ADB:Schier, Karl Heinrich
[185] zu sehr zur andern Natur geworden und er hatte sich allmählich an seine knappen Verhältnisse so gewöhnt, daß er ihren Druck nicht sehr empfand. Auch geselligen Verkehr mit Fachgenossen, die ihn wegen seiner Gutmüthigkeit im allgemeinen gern hatten, scheint er mehr gemieden zu haben. Denn es hat sich weder etwas über ihn von Flügel’s[WS 1] Hand, der damals in Dresden lebte, auftreiben lassen, noch konnte der Leipziger Arabist Ludolf Krehl[WS 2], der fast 10 Jahre in Dresden mit ihm zusammen gewesen ist, auch nur das Geringste über Schier’s Leben berichten, denn dieser verhielt sich darüber durchaus schweigsam. Gestorben ist er 1869.
Schier: Karl Heinrich S. lebte als Privatgelehrter zu Dresden (vgl. Zeitschr. der deutschen morgenl. Gesellsch. 1858 im Mitgliederverzeichniß) und ernährte sich und die Seinigen durch das Ertheilen von Privatstunden insbesondere an reiche Engländer, durch deren Unterstützung es ihm auch allein möglich gewesen sein soll, seine orientalistischen Arbeiten zu veröffentlichen. Warum es ihm nie gelang trotz seines großen Fleißes eine feste Anstellung an einer der Bibliotheken oder an andern öffentlichen Instituten Dresdens zu erlangen, ist nicht hinlänglich aufgeklärt. Vielleicht war ihm durch das Privatisiren eine gewisse UngebundenheitDie Arabisten rühmen an ihm seine wahrhaft vollendet schöne arabische Schrift, erkennen auch seinen Fleiß und seine Kenntnisse an. Im allgemeinen aber kommt das Urtheil über ihn darauf hinaus, daß es ihm an eigentlicher wissenschaftlicher Durchbildung und Methode gefehlt habe und er es über den Standpunkt der Routine und des Dilettantismus nicht wesentlich hinausgebracht habe.
Von seiner arabischen Grammatik, welche im wesentlichen nach de Sacy und Ewald gearbeitet war („Grammaire arabe“ 1849, zweite (Titel-) Auflage 1862), also Neues gar nicht brachte, urtheilte Fleischer in der Zeitschr. d. deutsch. morgenl. Gesellsch. Bd. III (1849) S. 477–479, daß fast jeder Versuch über jene Gewährsmänner hinaus es zu etwas Eigenem zu bringen verunglückt sei und daß „eine gewisse Oberflächlichkeit“ sich zeige, „die nach äußerem Scheine innerlich Verschiedenes zusammenwirft und dagegen wesentlich Gleichartiges zersplittert“. – Aus Handschriften hat S. Mehreres herausgegeben: 1831 „Fables de Loqman, éd. arabe avec traduction française, remarques et vocabulaire.“ Dresden und Leipzig 1831, 34; zweite Auflage 1839; und „Specimen editionis libri Nasireddini Tusensis … e cod. Dresd. descriptum.“ Dresden 1841; vgl. Zenker, Bibl. orient. I, 635 und 1353 (zweite Aufl. 1839); 1846 „Mélanges de littérature orientale, extraits des manuscrits de la bibliothèque royale de Dresde.“ Heft I (6 Bl. arab. Text, 8 S. französischer Text. Weiter nichts erschienen). Aus derselben Handschrift ist auch in der oben genannten Grammatik ein Stück abgedruckt: Bericht eines Gesandten des Scherîf v. Mekka über seine Audienzen beim Sultan Suleiman u. a. 1556/7. – Ebenfalls 1846 erschien: „Géographie d’Abulféda en arabe publié d’après deux Mss. de Londres et de Dresde.“ – 1865: „Globus coelestis arabicus qui Dresdae in regio Museo mathematico asservatur.“ 1866: „Ciel et enfer ou déscription du globe céleste arabe … suivie d’un supplément des commentaires sur la divine comédie de Dante Alighieri“. 1869: „Die arabischen Inschriften in der kgl. Gemäldegallerie, dem grünen Gewölbe und dem Alterthums-Museum zu Dresden erklärt … mit 4 Tafeln und Abbildungen.“ Letztere Arbeit zeigt nach dem Urtheil des Arabisten A. Müller in Königsberg wohl mannichfaltige Belesenheit, aber wenig Schule und Sicherheit in der Behandlung epigraphischer und sprachlicher Fragen.