ADB:Stiebel, Salomon Friedrich
Königs folgend, an den Befreiungskriegen als Lützow’scher Jäger und Bataillonsarzt Theil und hat seine Erlebnisse später in lebhafter Weise in einer kleinen Schrift: „Erinnerungen aus den deutschen Befreiungskriegen von 1813 und 1814“ (Frankfurt a. M. 1847) geschildert. Nach der Rückkehr setzte er das unterbrochene Studium zu Göttingen fort, promovirte daselbst 1815 („De Limnaei [172] stagnalis anatome“ – vgl. auch Meckel’s Archiv vom gleichen Jahr) und ließ sich alsdann in seiner Vaterstadt als Arzt nieder. Mehr als 50 Jahre hat er hier gewirkt und sich in reichem Maaße Liebe und Achtung erworben; besonders verdient seine Thätigkeit an dem von Dr. Christ ins Leben gerufenen Kinderhospital erwähnt zu werden. Er hat dem Bau des dafür bestimmten Hauses mit sachverständigem Rath beigestanden und lange Jahre in segensreichster Weise an der Anstalt gewirkt: als Arzt (1845–53) und weiterhin als Administrator, als Lehrer, indem er für jüngere Collegen eine vollständige Klinik daselbst abhielt. Einzelne seiner Vorträge sind auch im Druck veröffentlicht worden – „Klinische Vorträge“ (Frankfurt a. M. 1845); „Fünf Vorlesungen über Kroup und Laryngospasmus“ (Journal für Kinderkrankheiten 1859). Den Jahresberichten des Krankenhauses schickte St. Aufsätze voraus, in denen er sich als Kinderarzt an das größere Publicum mit werthvollen Belehrungen und Rathschlägen wandte; gesammelt erschienen diese 1865 in seiner „Jubeldissertation“. Eine selbständige Schrift dieser Art ist die „Von dem rechten Gebrauche des Arztes“ (Frankfurt a. M. 1840); auch verdient seine Schrift über „Soden und seine Bäder“ (Frankfurt a. M. 1840) angeführt zu werden, die diesen Kurort in weiteren Kreisen bekannt machte und ihrem Verfasser den Nassauischen Geheimen Hofraths-Titel eintrug. Von speciell medicinischen Schriften seien noch die „Kleinen Beiträge zur Heilwissenschaft“ (Frankfurt a. M. 1823) erwähnt, in denen ein für damalige Anschauungen besonders charakteristischer Fall von „thierischem Magnetismus“ mitgetheilt wird, freilich mit dem Schlußergebniß, daß die Somnambule nichts weiter als eine gewöhnliche Schwindlerin war.
Stiebel: Salomon Friedrich St., Arzt, geboren am 20. April 1792 zu Frankfurt a. M., † daselbst am 20. Mai 1868. Aus dürftigen Verhältnissen entstammend, geschah anfänglich wenig für den Knaben und erst auf Zureden der Nachbarn, die seine Begabung erkannten, ermöglichten die Eltern ihm den Besuch des Gymnasiums. Im Frühjahr 1810 bezog St. die Universität Heidelberg in der Absicht, Philologie zu studiren, ging aber noch im ersten Semester zur Medicin über. In Berlin, wo er von 1811 ab seine Studien mit seltenem Fleiße fortsetzte, betheiligte er sich gleichzeitig rege an den Bestrebungen zur Befreiung Deutschlands vom fremden Drucke. Er nahm, dem Ruf desNeben seiner Thätigkeit als Arzt nahm St. am öffentlichen Leben seiner Vaterstadt regen Antheil – er war von 1830–1848 Mitglied des gesetzgebenden Körpers, wo er der freisinnigen Richtung angehörte – und widmete sich ganz besonders der Pflege der Naturwissenschaft: er war Mitgründer der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, mehrmals Vorsitzender derselben und übergab auch ein Capital, das ihm bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctorjubiläums überreicht worden war, dieser Gesellschaft zum Zwecke, vierjährlich der besten Arbeit auf dem Gebiete der Kinderheilkunde oder Entwicklungsgeschichte einen Preis zuzuertheilen. Selbstthätig war St. auf dem Gebiet der Naturwissenschaften nur mit geringem Erfolg: seinem sanguinisch-cholerischen Temperament entsprach diese Forschungsrichtung nicht: „er war der Mann der Anregung, der Initiative, der geistreichen Aperçüs und Gedankenblitze“. Auch als Arzt war er seiner durchgreifenden Maßregeln wegen bekannt, ebenso aber auch seiner Sicherheit, Entschiedenheit, und nicht zum letzten, seiner Kenntnisse und Erfahrung wegen geschätzt.