ADB:Stapel, Ernst
K. Th. Gaedertz’ Verdienst, nachgewiesen zu haben, daß dieses Drama nicht von St. verfaßt worden ist, sondern daß es als Eigenthum des bekannten Dichters Johann Rist (s. A. D. B. XXX, 79 ff.) anzusehen ist, der es in der „Alleredelsten Belustigung“ von 1666 S. 118 unter seinen dramatischen Arbeiten mit dem Bemerken nennt, daß er „gleichwol eines Anderen Namen für dieses Spiel gesetzt“ habe. Es erklärt sich dieser Vorgang folgendermaßen. St., der aus Lemgo stammte und von Helmstedt nach Rostock zog, um hier seine Studien fortzusetzen, schloß in Rostock mit Rist, der Ende der zwanziger Jahre als Hofmeister eines Hamburger Patriciers dorthin gegangen war, eine innige Freundschaft, die auch in der gegenseitigen Mittheilung der dichterischen Hervorbringungen ihren Ausdruck fand. St. genoß bereits einen Ruf als Gelegenheitsdichter, und da Rist hoffen durfte, daß seine erste dramatische Leistung einen größeren Erfolg erzielen würde, wenn sie unter Stapel’s Namen vom Stapel liefe, so nannte er den Freund als Verfasser der Irenaromachia und ging sogar so weit in der Selbstverleugnung, daß er ein Gedicht vorausschickte, in welchem er seinen E. St. preist und zu neuen Dichtungen aufmuntert. (Fraterni amoris invictaeque necessitudinis ergo faciebat Johannes Ristius Holsatus.) Vor der Drucklegung war unter beider Leitung in Hamburg die Aufführung des Dramas durch Studenten und Landsleute erfolgt und zwar, wie Christoph Walther nachgewiesen hat, im Hause des Rathsherrn Ostmann in der St. Johannisstraße. Die Notiz, die Walther in einer Abschrift und Fortsetzung der Hamburger Chronik des Adam Tratziger fand, nennt als Verfasser des Dramas Ristius et Stapelius. Will man nun, hierauf gestützt, St. einen Antheil an der Autorschaft des Dramas zuweisen, so werden ihm die hochdeutschen, Rist die niederdeutschen Scenen zufallen, wie Rist den hochdeutschen Theil des „Friedewünschenden Deutschland“ gleichfalls als Stapel’s Erfindung nennt. – Von St. ist sonst nichts hinterlassen. Rist schreibt ihm eine große Zuneigung zu sinnreichen Schauspielen zu, worin er vor vielen Anderen sehr glücklich gewesen sei und wie solches seine nachgelassenen Werke bezeugen. Er verlobte sich 1634 mit Stapel’s Schwester Elisabeth und führte sie im folgenden Jahre nach seiner Wahl zum Pfarrer in Wedel heim. St. starb bereits am 13. October 1635. Rist widmete seinem „sehr geliebten Schwager und höchstvertrauten Freunde“ ein Klagegedicht (Poet. Lustgarten 1638 Nr. 7) und sagt in einer Anmerkung zu demselben, daß St. und er die Irenaromachia im J. 1630 auf öffentlicher Bühne vorgestellt hätten.
Stapel: Ernst St. galt bisher als der Verfasser eines in Hamburg 1630, bis 1651 wiederholt gedruckten und daselbst aufgeführten Dramas „Irenaromachia das ist Eine newe Tragicocomödia von Fried vnd Krieg“, da der Titel den Zusatz enthält: „Auctore Ernesto Stapelio, Lemg. Westph.“ Es ist- K. Th. Gaedertz, Jahrb. des Vereins f. niederd. Sprachforschung VII (1881), S. 104 f., wiederholt in Desselben Niederdeutschem Schauspiel von den Anfängen bis zur Franzosenzeit (Berlin 1884), S. 37–41. – Goedeke, Grundriß der deutschen Dichtung III², 212. – Walther, Correspondenzblatt des Vereins f. niederd. Sprachforschung VIII (1883), S. 66.