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ADB:Speidel, Wilhelm

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Artikel „Speidel, Wilhelm“ von Rudolf Krauß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 409, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Speidel,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:56 Uhr UTC)
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Speidel: Wilhelm S., Musiklehrer und Componist, am 3. September 1826 zu Ulm als Sohn des dortigen Musiklehrers und Sängers Konrad S. geboren, verdankte seine Schulbildung dem Ulmer Gymnasium und wurde frühzeitig von seinem Vater in die Tonkunst eingeweiht, so daß er schon mit 8 Jahren sich in einem öffentlichen Concert als Pianist hören lassen konnte. Seit 1843 setzte er seine musikalischen Studien in München fort, wo ihn Ignaz Lachner in der Compositionslehre unterrichtete. Rasch erwarb er sich den Ruf eines tüchtigen Clavierspielers, der namentlich durch seine geistvolle Auffassung Beethoven’scher Sonaten sich auszeichnete. Nachdem er 1846/7 zu Thann im Elsaß Hauslehrer bei der Familie Kestner gewesen war und die Urenkelinnen von Goethe’s Lotte in der Musik unterrichtet hatte, ließ er sich als Clavierlehrer in München nieder. Von hier aus unternahm er seine Concertreisen und trat in den meisten größeren deutschen Städten als Claviervirtuose auf. 1855 wurde S. als Musikdirector an die Spitze der Ulmer Liedertafel berufen, siedelte jedoch schon 1857 nach Stuttgart über, wo er einen bleibenden Wirkungskreis fand. Er rief im Vereine mit einigen Fachgenossen die Stuttgarter Musikschule ins Leben, die sich später in das kgl. Conservatorium umwandelte, und leitete dort den Clavierunterricht. Zerwürfnisse mit seinem Collegen Siegmund Lebert führten 1874 zu seinem Rücktritt und zur Gründung eines eigenen Musikinstituts. 1885 nach Lebert’s s Tod kehrte S. auf seinen alten Posten am Conservatorium zurück, zu dessen wachsendem Ansehen er nicht wenig beitrug. Eine Anzahl Künstler und Künstlerinnen von Ruf sind aus Speidel’s Schule hervorgegangen. Auch sonst hatte ihm das Stuttgarter Musikleben viel zu danken. Von 1857 bis 1885 dirigirte er den dortigen Liederkranz und brachte dem Chor seine allgemein anerkannte und viel bewunderte Ausdrucksfähigkeit und Freiheit im Vortrag bei. Auch um den Schwäbischen Sängerbund erwarb er sich Verdienste; wiederholt lag auf schwäbischen Liederfesten die musikalische Leitung in seinen Händen. In seinem Hause bereitete er der Pflege edler Musik und anregender Geselligkeit, wie er sie einst in München kennen und schätzen gelernt hatte, eine Stätte. Er starb am 13. October 1899 zu Stuttgart nach schwerem Leiden.

Als Componist hat S. eine vielfältige und umfangreiche Thätigkeit entfaltet. Sein Bestes gab er in der Lyrik, in der naiven wie in der sentimentalen, in der volksthümlichen wie in der kunstmäßigen. Trefflich traf er den einfachen Volkston. Seine Chor- und Sololieder wurden und werden darum auch viel gesungen. Seine Männerchöre, darunter populäre Vaterlandsgesänge, pflegte er zuerst im Stuttgarter Liederkranze zu erproben, und von da zogen sie in die weite Welt, sogar über den Ocean hinüber. Ein paar größere Stücke sind hervorzuheben, so der Geisterchor aus Faust mit Orchester, „Wikinger Ausfahrt“ (Tenorsolo mit Männerchor und Orchester), „Volker’s Schwanenlied“. Als Instrumentalcomponist lieferte er Orchesterstücke, Ouvertüren, Streichquartette, Clavier-, Violin- und Cello-Sonaten, überall ernsthaftes Streben nach Classicität bekundend. Endlich hat S. durch Bearbeitungen classischer und nachclassischer Meister seinen Namen bekannt gemacht.

Biographisches Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog IV, 49–51 (mit Litteraturangabe).