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ADB:Simanowiz, Kunigunde Sophie Ludovike

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Artikel „Simanowiz, Kunigunde Sophie Ludovike“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 344–346, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Simanowiz,_Kunigunde_Sophie_Ludovike&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:32 Uhr UTC)
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Simanowiz: Kunigunde Sophie Ludovike S., geb. Reichenbach, Malerin, geboren (nach dem Kirchenregister ihrer Vaterstadt) am 21. Februar 1759 in Schorndorf (nicht, wie nach einer Aufzeichnung des Dichters Schubart Maltzahn in Schiller’s Briefwechsel mit seiner Schwester Christophine S. 147 Anm. 2 gibt, am 20. Febr. 1761), † am 2. September 1827 in Ludwigsburg, war die Tochter des württembergischen Regimentsfeldscherers Jerem. Friedr. Reichenbach, der zur Zeit ihrer Geburt in Schorndorf in Garnison stand, aber später nach Ludwigsburg versetzt wurde. Hier verlebte das aufgeweckte Mädchen, das ein ungewöhnliches Talent zum Zeichnen verrieth, glückliche Kinderjahre. Als Freundin von Schiller’s ältester Schwester Christophine kam Ludovike frühe auch mit dem Dichter in freundlichen Verkehr. Einige Jahre nach der Schulzeit nahm sie ein Oheim, Chirurgus Joh. Friedr. Reichenbach in Stuttgart, zu sich, um sie unter der Leitung des Akademieprofessors Nic. Guibal (s. A. D. B. X, 102 ff.) als Malerin ausbilden zu lassen. Durch eine jüngere Freundin, Regina Voßler (geb. 1767), Tochter eines Hauptmanns auf Hohenasperg, die von Schubart im Clavierspiel unterrichtet und schwärmerisch verehrt wurde, trat L. auch zu diesem Dichter in freundschaftliche Beziehungen. Er hat ihr und Reginen (Seraphinen) mehrere Gedichte gewidmet (s. S. 422–438 der Reclam’schen Ausgabe). Ein Freund Schubart’s, der Lieutenant Simanowiz, gewann ihre Liebe und verlobte sich mit ihr, hinderte sie aber nicht, im J. 1787 (?) mit Unterstützung Herzog Karl’s zur weiteren Ausbildung in ihrer Kunst nach Paris zu gehen, wo sie an dem Miniaturmaler Jean Vestier († 1810) einen vorzüglichen Lehrer fand. Sie blieb mehrere Jahre dort, vielfach gefördert durch die Tochter eines Balletmeisters an der Karlsschule, Helena Balletti, die mit ihrer Mutter dahin gezogen war, und als Concert- und Theatersängerin in großem Ansehen stand. L. nahm Wohnung bei dieser Familie, in der auch andere Württemberger, wie der Arzt und Politiker Georg Kerner und der Historienmaler Eberh. Wächter viel verkehrten (vgl. W. Lang, K. Fr. Reinhard im auswärtigen Ministerium zu Paris, Preuß. Jahrb. Bd. 56 (1885) S. 371). Ungern verließ L. im J. 1790 (?) Paris, als sie von dem Herzog Friedrich Eugen von Württemberg nach Mömpelgard (Montbéliard) berufen wurde, um ihn und seine Familie zu malen. Von da kehrte sie in ihre Heimath zurück und trat [345] in Ludwigsburg in die Ehe. Aber von ihren Freunden lebhaft zurückgerufen, ging sie im J. 1791 zur Fortsetzung ihrer Studien wieder nach Paris. Helene Balletti vermählte sich bald darauf mit einem wackeren französischen Edelmann, Graf (Baron?) v. Lacoste, durch dessen Haus L. noch mehr als zuvor mit der besten Pariser Gesellschaft, wie mit dem Minister Necker und seiner Tochter, Frau v. Staël, bekannt wurde. Für die französische Revolution schwärmte die phantasievolle Schwäbin anfangs um so herzhafter, als Lacoste Patriot und Mitglied der ersten Nationalversammlung war. Aber die rasch steigende Anarchie nöthigte nach dem 10 August 1792 die Familie Lacoste auf ihre Güter an der spanischen Grenze zu flüchten. L., die unter Lebensgefahr nur mit dem Portier und der Köchin in deren Hotel zurückgeblieben war, floh etwas später in die Normandie, von wo sie, unterwegs in Straßburg noch von einem schweren Nervenfieber befallen, im J. 1793 nach Ludwigsburg zurückkehrte. Hier fand sie gleich in diesem Jahre die höchste Aufgabe für ihre gereifte Kunst. Schiller ließ bei seinem Besuche in der Heimath sich und im J. 1794 seine Frau von ihr in lebensgroßen Brustbildern in Oel malen, und um dieselbe Zeit machte sie in gleicher Weise auch seine Eltern und seine drei Schwestern. Häufig vervielfältigt sind diese mit der größten Liebe durchgeführten Bildnisse nach wechselndem Besitze seit 1890 dem Schillerhause in Marbach als bleibender Schatz der deutschen Nation einverleibt. (Ein anderes Schillerbild von ihrer Hand mit schwarzer Kreide und Wasserfarben gemalt, das im J. 1884 von Frau Major Riedel auf der Schiller-Ausstellung in Weimar ausgestellt war, ist wohl als Hilfsarbeit zu dem Oelbilde anzusehen. S. Beilage zur Allgem. Zeitung, Jg. 1884, S. 4636.) Nicht gern vertauschte L. ums Jahr 1798 Ludwigsburg mit Stuttgart, wohin Simanowiz versetzt und schon im J. 1799 bei einem Geschäft in der Kaserne von einem Schlaganfall an beiden Füßen gelähmt wurde. Er konnte nicht wieder hergestellt werden und bezog als Hauptmann nur eine kleine Pension. Aber mit Bildnißmalen und Unterrichtgeben an junge Mädchen erwarb seine tapfere Frau so viel, daß sie ihm eine aufopfernde Pflege widmen und sogar noch ein kleines Vermögen erwerben konnte. Die besseren Umstände benützend, siedelte sie um das Jahr 1812 (?) mit ihrem Kranken wieder nach dem für Kunsterwerb weniger günstigen, aber von ihr besonders geliebten Ludwigsburg über, wo sie im J. 1827 wenige Monate nach dessen Hingang selbst an einem Katarrhfieber verschied. Unter dem Titel „Ludovike. Ein Lebensbild aus der nächsten Vergangenheit geschildert für christliche Mütter und Töchter unserer Tage von der Herausgeberin des Christbaums. Mit Originalbriefen von Schiller, Therese Huber und ihren Zeitgenossen“, Stuttg. 1847, [2.(Titel-) Ausgabe, ebenda 1850] hat die Wittwe eines Professors der Theologie und späteren Pfarrers zu Stetten i. R., Friederike Klaiber, geb. Hellwag, das Leben der Künstlerin in einem ungenießbaren Buche geschildert, aus dessen mancherlei Einschiebseln der geschichtliche Kern nur mühsam und unsicher herauszuschälen ist. Immerhin geht daraus so viel hervor, daß L. eine Frau von hellem Verstand und reichem Gemüth war, die ihren Künstlerberuf mit allen Pflichten und Tugenden einer deutschen Hausfrau wohl zu verbinden wußte. Hiermit stimmen auch die Charakterbilder, welche ihre Zeitgenossen Pahl (Denkwürdigkeiten aus meinem Leben. S. 398) und Kerner (Das Bilderbuch aus meiner Knabenzeit, S. 357) von ihr entworfen haben.

Als Bildnißmalerin – was sie fast ausschließlich war – schon von ihren Zeitgenossen hochgeschätzt, hat sie mit der wachsenden Verehrung des deutschen Volkes für Schiller nach ihrem Tode noch weit größeren Ruhm erworben. Bei einer Porträtausstellung, veranstaltet im J. 1881 vom Württembergischen Kunstverein im Königsbau zu Stuttgart, wo die sämmtlichen Bilder der Familie [346] Schiller, ihr Selbstporträt, ein Bildniß der Malerin Luise Elise Lebrun und viele andere beisammen zu sehen waren, kamen alle Kenner überein, daß man nicht leicht von Frauenhand Bildnisse mit so durchdachter Auffassung und sicherer Maltechnik gesehen habe. Neben reizenden Kinder- und seelenvollen Frauenbildern fertigte die Künstlerin, wie das Porträt von Schiller und seinem Vater beweist, mit gleichem Geschick auch scharfkantige Männerköpfe. Ihr Selbstporträt ist in einem freilich minderwerthigen Stiche von A. Gnauth als Titelkupfer dem Lebensbilde beigegeben.

Vgl. J. P. Glöckler, Schwäbische Frauen, S. 355 ff. (nur ein Auszug aus dem Buche der Frau Klaiber) und G. Hauff, Chrn. Fr. D. Schubart, S. 217 ff.