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ADB:Salentin

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Artikel „Salentin, Graf von Isenburg“ von Max Lossen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 216–224, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Salentin&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:08 Uhr UTC)
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Salentin: S., Graf von Isenburg, Erzbischof und Kurfürst von Köln 1567–77, Bischof von Paderborn 1574–77, einer der tüchtigsten geistlichen Fürsten im Zeitalter der Gegenreformation und zudem einer der eigenartigsten und darum anziehendsten Charaktere seiner Zeit. Nicht persönliche Neigung führte ihn in den geistlichen Stand, sondern das Familieninteresse. Die Eltern, Heinrich Graf von Isenburg-Grenzau und Margaretha, geborene Gräfin von Wertheim, hatten drei Söhne, Johann, Salentin und Anton, für deren standesgemäße weltliche Erziehung die kleine verschuldete Grafschaft nicht die Mittel gewährt haben würde. Nach allgemeinem Brauch der damaligen fürstlichen, gräflichen und adlichen Häuser gab man darum die beiden älteren Söhne frühzeitig in den geistlichen Stand und verschaffte ihnen Domherrenpfründen zu Trier, Mainz, Köln und Straßburg. Da der jüngste Bruder, Anton, frühzeitig starb, trat zunächst der älteste, Johann, in den weltlichen Stand zurück, heirathete im J. 1563, starb jedoch kinderlos schon zwei Jahre später. Nun würde auch Salentin, der bereits im dreißigsten Lebensjahre stand (geboren 1532), zur Erhaltung des Stammes den geistlichen Stand verlassen und sich verheirathet haben, hätten nicht mancherlei Rücksichten, theils gemeinnütziger, theils selbstsüchtiger Art, ihn bestimmt, die ihm angetragene Wahl zum Erzbischof und Kurfürsten von Köln [217] anzunehmen. Der dortige Erzbischof, Friedrich, Graf von Wied, war mit Papst Pius V. und der römisch gesinnten Mehrheit seines Domcapitels, infolge seiner Weigerung das Trienter Glaubensbekenntniß zu beschwören, in heftigen Streit gerathen; da er nicht nachgeben wollte, auch vom Kaiser im Stich gelassen wurde, sah er sich gezwungen, zu resigniren – am 25. October 1567. Unter den wählbaren Domherren war keiner, welcher der siegreichen, römisch gesinnten Partei des Capitels und zugleich dem Kaiser und dem Papste so genehm gewesen wäre, wie Salentin von Isenburg, der sich bereits in mancherlei Geschäften des Stifts und des Reiches erprobt, sowie als zuverlässigen Katholiken erwiesen hatte. So wurde er denn am 23. December 1567 mit 14 Stimmen von 23 zum Erzbischof und Kurfürsten gewählt, obwohl er ausdrücklich erklärte, daß er nicht geistlich zu bleiben, sondern ein Kriegsmann zu werden gedenke, darum auch niemals zum Priester und Bischof sich weihen lassen werde. Domcapitel und Kaiser ließen sich das gefallen, nicht aber Papst Pius V., der in seiner Unkenntniß der deutschen Dinge keinen ungeweihten Erzbischof sich vorstellen konnte und in seinem mönchischen Eifer meinte, er müsse den Neugewählten zur Nachgiebigkeit zwingen oder einen andern an seine Stelle setzen. Sein Verdruß über S. war noch dadurch vermehrt, daß dieser weder für die päpstliche Bestätigung Taxen zahlen, noch das Trienter Glaubensbekenntniß beschwören wollte. An seinem Domeapitel fand der Erzbischof keinen festen Rückhalt, wohl aber am Kaiser, der den ihm persönlich ergebenen Mann schätzte und schon für die künftige römische Königswahl auf ihn rechnen mochte. Doch hätte auch Kaiser Maximilian’s Vermittlung in Rom vielleicht nichts gefruchtet, wären ihm nicht dort einflußreichere Verbündete, König Philipp von Spanien und dessen niederländischer Statthalter, der Herzog von Alba, zu Hülfe gekommen. Sie wünschten aus zwei in sich zusammenhängenden Gründen, daß S. wenigstens noch für einige Zeit Kurfürst von Köln bleiben sollte. Einmal hatte dieser in den, vor kurzem ausgebrochenen, niederländischen Unruhen für den König Partei genommen. Im Jahre 1569 wurde er sogar spanischer Pensionär und übernahm als solcher die Verpflichtung, dem Statthalter in den Niederlanden auf Erfordern eine Anzahl deutscher Reiter zu Hülfe zu führen, was er nachmals, 1572, während der Belagerung von Mons im Hennegau, wirklich in eigener Person gethan hat. Auch rechnete Alba darauf, daß sich Kurfürst S. für die Aufnahme der Niederlande in ein an den Landsberger Schirmverein sich anlehnendes Schutz- und Trutzbündniß der katholischen Reichsfürsten bemühen werde. Der zweite Grund war die Aussicht, daß sich S. dazu verstehen würde, bei seinem künftigen Rücktritt vom Erzstift dem jungen Herzog Ernst von Baiern die Nachfolge zu verschaffen. Damit hätte der spanische König für seine Niederlande einen ebenso mächtigen, wie zuverlässigen Nachbar gewonnen. Durch diese Gründe ließ sich endlich auch Papst Pius V. bewegen, eine Zeitlang noch den ungeweihten Erzbischof sich gefallen zu lassen. Ehe er die Geduld verlor, starb er; sein klügerer Nachfolger, Gregor XIII., wußte die Vortheile besser zu würdigen, welche der römische Stuhl aus einem freundschaftlichen Verhältniß zu einem der angesehensten katholischen Reichsfürsten ziehen konnte. S. seinerseits gab, auf den Wunsch des Kaisers, soweit nach, daß er in der Stille den Eid auf das Trienter Glaubensbekenntniß leistete. Dagegen verlieh ihm der Papst die nach den Concordaten der deutschen Nation erforderliche Confirmation ohne jegliche Taxe, im December 1573. Stillschweigend wenigstens setzte man in Rom bei diesem Entgegenkommen voraus, daß S. seine frühere Zusage, dem bairischen Herzog zur Nachfolge zu verhelfen, erfüllen werde. – S. schien aber vorerst nicht mehr gesonnen, sobald vom Erzstift abzutreten, sondern die Vortheile, welche ihm sein Ansehen als Kurfürst auch für sein eigenes kleines Grafenhaus verschaffte, ausnutzen zu wollen. Da ihm [218] Spanien die bewilligte Pension nicht pünktlich auszahlte, ließ er sich, im J. 1573, mit seinem Nachbar, dem Grafen Johann von Nassau, und den Kurpfälzern in Verbindung ein, zu dem Zwecke, auch vom französischen König eine Pension zu erlangen. Er erhielt sie wirklich im nächsten Jahre, ohne sich darum mit seinen alten Freunden, den Spaniern, zu überwerfen. Vielmehr erbot er sich gerade damals, wenn auch ohne Erfolg, zum Vermittler zwischen König Philipp und dem Prinzen von Oranien. – Als dann Johann, Graf von Hoya, Bischof von Osnabrück, Münster und Paderborn gestorben war, am 5. April 1574, ließ sich S., der während seines häufigen Aufenthaltes zu Arnsberg, im kölnischen Herzogthum Westfalen, mit der westfälischen Ritterschaft, gleich ihm tapferen Trinkern und guten Jägern, vertraute Freundschaft geschlossen hatte, auch noch zum Bischof von Paderborn wählen (21. April 1574). Stift Münster war schon seit längerer Zeit, mittels einer Coadjutorie, dem jüngeren clevischen Prinzen, Herzog Johann Wilhelm gesichert; Osnabrück fiel, nicht ohne Mitwirkung des Kurfürsten S., einem seiner Freunde zu, dem Bremer Erzbischof, Herzog Heinrich von Sachsen-Lauenburg. – Im nächsten Jahre, als der unerwartete, frühe Tod des clevischen Erbherzogs Friedrich Karl († zu Rom am 9. Februar 1575) den jüngeren Bruder, Herzog Johann Wilhelm, zum künftigen Landesherrn von Jülich-Cleve-Berg machte und damit die Erledigung des Hochstifts Münster in nahe Aussicht stellte, faßte Kurfürst S. einen Plan, der, erbaut auf der Grundlage seines eigenen Rücktritts vom geistlichen Fütstenthum, darauf angelegt war, ihm auch für seinen künftigen, bescheidneren Grafenstand dankbare und mächtige Gönner und Freunde zu sichern. Herzog Ernst von Baiern sollte, wie vormals schon verabredet, sein Nachfolger im Erzstift Köln werden, Herzog Heinrich von Lauenburg aber nicht nur Paderborn, sondern auch das werthvollere Hochstift Münster erhalten. Die ganze Energie seines nicht minder von klugen Listen und Ränken, wie von trotzigem Eigensinn erfüllten Kopfes setzte S. hinfort an die Erreichung dieses Doppelplanes. Wenn er sein Ziel schließlich nur zum kleinsten Theil erreichte, trugen nicht sowohl eigene taktische Fehler, wiewohl er deren im Zorn manche beging, die Schuld daran, als die Ueberzahl und Macht der Gegner, auf welche sein Doppelplan stieß. Dem Papst, dem spanischen König und dessen niederländischen Statthalter, sowie dem Herzog von Jülich, war es zwar sehr recht, daß Herzog Ernst von Baiern Kurfürst von Köln werden sollte; Papst Gregor XIII. verlieh selbst, durch zwei verschiedene Breven vom 30. Juni 1576, S. die Befugniß, mit oder auch ohne Einwilligung des Kölner Domcapitels, den bairischen Prinzen zu seinem Coadjutor im Erzstift zu machen, – aber dieselben Mächte wollten von der Nachfolge des als Lutheraner geltenden und insgeheim verheiratheten Bremer Erzbischofs im Stift Münster nichts wissen, sondern wünschten auch hier, wie zu Köln, den bairischen Herzog als künftigen Bischof. Anderseits bemühten sich eine Anzahl protestantisch gesinnter Kölner Domherren und ihre weltlichen Verwandten, die Wetterauer Grafen, aufs äußerste, die Coadjutorie oder die Wahl des bairischen Herzogs in Köln wie in Münster zu hintertreiben. An beiden Orten spalteten sich die Domcapitel in feindliche Parteien; die längst vorhandenen kirchlichen und politischen Gegensätze verschärften sich im Streit durch gegenseitige persönliche Beleidigungen und ließen es zu keiner Vereinigung mehr kommen. Kaiser Rudolf II. steigerte die Verwirrung, indem er sich eine Zeitlang bemühte, den Zwist der Parteien zu benutzen, um einem seiner eigenen Brüder oder Vettern die Nachfolge in Köln oder in Münster zu verschaffen. – Das Endergebnis all dieser durch Jahre sich hinziehenden Praktiken war für Münster ein halber Erfolg, für Köln aber ein vollständiges Scheitern der Salentin’schen Pläne. Als Herzog Johann Wilhelm, im Vertrauen auf trügerische Zusagen einiger bisheriger Gegner der bairischen Bewerbung um Münster, namentlich [219] des Statthalters Konrad von Westerholt, am 23. Februar 1577 sein Postulationsdecret zurückgegeben und in die Hände des Capitels resignirt hatte, schickten sich die Anhänger des Bremer Erzbischofs, siebzehn Stimmen gegen zehn, bereits an, diesen zu wählen; der Führer der Minorität, zugleich Domdechant, Goddert von Raesfeld, wußte sich nur dadurch zu helfen, daß er den Wahlact unterbrach und nach Rom appellirte, worauf dann der Papst die Resignation des bisherigen Postulirten annullirte und dieser noch auf Jahre hinaus Administrator des Stifts Münster blieb. – Salentin’s Niederlage im Erzstift Köln wurde theilweise gerade durch solche Regierungshandlungen herbeigeführt, welche eine dankbarere Nachwelt ihm zum hohen Verdienst angerechnet hat, nämlich durch sein Bemühen, das Erzstift von Schulden zu befreien und die Einkünfte des regierenden Herrn zu verbessern. S. war ein guter Haushalter, für seine geistlichen Stifter nicht minder wie für sein eigenes Haus. Er sah ein, daß die Leichtfertigkeit, womit seine Vorgänger, um vorübergehende Geldverlegenheiten zu heben, die werthvollsten Domänen verpfändet hatten, der schlimmste Feind einer geordneten Stiftsregierung gewesen war. Darum gab er sich daran, die alten Pfandverschreibungen zu prüfen und wo das ging, Güter, welche weit mehr werth waren, als die seiner Zeit dafür gegebenen Darlehen, wieder einzulösen. Damit war das Capitel ganz einverstanden, so lange die Einlösungen auf Kosten anderer erfolgten, z. B. die bedeutendste von allen, die des vor 120 Jahren um den Betrag von 17550 Gulden an die Grafen von Schauenburg verpfändeten Vests von Recklinghausen, im Mai 1576. Erwartete doch das Domcapitel, der Kurfürst werde zwei zum Vest gehörige, früher dem Capitel verpfändete Höfe, Oer und Chor, nunmehr ihm wieder einräumen. S. aber war nicht nur von einer solchen Nachgiebigkeit weit entfernt, sondern forderte im Gegentheil, und zwar schon seit Jahren, von seinem Capitel die Herausgabe des angeblich widerrechtlich in Besitz genommenen Schlosses und Amtes von Zons mit dem dortigen einträglichen Rheinzoll. Weiterhin hatten er und seine Räthe herausgerechnet, daß dem Domcapitel von den Einkünften der Zölle zu Bonn, Linz und Rheinberg ein zu hoher Betrag verschrieben sei. Wenn der Kurfürst mit seinen Forderungen durchdrang, hätten die Domherren auf ein gut Theil ihrer Einkünfte verzichten müssen; kein Wunder, daß sie mit aller Gewalt sich sträubten und nicht zum mindesten gerade darum auch Salentin’s Coadjutorieplan den entschiedensten Widerstand entgegensetzten. Bei einzelnen protestantisch oder antirömisch gesinnten Domherren kam dazu die Furcht, einen Fürsten aus einem so schroff katholischen Hause wie das bairische, zum Herrn zu bekommen, endlich bei diesen, sowie auch bei einigen anderen, von Haus aus katholischen Capitelsgrafen die Abneigung gegen jeden Erzbischof aus Fürstengeschlecht. Dagegen rechnete S. für seine beiden Zwecke, die Coadjutorie des bairischen Herzogs und die Wiedererlangung der dem regierenden Herrn unrechtmäßig entzogenen Einkünfte, auf die Unterstützung des Kaisers. Er hatte sich den Kaiser Maximilian mehrfach verpflichtet, vor allem dadurch, daß er diesem bei der Betreibung der Wahl seines Sohnes Rudolf zum römischen König bereitwilligst entgegengekommen war (1575); weiterhin, indem er auf den beiden in seine Regierungszeit fallenden Reichstagen, zu Speier 1570 und zu Regensburg 1576, in Person erschien und die hohen Geldforderungen des Kaisers durchsetzen half. Aber Maximilian starb (am 12. October 1576), ehe S. seine beiden Ziele erreicht hatte und der Nachfolger, Kaiser Rudolf II., ließ ihn in Stich, suchte sogar, wie schon erwähnt, eine Zeitlang Salentin’s Successionspläne zu durchkreuzen, indem er sich bemühte, einen seiner eignen Brüder nach Köln zu bringen, und da das nicht anging, wenigstens zu verstehen gab, daß er nicht gewillt sei, die Wahlfreiheit des Domcapitels zu beschränken. Auch der Papst und das Haus Baiern sahen sich [220] schließlich genöthigt, den Coadjutorieplan fallen und es auf das Ergebniß einer freien Capitelswahl ankommen zu lassen. Grollend wich endlich auch S. dem allgemeinen Widerspruch. – Inzwischen hatte er eine passende Braut gefunden: Antonia Wilhelma, die jüngere Tochter des bei Heiligerlee (1578) gefallenen Herrn Johann von Ligne, Grafen von Arenberg, eine Dame, die ihm wohl nicht minder wegen ihrer vornehmen Abkunft und ihres Reichthums als wegen ihrer Schönheit begehrenswerth erschien. – Am 5. September 1577 verzichtete S. zuerst auf sein Stift Paderborn, wo seine tüchtige, durch die Einlösung verpfändeter Stiftsgüter und durch die Wiederherstellung der Domschule ausgezeichnete Verwaltung im besten Andenken blieb, und wo nach wenigen Wochen, am 14. October, der von S. gewünschte Mann, Erzbischof Heinrich von Bremen, mühelos die Nachfolge erlangte; sodann, am 13. September, auch auf das Erzstift Köln, ohne Vorbehalt und zu Händen des Domcapitels. – Nun wurde das schon vor Monaten, seit Salentin’s baldiger Rücktritt gewiß war, begonnene Feilschen um die Stimmen der 24 Wähler im Kölner Capitel mit allem, bei den deutschen Bischofswahlen damals üblichen Cynismus fortgesetzt bis zum Tage der Neuwahl, am 5. December 1577. Die persönlichen Feinde Salentin’s und die Gegner der Nachfolge eines Sprossen des mächtigsten katholischen Fürstenhauses vereinigten sich, um einem zwar katholischen, aber von Haus aus machtlosen, übrigens auch durch manche persönliche Vorzüge sich empfehlenden Bewerber, Gebhard Truchseß, Freiherrn von Waldburg, den Sieg zu verschaffen (vgl. A. D. B. VIII, 457 ff). Es kam ihnen zu gut, daß auch die rheinischen Landstände, durch Salentin’s rücksichtslose Betreibung der Coadjutorie und andere Eigenmächtigkeiten, daß ferner der Rath der Stadt Köln, durch seine gewaltthätige Verfechtung erzbischöflicher Rechte, mißtrauisch gemacht und dem von S. beförderten bairischen Herzog abgeneigt waren. So wurde denn Gebhard Truchseß mit 12 Stimmen gegen 10 zum Erzbischof und Kurfürsten gewählt und ungeachtet des Protestes seines Gegenbewerbers sofort von den Landständen, dann auch von den Wählern des bairischen Herzogs als regierender Herr anerkannt, vom Kaiser belehnt, von den Kurfürsten in ihren Verein aufgenommen und schließlich auch vom Papst bestätigt. In seiner Wahlcapitulation hatte Gebhard auf alle von seinem Vorgänger erhobenen, die Erhöhung der Macht des regierenden Herrn bezweckenden und zum Theil schon glücklich durchgesetzten Ansprüche verzichten müssen. – Fünf Tage nach der Wahl, am 10. December, feierte S. zu Bonn seine Vermählung mit dem Fräulein von Arenberg, welchen Anlaß der neue Kurfürst und Salentin’s ärgste Feinde aus dem Domcapitel benutzten, um ihn und seine Hochzeitsgäste, durch kleinliche Beschränkung der Feier, ihren Uebermuth fühlen zu lassen. – Mit seinem Rücktritt in den Grafenstand verschwindet S. für einige Zeit aus dem Vordergrund der deutschen Geschichte. Auf seinen Schlössern Grenzau oder Arenfels hausend, wird er sich hauptsächlich der Verwaltung seiner Besitzungen gewidmet haben. Dazwischen aber machte er, von jeher reiselustig, mitunter größere Reisen, mit oder ohne Gemahlin, wie denn der Geschichtschreiber Jacob August de Thou im J. 1579 mit dem Paar zu Baden in Baden zusammentraf. Im nämlichen Jahre finden wir S. am Münchener Hofe, mit welchem er die früher angeknüpften freundschaftlichen Beziehungen fortsetzte. Nach der Wahl des Herzogs Ernst von Baiern zum Bischof von Lüttich (im Januar 1581) treffen wir ihn wiederholt in dessen Umgebung; von S. ließ sich der neue Bischof das Programm zu seinem feierlichen Einritt in Lüttich entwerfen. Auch mit Erzbischof Heinrich von Bremen bestand die alte Freundschaft fort und wir hören wiederholt, daß S. bemüht ist, eine Aussöhnug des Erzbischofs mit den Häusern Jülich und Baiern herbeizuführen. Andererseits suchte S. durch Vermittlung des Bremer Erzbischofs mit seinem eigenen Nachfolger im Erzstift Köln Fühlung zu gewinnen. Ehe aber in der [221] einen oder andern Richtung etwas erreicht war, erfolgte gegen Ende des Jahres 1582 der Abfall des Kurfürsten Gebhard Truchseß von der römisch-katholischen Kirche und alsbald auch der Ausbruch des offenen Krieges zwischen ihm und der katholischen Mehrheit seines Domcapitels. Nichts lag näher, als daß dieses seinen „abgestandenen Herrn“, wie man S. gewöhnlich nannte, ihn, den alle Welt als einen entschiedenen Katholiken, Freund der Waffen, kühnen und tapfern Mann kannte, sofort um Hülfe angegangen hätte, aber anderseits scheute man sich, in Erinnerung an den tiefen Groll, in welchem S. von dem Erzstift geschieden war, den ersten Schritt zu thun. Waren doch unter den Domherren, welche jetzt an der Spitze der katholischen Partei standen, einige, wie der Chorbischof Herzog Friedrich von Sachsen und der Scholaster Arnold von Manderscheid, welche selbst oder deren nächste Angehörige vormals gegen S. besonders feindselig sich gezeigt hatten. Auch scheute man vielleicht die in der Stadt Köln noch lebendige Abneigung gegen den groben und stolzen früheren Herrn. Daß S. selbst nur auf den ersten Ruf von Köln wartete und insgeheim schon längst mit den natürlichen Gegnern des Truchsessen, dem bairischen Hause, vielleicht auch schon mit dem kaiserlichen Hofe, in Verbindung stand, darf man wenigstens vermuthen. Ende Februar erging endlich der ersehnte Ruf: zwei alte Freunde Salentin’s im Kölner Domcapitel, Dr. Gothard Gropper, vormals Salentin’s vertrauter Rath, und Graf Johann v. Reifferscheid, vermittelten auf einer Zusammenkunft zu Andernach, daß das Capitel, im Einvernehmen mit den Commissaren des Kaisers, den „abgestandenen Herrn“ um seinen Beistand ersuchte und S. sich darauf bereit erklärte, eine Commission des Domcapitels zum Schutze des Erzstifts anzunehmen. Nun ging er eifrig ans Werk. Mit Hülfe seiner alten Freunde unter dem rheinischen Adel und in den Städten nahm er im Namen des Capitels eine Reihe von Aemtern im Oberstift, Andernach, Linz, Neuerburg, Altenwied, Rheinbach, in Besitz, legte Besatzungen in die Städte und Schlösser, und ließ die Unterthanen dem Domcapitel Treue schwören. Gleichzeitig setzte er sich mit seinen guten Freunden unter der westfälischen Ritterschaft in Verbindung und ermuthigte auch sie zum Widerstand gegen die Neuerungen des Truchsessen. Anfangs April erschien er persönlich im Domcapitel, ließ sich für sein tapferes Eingreifen danken und veranlaßte seinerseits einen Ausschuß der rheinischen Ritterschaft, die bereits auf dem Landtag zu Köln, Ende Januar, gegebene Zusage des Festhaltens an der alten Erblandvereinigung zu erneuern. Herzog Ernst von Baiern, der vor kurzem in Köln eingetroffen war und allgemein schon als der künftige Erzbischof betrachtet wurde, setzte in Salentin’s „aufrichtiges bairisches Herz“ volles Vertrauen. Am 16. April übertrug das Capitel in aller Form seinem ehemaligen Herrn die Oberleitung des Kriegs gegen den Truchsessen; nur dem Chorbischof blieb für das Niederstift eine gewisse Selbständigkeit gewahrt. Ein Tumult, welcher unter den der römischen Kirche und besonders der Geistlichkeit zum Theil abgeneigten Zünften der Stadt Köln, gegen Herzog Ernst und den Grafen S. auszubrechen drohte, wurde durch rasches Einschreiten des Rathes, Verhaftung einiger Rädelsführer und Hinrichtung des Hauptschuldigen, eines fremden Soldaten, Peter Rissa, unterdrückt. – Der 23. Mai, der Tag, an welchem Herzog Ernst von allen, nicht offen zum Truchsessen haltenden und überhaupt anwesenden Domcapitularen, 17 an der Zahl, zum Erzbischof und Kurfürsten, an Stelle des vom Papst excommunicirten und abgesetzten Truchsessen, gewählt wurde, war auch für S. ein Tag des Triumphes für die vor sechs Jahren erlittene Niederlage. Der neue Kurfürst bestätigte S. in seinem Amte als Feldobersten und „Zahlherrn“, das ist finanziellen Leiter des Kriegswesens, beließ jedoch neben ihm dessen Schwager, dem gefürsteten Grafen Karl von Arenberg, sowie für das Niederstift dem Chorbischof eine gewisse [222] Selbständigkeit im Commando. Die Folge waren gegenseitige Eifersucht und Zwistigkeiten, welche die Kriegsführung zu entgelten hatte. Auch zeigte sich, daß es S., so tapfer und glücklich er auch den kleinen Krieg zu führen gewußt hatte, doch an dem Geschick oder der Uebung für größere militärische Operationen fehlte. Ihm gab man, wenn auch mit Unrecht, Schuld, daß es die von Pfalzgraf Johann Casimir dem Kurfürsten Gebhard zu Hülfe gesandten Franzosen und Schweizer unter Dr. Peter Beutterich wagen durften, Kloster und Flecken Deutz im Angesicht der Stadt Köln, zu erstürmen und zu verbrennen. Hauptsächlich um der Eifersucht und den Reibereien der verschiedenen Feldherren ein Ende zu machen, ließ nun Kurfürst Ernst seinen Bruder, Herzog Ferdinand, aus Baiern kommen und ernannte ihn zum Feldobersten, welchem alle anderen Kriegsleute untergeben sein sollten. Ehe aber Herzog Ferdinand kam, hatte S. Gelegenheit, sich noch einmal kriegerische Lorbeeren zu pflücken. Auf die Kundschaft hin, daß Pfalzgraf Johann Casimir mit dem Gros seines Heeres am rechten Rheinufer hinab vor Köln zu ziehen gedenke, hatte ihm S. durch Befestigungen zwischen Königswinter und Unkel den Weg verlegt. Da des Pfalzgrafen Soldaten den Durchmarsch erzwingen wollten, wurden sie mit blutigen Köpfen heimgeschickt und auf dem Rückzug noch durch Salentin’s Leute verfolgt. Danach lagerte sich S. zugleich mit seinem Schwager Karl von Arenberg vor Bonn, wo der im Monat September am Rhein angelangte Herzog Ferdinand den Oberbefehl übernahm. – S. hatte inzwischen einen guten Anlaß gefunden, sich mit Ehren von der ihm überdrüssig gewordenen Kriegsführung zurückzuziehen, indem ihm, nebst einigen kölnischen Räthen, Kurfürst Ernst die Vertretung seiner Interessen auf der zur gütlichen Beilegung des Krieges nach Frankfurt berufenen Versammlung kurfürstlicher Räthe übertrug. Hier verblieb S., mit kurzen Unterbrechungen, von Anfang October bis in den November und seinem Einfluß nicht zum mindesten hatte es Kurfürst Ernst zu verdanken, daß nicht nur die geistlichen Kurfürsten von Mainz und Trier, sondern auch die sächsischen und brandenburgischen Gesandten (Kurpfalz war wegen des am 12. October erfolgten Todes des Kurfürsten Ludwig nicht vertreten) die Sache Gebhard’s fast aufgaben und diesem nur eine Geldabfindung bewilligen wollten. Nach seiner Rückkunft von Frankfurt zog sich S. vom kölnischen Kriege ganz zurück, vielleicht erbittert darüber, daß des Kurfürsten Ernst spanische Soldaten auch in seiner Grafschaft ein paar Dörfer in Brand gesteckt hatten. – Erst im Frühjahr 1585 tritt S. wieder einmal in den Vordergrund, um noch einmal auf seinen alten Doppelplan aus den siebziger Jahren zurückzukommen. Da damals die Vermählung des jungen Herzogs Johann Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg und damit die Erledigung des Stifts Münster nahe bevorstand, wußte S., vermuthlich im Einverständnis; mit seinem alten Freund, Erzbischof Heinrich von Bremen, den päpstlichen Nuntius Bonomi, Bischof von Vercelli, zu überreden, daß es im Interesse der katholischen Kirche und des Hauses Baiern selbst liege, wenn dieses dem Bruder des Bremer Erzbischofs, Herzog Friedrich von Sachsen, das Stift Münster überlasse. Jedoch gelang es dem bairischen Herzog schnell, den Nuntius eines andern zu überzeugen. Der unerwartete, durch einen Sturz vom Pferde herbeigeführte Tod des Bremer Erzbischofs, am 23. April a. St., kam hinzu, so daß nunmehr Herzog Ernst von Baiern wirklich, nach zehnjährigem erfolglosen Werben, auch das große und reiche Stift Münster erlangte. – Darnach erfahren wir von S. erst wieder etwas im März 1586. Damals verpfändete ihm Kurfürst Ernst die Aemter Linz, Altenwied und Neunburg für die Summe von 24 000 Thalern. Das Geld hierzu hatte S., theilweise wenigstens, durch Verpfändung seiner eigenen Herrschaft Herschbach am Westerwald aufgebracht. Die drei Aemter sind fortan 78 Jahre lang im Besitz des Hauses Isenburg-Grenzau geblieben. – Wieder ein Jahr später erscheint [223] S. noch tiefer verwickelt in die Geschicke des Kölner Erzstifts. Im Januar 1587 bestellt ihn Kurfürst Ernst zu seinem Statthalter. Das Domcapitel machte zwar Anfangs, weil es, der Wahlcapitulation zuwider, hierbei nicht gefragt worden war, Einwendungen, verstand sich dann aber doch dazu, gleich den anderen Landständen, dem Statthalter einige Gehilfen beizuordnen. S. hat sich redlich bemüht, in das verkommene Steuer- und Söldnerwesen bessere Ordnung zu bringen, doch mag auch ihm, wie allen anderen, diese Sisyphusarbeit allzuschwer geworden sein. Im folgenden Jahre finden wir nicht mehr S., sondern den Freiherrn Adolf von Schwarzenberg als Statthalter bezeichnet. – Darnach begegnet uns Salentin’s Name nur noch ab und zu in den Geschichtswerken, was nicht Wunder nehmen kann, da es an einer ausführlicheren Geschichte der rheinischen Lande in jenen trübseligen, von Einfällen der kriegführenden Nachbarn und von innerer Zerrüttung erfüllten Jahrzehnten noch fehlt. Wir müssen uns daher für Salentin’s weitere Lebenschicksale mit Verzeichnung einiger trockner Daten begnügen.

Im J. 1594 nimmt S. in Person am Regensburger Reichstag theil. In den Jahren 1597 und 98 treffen wir ihn als Vermittler zwischen Kurfürst Ernst und dessen Neffen und Coadjutor, Herzog Ferdinand von Baiern, mit beiden auf sehr freundschaftlichem Fuße stehend. Einen „guten, frommen, alten redlichen Deutschen“ nennt ihn der Coadjutor, in einem seiner Briefe an seinen Vater Herzog Wilhelm. Als einmal unter den Rathgebern des Coadjutors von der Einlösung verpfändeter Stiftsgüter die Rede ist, wird bemerkt, daß man S. das Amt Linz jedenfalls auf Lebenszeit lassen müsse. – 1598 erscheint S. als kaiserlicher Commissar auf einem kölnischen Landtag, um die Entrichtung der Türkenhülfe zu betreiben. Später wird er vom Kaiser als einer der Vormünder der Kinder des im J. 1600 verstorbenen Markgrafen Eduard Fortunat von Baden-Baden eingesetzt. – Ab und zu erfahren wir auch einmal etwas über seine Thätigkeit als kleiner Landesherr: im J. 1593 hat er aus kirchlichem Anlaß Händel mit seinen Nachbarn, den Grafen von Wied; es handelt sich um Zulassung des katholischen Gottesdienstes in ein paar gemeinsamen Orten, besonders im Burgflecken Isenburg. Im selben Jahre verkauft S. an den Kurfürsten von Trier die Einkünfte und sieben Jahre später (im J. 1600) auch die Hoheitsrechte im Kirchspiel Haimbach um ziemlich hohe Summen, zusammen über 15 000 Gulden. – Dort in der Nähe, im Prämonstratenserkloster Rommersdorf im Engersgau, hat S. im J. 1610 seine letzte Ruhestätte gefunden; an seiner Seite einige Jahre später auch seine Gemahlin. Das stattliche Grabmonument ist in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für Fischer’s Geschlechtsreihe der Häuser Isenburg, Wied und Runkel in Kupfer gestochen worden. Es zeigt im oberen Theile Darstellungen aus dem Leben Christi; daneben kniet S. in Reiterrüstung, das Schwert an der Seite, wie er in seinem Leben sich zu tragen geliebt hatte. Im untern Theile ist dann S. noch einmal dargestellt, im Todtengewand neben seiner Gemahlin auf dem Sarkophag ruhend, – zwei stattliche Gestalten, Antonia Wilhelma kaum kleiner als ihr Gemahl. Salentin’s Züge sind auf dem Grabmal noch fast die gleichen, wie auf den 40 Jahre früher geprägten Münzen: die Stirne hoch, die Nase scharf gebogen, der Schädel kahl, ein langer Bart über die Brust wallend. Vielleicht ist das Grabmal heute noch wohl erhalten; einer der letzten Besitzer des Gutes Rommersdorf hat die Grabsteine der in einen Kuhstall umgewandelten Klosterkirche, um sie zu schonen, umgedreht und so den Boden damit belegt. – Möchte diese Erinnerung dem „historischen Verein für die alte Erzdiöcese Köln“ als eine Mahnung dienen, dem Denkmal eines der tüchtigsten Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten, wenn es nicht schon zu spät, eine würdigere Stätte zu verschaffen! – Die Inschrift des Monuments zieht in kurzen kräftigen Worten die Summe von Salentin’s langem, thätigem Leben: [224] Illustris. Comes et D. Salentinus, comes in Isenburg, archipraesul et princeps elector Coloniensis decennalis, propagandi stemmatis causa resignavit, nupsit, liberos vidit, obiit Ao 1610 die 19. Martii aetatis annorum 78. – Zwei Söhne hat S. heranwachsen sehen, Salentin und Ernst; beide hatten die kriegerischen Neigungen des Vaters geerbt; Salentin fiel aber schon im J. 1619 im Krieg gegen die böhmischen Rebellen. Ernst trat in den Dienst des spanischen Königs und hat sich in vielen Schlachten des 30jährigen Krieges auf deutschem Boden und in den niederländisch-französischen Kriegen Ruhm und Ansehen erworben. Er war zweimal verheirathet, beide Male kinderlos, so daß mit ihm am 30. Mai 1664 die Grenzauer Linie des Isenburger Grafenhauses erlosch. Der Graf von Beaumont, Ernst Dominicus de Ligne, welchen Graf Ernst von Isenburg als sein Pathenkind zum Universalerben eingesetzt hatte, erlangte die Herrschaft Arenfels und die sonstigen Allodialgüter des ausgestorbenen Hauses; die meisten Besitzungen zog aber Kurtrier als erledigte Manneslehen ein, woraus dann ein langer Proceß mit dem gräflichen Hause Wied erwuchs. Dieses gemeinsam mit den Freiherren von Walderdorf erhielt nur die fuldischen Lehen, während die drei vormals von S. als Pfand erlangten kurkölnischen Aemter Linz, Neuerburg, Altenwied dem Erzstift Köln wieder anheimfielen.

Quellen: Für die frühere Lebenszeit Salentin’s bis zum Jahre 1581, s. meine Vorgeschichte des Kölnischen Krieges 1565–81, Gotha 1882 und die dort S. 34 f. verzeichnete weitere Literatur; für die Zeit des Kölnischen Krieges, 1582–1587, die von mir für den künftigen zweiten Band meiner Geschichte desselben gesammelten archivalischen und sonstigen Nachrichten; für Salentin’s letzte 20 Lebensjahre zerstreute Notizen (abgesehen von den in meinem genannten Buch a. O. citirten Werken) noch bei Stieve, Briefe und Acten zur Geschichte des 30jähr. Krieges, Bd. IV und V und in dessen Wittelsbacher Briefen, Abthlg. III und IV; ferner bei Günther, Codex Diplom. Rheno-Mosellanus V. Theil.