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ADB:Willkomm, Moritz

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Artikel „Willkomm, Moritz“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 298–300, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Willkomm,_Moritz&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:33 Uhr UTC)
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Willkomm: Moritz W., Botaniker, geboren zu Herwigsdorf bei Zittau am 29. Juni 1821, † zu Schloß Wartenberg in Böhmen am 26. August 1895. Im elterlichen Pfarrhause erhielt W. den vorbereitenden Unterricht und ging dann auf das Zittauer Gymnasium über, welches er nach siebenjährigem Besuche [299] 1841 mit dem Zeugniß der Reife verließ, um auf der Universität Leipzig Medicin und Naturwissenschaften zu studiren. Für letztere und insbesondere für Botanik hatte er schon frühzeitig Neigung gefaßt und sie durch häufige Excursionen in die heimathlichen Berge und in das Riesengebirge bethätigt. Hierbei war ihm der Lichenologe Flotow ein treuer Berather. Auch während seines Leipziger Aufenthaltes genoß W. das Wohlwollen des Directors des botanischen Gartens O. Kunze, der ihn zu seinem Assistenten erwählte. Als W. infolge seiner Parteinahme für die Ziele der deutschen Burschenschaft noch vor Abschluß seiner Studien Leipzig zu verlassen gezwungen wurde, war es wiederum Kunze, welcher ihn zu einer wissenschaftlichen Reise über die Schweiz und Frankreich nach Südspanien veranlaßte, wozu die Mittel durch hochherzige Gönner der Botanik bereitgestellt wurden. Durch diese Reise wurde für W. die Richtung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit entschieden. Die Erforschung der iberischen Halbinsel blieb die Hauptaufgabe seines Lebens und der Gegenstand seiner wichtigsten Publicationen. Noch zwei Mal weilte W. in diesem Lande. Das zweite Mal schon 1850 und das letzte Mal, wobei neben wissenschaftlichen auch gesundheitliche Rücksichten maßgebend waren, 1873. Nach der Rückkehr von seiner ersten, zwei Jahre währenden Forschungsreise, im J. 1846, setzte W. in Leipzig seine naturwissenschaftlichen Studien fort, welche er durch seine 1850 erfolgte Promotion zum Dr. phil. zu einem vorläufigen Abschluß brachte. Schon zwei Jahre darauf habilitirte er sich an derselben Universität zum Privatdocenten der Botanik auf Grund einer Abhandlung: „Die Strand- und Steppengebiete der iberischen Halbinsel und deren Vegetation“ und wurde 1855 zum außerordentlichen Professor und Custos des Universitätsherbariums ernannt. Bald darauf berief ihn jedoch die sächsische Regierung als Professor der organischen Naturgeschichte an die Forstakademie zu Tharand. Hier lehrte er bis 1868, in welchem Jahre er einem Rufe nach Dorpat folgte zur Uebernahme des Lehrstuhls für Botanik und der Direction des botanischen Gartens. Schließlich vertauschte er auch diese Stellungen mit den entsprechenden an der deutschen Universität zu Prag, wohin er im Beginn des Jahres 1874 übersiedelte. Nach fast zwanzigjähriger segensreicher Wirksamkeit daselbst trat er 1893 in den Ruhestand, den er in befriedigender körperlicher wie geistiger Rüstigkeit allerdings nur noch zwei Jahre genießen durfte. W. starb im 75. Lebensjahre. Durch zahlreiche Anerkennungen in der Form von Verleihungen der Mitgliedschaft seitens verschiedener gelehrter Körperschaften des In- und Auslandes sowie durch die Heranziehung seines Namens bei der Benennung neuer Pflanzenarten wurden die Verdienste des trefflichen Floristen gewürdigt.

Ein Jahr nach seiner Rückkehr von der ersten spanischen Reise, im Jahre 1847, verfaßte W. zunächst ein mehr beschreibendes Reisewerk: „Zwei Jahre in Spanien und Portugal“, dem schon 1852 „Wanderungen durch die nordöstlichen und centralen Provinzen Spaniens“ folgten. In beiden zeigte sich der Verfasser als trefflicher Erzähler und scharfer Beobachter von Land und Leuten. Aehnliche Tendenz besitzen auch die späteren Schriften: „Die Halbinsel der Pyrenäen“ (1855) und: „Spanien und die Balearen“ (1876). Die Ergebnisse seiner botanischen Forschungen legte W. ebenfalls in mehreren Werken nieder. Nach der in seiner bereits erwähnten Leipziger Habilitationsschrift veröffentlichten pflanzengeographischen Studie, erfolgte 1852 die Herausgabe der „Icones et descriptiones plantarum Europae austro-occidentalis praecipue Hispaniae“, die 1856 abgeschlossen wurde. Eine auf die Balearen ausgedehnte Fortsetzung des Werkes unter dem Titel: „Illustrationes florae hispaniae insularumque Balearium“ erschien dann später 1881 und wurde 1892 beendet. Zusammengefaßt hat W. sämmtliche floristischen Resultate in dem großen dreibändigen, zusammen mit [300] Joh. Lange in den Jahren 1861–80 veröffentlichten Buche: „Prodromus florae hispanicae“, worin 5089 Pflanzenspecies, darunter von W. allein 3679 beschrieben werden. Ein 1893 erschienener Supplementband ist ebenfalls vollständig von ihm verfaßt. Noch kurz vor seinem Tode vollendete W. das Manuscript zu dem bedeutendsten, seinen Forschungen in Spanien entsprossenen Werke, das als wichtiger Beitrag zur Pflanzengeographie dauernden Werth behalten wird. Abgedruckt ist die Arbeit in der von Engler und Drude herausgegebenen und „Vegetation der Erde“ benannten Sammlung pflanzengeographischer Monographien und 1896 unter dem Titel: „Grundzüge der Pflanzenverbreitung auf der iberischen Halbinsel“ erschienen. In der Einleitung gibt der Verfasser einen Ueberblick über die Geschichte und Litteratur der botanischen Erforschung der Halbinsel, woran sich vorzugsweise nichtspanische Botaniker betheiligt haben. Der dann folgende erste Hauptabschnitt behandelt die Verbreitung der Vegetationsformationen auf Grund eines vorausgeschickten, durch eine Regenkarte der Halbinsel erläuterten kurzen Abrisses der physischen Geographie des Landes. Der zweite und weitaus längste Theil enthält eine eingehende Schilderung der sechs aufgestellten Vegetationsbezirke und der in ihnen auftretenden Pflanzen. Anhangsweise sind die durch Cultur und Verkehr entstandenen Veränderungen in der Vegetation angegeben und die angebauten Pflanzen aufgezählt. Eine zweite Karte gibt ein Bild der Steppen und einiger Vegetationslinien der Halbinsel. Von den zwei beigegebenen Heliogravüren stellt die erste einen Theil des bekannten Palmenhaines von Elche, die zweite einen Pinienhain bei Cartaya in der Provinz Huelva dar. Die Textfiguren veranschaulichen meist einzelne Charakterpflanzen des Gebietes. Zum Vergleich der Flora des behandelten Landes mit derjenigen anderer Länder ist auch der ausführliche Index recht brauchbar. Aus Willkomm’s Thätigkeit in Tharand entsprang eine Reihe von Arbeiten forstwissenschaftlichen Inhalts. Dazu gehören: „Deutschlands Laubhölzer im Winter“ (1852); „Die Nonne, der Kiefernspinner und die Kiefernblattwespe“ (1858); ferner die zum praktischen Gebrauche bestimmten Bücher: „Führer ins Reich der deutschen Pflanzen“ (1863); „Waldbüchlein“ (1880) und „Forstliche Flora von Deutschland und Oesterreich“ (1880). Als Meister in der Erzählung, wie seine schon erwähnten spanischen Reiseberichte und seine später herausgekommenen „Streifzüge durch die baltischen Provinzen“ (1872) beweisen, besaß W. auch in hohem Maaße die Gabe der Popularisirung wissenschaftlicher Errungenschaften. Davon zeugen sein schon 1856 veröffentlichtes, dann mehrfach aufgelegtes populäres Buch: „Die Wunder des Mikroskops oder die Welt im kleinsten Raum“ und zahlreiche Aufsätze, welche er für die vom Prager deutschen Verein herausgegebene Sammlung gemeinnütziger Vorträge geschrieben hat. Dahin gehören: „Ueber europäische Culturpflanzen amerikanischer Herkunft“ (1877); „Ueber die Bedeutung der Pilze im Haushalte der Natur und für das Leben der Menschen“ (1878); „Ueber die Nadelhölzer und ihre Beziehungen zur Vegetation der Vorwelt“ (1891); „Ueber den Lotos und Papyrus der alten Aegypter und die Papiererzeugung im Alterthum“ (1892); „Ueber Characterpflanzen der Mittelmeerländer, deren Herkunft und Geschichte“ (1895). Auch für zahlreiche andere wissenschaftliche und technische Zeitschriften lieferte W. gern gesehene Beiträge. : E. Roth, Moritz Willkomm. Leopoldina XXXII. 1896, Nr. 6, aus: Biogr. Blätter, Bd. II, Heft I. – J. A. Henriques in Boletino da Sociedade Broteriana. Coimbra 1891. – Botan. Centralblatt. Bd. LXVI, Nr. 9/10. 17. Jahrg. – Pritzel, thes. lit. bot.