ADB:Tempelhoff, Georg Friedrich von
v. Fink Hülfe bringen sollten, 1760 befehligte er auf dem Kriegsschauplatze in Sachsen bereits eine Batterie, 1761 im Lager von Bunzelwitz eine mit fünf Brummern besetzte Schanze, dann nahm er an der Belagerung von Schweidnitz, an den Kämpfen von Burkersdorf und von Leutmannsdorf theil und erwies sich bei Reichenbach als tüchtig. Seinen wissenschaftlichen Neigungen folgend, beschäftigte er sich, nach der Rückkehr aus dem Felde zu Berlin in Garnison stehend, mit mathematischen und mit astronomischen Studien. Als Früchte der ersteren erschienen im Drucke „Die Anfangsgründe der Analysis der endlichen Größen“ (Berlin 1768), „Die Anfangsgründe der Analysis der unendlichen Größen“ (Berlin 1769) und eine „Vollständige Anleitung zur Algebra“ (Berlin 1773). Auch „Gedanken über das Stimmen von Klavieren“ etc. hat er veröffentlicht (Berlin 1775). Später machte er den Bairischen Erbfolgekrieg mit. Der Ruf, ein gelehrter Officier zu sein, welchen ihm jene Beschäftigungen eingetragen hatten, wuchs noch, als er in seinem 1781 erschienenen, damals besten, aber mehr theoretisch bedeutenden, als für die Praxis brauchbaren Buche über Ballistik „Le Bombardier prussien ou du mouvement des projectiles en supposant la résistance de l’air proportionelle au quarré des vitesses“ sich in Widerspruch zu Bélidor’s Bombardier français setzte. Das Wesentliche seiner Arbeit hatte er übrigens bereits in seiner mit Anmerkungen 1768 zu Berlin herausgegebenen Uebersetzung des Werkes „Physikalisch-mathematische Grundsätze der Artillerie, in denen die Natur und Eigenschaften des Pulvers untersucht werden“ aus dem Italienischen des Herrn Papacino d’Antoni, Direktor der königlich Sardinischen theoretischen Schulen der Artillerie und Fortifikation, niedergelegt und eine weitere Lösung der aufgeworfenen Fragen hatte er in dem Journal littérire de Berlin unternommen. Eine Aufzählung seiner vielen hier nicht sämmtlich genannten, meist mathematischen Schriften findet sich in Meusel’s Gelehrtem Deutschland, 8. Bd., Lemgo 1800.
Tempelhoff: Georg Friedrich von T., königlich preußischer Generallieutenant, am 17. März 1737 zu Trampe in der Mittelmark als der Sohn eines Domänenpächters geboren, widmete sich zunächst in Frankfurt a. O. und in Halle mathematischen Studien, trat aber bei Beginn des Siebenjährigen Krieges in das preußische Heer und zwar in die Infanterie, aus welcher er bald zur Artillerie überging. Als Angehörigen der letzteren Waffe finden wir ihn schon 1757 bei Leuthen. Im folgenden Jahre wohnte er der Belagerung von Olmütz bei, am Frühmorgen des 14. Oktober dieses Jahres scheint er als Corporal und Befehlshaber eines einer Feldwache zugetheilten Geschützes die Alarmschüsse abgegeben zu haben, welche den bei Hochkirch lagernden Preußen den feindlichen Ueberfall verkündeten, bald nachher ward er Feuerwerker und nach der Schlacht von Kunersdorf Officier. Im Herbst 1759 gehörte er den Truppen an, welche dem bei Maxen capitulirenden GeneralSein bekanntestes Werk und dasjenige von den Erzeugnissen seines Geistes, welches allein einen bleibenden Werth hat, ist seine „Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutschland zwischen dem Könige von Preußen und der Kaiserin-Königin mit ihren Alliirten.“ In dem Titel ist zuerst die Benennung „Siebenjähriger Krieg“ angewendet, welche jetzt für die Kämpfe der Jahre 1756 bis 1763 die allgemein gebräuchliche ist. Die Anregung zu seiner Arbeit erhielt T. durch die in englischer Sprache vom General H. Lloyd unter dem Titel „The history of the late war in Germany between the King of Prussia and the [562] Empress of Germany and her allies by a General Officer, who served several Campaigns in the Austrian army“ zuerst 1766, in einer bekannteren Ausgabe aber 1781 zu London veröffentlichte Geschichte jenes Krieges. Sie umfaßt die beiden ersten Jahre. T. übersetzte das Buch (Berlin 1783) und versah es mit Anmerkungen und Erläuterungen, ohne an den Grundlagen zu rütteln. Ohne Zweifel wäre die Arbeit besser ausgefallen, wenn T. sie ganz selbständig unternommen hätte. Letzteres geschah bei den folgenden Bänden, von denen der zweite das Kriegsjahr 1758, der dritte 1759, der vierte 1760, der fünfte 1761, der sechste 1762 behandelt. Sie wurden zu Berlin in den Jahren 1785 bis 1801 veröffentlicht. Die Quellen, aus denen T. geschöpft hat, sind nicht angegeben; sie waren aber reichhaltig und wurden fachkundig und mit Geschick benutzt; außer Tempelhoff’s persönlichen Wahrnehmungen und den vorhandenen Druckschriften müssen ihm mannigfache Mittheilungen von Augenzeugen und schriftliche Belegstücke in Gestalt von Standeslisten, Capitulationsverhandlungen und sonstigen Beweismitteln zur Verfügung gestanden haben. Vielfach hat er aus der Darstellung der Thatsachen, welche er schildert, Lehren und Nutzanwendungen gezogen; seine Ansichten über die Kriegführung entsprechen den Anschauungen seiner Zeit und gehen von dem Grundsatze aus, daß womöglich das Manöver und nicht die Schlacht zur Erreichung der Ziele verhelfen müsse. Die Erlaubniß zur Veröffentlichung einer von T. verfaßten Arbeit über die Taktik versagte König Friedrich, die Handschrift gilt für verloren. – Eine bedeutende Thätigkeit entfaltete T. als Lehrer. Zunächst wirkte er als solcher an der Inspectionsschule zu Berlin, 1791 begründete er die dortige Artillerieakademie, auch unterrichtete er die Söhne König Friedrich Wilhelm’s II. – Ferner erwarb er sich mannichfaches Verdienst um die Ausrüstung seiner Waffe, so verbesserte er die Einrichtung der Packwagen. Auf seiner Anregung beruhte die Bildung einer Pack-Mörser-Batterie, deren Geschütze etc. auf Tragthieren verladen wurden. – Im J. 1782 ward er vom jüngsten Hauptmann zum Major befördert und mit dem Commando von zwei neuerrichteten Artilleriecompagnien betraut, 1784 wurde ihm der Adel verliehen. Als 1792 eine Armee zum Kriege gegen Frankreich aufgestellt wurde, erhielt er als Generalmajor das Commando der Artillerie bei derselben; ein Zerwürfniß zwischen ihm und dem Oberst v. Merkatz (s. A. D. B. XXI, 432), seinem erbitterten Gegner, veranlaßte aber, daß er während des Rückzuges aus der Champagne nach Hause zurückkehrte. General von Valentini schreibt in den Erinnerungen eines alten preußischen Officiers (Glogau und Leipzig 1833, S. 14), daß seine Leistungen ungenügend gewesen seien. Im J. 1806 rückte er nicht mit in das Feld. Er starb, nachdem er 1802 Generallieutenant geworden war und 1805 den Schwarzen Adlerorden erhalten hatte, am 13. Juli 1807 zu Berlin. – T. war ein rechtschaffener Mann, gerade und derb, aber despotisch, eingebildet und von Gelehrtendünkel erfüllt. Im Heere überhaupt und namentlich bei seinen Untergebenen war er wenig beliebt; die letzteren meinten, daß seine Erfolge in der Verwendung der Waffe zu wünschen übrig gelassen hätten; ob dieses Urteil durch Neid beeinflußt sei, will Scharnhorst nicht entscheiden (Scharnhorst von M. Lehmann I, 36. 296, Berlin 1886).
- K. W. v. Schöning, Historisch-biographische Nachrichten zur Geschichte der brandenburgisch-preußischen Artillerie II, III. Berlin 1844–45. – Ueber die Quellen der Geschichte des Siebenjährigen Krieges von Tempelhoff, Inaugural-Dissertation von O. Herrmann. Berlin 1885. – W. Jähns, Geschichte der Kriegswissenschaften III, 1873, 2397. München und Leipzig 1891.