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ADB:Turne, Otto zem

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Artikel „Turne, Otto zem“ von Richard Moritz Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 23–24, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Turne,_Otto_zem&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 08:31 Uhr UTC)
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Band 39 (1895), S. 23–24 (Quelle).
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Turne: Otto zem T., Minnesinger. Unter seinem Namen sind in der Heidelberger Handschrift fünf Minnelieder überliefert; außerdem hat Bartsch als Autor eines unter dem Namen „Winli“ erhaltenen Minneleichs (nach einer dort vorkommenden Anrede) einen „Herrn Türner“ ermittelt. Er trennte beide Sänger und setzte den Dichter des Leichs mit einem 1275, den der Lieder mit einem 1312 bis 1330 belegten Otto zem T. aus der Familie der Freiherren v. Turn und Gestenburg in Wallis gleich. Mit Recht erklärt dagegen Baechtold den älteren Otto für den Autor aller sechs Stücke, da die weitgehende Uebereinstimmung in Gedanken, Bildern und Wortgebrauch keine Scheidung zuläßt, und da der Dichter Gliers in einer litterarischen Stelle „von Turn“ mit älteren Sängern zusammen [24] nennt. Doch läßt die Häufigkeit des Namens auch die Möglichkeit zu, daß ein österreichischer ebenfalls 1275 belegter Otto v. Thurn der Dichter ist, und zu seiner Eigenart würde die österreichische Heimath sogar noch besser passen.

Der Dichter ist merkwürdig als der einzige Minnesinger, der Wolfram’s Lyrik nachahmt. Er verwendet die Titurelstrophe, sucht kühne Gleichnisse, die wie die Wolfram’s ritterliche Art in den Minneton übersetzen und Abstracta greifbar machen: seinen Dienst vergleicht er einer durchschlagenen Pauke, deren dumpfe Laute nicht mehr wirken, seine Gesinnung dem hochfliegenden Falken. Auch die Art, wie er alte Formeln modernisirt, erinnert an den Meister. Dabei ist er von modischen Einflüssen durchdrungen, braucht gern Fremdworte und spielmannsmäßige Ausdrücke, fügt der Körperbeschreibung seiner Schönen realistisch neue Züge (die Grübchen auf der Wange) bei; er verwendet die Allitteration, streut aber auch fast nach provençalischer Manier denselben Reim durch mehrere Strophen aus. Sein Ruhm gründete sich wohl vorzugsweise auf den kunstvoll gebauten Leich; doch zeigen auch die Lieder gewandte Reimkünste.

Text in Bartsch’s Schweizer Minnesängern XVIII, S. 166 f. und XXXI, S 385 f.; Litteratur: ebd. CIV f. und CCX f. – v. d. Hagen, Minnesinger IV, 291–293. – Baechtold, Gesch. d. d. Dichtung in der Schweiz S. 154. – Grimme[WS 1] in Pfeiffer’s Germania 35, 322, Socin[WS 2] ebd. 36, 313.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Fritz Grimme (1861–?), Oberstudiendirektor in Essen.
  2. Adolf Socin (1859–1904), Professor für deutsche Philologie in Basel.