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ADB:Schlegel, Adolph

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Artikel „Schlegel, Johann Adolf“ von Carl Bertheau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 385–387, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schlegel,_Adolph&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 10:50 Uhr UTC)
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Schlegel: Johann Adolf S., der Vater von August Wilhelm und Friedrich S., wurde als Sohn des Appellationsrathes und Stiftssyndicus Joh. Friedrich S. am 18. September 1721 zu Meißen geboren oder getauft. Er war ein Bruder des Johann Elias (s. S. 378) und Johann Heinrich (geb. 1724), der, nachdem er in Leipzig die Rechte studirt hatte, durch seinen Bruder Johann Elias als Sekretär der dänischen Kanzlei nach Kopenhagen kam, hier später Professor der Geschichte und Geographie an der Universität, Bibliothekar und königlich dänischer Historiograph ward und am 18. October 1780 starb. (Joh. Heinrich’s geschichtliches Hauptwerk ist die „Geschichte der Könige von Dänemark aus dem Oldenburger Stamm“, T. 1, 1769, T. 2, 1777; er übersetzte auch Trauerspiele von Thomson u. a. aus dem Englischen). Außer diesen beiden stand unserm Johann Adolf von seinen vielen Geschwistern zeitweilig sein jüngster Bruder Johann August (geb. etwa 1734 und † 1776 als Pastor in Rehburg) besonders nahe. S. war in seiner Jugend so schwächlich, daß man glaubte, er werde sicher jung sterben; dennoch ward er 72 Jahre alt. Bis zu seinem vierzehnten Jahre ward er zu Hause unterrichtet; dann kam er im J. 1735 auf die Pforta, wo sein älterer Bruder Elias schon seit einigen Jahren war. Die strenge, fast militärische Disciplin des damaligen Rectors Friedrich Gotthilf Freytag († 1761 vgl. A. D. B. VII, 350) hinderte die Schüler nicht, privatim ihren Liebhabereien nachzugehen; Elias, der sich schon auf der Pforta mit der Verfertigung deutscher Dramen nach griechischem Muster beschäftigte, weckte auch in seinem Bruder dichterische Neigungen und dieser ließ seine Gedichte sich gern von dem älteren Bruder kritisiren. Als die Hekuba von Elias heimlich auf der Stube eines Schülers aufgeführt werden sollte, half Adolf als geschickter Pappkünstler die erforderlichen Heldenrüstungen herstellen. Im J. 1741 bezog er zum Studium der Theologie die Universität Leipzig, wo er wieder die ersten beiden Jahre mit seinem Bruder Elias zusammen war. Dieser führte ihn bei Gellert, Rabener u. a. ein. Gellert fand anfänglich kein Wohlgefallen an ihm, später wurde ihre Freundschaft besonders herzlich. Als Student hatte S. manchmal mit Nahrungssorgen zu kämpfen. Nach einem glücklich überstandenen Blatternanfall, während dessen sein Bruder sein treuester Pfleger war, hoben sich seine körperlichen Kräfte. Seine Beschäftigung mit der Theologie ließ ihm Zeit, an den Bestrebungen eines Kreises jüngerer Dichter, die sich der Gottsched’schen Bevormundung entziehen wollten, lebhaften Antheil zu nehmen. Gärtner (vgl. A. D. B. VIII, 382) gewann ihn für die „Bremischen Beiträge“ (seit 1744), und seine Betheiligung an der Redaction derselben trug ihm vor allem Cramer’s Freundschaft ein. Als er im J. 1745 Leipzig verließ, blieb er mit diesem Freundeskreise in naher Beziehung. Er lieferte auch weiter Arbeiten für die „Bremischen Beiträge“, und nachdem diese vom fünften Bande (1748) an unter Dreyer’s Leitung andere Ziele verfolgten, für die „Sammlung akademischer Schriften“ (1748–57). Schlegel’s dichterische Leistungen aus dieser Zeit sind wohl sämmtlich vergessen, obschon er in Oden mit Cramer wetteiferte; bei den Freunden hatte er sich zumeist als guter Declamator und durch sein Urtheil über die Gedichte anderer Geltung verschafft. Als satyrischer Kritiker trat er denn auch bald in der gegen Gottsched gerichteten Schrift: „Vom Natürlichen in Schäfergedichten“ auf, die er unter dem Pseudonym „Nisus“ schrieb und [386] unter dem zweiten Pseudonym „Hanns Görge“ herausgab, Zürich 1746. Während seiner fast sechsjährigen Candidatenzeit war er zuerst zwei und ein halbes Jahr Hauslehrer beim Oberaufseher Pflugk in Strehla, lebte dann wieder längere Zeit in Leipzig, wo er unter anderen am Index zur Gottsched’schen Uebersetzung des Bayle arbeitete, und darauf etwa anderthalb Jahre bei seinem Freunde Cramer, der damals Pastor in Crellwitz war. Er half diesem bei der Uebersetzung des Chrysostomus und der Herausgabe seiner Zeitschrift: „Der Jüngling“. Ferner übersetzte S. auch Batteux’ Schrift: „Les beaux arts reduits à un même principe“ (Paris 1746) und fügte der Uebersetzung eigene ästhetische Abhandlungen, in denen er theilweise abweichende Ansichten vertrat, hinzu; die Uebersetzung erschien zuerst Leipzig 1751; in zweiter und dritter, jedesmal durch neue polemische Zuthaten Schlegel’s erweiterter Auflage 1759 und 1770. Im J. 1751 erhielt er auch seine erste Anstellung, er ward Collega extraordinarius, Diaconus und Nachmittagsprediger in Pforta; hier fand er in der Tochter des Mathematikers Hübsch seine Lebensgefährtin. In seinen Mußestunden begann er Banier’s Sittenlehre zu übersetzen; vor allem aber setzte er seine ästhetischen Studien fort, wie er denn auch privatim einigen auserwählten Schülern Unterricht in der Theorie der Dichtkunst ertheilte. Im J. 1754 kam er als Pastor und Professor der Theologie und Metaphysik am Gymnasium nach Zerbst. S. ward jetzt ein berühmter Prediger: er fing nun auch an, eine Sammlung seiner Predigten drucken zu lassen (von 1754 an bis 1764). Der Ruf seiner Beredsamkeit war es denn auch, der Münchhausen auf den Gedanken brachte, ihn als Professor der Theologie nach Göttingen zu berufen und, als S. diesen Ruf ablehnte, ihn als Pastor an der Marktkirche nach Hannover zu ziehen. Hier lebte er vom Ende des Jahres 1759 an bis zu seinem Tode. Im J. 1775 ward er Consistorialrath und Pastor an der Neustädter Hof- und Stadtkirche, 1782 Generalsuperintendent für Hoya, 1787 Generalsuperintendent für Calenberg und in demselben Jahre beim Göttinger Jubiläum Doctor der Theologie. Obwohl er in Hannover sehr stark von amtlichen Arbeiten in Anspruch genommen wurde und mehrfach auch von Krankheiten heimgesucht war, so behielt er doch für allerlei litterarische Beschäftigungen und für seine dichterischen Arbeiten noch Zeit. Namentlich wandte er sich jetzt dem geistlichen Liede zu. In den Jahren 1766, 1769 und 1772 erschienen drei „Sammlungen geistlicher Gesänge zur Beförderung der Erbauung“ von ihm (die erste Sammlung im J. 1772 in zweiter Auflage), in welchen sich 49 eigene und 87 überarbeitete Kirchenlieder finden. Sie fanden zu ihrer Zeit Beifall; Heerwagen ist der Ansicht, daß in ihnen der wahre Ton eines Kirchenliedes vorzüglich getroffen sei. Aber bei allem Bestreben Schlegel’s, die specifisch christlichen Lehren in einer Zeit, die für sie kein Verständniß hatte, festzuhalten, zeigen gerade seine Lieder trotz ihrer gläubigen Frömmigkeit, daß er doch auch selbst im Rationalismus stand; dabei können sie bei allem Fleiß, der auf Sprache und Versbau gewandt ist, sich doch auch hierin nicht mit den Gellert’schen messen, in denen wir doch wohl vor allem Schlegel’s Vorbild zu suchen haben. Zu unserer Zeit werden nur wenige noch in Gemeindegesangbücher aufgenommen; eines seiner besten Lieder ist das noch ziemlich bekannte „Schweiget, bange Zweifel, schweiget“. An der Redaction des von seinem Freunde Justus Christoph Krafft in Frankfurt a. M. im J. 1772 herausgegebenen Gesangbuches, „Sammlung verbesserter und neuer Gesänge“, war auch S. betheiligt; vorzüglich aber muß als sein Werk angesehen werden der Anhang zum hannövrischen Gesangbuch von 1740, der von ihm und Johann Benjamin Koppe bearbeitet ist und am ersten Advent des Jahres 1792 eingeführt wurde. Dieser Anhang ist ein kleines Gesangbuch für sich und ward bald vielfach in Kirche und Schule allein gebraucht; er war durchaus dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend. [387] – Im J. 1769 gab sein Freund Gärtner Schlegel’s Fabeln und Erzählungen aus den „Bremischen Beiträgen“ und den „Vermischten Schriften“ besonders heraus; S. selbst unterzog sie zu diesem Zwecke theilweise einer Ueberarbeitung. Er selbst gab außer einer Anzahl von Predigten, Lehrbüchern und Uebersetzungen noch nach Gellert’s Tode dessen Vorlesungen über Moral zusammen mit Gottlieb Leberecht Heyer (Leipzig 1770), sowie Briefe von Gellert heraus. Gegen das Ende seines Lebens ließ er noch eine Sammlung seiner vermischten Gedichte, Hannover 1787 und 1789, in zwei Bänden erscheinen, von welchen die meisten bisher nicht erschienen waren; der zweite Band ist fast ganz eingenommen von seinem epischen Lehrgedicht „Der Unzufriedene“, einer Jugendarbeit, die schon 1745 in den Bremer Beiträgen erschienen war, und die er jetzt in seinem Alter sorgsam verbesserte, ohne sie doch dadurch lebensfähiger zu machen. In den letzten Jahren seines Lebens erfreute er sich einer noch verhältnißmäßig großen Arbeitskraft und Frische; er starb an einem Gallenfieber am 16. September 1793. Vier Söhne waren vor ihm gestorben; ihn überlebten vier Söhne Karl August Moritz (S. 389), Johann Karl Fürchtegott (S. 388), August Wilhelm und Karl Wilhelm Friedrich (S. 354 und 376) und zwei verheirathete Töchter.

Schlichtegroll, Nekrolog auf das Jahr 1793, 1. Band, Gotha 1794, S. 71–121. Diese Biographie liegt allen späteren zu Grunde und ist in die beiden folgenden oft wörtlich aufgenommen. – Hirsching, historisch-litterarisches Handbuch, 11. Band, 1. Abth., Leipzig 1808, S. 132 ff. – Jördens, Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten, 4. Bd., S. 521–534. – Koch, Geschichte des Kirchenliedes u. s. f., 3. Aufl. 6. Bd., S. 217 ff. – Heerwagen, Litteraturgeschichte der geistlichen Lieder u. s. f., 1. Theil, S. 214 ff. – Goedeke, Grundriß, 2. Aufl. IV, S. 33. – Ueber „Nisus“ und „Hanns Görge“, vgl. Redlich in Lessing’s Werken, Ausgabe Hempel, 9. Theil, S. 78, Anm. 2. – Ueber Schlegel’s Bearbeitung des Batteux schrieb Herder eine sehr abfällige Kritik: Allgem. Deutsche Bibliothek, 16. Band, 1. Stück, S. 17 ff. – Ueber den Anhang zum hannövrischen Gesangbuch: Bode, Quellennachweis, S. 21 f. – Geistliche Lieder von ihm: Rambach, Anthologie, Band 5, S. 193 ff. – Fischer, Kirchenliederlexikon, 2. Hälfte, Seite 471a.