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ADB:Stahel

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Artikel „Stahel“ von Karl Friedrich Pfau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 431–433, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stahel&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:39 Uhr UTC)
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Stahel, aus Holland stammendes Drucker- und Buchhändlergeschlecht. 1482 wanderte Konrad Stahel (siehe unten) in Passau ein, druckte im Verein mit Benedict Mayr, ging aber schon zwei Jahre später nach Venedig und 1491 nach Brünn, wo er als erster Buchdrucker auftrat. Johann Jakob St., geboren 1723 als der einzige Sohn des Kaufmanns und Bürgermeisters Reinerus St. in Köln, ist der Gründer der nun seit 137 Jahren bestehenden Stahel’schen kgl. bair. Hof- und Universitäts-Buch- und Kunsthandlung in Würzburg. Nach der im Besitze der Familie befindlichen Urkunde erhielt er von dem damaligen Fürstbischofe Karl Philipp von Greifenklau, Herzog von Franken, am 23. Mai 1753 die Concession zur Errichtung und Führung einer Buchhandlung in Würzburg, für die er „Stahel’sche Buchhandlung“ firmirte. 1763 kaufte er „mit Vorwissen der hochfürstlichen Regierung“ die Kleyer’sche Universitätsbuchdruckerei in Würzburg, und da nach damaligen Zunftgesetzen zur Errichtung einer Buchdruckerei der Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse nothwendig war, entschloß sich der damals bereits im 40. Lebensjahre Stehende, wie es in der Urkunde heißt, „berühmte Buchhändler Johann Jakob Stahel“, die Buchdruckerkunst noch zu erlernen. Zu diesem Zwecke stellte er sich der „Buchdruckergesellschaft in der kaiserlichen freien Reichsstadt Frankfurt a. M.“ vor und erhielt die Erlaubniß, bei dem Buchdrucker und Buchhändler Heinrich Ludwig Brönner von der Herbstmesse 1763 bis dahin 1766 in die Lehre zu gehen, wobei ihm im voraus das vierte Lehrjahr erlassen wurde. Am 11. September 1765 wurde er in die Buchdrucker-Gesellschaft aufgenommen. Damit aber die „Stahel’sche Buchdruckerey“ einstweilen fortgeführt werden konnte, hatte die Buchdrucker-Gesellschaft Christoph Wolfgang Kohles zum Factor eingesetzt und bestimmt, daß während dieser Zeit die Bücher unter des Factors Namen gedruckt werden sollten. Am 16. Januar 1769 wurde Johann Jakob St. von der Universität Würzburg, mit deren Lehrern und Hörern er in nahen Beziehungen stand, zum Universitätsbuchhändler ernannt und war als solcher der Universitätsgerichtsbarkeit unterstellt. Einige Jahre später wurde ihm der Titel eines „Hochfürstlichen Hofbuchhändlers“ verliehen. Die Hauptrichtung des Verlages erstreckte sich auf die katholisch-theologische Litteratur. Bis zum Jahre 1789, in welchem der Tod des Begründers erfolgte, erschien eine ganze Reihe von Büchern für den Kirchen- und Schulgebrauch, eine Anzahl griechischer und römischer Classiker in Text und commentirten Ausgaben. Als eine der bedeutendsten Publicationen dieser Zeit gilt die „Bibliothek der Kirchenväter“.

Von den sieben Söhnen des Johann Jakob St., welche zumeist höhere Militärs in österreichischen und russischen Diensten waren, widmete sich Johann Veit Joseph St., der vierte der Söhne, geboren am 14. Januar 1760 in Würzburg, dem Buchhandel. Eifrig oblag er seinen Studien an der Würzburger Universität und erlangte den Grad eines Doctors der Philosophie. 1780–1801 lebte er in Wien und Graz. In Wien eröffnete er eine Buchhandlung[WS 1] [432] („Stahel’sche Buchhandlung“), die er später seinem Schwager F. Schaumburg übergab, der dieselbe unter seinem eigenen Namen weiter führte. In Graz war er Stadtrath und zur Zeit der französischen Invasion Procureur de la Commune. Als Deputirter der Landescommission bei General Bonaparte erwarb er sich 1797 großes Verdienst um das Wohl von Graz und ganz Steiermark, indem er, obwohl umstellt von französischen Bajonetten, durch energisches Auftreten die Leistung einer wöchentlichen Contribution von 100 000 fl. verhinderte. Da sich Dr. Veit Joseph St. seiner freien Anschauungen wegen unter Metternich fürderhin nicht halten konnte, verkaufte er seine Güter und übernahm das inzwischen von seiner Mutter weitergeführte väterliche Geschäft. Welchen Aufschwung schon damals der Verlag genommen hatte, geht aus einer 1803 von ihm verfaßten Schrift: „Ueber den Zustand des Buchhandels in Würzburg“ hervor, in der es heißt, daß seit der Einrichtung der Buchdruckerei bis dahin die Summe von 700 000 fl. für Herausgabe von Verlagswerten verausgabt wurde. Oft wurden, da die eigene Druckerei nicht alle Arbeiten für den Verlag und für auswärtige Buchhandlungen bewältigen konnte, gleichzeitig die Pressen in Fulda beschäftigt. 1803 erschien zum ersten Male die „Würzburger Zeitung“, ein Tageblatt politisch-litterarischen Inhalts. Am 25. Juni 1805 erwarb Dr. Veit Joseph St. die Griebel’sche Buchdruckerei in Mergentheim, die er aber schon am 10. December 1808 an seinen Factor Johann Georg Tham verkaufte. 1818 zog er sich vom Buchhandel zurück und lebte seinen Privatstudien, als deren Früchte u. a. die Übersetzung von Goldsmith’s „Geschichte der Römer“ (1. Aufl. 1790, 3. Aufl. 1828) und Goldsmith’s „Geschichte der Griechen“ (1. Aufl. 1802, 3. Aufl. 1828) hervorging. 1818 traten seine beiden ältesten Söhne als Theilhaber ein, Johann Konrad (geboren um 12. April 1789 in Wien) und Joseph Ignaz (geboren am 30. Juli 1790 in Wien) und verblieben bis 1832, in welchem Jahre am 27. September ihr Vater starb, gemeinsam Leiter des Geschäfts. Zu dieser Zeit zog sich Joseph Ignaz ins Privatleben zurück und that viel für das Wohl der Armen, für die er auch eine Holzstiftung errichtete. „Zur ehrenden Erinnerung an die Thätigkeit und Rechtschaffenheit seiner Vorfahren“ errichtete er ferner eine Familien-Stipendien-Stiftung und starb am 17. Juni 1866 in Würzburg. Für ihn übernahm sein jüngerer Bruder Karl (geboren am 4. Mai 1807), der erst 1828 vom Kaufmannsstande zum Buchhandel übergetreten war, die Mitdirection. 1844 eröffnete dessen jüngster Bruder Ludwig (geboren am 10. August 1810) unter seinem Namen in Würzburg, im Wermuth’schen Hause am Marktplatz, eine Buchhandlung, die indeß schon nach vier Jahren infolge seines Ablebens mit dem Stammgeschäfte verschmolzen wurde. 1845 verschied auch Karl und so verblieb die Firma in den alleinigen Händen Johann Konrad’s. Jahrelanges Leiden hatte diesen an das Zimmer gefesselt, und er rief seinen ältesten Sohn Veit Joseph im Spätjahr 1852 aus Neapel nach Hause zurück. Bereits am 16. Februar des folgenden Jahres starb Johann Konrad im 64. Lebensjahre, im 100. Jahre des Bestehens der Firma.

Am 1. Januar 1855 übernahm Veit Joseph St. die Leitung. Am 15. Januar 1828 in Würzburg als ältester Sohn des Johann Konrad geboren, erhielt er jene Ausbildung, die sein späterer Beruf als Vermittler der geistigen Produktion unserer Gelehrten erheischt. Er richtete in seinem Hause, dem alten Seebachshof (vormals Sitz der Würzburger Weihbischöfe) für die eigenen Zwecke der Buchhandlung eine Buchdruckerei ein. Dem Wirken der Inhaber der Stahel’schen Buchhandlung fehlten auch die entsprechenden Anerkennungen [433] und Auszeichnungen nicht. 1882 betheiligte sich die Stahel’sche Buchhandlung durch Herausgabe verschiedener Festschriften an der Säcularfeier der Alma Julia Maximilianea in so hervorragender Weise, daß ihr der Akademische Senat der Universität Würzburg den Titel einer Universitäts-Buchhandlung ertheilte. Unter den Festschriften verdient insbesondere die von Joseph St. entworfene Pergamentausgabe der „Geschichte der Universität Würzburg“ von Professor v. Wegele Erwähnung. Am 1. Juli 1889 erlag St. einem Magenleiden.

Als Hauptrichtungen des Verlags gelten die medicinisch-naturwissenschaftliche und die rechtswissenschaftliche, und von den hervorragendsten Autoren, welche diese und die anderen Dissciplinen vertreten, seien nur folgende genannt: v. Kölliker, Kußmaul, v. Scanzoni, Textor, v. Troeltsch, Rieger, Fick, v. Sachs, Rud. v. Wagner, v. Urlichs, Grasberger, v. Wegele, Seuffert (Pandektist), Kohler. Von Verlageswerken sind bemerkenswerth: Cannstatt’s „Jahresbericht der Medicin“ (Jahrgang 1851 bis 1865), Cannstatt’s „Jahresbericht der Pharmacie“ (1851–1865), „Archiv für Ohrenheilkunde“ (1864–1873), des Chirurgen Heine’s Werke, Scanzoni’s „Beiträge zur Geburtskunde“, die „Sitzungsberichte und Verhandlungen der physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg“, die „Officielle Ausgabe des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches“ von J. Lutz (dem bairischen Staatsminister), die „Protokolle der Commission zur Berathung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches“, Seuffert’s „Praktisches Pandektenrecht“, die über 400 Nummern umfassende Stahel’sche „Sammlung Deutscher Reichsgesetze und Bayrischer Gesetze“, Denzinger’s Werke, die Programme des Martin v. Wagner’schen Kunstinstituts, Jakob Bayer’s „Großes lateinisches Lexikon“ (das spätere Mühlmann’sche), eine größere Anzahl von Kalendern, Eulenhaupt’s Schulwandkarten, das „historische Album von Würzburg“, Heffner, Die deutschen Kaiser- und Königssiegel (162 Abb. m. beschr. Text).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Die auf Seite 431 unten am Seitenende vorgesehene Textzeile wurde versehentlich als erste oben auf der Seite und damit im Artikel Stadler, Maximilian gesetzt.