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ADB:Siegfried (Bischof von Hildesheim)

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Artikel „Sigfried II., Bischof von Hildesheim“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 250–252, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Siegfried_(Bischof_von_Hildesheim)&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:18 Uhr UTC)
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Sigfried II., Bischof von Hildesheim (1279–1310), ein geborener Herr v. Querfurt, war vor seiner Wahl, 18. Juli 1279, Domcantor (s. Regg. archiep. Magdeburg. III, Nr. 163 und 278), nicht, wie das Chron. Hildesh. (Pertz, Monum. Germ. hist. SS. VII, 865) angiebt, Domdechant in Magdeburg. Ihm werden ein ehrenhafter Charakter, viele guten Eigenschaften und wissenschaftliche Bildung nachgerühmt. Als das Capitel ihn wählte, war die unter seinem Vorgänger Bischof Otto I. zwischen dem Stifte, auf dessen Seite der Erzbischof von Magdeburg und der Markgraf Albrecht von Brandenburg standen, und dem Herzog Albrecht von Brandenburg[WS 1] ausgebrochene Fehde noch nicht beendet. Nach dem bald darauf eintretenden Tode des letzteren (15. August 1279) setzten seine Söhne den Kampf gegen das Stift fort. Die Herzöge eroberten die Burg Campen und nahmen hier 70 Ritter des Stiftes gefangen. Als aber Zwietracht unter den Söhnen Herzog Albrecht’s ausbrach und zwei von ihnen, Albrecht und [251] Wilhelm, sich mit Bischof S. gegen ihren Bruder Heinrich (den Wunderlichen) wandten, trat eine günstigere Wendung des Krieges für den Bischof ein. Im J. 1288 belagerte S. mit seinen Verbündeten Helmstedt, das sich dem Herzog Heinrich angeschlossen hatte. Die Stadt, von den Belagerern hart hedrängt, wollte Frieden schließen. Die vornehmeren Ritter des Fürsten begaben sich deswegen in die Stadt, wo man sie gastlich aufnahm, dann aber die Thore schloß und sie hinterrücks tödtete. Wegen dieses Friedensbruches wurde Helmstedt in die Acht erklärt, aus der es erst am 22. October 1290 befreit wurde. Der Krieg zwischen dem Herzog Heinrich und den verbündeten Fürsten hatte damit sein Ende noch nicht erreicht. Vom Harlingeberg, einer bei Vienenburg unweit Goslar gelegenen Feste, verwüsteten die Leute des Herzogs das benachbarte Hildesheimer Land. Der Bischof belagerte mit seinen Verbündeten die Feste, schlug den zu ihrem Entsatz herbeieilenden Herzog, eroberte und zerstörte sie (17. Mai 1291). Aus den Materialien der zerstörten Feste erbaute der Bischof die Liebenburg. Als der Bischof auch das Gericht Bocla (Buchladen), das sich die Herzöge Albrecht und Heinrich angemaßt hatten, für seine Kirche beanspruchte, entbrannte der Kampf von neuem. Die Herzöge belagerten die neu entstandene Liebenburg, aber vergeblich. Um das Stift schädigen zu können, erbauten sie bei Oelsburg eine neue Burg, der sie dem Namen Löwenthal gaben, gegen die wiederum der Bischof eine zweite Burg, die Pfaffenburg, errichtete. Der Bischof führte den Krieg mit Glück, er zerstörte die herzogliche Burg. Jetzt erhob sich aber ein neuer Gegner, der Herzog Otto von Lüneburg. In einer früheren, für ihn unglücklich ausgefallenen Fehde hatte dieser dem Bischof die Stadt Hannover und die Burg Lauenrode (16. December 1283) abtreten müssen, war aber von ihm damit wieder belehnt worden. Herzog Otto verband sich mit seinen Vettern, den Herzögen Albrecht und Heinrich, mit den Markgrafen Otto und Hermann von Brandenburg und anderen Fürsten und Herren. Herzog Otto erbaute, um einen Stützpunkt zu Einfällen in das Stift zu haben, die Feste Calenberg an der Leine. Der Bischof verstärkte seine Streitmacht durch Söldner, eroberte und zerstörte die befestigten Orte Uslar, Eberburg, Gieboldehausen und Echte und schlug seine Feinde in verschiedenen Treffen. Danach kam es zwischen den streitenden Theilen zum Frieden, nur Herzog Heinrich setzte den Kampf fort. Er erbeutete in der Grafschaft Bocla die Mosburg, welche aber der Bischof zerstörte, ebenso wie die Burg Werder, deren Besitzer sich mit dem Herzog verbunden hatte. Das Schloß Wallmoden kaufte der Bischof für 950 Mark, um von hier aus die Angriffe des Herzogs von der Burg Lutter am Barenberge abzuwehren. Auch das Schloß Schladen belagerte der Bischof. Endlich machte auch Herzog Heinrich mit dem Bischof Frieden, den aber dieser nur noch kurze Zeit genoß.

Zu der in stetiger Entwicklung begriffenen Stadt Hildesheim waren seine Beziehungen mannigfaltiger als die seiner Vorgänger. Bereits am 6. Januar 1281 bestätigt er der Stadt nicht nur ihr bisheriges Recht, sondern erkennt auch bei Streitigkeiten den Ausspruch der zwölf Rathsmänner als für ihn verbindlich an und verpflichtet sich, die Stadt gegen Angriffe zu vertheidigen. Nicht immer war das Verhältniß zwischen ihm und der nach größerer Selbständigkeit strebenden Stadt ein ganz freundliches, aber die vorhandenen Zwistigkeiten wurden beigelegt. Als über die Stadt 1295 wegen Eingriffe in die Rechte der Kirche von dem bischöflichen Official das Interdict verhängt wurde, kam nach langen Verhandlungen durch seine Vermittlung ein Vertrag zwischen den streitenden Parteien zu Stande (24. Nov.). Fünf Jahre später (20. December 1300) wurde zwischen ihm und der Stadt das Münzwesen geregelt.

Ebenso wie er sein Bisthum mit den Waffen gegen Feinde zu vertheidigen wußte, war er auch darauf bedacht, dessen Besitzungen durch friedliche Erwerbungen [252] zu erweitern. Er befreite einen Theil der Poppenburg von den Ansprüchen des Grafen von Schaumburg; er erwarb die Burg Harste bei Göttingen, Westerhof mit der Grafschaft und in Verbindung mit der Stadt Goslar das Schloß Neu-Wallmoden; er löste die Vogtei zu Hasekenhausen (Winzenburg) ein und kaufte die Grafschaft Dassel. Um die für diese Erwerbungen und seine zahlreichen Fehden nothwendigen Mittel aufzubringen, mußte er häufig Güter des Stifts versetzen und zu wiederholten Malen Beden ausschreiben. Die vielen Verpfändungen und Verkäufe bischöflicher Güter veranlaßten den Erzbischof Heinrich von Mainz ihm den Befehl zu ertheilen, künftig keine Veräußerungen weiter vorzunehmen (29. August 1287). Trotz der vielen Fehden, die er auszukämpfen hatte, erfüllte er doch in jeder Beziehung die Pflichten seines geistlichen Amtes. Er wohnte gern dem Gottesdienste bei. Wenn er an hohen Festen und bei der Einweihung von Geistlichen und Nonnen das Hochamt celebrirte, wurde er von der Andacht so ergriffen, daß er in Thränen ausbrach und kaum mit Singen und Sprechen fortfahren konnte. Auch die von seinen Vorgängern Jahrelang außer Acht gelassenen Kirchenvisitationen führte er mit der größten Gewissenhaftigkeit aus. Für die geistlichen Stiftungen seines Sprengels sorgte er in ausgiebigster Weise. Unter ihm entstand das Capitel in der bischöflichen Burg zu Hildesheim, das er dotirte. Die später unter dem Namen Beghinen bekanntgewordene Frauencongregation ließ sich im J. 1282 in Hildesheim nieder. Er starb am 27. April 1310.

Chron. Hildesh. bei Pertz, Monum. Germ. hist. SS. VII, 865 ff. – Henrici Roshae Hartingsberga bei Meibom, Script. Rer. Germ. I, 775 ff. – Sudendorf, Urkundenbuch z. Gesch. der Herzöge von Braunschw. und Lüneb. I. IX und X. – Döbner[WS 2], Urkundenbuch der Stadt Hildesheim I, 180 ff. – Lüntzel, Gesch. der Diöcese und Stadt Hildesheim II, 271 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist Herzog Albrecht I. von Braunschweig.
  2. Richard Doebner (1852–1911), Staatsarchivar in Berlin, Hildesheim und Hannover.