ADB:Voigtel, Valesca
Voigtel: Valesca V.(-Bolgiani), Belletristin, war die einzige Tochter eines höheren preußischen Stabsofficiers Müller, verbrachte ihre Jugend in Westfalen und heirathete den Juristen V. in Magdeburg. Als dieser für letztere Stadt in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt wurde, begleitete sie ihn während der Tagung stets nach Berlin. Der Aufenthalt daselbst und der damit verbundene Verkehr in geistig hervorragender Gesellschaft von Politikern und Schriftstellern beförderte die Entfaltung ihrer Denk- und Anschauungsweise nachdrücklich, ohne daß in ihren bald danach an die Oeffentlichkeit tretenden Büchern unmittelbare Einflüsse davon zu verspüren wären; allgemeine Bildung sowie ein durchgängig urbaner Ton eignen ihnen allerdings sämmtlich. 1868 verwittwet, verzog sie nach Oberitalien, wo sie zunächst auf ihrer Villa Isola bella am Lago Maggiore zurückgezogen lebte, um ihre litterarischen Erzeugnisse ins Italienische zu übersetzen. 1874 vermählte sie sich mit einem italienischen Officier Namens Bolgiani, der zu Mailand in Garnison lag, starb aber daselbst schon am 2. October 1876 im Irrenhause. Ihr Pseudonym war Arthur Stahl.
Zuerst trat V. mit den Romanen: „Ein Prinz von Gottes Gnaden“ (1863) und „Ein weiblicher Arzt“ (2 Bde., 1863) auf, denen später der historische Roman „Die Tochter der Alhambra“ (3 Bde., 1869) und der an ihre glücklichen Tage fleißiger Einsamkeit anknüpfende „Isola Bella“ (1876), ihr Schwanengesang, folgten. Mit den beiden letztgenannten berührt sie schon das zweite Gebiet, auf dem sie Nennenswerthes leistete, die Reiseschilderung; die lebendigen Eindrücke in „Spanien“ (2 Bde., 2 Aufl. 1868) und „Im Lande der Pharaonen“ (1869), beide als „Reiseblätter“ bezeichnet, vertreten diesen Zweig in schärferer Weise. Während sie hier eine Fülle feiner Bemerkungen über Land und Leute spendet, entpuppt sie sich in rein erzählenden Abschnitten und Werken als lebenskluge Beobachterin, der außer jenem Zuge allseitiger Beschlagenheit ein überraschend gesundes Urtheil und eine in Frauenromanen seltene hie und da bizarre Selbständigkeit der Auffassung, die bisweilen ‚griechelt‘, gehören. Das gilt auch für „Historische Bilder aus der alten Welt“ (1870), das Familiengemälde „Aus guter alter Zeit“ (1873), besonders aber die frischen „Novellen und Skizzen“ (3 Bde., 1867), frei und gewandt dem wirklichen Leben nachgezeichnet (1. Böhmische Musikanten. – Auf bewegter Flut. – Skizzen. 2. Diana. – Walter. – Liane. 3. Daphnis und Chloe; ein Heldengedicht von Longos [etwa im 5. Jahrh. n. Chr.]. – Die Schwestern. – Garibaldi). Mit letzterer Sammlung zeigt sie am deutlichsten ihren Vorrang vor ihren Durchschnittscolleginnen; dabei kann man den Farbenzauber und das Local- und Geschichtscolorit in „Die Tochter der Alhambra“, die Gottschall’s ausführliche Würdigung V.’s (Die dtsch. Nationallit. des 19. Jahrh.⁶ IV, 379 f.) so preist, getrost einräumen. – Geburtszeit und -ort sind nirgends zu entnehmen, und auch das Todesdatum schwankt (2. October 1877 und 20. October 1877 werden dafür ebenfalls angegeben).