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ADB:Steeb, Johann Gottlieb

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Artikel „Steeb, Johann Gottlieb“ von Carl Leisewitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 542–543, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steeb,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:50 Uhr UTC)
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Steeb: Johann Gottlieb St., Pfarrer zu Grabenstetten und landwirthschaftlicher Schriftsteller, † am 29. November 1799. Zu Nürtingen, einem württembergischen Landstädtchen, am 10. Februar 1742 geboren, erhielt er im elterlichen Hause eine einfache, von den Grundsätzen der Biederkeit und des Patriotismus geleitete Erziehung und wurde im Alter von 15 Jahren behufs Vorbereitung auf den geistlichen Beruf in das theologische Seminar des Klosters Blaubeuren gebracht. Nach vier Jahren schon hatte er die Reife für den Besuch der theologischen Facultät zu Tübingen erlangt, wo er sich dann mit großem Eifer ebenso den philosophischen, wie den Fachstudien widmete. Vor Vollendung derselben erwarb er sich durch eine lateinische Disputation die Magisterwürde und wurde infolge dessen mit der Function eines Custos an der dortigen Klosterbibliothek betraut. Vom 21. bis zum 25. Lebensjahre theils mit diesen Functionen, theils noch mit seinen Studien beschäftigt, auch litterarisch auf theologischem Gebiete mehrfach thätig, übernahm er 1767 eine Stellung als Hauslehrer bei dem Geheimen Rath v. Gemmingen in Heilbronn, wo er 5 Jahre hindurch unverdrossen wirkte, bis ihm das Pfarramt in Dirnau übertragen wurde. Da er hier nicht völlig durch Amtsgeschäfte in Anspruch genommen war, so setzte er zwar seine litterarische Thätigkeit fort, widmete sich aber auch mit regem Interesse dem Studium der Natur und stellte namentlich auf dem Gebiete des Landbaues eingehende Beobachtungen an, wozu ihm noch durch die damals aufgekommene wissenschaftliche Tendenz in der landwirthschaftlichen Litteratur besondere Anregung geboten sein mochte. Hatte er sich dabei indeß für eine Reihe von Jahren vorerst auf eine informatorische und aufklärende Thätigkeit zu beschränken [543] gehabt, so wurde demnächst in ihm mit dem Bewußtsein, Einsicht und Sachkenntniß gewonnen zu haben, auch das Verlangen geweckt, Nutzanwendungen davon zum Wohle seiner Mitmenschen erbringen zu dürfen. Erst im J. 1787 bot sich ihm die erwünschte Gelegenheit dazu, als er nach Grabenstetten, einem im Gebiete der Rauhen Alp gelegenen Dorfe, versetzt wurde. Dort war es mit den Culturzuständen schlecht bestellt, Feldbau und Viehzucht lagen im Argen, Verödung oder Verwilderung herrschte auf den weitgedehnten Fluren, und die ländlichen Bewohner jenes Districtes waren der Indolenz oder der Apathie verfallen. Nachdem sich St. genauer mit den Ursachen der dortigen Mißstände bekannt gemacht und gegen viele Schwierigkeiten angekämpft hatte, um den eingesessenen Landleuten das Verständniß für die richtige Beurtheilung ihrer traurigen Lage und den Sinn zur Befolgung anderer wirthschaftlichen Maximen beizubringen, ging er mit Ertheilung geeigneter Rathschläge bezw. mit Einleitung von Culturversuchen vor. Er führte den Anbau des Espars ein, gab Anleitung zu den nothwendigsten Verbesserungen im Acker- und Pflanzenbau, wie in der Haltung der Viehstände, er wandte sich an die Regierung und die Landstände des Herzogthums, um deren Interesse für die zur Hebung des Volkswohlstandes unerläßlich gewordenen Culturmaßregeln zu wecken und ihren förderlichen Einfluß in Anspruch zu nehmen. Zugleich gab er in einer Reihe von Schriften seine Anschauungen und Pläne hinsichtlich der Verbesserung der Cultur auf der Rauhen Alp öffentlich kund, suchte durch eine Schrift über die Bildung des Landwirthes die Zweckmäßigkeit der Gründung einer ökonomischen Gesellschaft im Herzogthum Württemberg darzuthun und appellirte zugleich an den geistlichen wie den Beamtenstand, um dessen ersprießliche Mitwirkung zu gewinnen. Da seine bezüglichen Anregungen vielfach Anklang fanden und die erfolgreiche Wirksamkeit anderer ökonomischer Societäten zur Nachahmung aufforderte, so konnte er bald im Verein mit einer Anzahl einflußreicher und patriotisch gesinnter Männer die Organisation einer solchen Gesellschaft ins Werk setzen. Durch die Leitung derselben noch weiter in Anspruch genommen, und mit der Ausarbeitung einer statistischen Beschreibung der württembergischen Alp beschäftigt, wurde er plötzlich aus seinem segensreichen Wirken durch den Tod abgerufen.

Als Mann von ausgezeichneten Charaktereigenschaften und als wahrer Patriot in befreundeten Kreisen gewürdigt, als pflichttreuer und toleranter Seelsorger jederzeit bewährt gefunden, sollte er doch kaum die Genugthuung ernten, für seine aufopfernde Thätigkeit entsprechend anerkannt worden zu sein; er hatte ein entbehrungsreiches Leben zu führen gehabt und mußte sich mehrentheils mit dem Bewußtsein begnügen, nach Kräften für das Wohl seiner Mitmenschen gewirkt zu haben.

Vgl. Schlichtegroll, Nekrolog der Deutschen. Jahrg. 1799.