ADB:Zeidler, Melchior
Calixtinischen Synkretismus vertraten. Bedeutender aber und nachhaltiger war seine Wirksamkeit als Vertreter des Aristotelismus in der Philosophie. Er wurde geboren am 16. Februar 1630 in Königsberg, erhielt die Magisterwürde in Jena und wirkte seit 1658 als Professor ordinarius der Logik und Metaphysik an der Universität und zugleich als zweiter Hofprediger an der Schloßkirche zu Königsberg. 1663 legte er die philosophische Professur nieder und wurde zweiter ordentlicher Professor in der theologischen Facultät. 1675 am 18. Juli promovirte er als Dr. theol., ward 1681 Pastor am Dom und Beisitzer des Consistoriums, starb aber schon am 10. December 1686.
Zeidler: Melchior Z., protestantischer Theolog und Philosoph, † 1686. Z. gehört zu den Theologen, welche an der Königsberger Universität im siebzehnten Jahrhunderte denKirchengeschichtlich hat Z. Aufmerksamkeit erregt durch seine Begünstigung des Synkretismus an der Universität und in der Kirche zu Königsberg. Im Jahre 1668 wollte er in Gemeinschaft mit dem ebenfalls und sehr entschieden synkretistischen Professor Dreier im Königsberger Studentenconvict, „Communität“ genannt, das vierzigtägige Fasten einführen. Dreier hatte vorgeschlagen, daß in der „Communität“ Freitags und Mittwochs oder Sonnabends durchgehends, dazu in der vierzigtägigen Fastenzeit den Studenten selten oder gar nicht Fleisch zu essen gegeben werden sollte. Z. stimmte diesem Votum zu, weil man dafür sorgen müsse, daß die Studenten sich nach den Gesetzen und Gewohnheiten der ältesten Kirche richten, da sie unser aller Mutter sei und als solche Ehrfurcht und Gehorsam zu beanspruchen habe. (Arnoldt’s Kirchengeschichte s. unten S. 601.) Eine zweite Differenz betraf die Verrichtung der Taufhandlung aus Anlaß der Streitfrage, ob die kleinen Kinder, wie man sie insgemein taufe, wirkliche Sünde haben, worüber Z. 1669 eine Dissertation „de peccato actuali infantum“ und 1670 dazu eine „appendix“ veröffentlichte. (Näheres darüber bei Hartknoch, Pr. Kirchenhist., S. 636 ff. und D. H. Arnoldt, a. a. O., S. 602.) Welche Controversen er in seinen Vorlesungen behandelt, ersieht man aus den „Theses“, welche Hartknoch in seiner Kirchenhistoria (s. unten) S. 634 bis 636 mittheilt. Als Philosoph hat sich Z. um die Pflege der aristotelischen Philosophie an der Universität Königsberg hoch verdient gemacht; er soll an Einsicht in diese Philosophie damals keinen seines gleichen gehabt haben (Brucker, histor. philos., IV. Bd., I. Th., S. 334). Von diesem Standpunkte aus schrieb er auch eine „Rhetorica ecclesiastica“ (Königsberg 1672–80, neue Ausg. 1704), in welcher er die analytische Methode empfahl; dieselbe wurde auch als die sogenannte Zeidlersche Methode im ganzen Lande üblich. Ausführliche Analyse dieser Schrift bei Pisanski (s. unten) S. 349 f. Sein Bestreben, deutlich zu schreiben, ließ seine Darstellung meistens sehr breit und weitschweifig werden.
Schriften: Außer den genannten noch „Prodromus introductioni in lectionem Aristotelis praemissus“ (Königsberg 1680, eine allgemeine Einleitung in die aristotelische Philosophie); „Introductio in lectionem Aristotelis, causas aperiens obscuritatis in hoc philosopho, quoad verba pariter ac res necnon modum ambo tractandi et remedia eius circa singula ista suggerens“ (Königsberg 1681. Apologie für Aristoteles und Hermeneutik seiner Schriften, die von der Beschuldigung [781] der Dunkelheit gerettet werden); „Analytica sive de variis sciendi generibus et mediis eo perveniendi libri III“ (Königsberg 1676, editio priori auctior et emendatior); „De genuino Veterum docendi modo, exoterico et acroamatico sive, quod idem est, dialectico et accuratiore analytico“ (Königsberg 1685); „Keddius refutatus oder Examen des Examinis über die lutherische Religion P. Jodoci Kedd, eines Jesuiten, in welchem er die lutherische Religion und Kirche vermeynet mit unwidertreiblichen Gründen bestritten und übermeistert zu haben, deren Nichtigkeit aber in folgender Schrift gezeiget worden“ (Königsberg 1686. Geschrieben mit dem Vorurtheil von der Untrüglichkeit der alten Kirche: was von den ökumenischen Concilien als wahr angenommen sei, dürfe nicht disputirt oder gar in Zweifel gezogen werden); „Lutherus defensus d. i. Widerlegung des Büchleins, welches den Titel führt eines falschgenannten Johannis Angeli Praedicanten-Berufs etc.“ (Königsberg 1687. 5 Alphab. und 12 Bog., eine weitläufige Vertheidigung der lutherischen Kirche, erläutert durch Zeugnisse aus den Kirchenvätern); „Refutatio Tubae pacis h. e. Detersio suspicionis, qua ipsum apud suos, quasi Papatui faveret, aspergere sibi volupe duxit Matthaeus Praetorius“ (Helmst. 1688); „Notae et animadversiones in Scrutatorem veritatis“ (Helmst. 1689); „Tractatus de polygamia et disquisitio de matrimonio cum sorore uxoris defunctae“ (1690. Polygamie durch das Neue Testament verboten; Ehe mit der Schwester der verstorbenen Ehefrau solle erlaubt werden). (Die drei zuletzt genannten Schriften sind erst nach Zeidler’s Tode aus dessen Manuscripten herausgegeben.) Dazu „Homiliae selectae in duas partes divisae. Pars I in Evangelia dominicarum. Pars II in Evangelia festorum. Opus posthumum etc.“ (Königsberg 1702, 6 Alphab. und 7 Bog.). Andere minder bedeutende Schriften bei Arnoldt, Historie II, S. 384 f.
- Vgl. G. C. Pisanski, Entwurf einer preußischen Litterärgeschichte in vier Büchern (1790, gedruckt Königsberg, Hartung 1886), wo sich an vielen Stellen (cf. p. 722) Analysen aller seiner wichtigsten Schriften finden. Dazu Nachrichten über sein Leben bei Christ. Hartknoch, Preußische Kirchen-Historie 1686, S. 633–646, wiederholt bei D. H. Arnoldt, Kurzgefaßte Kirchengeschichte des Königreichs Preußen (Königsberg 1769). Derselbe (Arnoldt), Historie der Königsbergischen Universität, 2. Theil (Königsberg 1746, S. 173, 179, 383 und die Zusätze dazu S. 34 und 67 f. Derselbe (Arnoldt), Nachrichten von allen in Ostpreußen gestandenen Predigern, (Königsberg 1777, S. 12, 48). – Unschuldige Nachrichten 1740, S. 546 ff., wo auch Zeidler’s Bildniß vorkommt. Dazu Jöcher, Gelehrten-Lexicon und (Zedler’s) Universallexicon s. v.