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ADB:Penzel, Abraham Jakob

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Artikel „Penzel, Abraham Jakob“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 363–364, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Penzel,_Abraham_Jakob&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:04 Uhr UTC)
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Penzel: Abraham Jakob P., Philologe und Polyhistor, 1749–1819. Er wurde als der Sohn des reformirten Pfarrers Joh. Jak. P. am 17. November 1749 in dem Dorfe Törten bei Dessau geboren und zuerst hier, dann seit 1757 in Jeßnitz, wohin der Vater versetzt war, meist privatim und planlos unterrichtet. 1762 kam er auf das reformirte Gymnasium in Halle, gerieth aber bald so in Zerstreuungen und Nichtsthun, daß der Vater ihn wieder nach Hause berief, um ihn selbst zur Universität vorzubereiten. Durch den Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Jeßnitz in das Hebräische eingeführt, beschloß P. morgenländische Sprachen zu studiren und bezog zu dem Zwecke 1766 die Universität Göttingen, trieb hier aber, so weit er überhaupt arbeitete, vorwiegend die nordischen Sprachen; er lernte, mit außerordentlichem Sprachtalente begabt, rasch schwedisch, dänisch und isländisch. Um ihn seinem unordentlichen Leben zu entziehen, hielt ihn der Vater von 1767 an wieder zu Hause; er arbeitete viel, aber Alles ohne rechten Plan; bald beherrschte er zehn todte und lebende Sprachen. Ein Heftchen Gedichte „an die Venus Erycina“, welches er 1769 in Berlin drucken ließ, erwarb ihm die Gunst Fr. Nicolai’s. 1770 ging er nach Leipzig, um die unterbrochenen Universitätsstudien wieder aufzunehmen; Reiske interessirte sich für ihn, er wurde Mitarbeiter an den Acta eruditorum und der Leipziger gelehrten Zeitung, kam auch in Verbindung mit Klotz und anderen namhaften Gelehrten. Auf Reiske’s Drängen, sich einem bestimmten Gebiete zuzuwenden und das Vielerlei zu lassen (er hatte in Leipzig u. A. auch noch Polnisch gelernt), beschloß er, sich auf die alte Geographie zu beschränken. Auf Klotz’s Rath ging er nach Halle und wurde hier am 9. September 1771 Magister mit einer Dissertation „de Barangis in aula Byzantina militantibus“, habilitirte sich auch in demselben Herbste mit einem Programme über die Hyperboräer. Durch Schulden bedrängt, konnte er sich in Halle nicht halten, fand auch in Jena, wohin er gewandert war, kein Unterkommen und sah sich so genöthigt, wieder zum Vaterhause zurückzukehren. Hier begann er fleißig an einer deutschen Uebersetzung des Strabo zu arbeiten; ehe diese aber vollendet war, verließ er 1774 die Heimath und ging nach Würzburg, fand hier auch am fürstbischöflichen Hofe Aufnahme und Unterstützung, so lange er die Universitätsbibliothek fleißig besuchte. Der größte Theil der „Pomona franconica“ ist hier unter Gibsen’s Leitung von ihm ausgearbeitet worden. Aber die Unregelmäßigkeiten seines Wandels vertrieben ihn vor Ablauf eines Jahres von Würzburg; in Franken planlos umherirrend, faßte er den Entschluß, Nord-Europa zu besuchen, um sich die für seine geographischen Pläne unentbehrlichen lettischen und slavischen Sprachen anzueignen. Zu diesem Zwecke ging er nach Nürnberg und ließ sich hier von preußischen Werbern für den k. pr. Kriegsdienst anwerben, in der Hoffnung, auf diese Weise nach Königsberg zu kommen, wo sich das Weitere schon finden werde. Am 28. April 1775 kam er in Königsberg an; Alles schien nach Wunsch zu gehen. Von allen Seiten unterstützt, konnte er sich ganz seinen Strabo-Studien widmen; die vier Bände der Uebersetzung erschienen von 1775–77 in Lemgo und fanden, namentlich wegen der beigegebenen Erklärungen und Karten, vielfache Anerkennung. Obwohl die Herausgabe der Königsberger Zeitung ihm eine nicht unansehnliche Einnahme bot, er auch Soldatendienste nie zu leisten brauchte, verschwand er nach drei Jahren aus unbekannten Gründen aus Königsberg; er tauchte dann in Warschau auf, mußte von dort fliehen, war 1780 englischer Sprachlehrer in Krakau, dann Director der dortigen Akademischen Buchdruckerei und Bibliothekar im St. Petri-Seminare, [364] verlor diese Stellen aber schon 1781 und trieb sich dann mehrere Jahre lang, durch einen Grafen Soltyck in Dombrowa noch vielfach unterstützt, in allerlei Stellungen in Polen, Litthauen und Schlesien herum, bis er 1793 eine Stellung als Lehrer der Poetik in Laibach fand. Hier setzte er die 1786 begonnene Uebersetzung des Dio Cassius fort, war aber noch nicht bis zur Vollendung des zweiten Bandes gekommen, als er seine Stelle verlor; er suchte sich nun in Triest wieder als Sprachlehrer durchzuschlagen; aber auch von hier 1812 vertrieben, wandte er sich auf Schlichtegroll’s Einladung nach München und besorgte hier eine Ausgabe der Reisebeschreibung des Müncheners Schiltberger; ehe der Druck vollendet war, wies ihn jedoch die bairische Polizei aus. Im November 1813 kam er nach Leipzig, um nunmehr seinen Dio Cassius zu vollenden, im Februar 1814 siedelte er nach Halle über und fand hier bei Niemeyer und Tieftrunk Unterstützung und auch Schutz gegen neue polizeiliche Verfolgungen. Die Noth trieb den alten Gelehrten wieder in Hauslehrerstellungen; Streit mit seinen Verlegern ließ ihn nicht zur Ruhe kommen; endlich 1816 bekam er durch das Mitleid des Großherzogs von Weimar, den Fr. Jacobs für P. interessirt hatte, eine kleine Anstellung als Lector des Englischen an der Jenaer Universität mit 100 Thlrn. Besoldung; er gab Privatunterricht und schrieb allerlei Artikel, namentlich für die Jenaische Litteraturzeitung, verkam aber immer mehr in Trunksucht und Unsauberkeit und starb am 16. März 1819. Vor seinem Tode war er von der katholischen Kirche, der er sich in Polen zugewendet hatte, wieder zum Protestantismus übergetreten; in seinem Testamente vermachte er „seine Schulden dem Großherzog Karl August, seinen Leichnam dem anatomischen Theater, seine Bücher der akademischen Bibliothek“. Von den zahlreichen Schriften dieses reichbegabten, aber völlig halt- und zuchtlosen Abenteurers sind außer den schon erwähnten zu nennen: „Vernünftiger Versuch über die Grundwahrheiten des katholischen Glaubens“ 1782 („greuelhaft“ nennt Nicolai diese Schrift); „Sammlung merkwürdiger und wichtiger Briefe von angesehenen und berühmten Männern … an ihn geschrieben.“ 1798; „Triga observationum numismaticarum.“ 1780; „De arte historica ad Stanislaum Comitem de Soltyk libellus.“ 1782. Von 1794 an gab er mehrere Jahre hindurch die „Allgemeine gelehrte Zeitung Teutschlands für die österreichischen Staaten“ in Klagenfurt heraus.

B. Röse und F. A. Eckstein in Erich und Gruber’s Encyclopädie III, Bd. 16, S. 132–39. – Chr. G. Schütz’s Leben, Bd. 1 S. 315 ff. – Fr. Jacobs, Personalien, S. 172 ff. – Auch Seume berichtet im „Spaziergang nach Syrakus“ über P., den er in Triest traf.