Zum Inhalt springen

ADB:Schütz, Christian

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schütz, Christian“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 109–111, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%BCtz,_Christian&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 33 (1891), S. 109–111 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christian Schütz (Theologe) in der Wikipedia
Christian Schütz in Wikidata
GND-Nummer 104117273
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|33|109|111|Schütz, Christian|Georg Müller|ADB:Schütz, Christian}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104117273}}    

Schütz: Christian S. (Sagittarius), kursächsischer Theolog des 16. Jahrhunderts, war als Sohn des hessischen, später nach Sachsen berufenen Pfarrers Johann S. 1526 zu Waldkappel geboren. In Rochlitz, wo sein Vater [110] seit 1544 das Amt eines Superintendenten bekleidete, besuchte er die lateinische Schule, worauf er die Universität Wittenberg bezog und sich besonders an Melanchthon anschloß. Hier erwarb er sich auch zugleich mit Cyriacus Spangenberg die Magisterwürde. Nachdem er von 1549 an ein Jahr lang Baccalaureus in Rochlitz gewesen war, trat er ins geistliche Amt ein und rückte schnell in einflußreiche Stellungen auf. 1550 wurde er Pfarrer zu Reinersdorf (Ephorie Großenhain), 1551 Diakonus zu Dresden, 1552 Superintendent zu Chemnitz, 1553 Hofprediger des Herzogs August. Nachdem dieser infolge des frühen Todes seines Bruders Moritz die Kurwürde überkommen hatte, wurde S. kurfürstlicher Hofprediger in Dresden. Zugleich wurde ihm die Erziehung der Prinzen Christian und Alexander anvertraut. In dieser Stellung wußte er sich das Vertrauen des Hofes in hohem Grade zu erwerben und wurde vom Kurfürsten bei wichtigen theologischen Fragen als Rathgeber herangezogen. Er nahm theil an den Verhandlungen der Tage zu Frankfurt und Naumburg und besorgte hier mit Daniel Greiser die Vergleichung des Textes der Augsburgischen Confession, wußte auch den Kurfürsten im Einverständniß mit den Wittenbergern Eber und Major von der Theilnahme an dem Maulbronner Colloquium fernzuhalten. Er benutzte seinen Einfluß, um für die Festigung der Stellung des Philippismus zu wirken und in scharfer Weise gegen die Andersdenkenden aufzutreten. Dies zeigte sich bei persönlichen Fragen, z. B. der Besetzung einflußreicher Aemter, namentlich aber bei der Bekämpfung der Partei der Flacianer. Er veranlaßte den Kurfürsten, gegen die Anhänger des Illyricus in den Superintendenturen Chemnitz und Penig, „do der Flazianer Synagoga vnd Asylum“, mit Gewaltmaßregeln vorzugehen, wie er ihn auch zu Schritten gegen die Vertreter dieser Richtung in Braunschweig drängte. Während Kurfürst August ihn bis dahin vielfach ausgezeichnet und ihm mancherlei Bitten erfüllt hatte, gerieth seine Stellung ins Schwanken, als im J. 1573 ihm in Georg Lysthenius (s. A. D. B. XIX, 744) ein College an die Seite trat, der auf streng lutherischem Standpunkt stand und die durch die dänische und Wiener Reise genährte Verstimmung des Kurfürsten gegen die Philippisten in dem Interesse seiner Anschauungen ausnutzte. Auch hatte sich S. zu Schritten hinreißen lassen, die weder klug noch ehrlich waren. So hatte er eine reformirte Bibel in die Dresdner Hofkirche gebracht, so hatte er das bezüglich des vielen verdächtigen Wittenberger Katechismus 1571 vom Kurfürsten eingeforderte Gutachten des Superintendenten Stößel, das stilistisch gewandt den Kern der Frage vertuschte, beifällig begutachtet. Wohl machte er seinen ganzen Einfluß als Prediger und Beichtvater dem Kurfürsten gegenüber geltend, doch erhielt er bereits zu Anfang des Jahres 1574 auf seinen Glückwunsch eine scharfe Antwort. Da wußte Lysthenius im Frühling 1574 nach längeren mehr oder minder offenen Auseinandersetzungen einen verdächtigen Brief Stößel’s an S. dem Kurfürsten in die Hände zu spielen. Nach erfolgter Verhaftung fanden sich bei der Durchsicht des Briefwechsels Schütz’s, wie seiner Freunde Stößel, Peucer und Craco, scharfe Bemerkungen über Lysthenius, Selnekker und das Meißner Consistorium, spöttische Ausführungen über den Hof und das Weiberregiment an demselben, namentlich aber Anschauungen über die Abendmahlslehre in reformirtem Sinne, Anschauungen, die wenigstes S. dem Kurfürsten gegenüber beständig in Abrede gestellt hatte. Jedenfalls liegt hierin für S. eine Verschuldung, die er schwer büßen mußte. Im höchsten Grade erzürnt, sprach sich der Kurfürst in einem eigenhändigen Bedenken überaus ungünstig über ihn aus, ließ ihn wie seine Freunde vor ein Gericht der Hofräthe, dann des Landtagsausschusses zu Torgau stellen, ihn zunächst im Schlosse in Gewahrsam halten und gewährte ihm erst nach Unterwerfung unter die lutherische Lehre in der Wohnung eine freiere Haft. Doch blieben die zahlreichen [111] Gesuche des Gefangenen erfolglos, bis ihm nach dem Tode des Kurfürsten durch Vermittlung von Pierius und Krell freie Bewegung gestattet wurde. In ein Amt trat er nicht wieder ein. Als er am 10. Januar 1592 gestorben war, entstand vor seinem Hause ein Volkstumult, so daß dasselbe durch Wachen geschützt wurde. Auch mußte die Leiche auf den Friedhof gefahren werden, da ehrliche Leute sich weigerten, dieselbe der Gewohnheit der Zeit gemäß hinaus zu tragen. – Vermählt war S. mit einer Tochter des Freiberger Superintendenten Kaspar Zeuner, die als mala herba bezeichnet wird. Dieser Ehe entstammten mehrere Kinder, von denen August S., wie seine beiden Brüder, vom Kurfürsten vielfach unterstützt, schließlich Geistlicher in Bremen wurde.

A. H. Kreyßig, Album der evangelisch-lutherischen Geistlichen im Königreiche Sachsen. Dresden 1883. S. 428. 103. 100. 64; vgl. über seinen Vater S. 331. 158. 435. – J. A. Gleich, Annales Ecclesiastici I, 27 bis 77. Dresden und Leipzig 1730. – J. E. R. Käuffer, Reihenfolge der evangelischen Hofprediger in Dresden. S. 17. 20. Dresden und Leipzig. – Heppe, Gesch. d. deutschen Protestantismus, II, 416–439. Marburg 1853. – M. Ritter, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des 30jährigen Krieges, I, 454–458. Stuttgart 1889. – A. Kluckhohn, Der Sturz der Kryptocalvinisten in Sachsen 1574 in H. von Sybel’s Histor. Zeitschrift XVIII (1867), S. 77–127. – R. Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen. Leipzig 1866. – R. Calinich, Der Naumburger Fürstentag. Gotha 1870. – Th. Distel, Der Flacianismus und die schönburgsche Landesschule zu Geringswalde. S. 24. Leipzig 1879. – Heidenhain, Die Unionspolitik Landgraf Philipps von Hessen 1557 bis 1562. S. 262. 342. Halle 1890. – Mallet, Caspar Peucer in Herzog-Plitt, Real-Encyklopädie für prot. Theol. u. Kirche. 2. Auflage herausgegeben von Hauck. Bd. XI. – Oswald Schmidt, Nikolaus Krell. Ebenda Bd. VIII. – Wagenmann, Maulbronn. Ebenda Bd. IX. – Wagenmann, Naumburger Fürstentag. Ebenda Bd. X. – Im kgl. Hauptstaatsarchiv zu Dresden befindet sich außer mehreren Briefen ein Aktenstück (Loc. 10 297 Chronol. Nachricht), in welchem S. die litteratische und akademische Thätigkeit Melanchthon’s annalistisch zusammenfaßt und seine eigenen Beziehungen zur kirchlichen Bewegung, z. B. zum Maulbronner Colloquium, in knappen Angaben hinzufügt.