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ADB:Sarasin, Karl

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Artikel „Sarasin, Karl“ von Hermann Wartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 372–373, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sarasin,_Karl&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 13:37 Uhr UTC)
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Sarasin: Karl S., geboren am 17. April 1815 in Basel, † ebendaselbst am 21. Januar 1886. – Durch unglückliche Geschäfte und andere Widerwärtigkeiten waren die Eltern von Karl S. in mißliche finanzielle Verhältnisse gerathen, welche strenge Sparsamkeit und die geordnetste Oekonomie verlangten. Der Knabe wurde daher sehr einfach erzogen und lernte schon frühe den Ernst des Lebens kennen, der die ganze Tüchtigkeit seines Wesens herausforderte. Was ihm ein kränklicher Vater und eine treu besorgte, treffliche Mutter gewähren konnten, war eine gewissenhafte, wahrhaft christliche Erziehung und eine tüchtige Schulbildung. Karl S. durchlief die öffentlichen Schulanstalten seiner Vaterstadt [373] bis zum obern Gymnasium oder „Pädagogium“. Dann trat er bei einem Bandfabrikanten in die Lehre und arbeitete sich mit aller Energie und Pflichttreue in die baslerische Hauptindustrie hinein. Um sich mit ihrer Technik allseitig vertraut zu machen, brachte er mehrere Monate bei einem sogenannten „Posamenter“ in einem Bergdorfe des Jura zu, und lernte hier alle Artikel, die in dem Geschäfte vorkamen, selbst auf dem Webstuhle anfertigen. Gerne behielt ihn das Haus, in welchem er seine Lehre gemacht hatte, nach vollendeter Lehrzeit als Angestellten. – Aber Karl S. fühlte die Kraft in sich, auf eigenen Füßen zu stehen und gründete schon im J. 1837 gemeinsam mit seinem bald nachher verstorbenen Vater ein eigenes Posamenter- oder Bandwebereigeschäft. Mit wenigen, theils gekauften, theils gemietheten Bandstühlen begann er zu arbeiten. Dennoch brachten seine gründliche Kenntniß der Fabrikation und seine kaufmännische Gewandtheit und strenge Rechtlichkeit alsbald nach Ueberwindung der ersten Schwierigkeiten Erfolge, welche seinem Organisationsgeschicke ein weites Feld eröffneten und eine rasche Ausdehnung des Geschäfts ermöglichten. In den Fünfziger Jahren beschäftigte das Haus schon ein halbes Tausend Webstühle und im ferneren Verlaufe der Zeit stieg deren Zahl auf das Doppelte. Wenn auch die Bandweberei, wie jede andere Industrie, ihre Krisen durchzukämpfen hatte, so gab es doch nach Karl Sarasin’s Ausspruch „niemals schlechte Zeiten“, und ging ein Geschäft schlecht, so lag nach ihm die Schuld vor allem an dessen Inhaber. Nichts bezeichnet wohl die ganze Gesinnung des Mannes besser, als jener Ausspruch; nichts läßt besser ermessen, mit welcher Festigkeit und Zuversicht er seine Bandweberei leitete und sie allen wechselnden Anforderungen anzupassen wußte. Daß er dabei an alle seine Mitarbeiter strenge, an sich selbst aber jederzeit die strengsten Anforderungen stellte, läßt sich als selbstverständlich voraussetzen. Was jedoch ganz besonders hervorgehoben werden muß, ist seine außerordentliche Fürsorge für das leibliche und geistige Wohl seiner zahlreichen Angestellten und Arbeiter. Was in seinen Kräften stand, um ihre Lage irgendwie zu verbessern, das hat er freiwillig und aus innerem Antriebe gethan. Es war ihm einfach Gewissenssache; wie er auch der Arbeiterfrage überhaupt von ihrem ersten Auftreten an die lebhafteste Sympathie entgegenbrachte, sich des eifrigsten mit ihr befaßte und hiefür mit gleichgesinnten Männern des In- und Auslandes in enge Verbindung trat. Wo zur Verbesserung der Arbeiterverhältnisse Hand ans Werk gelegt wurde, wo andere dringende Fragen der Gemeinnützigkeit zur Behandlung kamen, da fehlte der „Rathsherr Sarasin“ nicht. Der „Rathsherr“; denn auch Karl S. war inzwischen von seinen Mitbürgern in öffentliche Aemter berufen worden und gehörte seit 1845 dem Großen Rathe an, seit 1856 dem Kleinen Rathe oder der Regierung. Als Mitglied dieser Behörde besorgte er zuerst mit großer Vorliebe die Leitung der öffentlichen Bauten, hernach das Sanitätswesen. Sein specifisch christlicher Sinn führte ihn in den Vorstand der großartig organisirten Basler Missionsgesellschaft, in spätern Lebensjahren auch an die Spitze der evangelischen Gesellschaft und verschiedener anderer Anstalten wohlthätigen und religiösen Charakters. Ein Kopfhänger ist Karl S. deswegen nicht gewesen. Sein Lebenselement war die Arbeit, sein Hauptcharakterzug der unbeugsame, feste Wille, mit dem er Alles, was er an die Hand nahm, zum festgesteckten Ziele führte, soweit das Vollbringen von ihm abhing.