ADB:Schaffner, Martin
Haßler einst Passavant mitgetheilt zu haben scheint (s. Kunstblatt 1846, S. 178, Anm. 1), nach Ulmer Urkunden durch Heirath einer jüngeren Tochter von Hans Schüchlin ein Schwager von Barth. Zeitblom wurde, müssen wir dahingestellt sein lassen. Doch kann man nach seinen Werken mit Grund vermuthen, daß er durch Schüchlin’s Werkstatt gegangen; auch ist nicht wohl zu leugnen, daß Zeitblom (sein älterer Mitgeselle?) von Einfluß auf seine Kunstweise gewesen ist. Die Ausdehnung seiner Wanderschaft auf Italien, insbesondere auf Venedig gilt nach seinen Arbeiten für sicher. S. war der erste unter den uns durch erhaltene Werke bekannten Ulmer Meistern, der sich ganz in den Geist und die Formen der Renaissance einlebte, wenn er auch in seinen Architecturen da und dort noch gothische Motive beibehielt. Er gewinnt die Gunst des Beschauers, zumal wenn dieser unmittelbar von Meistern der gothischen Zeit weg an ihn herantritt, durch die behagliche Leichtigkeit der Technik, welche sonst nicht eigentlich schwäbisch ist: sodann erfreut man sich an der reichen Erfindung und coloristisch glänzenden Ausstattung des architectonischen Beiwerkes; aber auch die anmuthigen Frauen- und kräftigen Männergestalten des Meisters ziehen um so mehr an, als sich in ihren Physiognomieen das freiere Wesen einer neuen Zeit unverkennbar ausspricht. S. hat deshalb beim Wiedererwachen des Interesses für altdeutsche Kunst sofort eine große Popularität errungen. Die Kenner sind aber jetzt darin einig, daß sein künstlerisches Temperament dem von Schüchlin und Zeitblom nicht gleich steht. Er sieht oberflächlicher, empfindet derber und schafft handwerksmäßiger als diese beiden. Zumal an Zeitblom’s edles Stilgefühl reicht er weit nicht hin, namentlich nicht in der Farbe, wo er mit seiner Neigung zum Bunten und Prächtigen ganz der richtige Ulmer ist, während Zeitblom mit dem verhaltenen Feuer und der strengen Harmonie seines Colorits in uns schon den Zweifel erweckt hat, ob er überhaupt in Ulm geboren ist. Von Schaffner’s Werken sind nur noch Kirchenbilder und einige Bildnisse vorhanden. Bei seiner gewandten Zeichnertechnik liegt die Vermuthung nahe, daß er auch für den Holzschnitt gearbeitet habe; einen Beweis dafür wüßte ich aber noch nicht zu liefern. Als seine besten Werke gelten mit Recht die Altarbilder im Ulmer Münster (1521) und die aus dem Kloster Wettenhausen in Baiern stammenden Orgelthürbilder in der Münchener Pinakothek (1524). Unter den Bildnissen dürfte das des Patriciers Ytel Besserer (1516) im Münster zu Ulm voranzustellen sein. Weitere Arbeiten von S. finden sich in vielen Galerien und Sammlungen, z. B. in Sigmaringen, Stuttgart (Staatsgalerie und Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Alterthumsdenkmale), Ulm (Sammlung des Alterthumsvereins), Augsburg, Schleißheim, Nürnberg (Germanisches Museum und Moritz-Capelle) und Karlsruhe. Wir können dieselben, sowie auch einige, welche sich noch in württembergischen Kirchen befinden, hier nicht einzeln aufzählen, zu mal da noch mancherlei Unsicherheit in der Bestimmung herrscht.
Schaffner: Martin S., Maler in Ulm, geboren in der zweiten Hälfte des 15., † gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts (um 1540?). Sein Geburts- und sein Todesjahr sind so wenig bekannt, wie sein Heimaths- und Sterbeort; wir wissen nur, daß er in den Jahren 1508–1539 in den öffentlichen Büchern von Ulm vorkommt und sich auf seinen Bildern als M. Z. V., Maler zu Ulm, bezeichnet. Ob S., wie der nicht immer zuverlässige- Vgl. die Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben von 1843–1875 (Reg.). – Weyermann, Neue hist. biogr. artistische Nachrichten von Gelehrten und Künstlern aus Ulm, S. 462 ff. – Grüneisen und Mauch, Ulms Kunstleben im Mittelalter. S. 53 ff. – Haßler, Ulms Kunstgeschichte im Mittelalter, S. 119 (in Heideloff, Die Kunst des Mittelalters in Schwaben). – Passavant im Kunstblatt 1846, [550] S. 181. – Woltmann und Wörmann, Geschichte der Malerei, II, 453 f. – Janitschek, Geschichte der deutschen Malerei, S. 434 ff.