtungswesen und die hiermit zusammenhängenden Arbeiten eine ganz besondere Befähigung und daher Vorliebe besaß. Nachdem er am 14. Januar 1861 die zweite forstliche Prüfung mit der Note 1 bestanden hatte, wurde ihm durch Erlaß vom 13. April 1861 die Leitung des Forsttaxationsbureaus definitiv übertragen und zugleich der Titel „Forsttaxationscommissar“ verliehen. In erster Linie handelte es sich in diesem Ressort um Ausarbeitung eines Entwurfes und um möglichst rasche Durchführung eines Eintheilungsnetzes für die Staatsforste, um der bevorstehenden Landesvermessung eine Grundlage zu liefern. Als Gesichtspunkt bei dieser Arbeit wurde festgehalten, der Verbindung von Wegenetz und Wirthschaftsnetz nach Möglichkeit Rechnung zu tragen, was deshalb besonders hervorgehoben zu werden verdient, weil damals (1862) von diesem – jetzt wohl allgemein als richtig erkannten und daher durchgeführten – Princip kaum die Rede war. Nach Beendigung der Landesvermessung wurde die Forsteinrichtung unter Zetzsche’s Leitung mit Hülfe eines vorzüglich geschulten Personals im ganzen Lande in mustergültiger Weise durchgeführt. Diese hervorragende Arbeitsleistung gab Veranlassung zu seiner Berufung in das Staatsministerium, und zwar zunächst als Hülfsarbeiter mit dem Titel „Forstrath“ (26. August 1875). Die Stelle als Vorstand des Taxationsbureaus behielt er aber daneben bis zum 20. September 1890 bei. Bereits am 10. November 1877 erfolgte seine Beförderung zum vortragenden Rath mit dem Titel „Regierungs- und Forstrath“. Am 2. April 1885 wurde ihm das Prädicat „Regierungs- und Oberforstrath“ verliehen, und bei seiner Versetzung in den Ruhestand am 16. August 1892 erhielt er den Charakter „Geheimer Oberforstrath“.

Auch als Mitglied der höchsten Behörde leistete er seinem Heimathlande durch reformirende Thätigkeit, durch Anbahnung und Durchführung von Verbesserungen auf allen Gebieten der Forstverwaltung ausgezeichnete Dienste, was der trauernden Wittwe bei Gelegenheit seiner Beerdigung von dem Finanzminister Ziller zu erkennen gegeben wurde.

Neben den Forsteinrichtungsarbeiten und den zahlreichen Dienstgeschäften, welche Z. während seiner Stellung im Staatsministerium zu erledigen hatte, fand er aber bei seinem wissenschaftlichen Sinn und seiner unermüdlichen Arbeitskraft doch noch Zeit zu wissenschaftlichen Forschungen auf zwei forstlichen Gebieten (Waldbau und Holzmeßkunst). Die bezüglichen Leistungen, welche Zeugniß von trefflicher Beobachtungsgabe und scharfem Denken ablegen, sind so bedeutungsvoll, daß sie allein genügt haben würden, die Aufnahme seiner Biographie in dieses Sammelwerk zu rechtfertigen, auch wenn er seinem [420] Heimathland, dem Herzogthum Meiningen, während eines halben Jahrhunderts nicht so vortreffliche Dienste geleistet hätte, als es thatsächlich der Fall war. Die Resultate seiner Forschungen beziehen sich auf den Einfluß des Unterbaues der Fichte in Kiefernbeständen und auf die Erfindung eines neuen, höchst sinnreichen Verfahrens der Absteckung von Probeflächen zum Zwecke der Bestandsmassenaufnahme. Die Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse in der forstlichen Tageslitteratur erfolgte – abgesehen von einem kleinen Aufsatz „Zur Frage des Bodenschutzholzes“ (Forstliche Blätter, N. F. 1884, S. 173), welchen er selbst schrieb – durch seinen treuen Mitarbeiter im Forsteinrichtungswesen und begeisterten Anhänger, den (1894 leider verstorbenen) Oberförster, später Forstcommissar und Forstmeister L. Schmidt zu Meiningen. Die betreffenden Abhandlungen sind: „Ueber Bodenschutzholz und Unkrautdecke in ihren Beziehungen zu Bodenfeuchtigkeit und Bestandeszuwachs“ (Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, Jahrgang 1890, S. 269–277 u. S. 305–313); ferner das „Kreisprobeflächen-Aufnahmeverfahren“ des Herrn Oberforstrath Zetzsche.(daselbst, Jahrgang 1891, S. 73–76).

Die erste mündliche Mittheilung über den Einfluß des Unterbaues von Fichten in Kiefernbeständen machte Z. selbst im J. 1881 bei der XVIII. Versammlung Thüringer Forstwirthe zu Meiningen am 26. und 27. September 1881 (s. den betr. Bericht von 1882, S. 45–51).

Als Resultat der auf fünfjährigen vergleichenden und zahlenmäßig nachgewiesenen Beobachtungen, welche später im Auftrag von Z. von dem Oberförster Schmidt noch fünf weitere Jahre fortgesetzt wurden, ergab sich in vier unbedingt vergleichsfähigen Kiefernbeständen, in welchen je zwei unmittelbar an einandergrenzende Bestandesstücke von ganz gleicher Beschaffenheit zur Hälfte mit Fichten unterbaut wurden, während die andere Hälfte ohne Unterbau blieb, durchweg eine negative Bedeutung des Fichten-Bodenschutzholzes und die Thatsache eines geringeren Feuchtigkeitsgehalts des Bodens auf den unterbauten Flächen wegen beschleunigter Verdunstung durch den Unterwuchs. Es konnte nicht fehlen, daß diese auffallende – weil im Gegensatz zu den diesfallsigen Erfahrungen der meisten Forstmänner über den Einfluß des Unterbaues auf Boden und Bestand überhaupt stehende – Mittheilung eine lebhafte Polemik in den forstlichen Kreisen zur Folge hatte. Das nähere Eingehen hierauf an dieser Stelle erscheint – schon wegen Raummangels – nicht am Orte; jedoch sollen wenigstens die wichtigsten Kundgebungen über diese Frage angegeben werden. Als entschiedene Gegner des Unterbaues, mithin ganz im Sinne von Z., sind hauptsächlich aufgetreten: Borggreve (Forstliche Blätter N. F. 1883, S. 41), König (daselbst, 1884, S. 195; 1887, S. 176), Rauhhut und Witte, sowie v. Varendorff (daselbst, 1884, S. 234) u. A. Empfohlen wurde hingegen der Unterbau auf geeigneten Bodenverhältnissen (besseren Böden) und insbesondere mit Buche und Tanne wegen Steigerung des Gesammtzuwachses oder Hebung der Qualität oder Lieferung größerer Gelderträge oder endlich wegen besserer Erhaltung der Bodenkraft (insbesondere Bodenfrische) von Schott v. Schottenstein (Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1882, S. 408; 1883, S. 1; 1886, S. 346; 1888, S. 203 und Forstliche Blätter N. F. 1883, S. 145), Kraft (Beiträge zur Lehre von den Durchforstungen, Schlagstellungen und Lichtungshieben, 1884), Runnebaum (Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1885, S. 156), Robert Hartig (an verschiedenen Stellen seiner Werke und Abhandlungen), Cusig (in der 44. Generalversammlung des Schlesischen Forstvereins zu Trachenberg, 1886), Judeich (ebendaselbst), Kast (Centralblatt für das gesammte Forstwesen, 1889, S. 51, 102 und 150) u. A.

[421] Im Anschluß hieran erscheint die Bemerkung nicht überflüssig, daß Z. auf Grund seiner Versuche lediglich den Unterbau der Fichte in Kiefernbeständen als für die Massenproduction und den absoluten Zuwachs nachtheilig gefunden hat. Es darf daher hieraus nicht der Schluß gezogen werden, daß er den Unterbau überhaupt ev. mit anderen Schattenholzarten (Buche, Hainbuche, Tanne) unter Lichthölzern (Kiefer, Eiche) verwirft. Ungünstige Erfahrungen mit dem Fichtenunterbau in Kiefern- und Eichenbeständen sind auch anderwärts gemacht worden, weil die Fichte, sobald sie in Schluß gekommen, den Boden gegen den Luftzutritt verschließt, durch den Bau ihrer Wurzeln in der obersten Region drainirt und die meteorischen Niederschläge für sich verbraucht. Jedenfalls gebührt aber Z. in dieser Frage die Priorität und das Verdienst, zu weiteren Untersuchungen über die Wirkung des Unterbaues je nach Oertlichkeiten (Boden, Lage, Holzart, Holzalter etc.) erfolgreich angeregt zu haben.

Auf den Gedanken, an Stelle der gebräuchlichen rechteckigen Probeflächen bei der Bestands-Massenaufnahme vielmehr Kreisprobeflächen, und zwar in größerer Zahl an verschiedenen Stellen, zu wählen, wurde Z. durch die mit dem seitherigen Verfahren verknüpften Uebelstände (Schwierigkeit der Auswahl einer den wahren Durchschnittscharakter des Bestandes repräsentirenden Probefläche, zumal in unregelmäßigen Beständen, großer Zeitaufwand etc.) geführt. Sein sinnreiches Verfahren erfordert nur einen geringen Zeitaufwand, ist mühelos auszuführen und liefert – nach den in den meiningenschen Forsten angestellten größeren Versuchen – bei verständnißvoller Handhabung überraschend günstige Ergebnisse. Die Abweichungen von der Auszählung des ganzen Bestands, bei der die Durchmesser sämmtlicher Stämme gemessen werden, betrug in der Regel nur wenige Procente (2,5 bis 4,5); in manchen Fällen ergab sich sogar nahezu vollständige Uebereinstimmung. Man kann nur wünschen, daß diese in der meiningenschen Forstverwaltung eingeführte neue Methode auch anderwärts immer mehr in die Praxis sich einbürgere. In allen Fällen, wo es auf rasche und möglichst wohlfeile Ermittlung der Bestandsmassen ankommt, dürfte das Verfahren ganz besonders angezeigt erscheinen.

Im persönlichen Verkehr hat sich Z. stets als ehrenhafte, dabei liebenswürdige, harmonische und milde Natur erwiesen; er erfreute sich daher großer Beliebtheit.

H. Stoetzer, Nekrolog (Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1899, S. 358). – Notiz, das Ableben betreffend (Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1900, S. 63). – Mittheilung des Herzogl. Meiningen’schen Staatsministeriums, Abtheilung der Finanzen.