ADB:Schüle, Johann Heinrich von
[659] diese Thatsache durch den Umstand, daß Kaiser Joseph II. den genialen Augsburger Industriellen am 16. Februar 1772 in den Adelstand erhob und zum kaiserlichen Rath ernannte und seine Möbel und Zeichnungen vor Nachahmung schützte. Im Jahre 1792 übergab S. sein blühendes, einen Weltruf genießendes Geschäft seinen beiden Söhnen, die aber weder die unermüdliche Thatkraft, noch den erfinderischen Geist ihres Vaters besaßen, so daß dasselbe sichtlich zurückging und von anderen gleichen Unternehmungen, besonders von den Firmen: Schöppler und Hartmann – die heute noch als Actienunternehmen „Kattunfabrik Augsburg“ besteht – und Frölich überflügelt wurde. Den alten Mann kümmerte der Niedergang seiner Gründung so sehr, daß er 1802, schon 80 Jahre alt, wieder zur Arbeit griff, bis ihn nach einigen Jahren der Tod davon abrief. Sein Geschäft überdauerte ihn nur um wenig Jahre, aber der Antrieb, den er dem Gewerbsgeist überhaupt, der Kattundruckerei durch seine Erfindungen insbesondere gegeben hat, ist noch heute wirksam, nicht am wenigsten in seiner Vaterstadt, die sich seitdem zu einer der ersten Industriestädte in Deutschland ausgewachsen hat. Neben Schüle’s Namen darf aber eine Künstlerin, die Frau Friedrichs, nicht vergessen werden: sie förderte durch ihre vorzüglichen Musterzeichnungen in ganz hervorragendem Maße die Leistungen Schüle’s und den Ruf derselben.
Schüle: Johann Heinrich v. S. ist als der eigentliche Begründer der deutschen, ja europäischen Kattundruckerei anzusehen. Allerdings war diese Kunst schon vor ihm bekannt und wurde zu Anfang des 18. Jahrhunderts in Augsburg und Hamburg praktisch geübt, aber sie entbehrte noch jener Vollkommenheit, welche ihr für das Alltagsleben eine so große Bedeutung und Verbreitung verliehen hat. Die Drucke, welche vor ihm hergestellt wurden, ermangelten der Reinheit und Dauerhaftigkeit. Diesen Uebelstand zu beseitigen, studirte er unablässig die Farben und ihre Verwendbarkeit. Nachdem er hinter dies Geheimniß gekommen war, ging er einen Schritt weiter, indem er für die Uebertragung der Zeichnungen die Kupferplatten wählte, wodurch es erst gelang, die ersteren in einer bis dahin unerreichten Schönheit und Reinheit wiederzugeben. Endlich aber glückte es ihm Gold und Silber in den Kattun zu malen, wodurch seine Producte jenen Glanz erhielten, der ihre Einführung in den täglichen Gebrauch am meisten förderte. Am 1. Juli 1759 eröffnete er zu Augsburg vor dem rothen Thor seine Fabrik, welche durch ihre Leistungen und inneren Einrichtungen sich in Bälde einen Weltruf gewann. In England, Frankreich, Rußland, Polen, Portugal, Spanien, Italien und Holland fanden seine Erzeugnisse rasch Eingang und zwangen ihn sein Geschäft, um der Nachfrage zu genügen, zu vergrößern, ja sogar an andern Orten Fabriken zu erbauen. So gründete er 1766 eine Kattunfabrik in Heidenheim an der Brenz in Gemeinschaft mit einem gewissen Mebold, daher die Firma: Mebold & Schüle; 1768 betheiligte er sich an der Fabrik, welche zu Fridau in Oesterreich von den Herren v. Grechtler und Fries errichtet wurde. Naturgemäß stachelte sein Vorgang zur Nacheiferung an, so daß auch andere Kattundruckereien in Augsburg entstanden, wie andererseits dadurch die Textilindustrie sich eines bedeutenden Aufschwunges erfreute, der auch darin bestand, daß die Weberei sich auf seine Veranlassung dahin fortbildete, feinere und breitere Waaren zu wirken. Daß jene Zeit der gewerblichen Entwicklung ein besonderes Augenmerk zuwandte, ist bekannt; eine Bestätigung erhält- P. v. Stetten, der Jüngere, Kunst-, Gewerbe- und Handwerks Geschichte der Reichsstadt Augsburg. – Kurrer und Kreutzberg, Geschichte der Zeugdruckerei.