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ADB:Winter, Georg

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Artikel „Winter, Georg“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 468–470, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Winter,_Georg&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:15 Uhr UTC)
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Winter: Heinrich Georg W., Botaniker, geboren zu Leipzig am 1. October 1848, † zu Connewitz bei Leipzig am 16. August 1887. Als Sohn eines Verlagsbuchhändlers sollte W. dem väterlichen Berufe folgen und trat deshalb aus der Tertia der Thomasschule in Leipzig, auf welcher er den ersten Unterricht erhielt, zunächst als Lehrling in das väterliche Geschäft ein, dann in eine andere Buchhandlung in Leipzig und zuletzt in eine solche in Gießen als Gehülfe. Schon frühzeitig zog ihn die Pflanzenwelt an und vor allem waren es die Cryptogamen, welche er fleißig sammelte und studirte. Er erwarb sich dadurch bald solche floristische Kenntnisse, daß er nach dem Tode von Auerswald den Leipziger botanischen Tauschverein 1870–1872 leiten konnte. Noch reger wurde seine Sammelthätigkeit während seines Aufenthaltes in Gießen. Eine Frucht seiner dortigen Studien war ein in den Berichten der Oberhess. Gesellsch. für Natur- und Heilkunde 1873 veröffentlichtes „Verzeichniß der im J. 1869 in der Flora von Gießen gesammelten Pilze“. Schon vorher hatte er kurze Aufsätze, Beschreibungen von Pilzen, für die Zeitschriften Hedwigia (Band 10 u. 11), Botanische Zeitung (Band 30 u. 31) und Flora (Band 55) geliefert. Zugleich entschloß er sich nunmehr, sich ganz dem wissenschaftlichen Studium der Botanik zu widmen. Er ließ sich im October 1870 an der Leipziger Universität immatriculiren, studirte dann von 1872 an in München und schloß im folgenden Jahre seine Studien in Halle ab. Hier arbeitete er am botanischen Institut unter der Leitung von Prof. Kraus, dessen Assistent er wurde. Auf Grund einer Dissertation: „Die deutschen Sordarien“, auch abgedruckt in den Abhandlungen [469] der Hallenser naturforschenden Gesellschaft 1873, wurde W. am 27. October 1873 von der Leipziger philosophischen Facultät zum Dr. phil. promovirt. Die genannte Arbeit darf durch die auf eingehende mikroskopische Untersuchung gestützte kritische Sichtung der Arten einen bleibenden Werth für die Kenntniß der Systematik dieser Pilzgruppe beanspruchen.

Es folgen nun bis zum Jahre 1875 verschiedene mykologische Aufsätze theils descriptiver Art, theils physiologischen und entwicklungsgeschichtlichen Inhalts. Dahin gehören: „Mykologische Notizen“ (Hedwigia Bd. 12–23); „Heliotropismus bei Peziza Fuckeliana“ (Bot. Zeitg., Band 32); „Cultur der Puccinia sessilis und dessen Aecidium“ (Sitzungsber. d. Leipz. Naturf. Gesellsch. 1874), sowie mehrere Arbeiten über die Flechten: „Untersuchungen der Flechtengattungen Secoliga, Sarcogyne, Hymenelia, Naetrocymbe“ (Leipz. Naturf. Gesellsch. 1875); „Zur Anatomie einiger Krustenflechten“ (Flora 1875); „Ueber die Gattung Sphaeromphale und Verwandte“ (Pringsheim’s Jahrb., Bd. 10; Hedwigia, Bd. 15). Im J. 1875 ging W. nach Zürich, wo er zunächst als Docent für Botanik am Polytechnikum, später auch als solcher an der dortigen Universität wirkte. Neben seiner Lehrthätigkeit setzte er seine Pilzforschungen mit Eifer fort und veröffentlichte deren Resultate in einer Reihe werthvoller Abhandlungen.

So erschien 1876 die wichtige Arbeit: „Einige Notizen über die Familie der Ustilagineen“ (Flora Bd. 59), welcher sich zahlreiche Aufsätze über niedere Pilze in den Jahrgängen der Zeitschrift Hedwigia bis 1887 anschlossen. 1879 gab W. eine populär gehaltene Darstellung: „Die durch Pilze verursachten Krankheiten der Culturgewächse“ für Scholtze’s landwirthschaftliche Taschenbibliothek heraus und mit Wartmann zusammen 1881 und 1882 die achte und neunte Centurie des Exsiccatenwerkes: „Schweizerische Cryptogamen“. Als 1879 L. Rabenhorst, durch Krankheit gezwungen, die Redaction der Hedwigia niederlegte, übernahm W. dieselbe und behielt sie bis zu seinem Tode bei. Eine noch umfangreichere Thätigkeit aber eröffnete sich ihm, als kurz darauf Rabenhorst starb. Er setzte dessen „Fungi europaei exsiccati“ fort und dehnte sie auch auf die außereuropäischen Pilze aus, so daß das Werk nunmehr den Titel führte: „Rabenhorsti Fungi europaei et extraeuropaei“, wovon er in den Jahren 1881 bis 1886 die Centurien 27–36 erscheinen ließ. Seine weitgehenden Verbindungen mit den berühmtesten Mykologen aller Länder verschafften dem Werk eine bis dahin noch unerreichte Vollständigkeit. Gleichzeitig mit dieser Arbeit erschloß sich W. eine neue Aufgabe, als die Herausgabe einer zweiten Auflage von Rabenhorst’s Cryptogamenflora nothwendig wurde, für welche ihm die Verlagshandlung Kummer in Leipzig die Bearbeitung der Pilze übertrug. Das gerade für diese Pflanzenabtheilung seit dem ersten Erscheinen der Flora außerordentlich angewachsene Material nöthigte W. zu zahlreichen Vorstudien, welche es ihm wünschenswerth erscheinen ließen, am Orte der Herausgabe des Buches zu weilen. So siedelte er denn Anfangs der achtziger Jahre von Zürich wieder nach Leipzig über, wo sich ihm ein besserer Mittelpunkt für seine ausgedehnte Correspondenz bot. Unter dem Titel: „Die Pilze in Rabenhorst’s Cryptogamenflora von Deutschland, Oesterreich und der Schweiz“ erschien diese zweite Auflage von 1884–1887. Veröffentlicht sind darin die Schizomycetes, Saccharomycetes, Basidiomycetes und Ascomycetes. Die Bearbeitung der übrigen Gruppen hinderte der Tod des Verfassers. Die für die Zwecke der Bearbeitung gemachten Einzelstudien publicirte W. in zahlreichen, meist in der Hedwigia erschienenen Sonderabhandlungen. Mit einer so ausgedehnten Forscherthätigkeit vereinigte W. zugleich eine reiche referirende, in verschiedenen botanischen Fachzeitschriften, vorzugsweise in der Hedwigia und im Botan. Centralblatt. Noch kurz vor seinem Tode veröffentlichte er in Engler’s bot. Jahrbüchern 1887, Band 8, eine Uebersicht [470] über die in den letzten Jahren in Bezug auf Systematik und geographische Verbreitung erschienene Litteratur. Zu früh für die botanische Wissenschaft, für welche W. auf dem von ihm gewählten, engbegrenzten Felde Hervorragendes geleistet hat, starb er, noch nicht 40 Jahre alt, an den Folgen eines chronischen Darmkatarrhs, an welchem er Jahre hindurch gelitten hatte.

P. Magnus: Nekrolog im „Bericht d. deutschen bot. Gesellsch., Bd. 5. 1887.