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ADB:Salm, Niclas I. Graf zu

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Artikel „Salm, Niclas I., Graf zu“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 258–260, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Salm,_Niclas_I._Graf_zu&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:18 Uhr UTC)
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Salm: Niclas I., Graf zu S., der ruhmreiche Vertheidiger Wiens, stammt aus der Linie der Grafen von Ober-Salm, sein Vater Johann heirathete eine Tochter des Freiherrn Gerhard von Harcourt. Niclas Graf zu S. wurde 1459 geboren und starb am 4. Mai 1530. Noch jung trat er 1483 in österreichische Dienste und soll anfangs Juli in dem unter dem Feldhauptmann Herzog Albrecht dem Beherzten von Sachsen in Oesterreich eingerückten Heere, dessen Aufgabe der Entsatz von Wiener-Neustadt war, bereits mitgekämpft haben. Später finden wir ihn als „obristen Veldhauptmann“ bei Stuhlweißenburg, das er bis zu dem anfangs Mai 1491 erfolgten Rückzuge „gen Eysenburg“ besetzt hielt. Er muß schon damals Proben besonderer Kriegstüchtigkeit gegeben haben, weil er in verhältnißmäßig jungen Jahren als oberster Feldhauptmann Dienste that. – Im Schweizerkriege vom J. 1499 befand sich S. bei jenen Truppen, welche unter Führung des Grafen Wolfgang zu Fürstenberg, obersten Feldhauptmanns des schwäbischen Bundes standen, und focht am 11. April bei Mannenbach unfern Constanz, wobei er die dort standhaltenden Schweizer mit einem Verluste von 300 Todten zurückdrängte. – Auch im Landshuter Erbfolgekriege, in welchem er im November 1504 Markt und Schloß Trostberg einnahm, gehörte S. zu den vorzüglichsten Feldhauptleuten. Als es sich im J. 1506 bei den Verwicklungen in Ungarn um die Brechung des Widerstandes handelte, welchen eine Partei daselbst dem Vertrage von 1491 noch immer entgegensetzte, stand S. abermals an der Spitze der in Ungarn einrückenden Truppen des Königs Maximilian I., welcher dessen bewährte Treue und Tüchtigkeit nicht nur im Kriege sich nutzbar machen konnte, sondern denselben auch bei den im J. 1509 und 1510 in Wien gehaltenen Landtagsverhandlungen verwendete. Im J. 1511 an die Spitze der in Innerösterreich stehenden kaiserlichen Truppen gerufen, scheint S. aus einer bisher nicht aufgeklärten Ursache das Mißfallen des Kaisers sich zugezogen zu haben, er verfügte sich, um diese Angelegenheit zu begleichen, an das Hoflager Maximilian’s nach Trient, wo der Kanzler Sernstein wohlwollend vermittelte.

Trotz seinem Antrage zur Uebernahme von Kriegsdiensten wurde er erst im Frühjahre des Jahres 1514, als die Zustände im Küstenlande bereits eine bedenkliche Wendung zu nehmen drohten, mit dem Ttuppencommando daselbst betraut. Schon der Ruf von dem Herannahen Salm’s veranlaßte die Venetianer zur Aufhebung der Belagerung von Marano. S. versah den Ort mit Munition und Lebensmitteln, verstärkte die Besatzung und kehrte nach Gradisca zurück. Nachdem er hier seine Streitkräfte neuerdings gesammelt und die Nachschübe an sich gezogen hatte, suchte er die Venetianer aus Friaul zu vertreiben und mit den aus Tirol vordringenden Truppen in Verbindung zu treten. Auf diesem Zuge überfiel S. am 12. Juli 1514 bei Castiglione den venetianischen Feldhauptmann Giovanni Bittuci, brachte ihm eine Niederlage bei und nahm ihn gefangen. Seuchen, mehr noch der verheerende Krieg bestimmten die Venetianer, am 18. October 1514 mit S. Waffenstillstand zu schließen. Im Sommer 1515 bei der Fürstenversammlung (anläßlich der Doppelheirath) in Wien noch im Gefolge des Kaisers anwesend, mußte er schon im Herbst desselben Jahres auf den Kriegsschauplatz nach Südtirol, wo er verwundet wurde und 1516 mit noch „vil guetten Herrn vnd Knecht“ in das belagerte Verona sich begeben. – Mit Bestallbrief vom 4. Juni 1522 zum „obristen Veldhaubtmann“ in Untersteiermark gegen die Türken ernannt, hatte er weder in diesem noch im folgenden Jahre Gelegenheit, Hervortretendes zu leisten und erhielt beim Herannahen des Winters 1523 und weil ein Einfall der Türken nicht zu besorgen war, den Befehl, die „crabatischen und crainerischen Pferde“ zu beurlauben. Nur kurze Zeit konnte er sich Ruhe gönnen, denn als in dem Kriege in Italien in den Jahren 1524 und 1525 Erzherzog Ferdinand auf seine eigenen Kosten Hülfstruppen [259] in der Stärke von 2000 Landsknechten und 200 „raisigen Pferden“ ausrüsten ließ, bestellte dieser unterm 15. December 1524 S. zum Hauptmann über die „geraisigen Pferd“, mit welchen er die Schlacht von Pavia mitmachte, wobei er „mit seinem reyssigen Zeug tapfer nachgedruckt, aber erstlich großen schaden empfangen und hinter sich getrieben worden“. Als aber Salm’s Reisige sich wieder sammelten, bewährten sie ihren alten Waffenruhm, S. selbst „hat sich mit seinen Reutern hart vmb den König angenommen, dem König seinen Hengst erstochen vnd in die rechte Hand verwundt, dargegen hat der König Graf Niclasen durch ein Schenkel gestochen vnd sich fest gewehrt“ und auf diese Art an der Gefangennahme Franz I. wesentlich theilgenommen. Nachdem S., als oberstem Feldhauptmann, in den österreichischen Landen die Leitung des Kriegswesens in den der Wiener Regierung unterstandenen Alpenländern oblag, wurde er bald aus Italien nach Wien abberufen, begab sich von da im J. 1525 nach Obersteiermark, fand daselbst die Bauern des Ennsthales im offenen Aufruhr und kam mit Rücksicht auf die höchst schwierigen Verhältnisse, den ungenügenden Stand seiner Truppen, Mangel an Geld etc. anfangs in eine bedenkliche Lage. Erst als er durch Nachschübe seine Truppenmacht bis auf 2100 Knechte vermehrte und der niederösterreichische Hofrath ihm den Befehl ertheilte, Schladming zu überziehen und die aufrührerischen Einwohner durch Niederbrennen ihres Ortes zu bestrafen, leitete S. den Angriff ein, ließ die Stadt anzünden „und in Grund verprennen“. Diese Maßregel im Vereine mit der später erfolgten Zerstörung der Häuser der Rädelsführer in Aussee, der Brandschatzung von Eisenerz etc. dämpften im Spätherbste 1525 die Aufstände, – das Vertrauen, welches man seiner Erfahrung und Einsicht in Kriegsangelegenheiten entgegengebracht, wurde immer größer und war auch Veranlassung, daß S., – als Erzherzog Ferdinand gezwungen wurde, seine vertragsgemäßen Rechte auf Ungarn durch Waffengewalt zur Geltung zu bringen – mit dem Bestallbriefe vom 30. August 1526 anfangs zum obersten Feldhauptmann „wider die Turckhen von datum des Briefes auf Ein Jahr“, und später, im J. 1527 nach der Erkrankung des Heerführers Markgrafen Casimir von Brandenburg-Culmbach aber zum Oberbefehlshaber des Heeres bestimmt wurde. Als solcher folgte er, als Zapolya seinen Rückzug von Ofen nach Oberungarn nahm, diesem rasch nach, besetzte Erlau, zerstreute eine feindliche Abtheilung bei Sájo-Lád und schlug über Tokay gegen Tarczal rückend im letzteren Orte sein Lager auf. Hier wurde er am 26. September 1527 überfallen, anfangs zurückgedrängt, sammelte er bald seine bewährten Truppen, ging zum Angriffe vor und bereitete dem Gegner eine empfindliche Niederlage. Den errungenen Vortheil sofort benützend, ließ S. den Zapolya’schen Truppen keine Zeit mehr, sich zu ordnen, folgte ihnen gegen Tokay und griff sie am 27. September neuerdings mit solchem Erfolge an, daß Alles in wilder Auflösung die Flucht ergriff. Ein Theil wurde niedergemacht, viele ertranken in der Theiß, die Artillerie und das ganze Gepäck fiel in die Hände der Truppen Ferdinand’s. S. nahm nunmehr Tokay ein, desgleichen die Feste von Bodrog, sowie die Schlösser Redecz und Boldogkö. Durch diesen entscheidenden Sieg hatte S. der Sache Ferdinand’s I. einen wesentlichen Dienst geleistet, denn die Anerkennung desselben als König und dessen Krönung war die wichtigste Folge dieses Sieges. Nach der Zersprengung des Zapolya’schen Heeres bei Tokay verfügte er sich an das königliche Hoflager nach Ofen, um bei der Krönung zu Stuhlweißenburg anwesend zu sein, bei welcher Gelegenheit er in wohlverdienter Weise ausgezeichnet wurde. Die größten Verdienste, nicht nur um Wien, sondern auch um Mittel- und Westeuropa erwarb er sich aber bei der Belagerung dieser Stadt. Der greise Herr scheint um diese Zeit sehr leidend gewesen zu sein, er befand sich in Baden, um dort eine Besserung seiner [260] „Leibsswacheit“ – wahrscheinlich war es Gicht – zu suchen und zögerte mit der Uebernahme des Commandos, das ihm mit dem Bestallbriefe vom 31. März 1528 für die niederösterreichischen Lande zugedacht war. Als aber Soliman’s Kriegszug gegen Wien nicht mehr bezweifelt werden konnte, finden wir ihn bereits allseits thätig, um jene Anstalten zu treffen, welche zur Vertheidigung der Stadt als zweckmäßig erachtet wurden. Er zog alle nur immer verfügbaren Truppen an sich und verrichtete während der Belagerung, die am 27. September 1529 begann, begeistert von dem Gedanken, daß es der Culturstand eines Theiles des Vaterlandes, daß es die heiligsten Güter seien, welche er auf den zusammenbrechenden Befestigungsresten vertheidigte, mit den ihm beigeordneten Truppenführern Wunder der Tapferkeit. Mit diesen immer an den gefährlichsten Stellen, erlitt S. bei dem Gewaltsturme am 14. October durch ein abgesprengtes Steinstück eine Verwundung am Schenkel. Am 15. October hob Soliman die Belagerung auf und trat mit seinem um die Hälfte geschmolzenen Heere – er hatte anfangs 120 000 Mann, während der Vertheidiger blos über circa 16 000 Soldaten und 5000 Bürgergarden verfügte – den Rückzug an. Die unter den Truppen Salm’s wegen Soldrückständen ausgebrochene meuterische Bewegung wirkte im höchsten Grade lähmend auf alle Vorbereitungen zur Verfolgung der abziehenden Türken. Erst Mitte November begab er sich wieder zu den Truppen, welche mittlerweile Altenburg genommen hatten, trieb die Feinde vor sich her, nahm Raab, Komorn, Martinsberg und endlich auch die Stadt Gran. Die durch den außerordentlichen Geldmangel bedingten neuerdings eingetretenen Soldrückstände waren Ursache, daß S. sich zum Rückzuge nach Preßburg entscheiden mußte, bloß Raab, Komorn und Martinsberg blieben besetzt. Als der Frieden Stillstand in die Operationen brachte, befand sich S. auf seinem Schlosse Marcheck, zu dessen Besitz er im Jahre 1502 gelangte und dessen Verhältnisse er nach dem glücklichen Abschlusse des Feldzugs 1527 in Ungarn stetig zu verbessern trachtete. Die bei der Belagerung Wiens erhaltene Wunde führte infolge der Aufregungen und Strapazen bei dem 71 Jahre alten Herrn ein Siechthum herbei, welches ihn am 24. März 1530 veranlaßte, den König Ferdinand um die Enthebung vom Dienste eines obersten Feldhauptmannes zu bitten. Nur schwer – die Erledigung des Gesuches erfolgte am 16. April 1530 – trennte sich Ferdinand von einem Manne, welcher durch 47 Jahre ihm und seinem Hause bei jeder Veranlassung und oft in höchst bedrängten Lagen voll Treue, Eifer und Hingebung seine Dienste gewidmet hatte. S. überlebte die Enthebung vom Dienste nur wenige Tage, indem er schon am 4. Mai 1530 wahrscheinlich auf seinem Schlosse in Marcheck starb. S. war bei seinen kriegerischen Unternehmungen vom Glücke sehr begünstigt und konnte daher in seinem Schreiben an König Ferdinand mit Recht sagen: „er hab vill Zug der sich nymandts zuthun vnndersteen wollen, gethan, vnnd albeg zum pessten ausgericht“.

Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterr., 28. Th., Wien 1874. – Hormayr, Taschenbuch f. vaterl. Gesch., Wien 1823. – Hormayr, Archiv f. Gesch. etc., Wien 1815. – Weingärtner, Heldenbuch, Teschen 1882. – Schweigerd, Oesterreichs Helden etc., 1. Bd., Leipzig 1852. – Die erste Belagerung Wiens durch die Türken 1529 in Mittheilungen des Kriegsarchivs, Wien 1882. – Newald, Niclas Graf Salm, Wien 1880, Nachträge 1884.