ADB:Willmann, Michael Lucas Leopold
großen Kurfürsten, dem er mehrere Bilder malen durfte und auch den Titel eines Hofmalers zu danken hatte. Doch trieb ihn die Sorge um seinen Lebensunterhalt bald weiter, und auch in Prag, wohin er sich zunächst wandte, fand er wol Gelegenheit, einige Bilder zu malen, aber nicht die Möglichkeit einer dauernden Niederlassung, und durch Schlesien nach seiner preußischen Heimath zurückgekehrt entschloß er sich bald in der schlesischen Landeshauptstadt, die weniger als alle anderen schlesischen Städte von den Schrecken des 30jährigen Krieges gelitten hatte, seinen bleibenden Wohnsitz zu nehmen, um hier seiner Kunst zu leben. Diesen Entschluß hat er gegen Ende des Jahres 1649 zur Ausführung gebracht, aber hier zu Breslau sich in seiner künstlerischen Thätigkeit durch den Neid der Malerzunft sehr gehemmt gesehen. W. hat damals die mythologischen Stoffe, die er der Sitte der Zeit folgend vorzugsweise behandelte, gegen religiöse vertauscht und dann nun viel Gelegenheit gefunden, den zahlreichen schlesischen Klöstern, die nach dem westfälischen Frieden allmählich wieder zu Kräften kommend daran gingen, ihre in dem langen Kriege fast durchgängig ruinirten Stiftsgebäude und Gotteshäuser neu aufzurichten und auszuschmücken, seine Kunst zur Verfügung zu stellen. Dies gelang ihm auch nach Wunsch, namentlich seitdem der Prälat von Leubus Arnold Freiberger, Abt 1636–1672, ihm dort eine dauernde Stätte bereitet und er durch seinen Uebettritt zum Katholicismus (etwa 1650) das seiner Beschäftigung in diesen Kreisen entgegenstehende Hinderniß beseitigt hatte. Die großen Cistercienserstifter Schlesiens, außer Leubus noch Grüssau, Kamenz, Heinrichau, Trebnitz, Rauden, Himmelwitz, aber auch sonst noch eine überaus große Anzahl von schlesischen Kirchen wurden mit Werken seines Pinsels geziert, und sein Verdienst ist es, wenn deren Bilderschmuck wesentlich das Durchschnittsmaß überragt. Seine Productivität und sein Fleiß waren staunenswerth; an 1600 Bilder werden ihm zugeschrieben, wenngleich bei manchem seine Schüler, unter denen sein Sohn Michael, seine Tochter Anna Elisabeth, sein Stiefsohn Lischka und namentlich auch sein Schwiegersohn Neunherz figuriren, mit thätig gewesen sind. Ein nicht geringes Talent, speciell auch für Farbengebung, eine an den guten Mustern der niederländischen Meister gebildete Zeichnung wird ihm von allen Kennern zugestanden. Die Schlesier pflegten ihn ihren Apelles zu nennen. Unterhalb des Klosters Leubus auf dem rechten Oderufer, dessen sanft ansteigende der Mittagssonne offen liegende Lehne einst zum Weinbau einlud und noch heut von Fremden der anmuthigen Umschau auf den Fluß, den Eichenwald und das stattliche Klostergebäude wegen besucht wird, hatte W. sich ein mit Kunstgeschmack und einer gewissen Opulenz ausgestattetes Heim erbaut, das pietätvoll lange Zeit erhalten, 1849 ein Raub der Flammen geworden ist. Das Haus war die Stätte einer 1660 geschlossenen glücklichen und mit sechs Kindern gesegneten Ehe. Hier starb W. 76 Jahre alt am 26. August 1706. Sein Leichnam ward auf Befehl des Leubuser Abtes einbalsamirt und in der Klosterkirche daselbst beigesetzt.
Willmann: Michael Lucas Leopold W., 1629–1706, schlesischer Maler, geboren 1629 zu Königsberg i. Pr. als der Sohn des dortigen Malers Peter W., protestantisch getauft und erzogen, ward kaum 16jährig von seinem Vater zur See nach Amsterdam geschickt, um dort und in Antwerpen an den Werken der großen Meister die Kunst zu studiren, der er sich schon im väterlichen Hause mit Eifer zugewendet hatte, und zwar unter specieller Leitung des Malers de Backer, der ihn im Gebrauche des Pinsels wie der Radirnadel unterwies. Aus den Niederlanden fand er bei den vielfachen Beziehungen mit Brandenburg seinen Weg nach Berlin an den Hof des- Knoblich, Leben u. Werke d. Malers Michael Lucas Leopold Willmann. Breslau 1868.