ADB:Victor I. Amadeus
Fürsten Christian II. (geboren am 11. August 1599, nicht am 10., † Montag, 22. September 1656 nicht am 21., s. A. D. B. IV, 150 ff.) und der Herzogin Eleonore Sophie [674] von Schleswig-Holstein-Sonderburg, † 1675, Enkel des Fürsten Christian I., † 1630 (s. A. D. B. IV, 145 ff.). Benannt nach seinem Pathen Herzog Victor Amadeus von Savoyen, König in Cypern, wuchs er in einem zahlreichen Geschwisterkreise heran, sorgfältig unterrichtet zu Haus und am Dessauer Hofe, dann unter des Ambergers Friedrich Spanheim Leitung in Leyden (s. A. D. B. XXXV, 59) bis 1647. Seitdem begleitete er seinen Vater meist auf dessen Reisen, wurde öfters in Familien- und Staatsangelegenheiten an fremde Höfe gesandt und war auch nach Antritt seiner Regierung 1656–1667, wo er sich mit Elisabeth, Tochter des Pfalzgrafen Friedrich zu Zweibrücken, geboren 1642, † 1677, vermählte, viel außer Landes. Von da ab ist er daheim aufs eifrigste bestrebt gewesen, den Bernburger Antheil Anhalts, der zumal seit dem zufolge des Prager Friedens 1635 erfolgten Rücktritt von der schwedischen Partei (vgl. Fürst Ludwig A. D. B. XIX, 481) entsetzlich bis 1648 zu leiden gehabt hatte, möglichst wieder zu heben durch allseitige Fürsorge, Beihilfe und Unterstützung Nothleidender sowie Verbesserungen des Polizei- und des Rechtswesens. Mit den übrigen anhaltischen Fürsten veröffentlichte er die von Dr. Mascus, Hofrath Köppen u. A. bearbeitete neue Landes-, Proceß- und Gesindeordnung für ganz Anhalt 1666 (mit Anmerkungen herausg. von Lobethan, Cöthen 1804), eine sehr verdienstliche Verbesserung der anhaltischen Polizei- und Landesordnnng des Fürsten Joachim Ernst von 1572 (s. A. D. B. XIV, 70). Sparsam im Staatshaushalt klärte und ordnete er das Finanzwesen zu namhafter Abtragung und Tilgung der Landesschulden, zu Ausführung bedeutender Bauten und selbst zu Güterankäufen. Fürst Christian II. hatte seinem Bruder Friedrich 1635 die Aemter Harzgerode und Güntersberge mit sonstigem Harzbezirk abgetreten, der sich 1665 durch Plötzkau bei Ausgang der Ludwig’schen Linie von Cöthen vermehrte (s. A. D. B. I, 659) gegen Abtretung von Radisleben an Bernburg. Die auf jenem Besitz begründete Harzgeroder Nebenlinie starb schon 1709 wieder aus. Aus den Senioratsgütern übernahm V. I. den Gernrodischen Hof zu Bernburg 1669 für 11 000 Thlr., von der Familie v. Hoym deren adlige Höfe zu Hoym, von Fürst Johann Georg II. zu Anhalt-Dessau 1685 Zeiz und Belleben, von der Familie v. Geuder genannt Rabensteiner das Rittergut Opperode, den Lesewitzer Busch von der Familie von Krosigk, 1709 von der trocken gelegten Aschersleber See 138 abgabenfreie Hufen für 83 000 Thlr. Er legte hier das Vorwerk Victorseck an. Er baute von Stein eine Schleuse und eine Brücke wie ein Waisenhaus 1705 in Bernburg und wandte gern bedeutende Summen auf für Erneuung und Verschönerung seiner Schlösser. Trotzdem er 1677 in seinem Hause das Erstgeburtsrecht eingeführt hatte, überließ er 1692 Zeiz und Belleben, wozu noch 1709 das Amt Hoym ohne Landeshoheit kam, seinem jüngern Sohn Lebrecht, der so die Hoym-Schaumburger Nebenlinie eröffnete, die erst 1812 ausstarb. Viel Trübsal bereitete ihm 1715 seines Erbprinzen Karl Friedrich zweite Vermählung mit Wilhelmine Charlotte Nüßler † 1740, Tochter des Canzleiraths Gottlieb Christian Nüßler in Harzgerode, die zur Reichsgräfin von Ballenstedt 1719 erhoben ward. V. I. starb erblindet, nachdem er seit dem Tode Fürst Johann Georg’s II. von Dessau 1693 Senior von Anhalt geworden war, die veraltete landständische Verfassung des ganzen Fürstenthums mit dem Landtag von 1698 beseitigt hatte (man begnügte sich nun mit Landrechnungstagen, Ausschuß- und Deputationstagen und Conventen) und zumal wegen Begründung der anhaltischen Ansprüche auf Aschersleben und Sachsen-Lauenburg mit größtem Eifer freigebig für die Bearbeitung der Historie des Fürstenthums Anhalt durch Professor Joh. Chrph Beckmann aus Frankfurt a. O. 1710/16 eingetreten war. Er hinterließ durchaus überall von seiner langen Regierung ein reichgesegnetes Andenken. Seine Resolutionen und seine [675] Journale von Begegnungen mit den fürstlichen Vettern bezeugen die Schärfe und Feinheit seines Urtheils, sowie den tiefen sittlichen Ernst, mit dem er seine Regentenpflichten auffaßte, bezüglich heimischer Finanzfragen, die auch nach 1652 noch der Regelung bedurften, wegen Vertretung Anhalts auf dem Regensburger Reichstag, für die er an die Gelehrsamkeit, Gewandtheit und Energie juristischer und adliger Gesammträthe sehr hohe Anforderungen stellte, betreffs der allgemeinen Politik, in der z. B. Dessau 1658 mehr schwedisch passionirt war (s. A. D. B. XIV, 116), Bernburg an dem guten Haus Habsburg unverrückt seit 1621 hing, wegen der Vota und der Successionsfähigkeit der Nebenlinien, wegen der Religionsstreitigkeiten, die Fürst Johann von Zerbst 1642 (s. A. D. B. XIV, 117) durch Bedrängung der reformirten Confession und Durchsetzung des lutherischen Bekenntnisses in Kirche und Schule hervorgerufen hatte, wegen der Ober- und Unterdirection im Landtag, der Einkünfte für die Gesammtung und der Abrechnungen für die einzelnen Haupt- und Nebenlinien, wegen des Verhältnisses zu dem Sohne Fürst Aribert’s zu Dessau von Fräulein v. Krosigk, dem Grafen v. Bäringen, Herrn zu Waldersee und Radegast, Christian Aribert † 1677 udglm. Zu der Erbeinigung von 1635 traten als Hausgesetze unter Victor’s I. besonderer Mitwirkung 1665 das Pactum Successorium über die Maßnahmen bei Abgang von Hauptlinien, 1669 der Senioratsreceß und 1681 der Receß mit Kurbrandenburg wegen der Magdeburger Lehen in Anhalt (vgl. Herm. Schulze, Die anhaltischen Hausgesetze, Jena 1862 Bd. I Nr. III bis VI). Sein Nachfolger war Karl Friedrich, geboren am 13. Juli 1668, Regent seit 14. Februar 1718, Senior seit 3. November 1718, † am 22. April 1721.
Victor I. Amadeus, Fürst von Anhalt-Bernburg, geboren zu Harzgerode am 6. October 1634, † am 14. Februar 1718, Sohn des- Vgl. Beckmann, Historie III, 99 ff., V, 374 ff. Accessiones 352 f. 495 ff. – Lenz, Becm. enucleatus fol. 723/753, quarto II, 1519/79. – Bertram-Krause II, 602/613. – Cohn, Stammtafeln 153. – Büttner, Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler, Dessau 1892 ff., Heft 1 und 2. – Urkunden und Actenstücke des Herzoglichen Haus- und Staatsarchivs zu Zerbst.