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ADB:Wiß, Kaspar Christoph Gottlieb

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Artikel „Wiß, Kaspar Christoph Gottlieb“ von Loeber. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 546–547, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wi%C3%9F,_Kaspar_Christoph_Gottlieb&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 05:01 Uhr UTC)
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Wiß: Kaspar Christoph Gottlieb W., geboren am 31. Januar 1784 zu Brotterode in Thüringen, Sohn eines Pfarrers, zuerst im elterlichen Hause, von 1798 auf dem Gymnasium zu Gotha vorgebildet, studirte von 1802–1805 zu Leipzig Theologie und Philologie und erwarb sich daselbst 1805 die Würde eines Dr. phil. In demselben Jahre ward er Rector der lutherischen Schule (Lyceum) zu Schmalkalden. Nach bestandener Prüfung pro ministerio wurde er 1807 von dem hessen-schaumburgischen Consistorium in die Zahl der Predigtamtscandidaten aufgenommen. Im J. 1817 wurde er von dem Kurfürsten von Hessen zum Director des neuerrichteten Gymnasiums zu Rinteln ernannt, welches an Stelle der von der westfälischen Regierung im J. 1809 aufgehobenen Universität trat. Er blieb Director dieses Gymnasiums bis zum Jahre 1839. Daneben war er seit 1821 Mitglied der Consistorialdeputation für die Grafschaft Schaumburg. 1822 erhielt er die Würde eines Dr. theol. Infolge seiner hervorragenden Thätigkeit als Schulmann wurde er als Director nach Soest, später als Director des Katharineum nach Lübeck berufen. Doch wußte ihn das kurhessische Ministerium dem Rinteler Gymnasium zu erhalten. Als Vertreter Schmalkaldens Mitglied der kurhessischen Ständeversammlung war er besonders für die Reorganisation der hessischen Gymnasien thätig, die in den Jahren 1832–1835 erfolgte. Im J. 1836 wurde er geschäftsleitendes Mitglied der Schulcommission zur Begutachtung der kurhessischen Gymnasialangelegenheiten. Im J. 1839 verließ er sein reich gesegnetes Arbeitsfeld zu Rinteln und ward erster Prediger an der evangelischen Kirche zu Fulda und Consistorialrath, bis er 1843 zum Oberconsistorialrath ernannt wurde. Er starb am 17. April 1854 zu Fulda.

Von seinen Schriften seien erwähnt: „Des Tit. Kalpurnius von Sizilien elf erlesene Idyllen übersetzt, erklärt und beurtheilt“ (Leipzig 1805; die erste Idylle in Wieland’s teutschem Merkur); „M. Tullius Cicero’s Rede für den Dichter A. Licinius Archias, lateinisch und deutsch, mit kritischen, erklärenden und beurtheilenden Anmerkungen“ (Leipzig 1814). Außerdem Artikel in Guts-Muths’ Zeitschrift für Pädagogik und in der Nationalzeitung der Teutschen. Daneben Schriften bei besonderen Gelegenheiten herausgegeben, so z. B. „Beschreibung der Feierlichkeiten bei der Rückkehr des Kurfürsten“; eine „Encyklopädie und Methodologie der Gymnasialstudien“ (1830); „Elementarbuch der lateinischen Syntax für die drei niederen Klassen der Gymnasien“ (1835); „Lehrbuch der Hodegetik zu Vorträgen für Gymnasiasten vor ihrem Abgange auf Universitäten“ (1836); „Christliche Volksschule oder allgemeiner Unterricht über Gott, die Welt und den Menschen für evangelische Stadt- und Landschulen“ (1. Aufl. Rinteln 1840, 4. Aufl. 1854); ein „Bonifatiusbüchlein“ aus dem Jahre 1842. Schließlich sei die große Anzahl von Schulprogrammen, die W. als Director herausgab, erwähnt. Von ihnen heißt es in der Allgemeinen Schulzeitung aus dem Jahre 1824 Nr. 6 S. 44, daß sie die trefflichsten und zeitgemäßesten Abhandlungen über alle Gegenstände des Gymnasialuntetrichtes in solcher Ausführlichkeit und Gründlichkeit enthielten, daß keine ähnliche Sammlung von Schulprogrammen mit jenen zu vergleichen sei. Ich erwähne aus ihnen vom Jahre 1817 „Commentatio de Luthero scholarum instauratore“, dann Nachrichten von dem Fortgange des Gymnasiums und seinen Einrichtungen und der Art des Unterrichtsbetriebes aus den Jahren 1818–1829. Daneben [547] lateinische Gelegenheitsgedichte, Reden, aber auch Abhandlungen über Stellen aus Horaz in lateinischer Sprache.

Bei seinen hervorragenden Kenntnissen, seiner großen Rührigkeit, seiner humanen Gesinnung, seiner Fähigkeit seine Schüler zur selbständigen Thätigkeit anzuregen, wofür in den Programmen veröffentlichte Arbeiten von Schülern den Beweis liefern, seiner durchaus würdevollen Persönlichkeit gelang es ihm bald das Gymnasium zu Rinteln zu hohem Ansehen zu bringen. Aus allen Theilen Hessens, aber auch aus Hannover, Hamburg, Bremen und Lübeck strömten ihm Schüler zu. Als der berühmteste seiner Schüler sei Franz Dingelstedt genannt. W. war ein ausgezeichneter Schulmann und ein mildgesinnter Theologe. An Gesicht und Gestalt soll er Aehnlichkeit mit dem Cranach’schen Lutherbilde gehabt haben.

Strieder’s Hessische Gelehrten-Geschichte. – Hessenland 1890. – Mittheilungen des Landgerichtsrathes a. D. Fr. Wiß.
Loeber.